Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/6985 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6861 - Wie sind die Auswahlkriterien für Nacherwerber landwirtschaftlicher Flächen bei Vorkaufsrechtsausübungen durch die NLG entstanden? Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe, Horst Kortlang und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 03.11.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 08.11.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 22.11.2016, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung der Abgeordneten Die Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) kann bei der Veräußerung landwirtschaftlicher Flächen das Vorkaufsrecht ausüben, wenn der jeweilige Grundstücksverkehrsausschuss eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden feststellt und die NLG aus diesem Grund in den Verkaufsvorgang einbindet. Im Oktober 2016 ist den Landkreisen und kreisfreien Städten ein Schreiben der NLG zugegangen, in dem es u. a. heißt: „Das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat festgelegt, dass die Transparenz zur Auswahl von Nacherwerbern in Vorkaufsrechtsverfahren erhöht werden soll. Daher soll ab sofort ein Rankingverfahren Anwendung finden, sofern mehrere interessierte Nacherwerber, die bereit und in der Lage sind, die Fläche zu übernehmen und einen dringenden Aufstockungsbedarf für ihren Betrieb nachweisen können, vorhanden sind.“ Im Folgenden wird dabei ein Ranking mit zu vergebenden Punkten vorgestellt. Dabei finden in abnehmender Wichtigkeit folgende Kriterien in Bezug auf den erwerbenden Betrieb Berücksichtigung : Pächter der Fläche, Anteil der Flächen mit Bewirtschaftungsauflagen durch Schutzgebiete , ökologischer Landbau, Betrieb unterhalb der Wachstumsschwelle, anliegendes Eigentum, Ortsnähe, Betrieb mit hohem Dauergrünlandanteil, Eigentumsanteil an der insgesamt bewirtschafteten landwirtschaftlichen Fläche, Junglandwirt, Ausbildungsbetrieb und Viehbesatzdichte. 1. Welche Grundlage gibt es für das Schreiben der NLG an die Landkreise und kreisfreien Städte bezüglich der Auswahlkriterien für Nacherwerber landwirtschaftlicher Flächen? Der NLG obliegt im Rahmen des Grundstücksverkehrs (Runderlass ML vom 09.11.2004) die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechtes (§ 4 des Reichssiedlungsgesetzes) in Niedersachsen . Wenn der Grundstücksverkehrsausschuss eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt bei der Prüfung eines Kaufvertrags über ein landwirtschaftliches Grundstück in Größe von zwei Hektar aufwärts feststellt, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden bedeuten würde, legt er den Kaufvertrag der Siedlungsbehörde (Amt für regionale Landesentwicklung ) vor. Diese beteiligt die NLG, damit die NLG prüfen kann, ob sie ihr siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht ausüben will. Um die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen durch die NLG zu erhöhen, sind die anzuwendenden Kriterien für die Auswahl eines Nacherwerbers bei der Vorkaufsrechtsausübung mitgeteilt worden. Zudem werden hiermit die Grundstücksverkehrsausschüsse in die Lage versetzt, schon im Vorfeld einer Entscheidung wichtige Fragen zu klären und damit das Verfahren zugunsten aller Beteiligten zu beschleunigen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6985 2 2. Auf welche Art und Weise wurden die verschiedenen Kriterien des Rankings festgelegt und nach Bedeutung gewichtet? Agrarstrukturelle Ziele verändern sich. Laut OLG Oldenburg vom 08.11.2012 können etwa Projekte von Naturschutzverbänden dem konkreten Aufstockungsbedürfnis von Landwirten gleichgestellt werden. Fast 50 % der Vorkaufsrechtsausübungen der NLG werden beklagt. Das Ministerium hat daher mit dem Erlass ein klares Ranking vorgesehen, welcher Nacherwerber zu berücksichtigen ist. Die Gewichtung erfolgte mit dem Ziel, insbesondere die vorhandenen Pächter, bäuerliche Familienbetriebe , Junglandwirte, Flächenausstattung und besondere Umweltauflagen erfüllende Landwirte besonders zu berücksichtigen. Auch bei Fördermaßnahmen wie dem AFP gibt und gab es solche Rankings, an denen sich teilweise orientiert wurde. 3. Wurden die Landkreise und kreisfreien Städte bei der Festlegung des Rankings zur Auswahl von Nacherwerbern beteiligt, wenn ja, auf welche Weise, wenn nein, warum nicht? Die Auswahl der Nacherwerber fällt nicht in die Zuständigkeit der Grundstücksverkehrsausschüsse der Landkreise, sondern ist Aufgabe der gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft, die im Landesinteresse tätig ist. Daher war eine Beteiligung der Landkreise nicht erforderlich. 4. Ist das im Schreiben der NLG beschriebene Ranking für die Auswahl von Nacherwerbern landwirtschaftlicher Flächen verbindlich, wenn ja, auf welcher Grundlage? Ja. Die NLG ist als gemeinnütziges Siedlungsunternehmen im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes anerkannt und führt ihre Aufgaben unter der Fachaufsicht des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durch. Die Kriterien für die Auswahl des Nacherwerbers bei der Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 4 des Reichssiedlungsgesetzes wurden im Rahmen der Fachaufsicht festgelegt. Sie gelten dann, wenn zwei oder mehr Nacherwerber für den Erwerb der Flächen in Betracht kommen, an denen die NLG das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht ausüben kann. 5. Warum werden im Ranking Biobetriebe nach EG-Ökoverordnung gegenüber konventionell wirtschafteten Betrieben bevorzugt? Agrarstrukturelles Ziel der Bundes- wie Landesregierung ist es, den Anteil ökologisch wirtschaftender Betriebe aus Gründen der Leistungen für Biodiversität, Tierwohl, Klima- und Gewässerschutz zu steigern. Biobetriebe nach EU Ökoverordnung tragen maßgeblich zu diesem politischen Ziel bei. 6. Stellt die Bevorzugung von Biobetrieben nach Auffassung der Landesregierung einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit der landwirtschaftlichen Betriebe dar, wenn nein, warum nicht? Nein. Es liegt in der Natur eines Rankings, dass die einzelnen Fälle verglichen und bewertet werden müssen, um eine Reihenfolge festlegen zu können. Das Kriterium „Ökologischer Landbau“ ist neben zwei weiteren, gleichberechtigten, Punkten in einem Bewertungssystem von insgesamt elf Punkten mit zu betrachten. Ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit liegt nicht vor, weil die Rangliste nicht vorgibt, wie die Betriebe unternehmerisch tätig sein sollen. Auch die Förderung von Junglandwirten stellt keinen Eingriff in die unternehmerische Freiheit der landwirtschaftlichen Betriebe dar. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/6985 3 7. Besteht nach Auffassung der Landesregierung ein Widerspruch in der geringen Wertigkeit der Viehbesatzdichte im Ranking beim gleichzeitigen Ziel einer verbesserten Flächenausstattung gerade dieser Betriebe, wenn ja, wie soll dieser Widerspruch aufgelöst werden, wenn nein, warum nicht? Nein. Im Koalitionsvertrag ist unter dem Punkt „Artgerechte Tierhaltung“ angeführt, dass eine zu große Viehbestandsdichte zu erheblichen Umweltproblemen führt. So soll eine bessere Flächenausstattung von Betrieben nicht automatisch dazu führen, dass noch mehr Tiere gehalten werden. Vielmehr soll erreicht werden, dass durch mehr Fläche Tiere artgerechter gehalten werden können und sich die Versorgung durch selbst angebautes Futter verbessert. (Ausgegeben am 30.11.2016) Drucksache 17/6985 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6861 - Wie sind die Auswahlkriterien für Nacherwerber landwirtschaftlicher Flächen bei Vorkaufs-rechtsausübungen durch die NLG entstanden? Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe, Horst Kortlang und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz