Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/6587 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6339 - Vollstreckungshilfe der Kommunen für Rundfunkgebühren Anfrage der Abgeordneten Maximilian Schmidt, Hans-Dieter Haase und Petra Emmerich- Kopatsch (SPD) an die Landesregierung, eingegangen am 17.08.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 24.08.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 16.09.2016, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Für die Vollstreckung der Bescheide über rückständige Rundfunkgebühren oder Rundfunkbeiträge sind nach § 7 Abs. 4 des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG) die Gemeinden zuständig. Sie erhalten dafür nach § 3 der Verordnung zur Durchführung des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (DVO-NVwVG) einen pauschalen Kostenbeitrag in Höhe von 27,10 Euro je Vollstreckungshilfeersuchen. Nach Berichten von der kommunalen Ebene wird der bei den Vollstreckungsbehörden entstehende Aufwand damit allerdings nur unzureichend gedeckt. Vielfach müssen die Vollstreckungsbeamten die Gebührenpflichtigen über die Grundlagen der Gebührenpflicht aufklären, hierdurch entsteht besonderer Aufwand - zusätzlich werden die Vollstreckungsbeamtinnen und -beamten bei der Vollstreckung der Gebühren immer mehr besonderen Anfeindungen ausgesetzt. So wird seitens der Kommunen eine unbotmäßige Belastung mit der o. a. Aufgabe beklagt. Von kommunaler Seite wird deshalb u. a. eine Anpassung des Pauschalbetrages für Vollstreckungshilfeersuchen an die allgemeine Kosten- und insbesondere Personalkostenentwicklung gefordert . Hierbei ist anzumerken, dass eine Anpassung des Pauschalsatzes letztmalig 2012 stattgefunden hat; hierbei wurde allerdings lediglich der Betrag aus 1998 in Euro umgerechnet. Zudem wird gefordert zu prüfen, ob und wie der NDR selbst mit der Vollstreckung betraut werden kann. Vorbemerkung der Landesregierung Mit Schreiben vom 07.07.2016 hat sich die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens an die Landesregierung gewandt und geltend gemacht, dass der den Vollstreckungsbehörden entstehende Aufwand für die Vollstreckung der Bescheide über rückständige Rundfunkgebühren oder Rundfunkbeiträge durch den pauschalen Kostenbeitrag in Höhe von 27,10 Euro je Vollstreckungshilfeersuchen nur unzureichend gedeckt sei. Vielfach müssten die Vollstreckungsbeamten die Gebührenpflichtigen über die Grundlage der Gebührenpflicht aufklären, zudem seien diese bei der Vollstreckung immer mehr besonderen Anfeindungen ausgesetzt. Die Arbeitsgemeinschaft bittet daher darum, die Vollstreckung von Rundfunkgebühren dem Norddeutschen Rundfunkt zu übertragen. Alternativ regt diese an, den Erstattungssatz unter Beteiligung der Vollstreckungsbehörden zu überprüfen und entsprechend der allgemeinen Kosten- und Personalkostenentwicklung anzupassen. Hinsichtlich des Erstattungssatzes werde angemerkt, dass dieser auf einer Umrechnung des aus dem Jahre 1998 stammenden DM-Betrages in Höhe von 53,00 DM beruht. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6587 2 1. Wie viele Vollstreckungshilfeersuchen gemäß § 7 Abs. 4 NVwVG sind von 2006 bis 2016 an die Gemeinden gerichtet worden (nach Jahren aufgeschlüsselt)? § 6 Abs. 1 NVwVG bestimmt, welche Behörden in Niedersachen zur Vollstreckung nach dem NVwVG befugt sind. Dies sind derzeit die Kommunen (Gemeinden, Samtgemeinden, Landkreise und Region Hannover), mit Ausnahme der Mitgliedgemeinden von Samtgemeinden, und die Oberfinanzdirektion Niedersachsen. Daneben bestimmt § 2 DVO-NVwVG gestützt auf § 6 Abs. 2 NVwVG weitere Vollstreckungsbehörden. Der Norddeutsche Rundfunkt ist keine Vollstreckungsbehörde . Die Vollstreckungsbehörden leisten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 NVwVG allen übrigen Behörden, die selbst nicht Vollstreckungsbehörde sind, Vollstreckungshilfe. § 7 Abs. 4 NVwVG bestimmt dabei die Zuständigkeit der Gemeinden für die Vollstreckung der Bescheide über rückständige Rundfunkbeiträge oder Rundfunkgebühren. Der Norddeutsche Rundfunk hat zu der Frage, wie viele Vollstreckungshilfeersuchen zur Beitreibung rückständiger Rundfunkgebühren/Rundfunkbeiträge an die niedersächsischen Gemeinden gerichtet worden sind, auf Anfrage mitgeteilt, dass er in den Jahren 2006 bis 2014 jährlich durchschnittlich rund 81 000 Vollstreckungsaufträge mit geringfügigen jährlichen Abweichungen an die niedersächsischen Kommunen erteilte. Mit der Umstellung auf den Rundfunkbeitrag ab 2013 hat der Gesetzgeber den Rundfunkanstalten einen einmaligen Meldedatenabgleich mit dem Ziel der Herstellung von Beitragsgerechtigkeit ermöglicht. Die zusätzlichen Anmeldungen aus dem einmaligen und dem regelmäßigen Meldedatenabgleich führten ab November 2014 zu einem Anstieg der Vollstreckungsaufträge. Im Jahr 2015 wurden 143 784 Vollstreckungsaufträge an die niedersächsischen Kommunen erteilt. Das erhöhte Niveau setzte sich auch im ersten Halbjahr 2016 mit 71 942 Aufträgen fort. 2. Inwieweit waren die o. a. Vollstreckungshilfeersuchen erfolgreich? Der Norddeutsche Rundfunk hat hierzu mitgeteilt, dass die Bearbeitungszeit von Vollstreckungsersuchen sehr unterschiedlich ist und zum Teil mehrere Jahre beträgt. Daher kann nur eine stichtagsbezogene Betrachtung des Erfolgs (= Zahlung) vorgenommen werden. Bis 2014 lag die Erfolgsquote zum 01.01. des Folgejahres nach Auftragserteilung im Sendegebiet des NDR bei rund 27 %. Nach Ablauf eines weiteren Jahres lag die Erfolgsquote bei rund 45 %.Auch nach zahlenmäßiger Steigerung der Vollstreckungsaufträge an die Kommunen seit 2015 sind zum Stichtag 01.01.2016 rund 26 % der Forderungen aus Vollstreckungsaufträgen des Jahres 2015 ausgeglichen . Zum 01.07.2016 waren es bereits 35 % der Forderungen. Eine Beantwortung dieser Frage ist dem NDR nur bezogen auf das gesamte NDR-Sendegebiet möglich gewesen, eine Spezifizierung auf Niedersachsen nicht. 3. In welcher Höhe sind von 2006 bis 2016 an die Gemeinden Mittel gemäß § 3 DVO-NVwVG zur Kostenabgeltung der Vollstreckungshilfeersuchen geflossen (nach Jahren aufgeschlüsselt?) § 67 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 NVwVG in der seit dem 01.06.2011 geltenden Fassung bestimmt, dass eine der Aufsicht des Landes unterstehende Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, die nicht selbst Vollstreckungsbehörde ist, der Vollstreckungshilfe leistenden Vollstreckungsbehörde für jedes Ersuchen zum Ausgleich des nicht gedeckten durchschnittlichen Verwaltungsaufwands einen Kostenbeitrag leistet. Nach § 67 a Abs. 1 Satz 3 NVwVG ist die Landesregierung ermächtigt, durch Verordnung einen Pauschalbetrag für den Kostenbeitrag festzulegen. Hierauf gestützt hat die Landesregierung den Kostenbeitrag in § 3 DVO-NVwVG auf 27,10 Euro festgelegt . Vor Inkrafttreten von § 3 DVO-NVwVG am 01.01.2013 galt die Verordnung über die Zwangsbeitreibung rückständiger Rundfunkgebühren vom 14.06.1990 (Nds. GVBl. S. 193), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 14.09.2001 (Nds. GVBl. S. 604). Diese bestimmte, dass der für jeden Fall der Inanspruchnahme den Gemeinden von der Rundfunkanstalt zu erstattende Verwaltungsaufwand auf 20,50 Euro festgesetzt wird. Zu beachten ist dabei, dass § 67 a Abs. 3 NVwVG in der vom 12.04.1990 bis 31.05.2011 geltenden Fassung noch bestimmte, dass von dem Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6587 3 nach § 67 a Abs. 2 Satz 1 NVwVG in jener Fassung zu erstattenden Betrag die im Einzelfall beigetriebenen Vollstreckungsgebühren abzusetzen sind. Zur Höhe der von ihm an die Kommunen geleisteten Zahlungen zur Kostenabgeltung der Vollstreckungshilfeersuchen hat der Norddeutsche Rundfunk mitgeteilt: „In den Jahren 2006 bis 2012 ergeben sich entsprechend der damaligen Fallpauschale i. H. v. 20,50 Euro jährliche Kosten i. H. v. rund 1,66 Millionen Euro. Für die Jahre 2013 bis 2014 ergeben sich aufgrund der erhöhten Kostenpauschale (27,10 Euro) jährliche Kosten i. H. v. 2,20 Millionen Euro. Durch den Anstieg der Vollstreckungsaufträge im Jahr 2015 stiegen auch die Kosten auf rund 3,90 Millionen Euro. Hierbei bleiben die Rückzahlungen im Erfolgsfall nach den bis 2012 geltenden gesetzlichen Regelungen wie auch zusätzliche kostenpflichtige Vollstreckungsmaßnahmen unberücksichtigt (z. B. Kontopfändungen, Vermögensauskunft).“ 4. Welche Kosten entstehen landesseitig für die Durchführung der o. a. Vollstreckungsmaßnahmen ? Dem Land Niedersachsen entstehen durch die Vollstreckung der Bescheide über rückständige Rundfunkbeiträge und Rundfunkgebühren durch die Kommunen keine Kosten. 5. Wie beurteilt die Landesregierung angesichts der im Vergleichszeitraum vorliegenden Lohn- und Preisentwicklung die Gestaltung der Kostenabgeltungspauschale gemäß § 3 DVO-NVwVG? Der Lohn- und Preisentwicklung in den letzten Jahren kann eine gewisse indizielle Wirkung im Hinblick auf die Höhe des Kostenbeitrags zukommen, sofern angenommen wird, dass der durch § 67 a NVwVG auszugleichende nicht gedeckte durchschnittliche Verwaltungsaufwand vom Umfang über die Jahre zumindest gleichgeblieben ist, die den Kommunen entstandenen Kosten aufgrund der allgemeinen Lohn- und Preisentwicklung hingegen gestiegen sind. Hierzu liegen der Landesregierung derzeit keine konkreten Erkenntnisse vor. 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Praxis der o. a. Regelung insgesamt? Die Landesregierung geht grundsätzlich davon aus, dass sich die Regelungen zum Kostenbeitrag für die Vollstreckungshilfe nach § 67 a NVwVG und § 3 DVO-NVwVG bewährt haben. Mit § 3 DVO-NVwVG wurde die Höhe des Kostenbeitrags für die Vollstreckungshilfe mit Wirkung vom 01.01.2013 vereinheitlicht. Zuvor galt, dass die Rundfunkanstalt für die Inanspruchnahme der Gemeinden 20,50 Euro nach der Verordnung über die Zwangsbeitreibung rückständiger Rundfunkgebühren vom 14.06.1990 (Nds. GVBl. S. 193) zu zahlen hatte, während die in § 1 der Verordnung über die pauschale Erstattung von Vollstreckungskosten vom 10.02.1998 (Nds. GVBl. S. 82) genannten juristischen Personen für jedes Vollstreckungshilfeersuchen 53 DM (dies entspricht 27,10 Euro) zu zahlen hatten. Diese Verordnungen wurden durch § 11 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 DVO-NVwVG mit Ablauf des 31.12.2012 aufgehoben. Mit der Änderung von § 67 a NVwVG durch Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vom 13.04.2011 (Nds. GVBl. S. 104) müssen die Vollstreckungshilfe leistenden Vollstreckungsbehörden seit dem 01.06.2011 auch nicht mehr die im Einzelfall beigetriebenen Vollstreckungsgebühren (§ 67 NVwVG) von dem Erstattungsbetrag absetzen. Den Vollstreckungshilfe leistenden Vollstreckungsbehörden bleibt unabhängig vom Erfolg der Vollstreckung in jedem Fall der Kostenbeitrag in Höhe von 27,10 Euro nach § 3 DVO-NVwVG in voller Höhe. Dazu kommen gegebenenfalls die mit der Vollstreckung ebenfalls beigetriebenen Vollstreckungsgebühren. Die von kommunaler Seite geforderte Erhöhung des Kostenbeitrags mit der Begründung, dieser sei seit 1998 unverändert und berücksichtigte nicht die gestiegenen Lohn- und Personalkosten, lässt die zuvor genannten Veränderungen außer Betracht. Ferner zu beachten ist der Umstand, dass Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6587 4 sich allein mit einer Zunahme der Zahl der Vollstreckungshilfeersuchen durch den Norddeutschen Rundfunk eine Erhöhung des Kostenbeitrags, den auch die übrigen Vollstreckungshilfe in Anspruch nehmenden der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts zu entrichten haben, nicht begründen lässt. Zu untersuchen wäre, ob nicht der durch den Kostenbeitrag auszugleichende nicht gedeckte durchschnittliche Verwaltungsaufwand gegebenenfalls z. B. infolge einer besseren Erfolgsquote bei der Vollstreckung zumindest gleich geblieben ist. Dies alles bedarf näherer Betrachtung. Sobald die Meinungsbildung innerhalb der Landesregierung bezüglich der Forderung, den Norddeutschen Rundfunk die rückständigen Rundfunkbeiträge und Rundfunkgebühren selbst vollstrecken zu lassen, abgeschlossen ist, wird das Ministerium für Inneres und Sport zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens die Thematik des Kostenbeitrags und dessen Überprüfung unter Beteiligung der Vollstreckungsbehörden erörtern. 7. Wie würde sich in diesem Kontext eine Betrauung des NDR mit der o. a. Aufgabe auswirken , und wie beurteilt die Landesregierung diese Regelungsalternative? Die Frage, ob der Norddeutsche Rundfunk zukünftig die rückständigen Rundfunkbeträge und Rundfunkgebühren selbst vollstrecken solle, kann bereits allein aufgrund ihrer grundsätzlichen Natur nicht ohne Beteiligung des Norddeutschen Rundfunks beantwortet werden. Die Staatskanzlei hat aus diesem Grund den Norddeutschen Rundfunk gebeten, zu dieser Forderung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsen Stellung zu nehmen. Eine Antwort des Norddeutschen Rundfunks steht noch aus. Erst wenn diese vorliegt, kann sich die Landesregierung eine Meinung bilden. Hier wäre gegebenenfalls auch eine Abstimmung mit den übrigen NDR-Staatsvertragsländern (Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein) vorzunehmen. (Ausgegeben am 28.09.2016) Drucksache 17/6587 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6339 Vollstreckungshilfe der Kommunen für Rundfunkgebühren Anfrage der Abgeordneten Maximilian Schmidt, Hans-Dieter Haase und Petra Emmerich-Kopatsch (SPD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport