Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/6822 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6627 - Zulässigkeit anonymer, indirekter Spenden an Kommunen Anfrage des Abgeordneten Rudolf Götz (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 04.10.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 07.10.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 25.10.2016, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung des Abgeordneten 2015 wurde in Göttingen das Denkmal „Dem Landesvater seine Göttinger Sieben“ errichtet. Es wurde der Stadt Göttingen von der Stiftung Niedersachsen gespendet. Wie der Presseberichterstattung zu entnehmen war, hat die Stiftung Niedersachsen die Gelder für das Denkmal wiederum von Spendern erhalten, die absichtlich die Mittel nicht direkt an die Stadt Göttingen gespendet haben, sondern an die Stiftung Niedersachsen, damit diese die Gelder dann für das Denkmal verwenden kann. Diesen Weg sollen sie genommen haben, um anonym bleiben zu können. Und tatsächlich ist ein großer Teil derjenigen, die an die Stiftung Niedersachsen für die Errichtung des Denkmals gespendet haben, bis zum heutigen Tag anonym geblieben. Der Verwaltung der Stadt Göttingen war nach der Presseberichterstattung von Anfang an klar, dass eine anonyme, indirekte Spende vorliegt , und sie wusste auch teilweise um die Identität der Spender. Dennoch hat sie es bis heute unterlassen , den Mitgliedern des Rats und der Öffentlichkeit mitzuteilen, wer die Spender sind. § 111 Abs. 7 NKomVG ist die gesetzgeberische Reaktion auf das BGH-Urteil 1 StR 372/01 vom 23.05.2002 (Rose in KVR-NKomVG, § 111 Rn. 14). Diesem Strafurteil liegt ein Sachverhalt zugrunde , in dem ein Professor eines Universitätsklinikums umsatzbezogene Drittmittel von den Lieferanten des Klinikums eingeworben hat. Der BGH führt in dem bezeichnetem Urteil aus, dass der Tatbestand der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) nicht erfüllt sei, wenn bei der Drittmitteleinwerbung ein Verfahren eingehalten werde, das ein größtmögliches Maß an Transparenz sicherstellt (Rn. 42, 47). Die Einführung von § 111 Abs. 7 NKomVG sollte genau ein solches Verfahren bereitstellen (Rose in KVR-NKomVG, § 111 Rn. 14). Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 55, gehe ich davon aus, dass der Landesregierung die Beantwortung der Anfrage in weniger als einem Monat möglich und zumutbar ist, da es sich nach meiner Auffassung um einen eng begrenzten Sachverhalt handelt und der Rechercheaufwand gering ist. Vorbemerkung der Landesregierung Die Kommunen dürfen gemäß § 111 Abs. 7 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) zur Erfüllung ihrer Aufgaben Spenden, Schenkungen und ähnliche Zuwendungen Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6822 2 einwerben und annehmen oder an Dritte vermitteln, die sich an der Erfüllung von Aufgaben beteiligen . Für die Einwerbung und die Entgegennahme des Angebots einer Zuwendung ist die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte zuständig. Über die Annahme oder Vermittlung entscheidet gemäß § 111 Abs. 7 Satz 3 NKomVG die Vertretung. Abweichend davon entscheidet die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte gemäß § 25 a Abs. 1 Satz 1 der Gemeindehaushalts- und -kassenverordnung (GemHKVO) über die Annahme oder Vermittlung von Zuwendungen mit einem Wert von bis zu 100 Euro. Die Vertretung kann gemäß § 25 a Abs. 2 GemHKVO dem Hauptausschuss die Entscheidung über die Annahme oder Vermittlung von Zuwendungen mit einem Wert von über 100 Euro bis zu höchstens 2 000 Euro übertragen . Die Kommunen erstellen gemäß § 111 Abs. 7 Satz 4 NKomVG jährlich einen Bericht, in dem die Zuwendungsgeber, die Zuwendungen und die Zuwendungszwecke anzugeben sind, und übersenden ihn der Kommunalaufsichtsbehörde. Die Regelungen des § 111 Abs. 7 NKomVG i. V. m. § 25 a GemHKVO dienen vor dem Hintergrund der strengen strafrechtlichen Vorschriften zur Vorteilsannahme (§ 331 StGB) dazu, den Kommunen ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, nach dem sie mit ausreichender Rechtssicherheit Spenden usw. überhaupt einwerben, annehmen oder vermitteln dürfen. Zuwendungsgeber können u. a. auch Stiftungen sein. Spenden an diese unterliegen nach dem oben Gesagten jedenfalls dann nicht den Bestimmungen des NKomVG und der GemHKVO, soweit sie von der Kommune rechtlich unabhängig sind. Die kommunalrechtlichen Regelungen greifen erst, wenn die Stiftungen ihrerseits den Kommunen Leistungen für deren Aufgaben zuwenden. In diesem Fall ist allein die betroffene Stiftung Spender im Sinne der kommunalrechtlichen Vorschriften . Über die Annahme von Spenden an die Stiftung selbst entscheidet allein diese, die jeweiligen Spender sind der Kommune daher auch nicht zu benennen. 1. In welchem Umfang erhalten niedersächsische Kommunen Zuwendungen von Einheiten wie der Stiftung Niedersachsen, die dazu genutzt werden könnten, eine anonyme, indirekte Spende zu ermöglichen? Nach den der Kommunalaufsicht des Ministeriums für Inneres und Sport von den gemäß § 171 Abs. 1 NKomVG ihrer Aufsicht unterstehenden Kommunen für die Jahre 2014 und 2015 bisher übersandten Berichten haben diese Zuwendungen in Höhe von ca. 2,7 Millionen Euro durch Stiftungen erhalten. 2. Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, in welchem Umfang diese Zuwendungen anonyme, indirekte Spenden sind? Nein, auf die Vorbemerkungen wird verwiesen. 3. Sollte die Landesregierung keine Kenntnisse darüber haben, in welchem Umfang die in Frage 1 bezeichneten Zuwendungen anonyme, indirekte Spenden sind: Für wie groß hält sie den Anteil dieser Zuwendungen, die anonyme, indirekte Spenden sind? Eine Einschätzung ist der Landesregierung aufgrund des in § 111 Abs. 7 Satz 4 NKomVG normierten Inhalts der Berichte nicht möglich. Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen. 4. Stellt die Auffassung der niedersächsischen Kommunalaufsicht, wonach anonyme, indirekte Spenden mit dem NKomVG vereinbar sind, nicht eine Einladung an all diejenigen dar, die Kommunen im Schutz der Anonymität eine Spende zukommen lassen wollen , dies im Wege einer anonymen, indirekten Spende zu tun? Nein, zumal das NKomVG auch die Annahme von anonymen, direkten Spenden an die Kommune nicht ausschließt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6822 3 5. Ist die Landesregierung vor dem Hintergrund der Ausführungen zu § 111 Abs. 7 NKomVG der Ansicht, dass die von der niedersächsischen Kommunalaufsicht vertretene Auffassung, bei anonymen, indirekten Spenden müssten dem Rat die Namen der eigentlichen Zuwendungsempfänger nicht bekannt gemacht werden, dem Zweck des NKomVG, ein größtmögliches Maß an Transparenz herzustellen, gerecht wird? Ja, da im Fall der indirekten Spenden allein die Organisation, die der Kommune Leistungen für deren Aufgaben zuwendet, Spender i. S. d. § 111 Abs. 7 NKomVG ist. Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen. (Ausgegeben am 03.11.2016) Drucksache 17/6822 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6627 Zulässigkeit anonymer, indirekter Spenden an Kommunen Anfrage des Abgeordneten Rudolf Götz (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport