Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/6593 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6428 - Wären die Fundgegenstände in der Stadt Osnabrück mit einem Alter von etwa 4 500 Jahren beinahe verloren gegangen? Anfrage des Abgeordneten Burkhard Jasper (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 02.09.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 09.09.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 24.09.2016, gezeichnet Dr. Gabriele Heinen-Kljajić Vorbemerkung des Abgeordneten In der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 28.07.2016 wurde über Funde in einem Grabungsgebiet des Osnabrücker Stadtteils Lüstringen berichtet. In dem Artikel heißt es, dass es sich nach Auskunft des Präsidenten des Landesamtes für Denkmalpflege bei dem Halsschmuck und der Axt, die gefunden wurden, um bedeutende Funde handele, die grob geschätzt etwa 4 500 Jahre alt seien. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich wir darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 55, gehe ich davon aus, dass der Landesregierung die Beantwortung der Anfrage in weniger als einem Monat möglich und zumutbar ist, da es sich nach meiner Auffassung um einen eng begrenzten Sachverhalt handelt und der Rechercheaufwand gering ist. Vorbemerkung der Landesregierung Auf dem Areal eines geplanten Regenrückhaltebeckens in Osnabrück-Lüstringen entdeckte ein ehrenamtlicher Sondengänger einen Fundkomplex der Bronzezeit. Er besteht aus drei Schmuckobjekten aus Buntmetall, sogenannten Lunulae, sowie einer Kupferaxt. Der Sondengänger arbeitet eng und vertrauensvoll mit der Stadtarchäologie Osnabrück zusammen . Sofort nach Entdeckung - noch auf der Baustelle - informierte er diese. Da der Fundkomplex von landesweiter Bedeutung ist, wurde auch die gesetzliche Denkmalfachbehörde , das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege (NLD), einbezogen. Es wurde sowohl die Umgebung archäologisch untersucht als auch die Erde unterhalb der Buntmetallfunde als Block geborgen. Der Fundkomplex ist von überregionaler Bedeutung, da – bronzezeitliche Hortfunde in der Regel nicht wissenschaftlich begleitet geborgen wurden, – diese Fundzusammensetzung in Deutschland erstmalig nachgewiesen wurde. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6593 2 1. Weshalb lagen dem Landesamt die Pläne für den Bau eines Regenrückhaltebeckens aus dem Jahr 2006 nicht vor, sodass die Fundgegenstände dem Zeitungsbericht zufolge beinahe verloren gegangen wären? Gemäß § 19 Abs. 1 des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes (NDSchG) entsprechend der Novelle vom 26.05.2011 sind die unteren Denkmalschutzbehörden für den Gesetzesvollzug und damit für die denkmalrechtlichen Genehmigungen sowie für die Trägerschaft öffentlicher Belange zuständig. Die Planungen für die Anlage des Regenrückhaltebeckens gehen auf das Jahr 2006 zurück. Die Stadt- und Kreisarchäologie Osnabrück wurde erstmals 2012 über die Planungen in Kenntnis gesetzt , die zuständigkeitshalber von der Baudenkmalpflege an die Bodendenkmalpflege weitegeleitet wurden. Das NLD als gesetzliche Denkmalfachbehörde ist per Gesetz dafür nicht zuständig. Die Stadt und Kreisarchäologie Osnabrück, die für die Aufgaben der Unteren Denkmalschutzbehörde im Bereich der Bodendenkmalpflege verantwortlich zeichnet, ist aufgrund ihrer Fachkompetenz gemäß § 20 Abs. 2 NDSchG vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) von der Pflicht zur Benehmensherstellung mit dem NLD befreit. Nach Inaugenscheinnahme der Pläne und in Kenntnis der topografischen Lage des Areals wurde hier eine nur geringe archäologische Fundhöffigkeit prognostiziert. Deshalb erhielt der Bauherr die Auflage, den Maßnahmenbeginn anzuzeigen und eventuelle Bodenfunde zu melden. Dank des bewährten Systems der engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen kommunaler und staatlicher und ehrenamtlicher Bodendenkmalpflege ist dieser bedeutende Fund entdeckt und gesichert worden. 2. Wie ist es möglich, dass Pläne für die Nutzung eines Eschboden-Geländes übersehen werden, obwohl sonst nach Aussage des Präsidenten in dem Bericht der Zeitung solch ein Gebiet immer überprüft wird? Grundsätzlich werden großflächige Eschböden bei Baumaßnahmen archäologisch besonders in den Fokus genommen, da diese Bodenart Bodendenkmale besonders gut erhält. Auch sind Eschböden zu untersuchen, da vorgeschichtliche Fundstelle nicht durch Fundschleier oder Luftbildarchäologie erkennbar sind. In vorliegenden Fall wurde eine archäologische Voruntersuchung zulasten des Investors nicht von der zuständigen Denkmalschutzbehörde der Stadt Osnabrück verfügt, da die Eschüberdeckung in einem unmittelbar an ein Niederungsmoor anschließenden Niederungsbereich außerhalb des Eschkerngebietes die Wahrscheinlichkeit archäologischer Funde gering erscheinen ließ. Es handelt sich um eine sogenannte Sonderfundstelle, d. h. eine beabsichtigte Niederlegung außerhalb der prähistorischen Siedlungsstrukturen. Die vom Land finanzierten Grabungen zur Klärung eventueller Befunde im Zusammenhang mit der Niederlegung ergaben keine bronzezeitlichen Befunde. 3. Wann wird die Öffentlichkeit etwas über die Ergebnisse der Untersuchungen im Landesamt zu den Funden erfahren? Das NLD als zuständige Denkmalfachbehörde hat die Öffentlichkeit noch nicht über den Fundkomplex aus Osnabrück-Lüstringen informiert, da die notwendigen Voruntersuchungen noch nicht abgeschlossen sind. Das betrifft insbesondere Fragen zur kulturhistorischen Einordnung, zur Chronologie , zur Herkunft der verwendeten Metalle sowie der verwendeten Technologie. Inzwischen liegen so viele Ergebnisse vor, dass das NLD gemeinsam mit der Stadt Osnabrück eine Pressekonferenz für die zweite Oktoberhälfte plant. Es sollen die bisher gewonnenen Erkenntnisse befristet in Osnabrück präsentiert werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6593 3 4. Wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass die Fundgegenstände nach der Untersuchung im Landesamt dauerhaft in Osnabrück gezeigt werden können? Wichtige archäologische Funde und Befunde sind Zeugnisse unserer Geschichte. Deshalb hat die Öffentlichkeit das Recht, diese in angemessener Form, unter Berücksichtigung der konservatorischen Anforderungen für die jeweiligen Objekte und mit allgemein verständlichen Erläuterungen betrachten zu können. Die konservatorischen Bedingungen müssen vom Ausstellenden vollkommen erfüllt sein, damit die Funde für die Zukunft erhalten bleiben. Um die exakten Anforderungen zu definieren, müssen zunächst die Untersuchungen und notwendigen restauratorischen Arbeiten abgeschlossen sein. Grundsätzlich wird eine befristete Präsentation vor Ort angestrebt, wenn die oben genannten Anforderungen erfüllt sind. Es wäre zu begrüßen, wenn diese Präsentation im Kontext der Archäologie Osnabrücks gezeigt würde, um die Darstellung der frühen Bronzezeit zu ergänzen. 5. Was spräche gegen eine Präsentation in Osnabrück, sofern die Gegenstände dort nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen? Siehe Antwort auf Frage 4. (Ausgegeben am 05.10.2016) Drucksache 17/6593 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6428 Wären die Fundgegenstände in der Stadt Osnabrück mit einem Alter von etwa 4 500 Jahren beinahe verloren gegangen? Anfrage des Abgeordneten Burkhard Jasper (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur