Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/6393 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Welche Auswirkungen hat der EU-Austritt von Großbritannien auf die Verfügbarkeit von Entsorgungskapazitäten und - material in Niedersachsen? Anfrage der Abgeordneten Martin Bäumer und Dr. Stephan Siemer (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 31.08.2016 Wir hatten die Landesregierung in 2015 gefragt, ob die fachgerechte Entsorgung heimischer Abfälle in Niedersachsen gefährdet sei (Drucksache 17/3965). Die Landesregierung hat dazu in ihrer Antwort (Drucksache 17/4379) ausgeführt, dass Niedersachsen in fünf Siedlungsabfallverbrennungsanlagen in Buschhaus, Emlichheim, Hameln, Hannover und Salzbergen sowie im Ersatzbrennstoffkraftwerk Weener per 01.08.2015 Verbrennungskapazitäten von insgesamt ca. 1,98 Millionen t/a zur Verfügung stehen. In diese Verbrennungsanlagen gehen Abfälle aus deutschen und anderen EU-Ländern. Wie die Landesregierung in ihrer Antwort vom 08.10.2015 ausführt, wurde in 2014 eine Menge von 503 628 t an Abfällen allein aus den Niederlanden in die niedersächsischen Verbrennungsanlagen verbracht. Hinzu kommen 187 675 t aus anderen Ländern. Für das Jahr 2015 ging aus der Anfrage der Landesregierung nur ein Zwischenstand der aus den Niederlanden und anderen Ländern verbrachten Menge hervor. Detaillierte Verbringungsmengen aus anderen EU- Ländern hat die Landesregierung nicht genannt. Im Übrigen weist die Landesregierung darauf hin, dass für das vergangene Jahr eher Überkapazitäten im Verbrennungsbereich thematisiert wurden. Wie die Fachzeitschrift für Recycling und Entsorgung EUWID in ihrer aktuellen Ausgabe Nr. 24 berichtet , kommen in deutschen Müllverbrennungsanlagen und Ersatzbrennstoffwerken immer mehr importierte Abfälle zum Einsatz. So haben sich die deutschen Importe von Ersatzbrennstoffen und gemischten Siedlungsabfällen von 706 000 t in 2011 auf 1,71 Millionen t in 2015 erhöht (+ 143 %). Mittlerweile habe Großbritannien die Position des wichtigsten Lieferanten eingenommen. Der EU- WID zitiert in seinem Bericht das Umweltbundesamt, nach dem die Importmengen aus Großbritannien von 16 000 t in 2011 auf 749 000 t in 2015 angestiegen sind, also fast eine Verfünfzigfachung innerhalb von vier Jahren. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (EU) unterliegt die Verbringung von nicht gefährlichen Abfällen zur energetischen Verbrennung der Notifizierungspflicht gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006. Für Niedersachsen ist die Niedersächsische Gesellschaft zur Endablagerung von Sonderabfalle mbH (NGS) mit Sitz in Hannover zuständig. Mehrheitsgesellschafter der NGS ist das Land Niedersachsen. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, so-weit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 55, gehen wir davon aus, dass der Landesregierung die Beantwortung der Anfrage in weniger als einem Monat möglich und zumutbar ist, da es sich nach unserer Auffassung um einen eng begrenzten Sachverhalt handelt und der Rechercheaufwand gering ist. 1. In welchem Umfang hat die NGS nicht gefährliche Abfälle zur energetischen Verwertung aus dem Ausland für die Verwertung in Niedersachen genehmigt (Angaben in Tonnen, nach Herkunftsländern und für die Jahre von 2011 bis 2016)? 2. Wie haben sich in 2015 die energetisch verwerteten Abfallmengen auf die in der Antwort der Landesregierung genannten sechs Anlagen bzw. Kraftwerke verteilt? Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6393 2 3. In welchem Umfang (Angaben in Tonnen und nach Herkunftsland) ist die Verbringung solcher Abfälle in die benachbarten Bundesländern Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen notifiziert ? 4. Ist die EU-Mitgliedschaft von Großbritannien Voraussetzung für eine rechtsgültige Notifizierung nicht gefährlicher Abfälle zur energetischen Verwertung? 5. Verfällt die Notifizierung für die bisher zugelassenen Abfälle, wenn Großbritannien rechtsgültig aus der EU ausgetreten ist? 6. Unter welchen Umständen kann die NGS die Notifizierung von Abfällen aus dem EU-Ausland verweigern? 7. Was geschieht für den Fall, dass die Verwertungskapazitäten in Norddeutschland niedriger sind als die Summe der notifizierten EU-Auslandsabfallmengen und des heimischen Aufkommens an Abfällen, die in Siedlungsabfallverbrennungsanlagen bzw. in Ersatzbrennstoffkraftwerke zu verbringen sind? 8. Wird sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür einsetzen, dass auch nach einem EU- Austritt von Großbritannien ein Import von Abfällen ermöglicht wird, und, wenn ja, aus welchen weiteren Nicht-EU-Ländern kämen aus Sicht der Landesregierung Abfallimporte infrage? (Ausgegeben am 06.09.2016) Drucksache 17/6393 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Welche Auswirkungen hat der EU-Austritt von Großbritannien auf die Verfügbarkeit von Entsorgungskapazitäten und - material in Niedersachsen?