Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/6672 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6429 - Die unendliche Geschichte des Baukrans im Südwinser Neubaugebiet Anfrage des Abgeordneten Maximilian Schmidt (SPD) an die Landesregierung, eingegangen am 02.09.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 09.09.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung namens der Landesregierung vom 10.10.2016, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung des Abgeordneten Inmitten des Neubaugebiets in der Ortschaft Südwinsen, Gemeinde Winsen (Aller), steht seit nun über einem Jahrzehnt ein ungenutzter Baukran. Die Cellesche Zeitung berichtete am 13.11.2015 und RTL-Nord am 08.03.2016 über den Kran, der nun bereits mehr als zwölf Jahre in dem Wohngebiet Anlass für Beschwerden gibt. Seitens des Bauherrn werde dabei vorgeben, dass auf dem Grundstück weiterhin gebaut werden solle - nach Berichten von Anwohnerinnen und Anwohnern ist dies allerdings nicht der Fall. So wird das Grundstück mit dem Kran offensichtlich als Lagergrundstück und nicht als künftiges Wohngrundstück genutzt - dies würde dem geltenden Bebauungsplan widersprechen. Der dort stehende Kran verursacht dabei Lärmbelastung, da er sich frei gelagert im Wind dreht - zudem werden aufgrund der nun schon erheblichen Standzeit hinabfallende Teile oder gar ein Umstürzen des Krans befürchtet. Seitens der zuständigen Gemeinde Winsen (Aller) und des Landkreises Celle wurde hierbei aufgrund der vorliegenden Rechts-, insbesondere baurechtlichen Lage darauf verwiesen, dass es gegen eine derart lange Standzeit keine behördliche Handhabe gebe. Dabei wird geltend gemacht, dass eine Eingreifmöglichkeit bei derartigen Kränen von der NBauO nicht erfasst sei. Darüber hinaus sei eine Baugenehmigung nur dann aufhebbar, wenn drei Jahre lang nicht gebaut wurde oder der Baufertigstellung nicht ausreichen genug nachgegangen worden ist (§ 71 NBauO). Insofern sind die Grenzen des behördlichen Einschreitens beschrieben. Anwohner empfinden es in Kenntnis des Sachverhalts als untragbar, dass eine derartige Krananlage inmitten eines Wohngebiets über ein Jahrzehnt stehen bleiben kann - und ein Ende ebendessen nicht absehbar ist. Vorbemerkung der Landesregierung Die Niedersächsische Bauordnung (NBauO) gilt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 nicht für Kräne und Krananlagen . Auf der Grundlage der NBauO bestehen daher keine Handlungsoptionen. Kräne sind zum einen grundsätzlich Maschinen, die den europäischen Binnenmarktrichtlinien bezüglich ihrer Beschaffenheit unterfallen, und zum anderen aber auch technische Arbeitsmittel, soweit sie Beschäftigten bei der Arbeit zur Verfügung gestellt werden. Neu am Markt bereitgestellte Kräne müssen den formellen und materiellen Anforderungen der Maschinenverordnung in der Fassung der Änderung vom 8. November 2011 (BGBl. I S. 2178) in Verbindung mit der Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen genügen. Dieses dokumentiert der Hersteller durch Anbringung des CE-Kennzeichens sowie durch Ausstellung der Konformitätserklärung. Kräne, die diese Anforderungen erfüllen, dürfen auf dem europäischen Binnenmarkt ohne Einschränkungen bereitgestellt werden. Die Verantwortlichkeiten für das Bereitstellen obliegen den jeweiligen Wirtschaftakteuren (Hersteller, Einführer, Händler). Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6672 2 Kräne sind technische Arbeitsmittel - aber keine überwachungsbedürftigen Anlagen - und unterliegen den Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung, sofern sie Beschäftigten bei der Arbeit zur Verfügung gestellt und verwendet werden. Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber hat die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten. Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung ermittelt die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber die Gefährdungen der Beschäftigten hinsichtlich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes und legt die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen fest. Hierzu sind u. a. auch gemäß § 14 Abs. 4 der Betriebssicherheitsverordnung die Arbeitsmittel auf ihren sicheren Zustand und auf ihre sichere Funktion zu prüfen. Die Betriebssicherheitsverordnung enthält mit Ausnahme der überwachungsbedürftigen Anlagen keine Anforderungen zum Schutz Dritter. Abschließend bleibt festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die Vorschriften der Betriebssicherheitsverordnung nicht zur Anwendung gelangen, solange der Kran nicht durch Beschäftigte verwendet wird. Auf der Grundlage des Arbeitsschutzrechts bestehen somit keine Handlungsoptionen. Ob im Rahmen des allgemeinen Gefahrenabwehrrechtes Maßnahmen in Betracht kommen - Einschreiten nach § 11 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) wegen unzulässigen Lärms (§ 117 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bzw. wegen der Gefahr der Beeinträchtigung der Gesundheit Dritter durch Umstürzen des Krans - kann ohne Kenntnis des genauen Sachverhalts seitens der Landesregierung nicht beantwortet werden. Eine weitere Prüfung seitens der Landesregierung setzt eine Beteiligung der zuständigen Kommune voraus. 1. Welchen behördlichen Handlungsspielraum gibt es in Bezug auf das Baurecht oder andere Rechtsgebiete (z. B. Gefahrenabwehrrecht), um eine derartige Dauerbelastung durch eine Krananlage zu beenden? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 2. Wie beurteilt die Landesregierung in diesem Kontext den o. a. Sachverhalt des seit über zwölf Jahren in Südwinsen stehenden Baukrans? 3. Ist die Landesregierung bereit, den Vorgang bau- bzw. aufsichtsrechtlich zu prüfen und im Rahmen einer Beratung der betroffenen Gemeinde bzw. des Landkreises zur Abhilfe beizutragen? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet. Das Ministerium für Inneres und Sport hat die Kleine Anfrage zum Anlass genommen, die zuständige Kommune um Klärung des Sachverhalts und Darlegung der rechtlichen Würdigung zu bitten. Sofern gewünscht, kann im Nachgang hierzu berichtet werden. 4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über vergleichbare Sachverhalte vor, bzw. war die Problemlage bereits Gegenstand der Befassung in der Landesverwaltung? Nein. 5. Inwieweit sieht die Landesregierung in Kenntnis des o. a. Sachverhalts Änderungsbzw . Konkretisierungsnotwendigkeiten in Bezug auf das Baurecht oder andere Rechtsgebiete ? Mit dem Gesetz zur Änderung des Baurechts vom 11. Dezember 2002 (Nds. GVBl. S. 796) sind Kräne und Krananlagen - der Musterbauordnung folgend - aus dem Geltungsbereich der NBauO herausgenommen worden. Eine Änderung ist nicht geplant. (Ausgegeben am 17.10.2016) Drucksache 17/6672 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6429 Die unendliche Geschichte des Baukrans im Südwinser Neubaugebiet Anfrage des Abgeordneten Maximilian Schmidt (SPD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung