Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/6703 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6459 - Fehlende Kapazitäten bei Sammelstellen für Grünabfälle Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe, Jan-Christoph Oetjen, Dr. Stefan Birkner, Horst Kortlang, Christian Grascha und Dr. Gero Hocker (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 08.09.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 15.09.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung namens der Landesregierung vom 13.10.2016, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Im Landkreis Rotenburg werden aktuell laut Berichterstattung der Kreiszeitung Bürger an den Sammelstellen abgewiesen, die größere Mengen Grünschnitt abliefern wollen. Nach Auskunft des Landkreises werde man nur noch „haushaltsübliche Mengen“ annehmen, da die Kapazitäten der Sammelstellen begrenzt seien. Dieses Kapazitätsproblem trat in diesem Jahr besonders durch das Verbot von Brenntagen durch die Landesregierung zutage. In Rotenburg gibt es zudem das Problem , dass die Kompostierungsanlage in Karlshöfen gerichtlich auf lediglich 6 500 t pro Jahr begrenzt wurde, obwohl tatsächlich mehr als 30 000 t Grünabfall pro Jahr anfallen. Vorbemerkung der Landesregierung Bei Grünschnitt handelt es sich um Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) vom 24.02.2012. Laut Bundesrecht sind Abfälle, die nicht vermieden werden können, nach der Abfallhierarchie (§ 6 KrWG) vorrangig zu recyceln. Gemäß § 11 Abs. 1 KrWG sind Bioabfälle - hierzu gehört auch Grünschnitt -, soweit diese einer Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG unterliegen und soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen nach § 7 Abs. 2 bis 4 und § 8 Abs. 1 KrWG erforderlich ist, spätestens seit dem 01.01.2015 getrennt zu sammeln. Das Recycling von Grünschnitt ist insbesondere nach einer Kompostierung problemlos möglich. Dieses wird durch die abfallwirtschaftliche Praxis in Niedersachsen und in anderen Ländern umfassend belegt. Bei der Verbrennung von Grünschnitt handelt es sich dagegen um eine Maßnahme der Abfallbeseitigung. Gemäß § 28 Abs. 1 KrWG dürfen Abfälle zum Zweck der Beseitigung nur in den dafür zugelassenen Anlagen oder Einrichtungen (Abfallbeseitigungsanlagen) behandelt, gelagert oder abgelagert werden (Anlagenzwang). Daraus folgt, dass „Brenntage“ bereits durch Bundesrecht verboten sind. Die Landesregierungen können zwar gemäß § 28 Abs. 3 KrWG durch Rechtsverordnung die Beseitigung bestimmter Abfälle oder bestimmter Mengen dieser Abfälle außerhalb von Anlagen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 KrWG zulassen, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht und eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht zu besorgen ist. Von dieser Möglichkeit hat die Landesregierung mit der Pflanzenabfallverordnung Gebrauch gemacht. Die Ausnahme vom abfallwirtschaftlichen Grundsatz des Anlagenzwanges ist jedoch eng auszulegen und erlaubt keine generellen Abweichungen mehr z. B. für die Beseitigung von Grünschnitt durch Verbrennung an „Brenntagen“. Allenfalls erlaubt sind einmalige Ausnahmen für eine feststehende und überschaubare Menge bestimmter Abfälle (z. B. Beseitigung bei Pflanzenkrankheiten), wenn deren Behandlung in zugelassenen Anlagen aus besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Dies ist in der Pflanzenabfallverordnung näher geregelt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6703 2 Gemäß § 20 Abs. 1 KrWG haben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 KrWG zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 15 und 16 KrWG zu beseitigen. Das heißt, die Verwertung von Grünschnitt ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe des Landkreises Rotenburg (Wümme). Wie der Landkreis Rotenburg (Wümme) diese Pflichtaufgabe wahrnimmt, entscheidet er eigenständig, da es sich um eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung (eigener Wirkungskreis) handelt. Er kann sich dieser Aufgabe jedoch nicht durch die Beseitigung im Rahmen von „Brenntagen“ entziehen. Ein Blick auf die Umsetzung dieser Pflichtaufgabe durch andere öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zeigt, dass es unterschiedliche Möglichkeiten gibt, Grünschnitt flächendeckend und bürgerfreundlich zu erfassen. So hat der Landkreis Hameln-Pyrmont mehrere dezentrale Kompostplätze zur Annahme und Behandlung von Grünabfällen eingerichtet (http://kaw.hameln-pyrmont.de/ Annahmestellen/). In der Region Hannover gibt es 55 Sammelplätze, an denen Grünabfall mittwochs und sonnabends abgegeben werden kann (https://www.aha-region.de/gruengutannah me.html). Und in der Stadt und im Landkreis Hildesheim können Grünabfälle während der Öffnungszeiten des Kompostwerkes angeliefert werden. Der Zweckverband Abfallwirtschaft Hildesheim (http://www.zah-hildesheim.de/Termine/ter_sammlungen) bietet darüber hinaus im Frühjahr und Herbst über mehrere Wochen die kostenlose Annahme von Baum- und Strauchschnitt an. Unabhängig davon, dass die Beseitigung von Grünabfällen durch Verbrennen im Rahmen von „Brenntagen “ gegen das geltende Recht verstößt, zeigen diese und andere Beispiele aus der Entsorgungspraxis , dass derartige „Brenntage“ auch nicht mehr erforderlich sind, um Baum- und Strauchschnitt zu entsorgen. Gemäß § 6 Abs. 2 der Satzung über die Abfallentsorgung im Landkreis Rotenburg (Wümme) sind Garten- und Parkabfälle (mit Ausnahme von Friedhofsabfällen) auf den vom Landkreis eingerichteten Sammelplätzen abzugeben. Die auf den Sammelplätzen zulässige Anlieferungsmenge beträgt 4 m³ je Anlieferer und Öffnungstag. Darüber hinausgehende Mengen sind der zentralen Kompostierungsanlage in Gnarrenburg-Karlshöfen zuzuführen. Gewerbliche Betriebe des Garten- und Landschaftsbaus sind von der Anlieferung auf den Sammelplätzen ausgeschlossen. Die Durchsatzleistung der Kompostierungsanlage Gnarrenburg-Karlshöfen ist aufgrund einer Anordnung des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Cuxhaven auf wöchentlich 125 Mg begrenzt worden . Aufgrund der relativ nahen Wohnbebauung geht der Landkreis Rotenburg (Wümme) von einer weiteren Kapazitätsreduzierung aus. Daher soll die Kompostierung an diesem Standort zum 31.03.2017 (vorerst) eingestellt werden. Außerdem kann die fertiggestellte Grünschnitt-Kompostierungsanlage in Helvesiek aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung derzeit noch nicht in Betrieb gehen. Der Landkreis Rotenburg (Wümme) geht jedoch davon aus, dass diese Kompostierungsanlage den Betrieb zu einem späteren Zeitpunkt aufnehmen kann. Grünabfälle, die in Gnarrenburg- Karlshöfen nicht behandelt werden können, werden daher zurzeit in zugelassenen Anlagen außerhalb des Landkreises entsorgt. Unabhängig davon wird der Landkreis Rotenburg (Wümme) die in der Satzung festgelegte Regelung zur Entsorgung von Grünschnitt weiterhin aufrechterhalten. Allerdings wird er aufgrund der zurzeit angespannten Situation stärker auf die Einhaltung der in der Satzung festgelegten Vorgaben achten (keine Anlieferung durch gewerbliche Betriebe auf den Sammelplätzen, Begrenzung des täglichen Anlieferungsvolumens). Da dem Landkreis Rotenburg (Wümme) ab dem 01.04.2017 keine eigenen Behandlungskapazitäten mehr zur Verfügung stehen, wird die Grünabfallentsorgung zum 01.04.2017 ohne eigene Behandlungskapazitäten ausgeschrieben. Das Verfahren läuft zurzeit . Ursache für die Situation bei der Annahme von Grünabfällen ist somit nicht der Wegfall der „Brenntage “, sondern die konsequente Umsetzung der Vorgaben der Satzung über die Abfallentsorgung als Folge der vorübergehenden Kapazitätsengpässe. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6703 3 1. In welchen Kommunen gibt es Probleme mit der Kapazität der Sammelstellen und Deponien für Grünabfälle? Dem MU sind Kapazitätsprobleme bei der Erfassung und Entsorgung von Grünabfällen nicht bekannt . Auf Deponien dürfen Grünabfälle nicht abgelagert werden. 2. Wie definiert die Landesregierung „haushaltsübliche Mengen“ bei Grünabfällen? Eine Definition „haushaltsübliche Mengen“ bei Grünabfällen wäre nicht sachgerecht, da eine einheitliche Menge allein aufgrund der unterschiedlichen Grundstücksgrößen nicht festgelegt werden könnte. Außerdem fällt in Abhängigkeit von dem Alter des Pflanzenbestandes auf Grundstücken mit vergleichbarer Grundstücksgröße unterschiedlich viel Baum- und Strauchschnitt an. 3. Welches konkrete Konzept hat die Landesregierung, um nach dem Wegfall der Brenntage in Niedersachsen die Menge der Grünabfälle zu verwerten? Die Vorgabe eines Konzeptes zur Verwertung von Grünabfällen war nach dem Außerkrafttreten der Brennverordnung nicht erforderlich, da diese ohnehin zeitlich befristet war (bis 31.03.2014) und aufgrund des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) vom 24.02.2012 die diesbezüglichen Pflichten deutlich vor dem Auslaufen der Brennverordnung in Kraft getreten sind. Daher konnte die Landesregierung davon ausgehen, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger diese Pflichten im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung in geeigneter Weise umsetzen. (Ausgegeben am 24.10.2016) Drucksache 17/6703 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6459 Fehlende Kapazitäten bei Sammelstellen für Grünabfälle Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe, Jan-Christoph Oetjen, Dr. Stefan Birkner, Horst Kortlang, Christian Grascha und Dr. Gero Hocker (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz