Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7000 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6815 - Geschütztes Biotop in privatem Garten Anfrage des Abgeordneten Karsten Heineking (CDU) an die Landesregierung, Eingegangen am 26.10.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 02.11.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 29.11.2016, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung des Abgeordneten Am 22.07.2016 wandte sich ein Anwohner des Landkreises Nienburg mit einer E-Mail an den Fragesteller . Der Wortlaut der Nachricht ist in wesentlichen Auszügen hier wiedergegeben, lediglich die Namen von Mitarbeitern, die in der E-Mail genannt wurden, sind entfernt worden. „Sehr geehrte Damen und Herren, zum letzten Wochenende haben wir per Post die Mitteilung vom Landkreis Nienburg bekommen, dass unser mühevoll angelegter naturnaher Gartenteich unter Schutz gestellt wurde. Wir haben nun ein Biotop nach § 30 Abs. 1 und 2 BNatSchG mit einer Größe von 428 m2 in unserem Garten. Es handelt sich demnach um ein Sonstiges naturnahes nährstoffarmes Sillgewässer (SOZ) 4.16.6. Unser Teich ist kein Folienteich, sondern ein baurechtlich genehmigter Teich mit Grundwasseroffenlegung . Er ist deutlich kleiner als 428 m2. Je nach Wasserstand ca. 150 - 200 m2 - in trockenen Sommern ist er noch deutlich kleiner. Wir haben hier im Untergrund eine Tonschicht, die bis fast an die Oberfläche geht. Der Sand da drüber ist so fein, dass das Wasser stehen bleibt bzw. nur langsam, aber stetig versickert. Darum pumpe ich immer wieder Wasser in den Teich, damit der Wasserstand ein gewisses Niveau hat. Der Teich wächst ständig dermaßen mit Kraut zu, dass über den Winter das Wasser unter dem Eis umkippt, weil das Kraut, wenn es überhandgenommen hat, verrottet. Ich lasse den Teich normalerweise alle zwei bis drei Jahre ausbaggern. Nächstes Jahr wäre es wieder so weit. Das unterbleibt ab jetzt. Auch werde ich kein Wasser mehr hinein pumpen. Dann hat sich der Teich in wenigen Jahren erledigt, weil er zusätzlich versandet. Unter diesen Bedingungen habe ich keine Freude mehr am Teich. Außerdem bin ich gesundheitlich mittlerweile sehr eingeschränkt. Dadurch sind mir viele Arbeiten nur noch eingeschränkt oder nicht mehr möglich . Vor drei Jahren ist mal eine Mitarbeiterin des Landkreises unangemeldet hier gewesen und wollte unser Biotop sehen. Schon damals habe ich mich gegen diese Bezeichnung gewehrt. Sie sagte, dass sie jederzeit auch private Grundstücke für Überprüfungen betreten dürfe - auch ohne unsere Einwilligung und ohne Begleitung durch uns. Der Mitteilung des Landkreises fehlt eine Rechtsbehelfsbelehrung. Im Internet findet man einen Hinweis, dass man dagegen keinen Einspruch einlegen kann. Im Telefonat mit einem Mitarbeiter des NLWKN am Dienstag bekam ich zu hören, dass ich mir juristische Schritte sparen könnte, weil zu 99 % so entschieden wird, wie der Landkreis es getan hat. Außerdem würde der Mitarbeiter immer als Gutachter angefordert. Und damit ist das Thema eh durch. Dies bestätigte mir auch eine Mitarbeiterin des Landkreises Nienburg im Telefonat am Donnerstag. Der Mitarbeiter des NLWKN sagte allerdings auch, dass mir der Landkreis die bisherige Nutzung nicht untersagen kann. Das hat der Landkreis allerdings vergessen zu erwähnen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7000 2 Am Donnerstag (21.07.2016) habe ich beim Landkreis die Artenliste zu unserem Gartenteich angefordert und erhalten. (…) Ich kann keine geschützten Arten erkennen. Es gibt nichts Seltenes im/am Teich. Auch ist es eher ein nährstoffreiches Gewässer. Sonst würden die Pflanzen im Teich nicht so extrem wuchern. Im Wesentlichen wurden mir die Aussagen des Mitarbeiters beim NLWKN bestätigt. Beim Landkreis bekam ich dann noch zu hören: Eigentum verpflichtet. Immerhin will sich die Mitarbeiterin des Landkreises die Baugenehmigungsunterlagen vom Teich aus dem Bauamt holen und im Hause besprechen. Die Artenliste erhielt ich dann per Mail. In der Mail stand weiterhin: ‚Nach Abstimmung mit dem technischen Sachbearbeiter hinsichtlich der Möglichkeit einer Löschung des gesetzlich geschützten Biotops auf Ihrem Grundstück werde ich mich bei Ihnen melden.‘ Mal schauen, was dabei rauskommt. … Die Unterschutzstellung eines erheblichen Teiles unseres Gartens (428 m2) stellt eine Wertminderung dar. Ich als Käufer würde mir kein geschütztes Biotop ans Bein binden. So könnte auch eine Familie mit kleinen Kindern den Teich aus Angst um die Kinder nicht zuschütten. Dass ein Biotop im Garten eine Wertminderung darstellen kann, hat der Mitarbeiter des NLWKN bestätigt. Für manch einen könnte es aber gerade auch ein Kaufgrund sein - ist seine Meinung. Hätte der Teich eine Folie, wäre das alles kein Problem. Der Teich wäre dann kein Biotop. …“ Der Petent stellt in seiner E-Mail einige Fragen, um deren Beantwortung ich die Landesregierung bitte. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Die Anlage von Gewässern und Feuchtbiotopen durch engagierte Bürgerinnen und Bürger oder Verbände wird sehr begrüßt. Dadurch entstehen oft sehr wertvolle Rückzugsgebiete für Tiere und Pflanzen. Teilweise weisen solche Feuchtgebiete mit der Zeit so wertvolle naturschutzfachliche Eigenschaften auf, dass auch ein gesetzlicher Schutz aufgrund der rechtlichen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes entsteht. Nach den o. g. Angaben des Eigentümers ist jedoch offenbar eine regelmäßige Pflege notwendig gewesen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Überprüfung der erfolgten Einstufung sinnvoll. 1. Ist es vom Gesetzgeber gewollt, dass Bürger auf diesem Wege in ihren Rechten am Eigentum eingeschränkt werden, obwohl - wie in diesem Fall - der Landkreis hier in Schessinghausen eigene Flächen besitzt und dort Biotope anlegen könnte? Die Vorschriften des § 30 Abs. 2 Satz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes zum Verbot der Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung stellen allein darauf ab, dass die dort genannten Biotope vorhanden sind. Es kommt dem Gesetzgeber nicht darauf an, ob sie an anderer Stelle auf Grundstücken der öffentlichen Hand ebenfalls angelegt werden könnten. 2. Mit der Überwachung aus der Luft fühlt sich der Petent in seinen Rechten eingeschränkt . Warum ist das bei privaten Grundstücken so einfach möglich? Hat er Möglichkeiten , dies zu unterbinden? Eine Überwachung aus der Luft fand nicht statt. Die Auswertung von Luftbildern durch den Landkreis Nienburg/Weser erfolgte lediglich, um wertvolle Bereiche von Natur und Landschaft zu identifizieren . Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7000 3 3. Die Mitarbeiterin, die vor drei Jahren auf dem Grundstück war, sagte, dass sie jederzeit auch private Grundstücke für Überprüfungen betreten dürfe - auch ohne die Einwilligung und ohne Begleitung durch den Eigentümer. Ist das vom Gesetzgeber so gewollt? Aus der Anfrage geht hervor, dass der Petent bei der Vorortkartierung durch eine Mitarbeiterin des Gutachterbüros BIOS am 16.09.2013 anwesend war. Das Grundstück wurde somit nicht ohne Begleitung /Einwilligung betreten. Im Vorfeld der Kartierarbeiten erfolgte am 11.05.2012 eine Ankündigung in den Tageszeitungen. 4. Wer gleicht die Wertminderung des Grundstücks aus? Ob eine Wertminderung vorliegt, kann nicht beurteilt werden. Je nach Käufer kann eine idyllische Gartenanlage auch eine Wertsteigerung darstellen. Ob die betreffende Fläche für alternative Nutzungen infrage kommt, hängt wesentlich von der bauplanungsrechtlichen Beurteilung ab. 5. Wer bezahlt dem Petenten jetzt die geforderten Pflegemaßnahmen? Er schreibt: „Ich bin seit über drei Jahren krankgeschrieben und habe nur noch durch mein Kleingewerbe wenige Einkünfte. Krankengeld und ALG I sind ausgelaufen. Hartz IV bekomme ich nicht, weil meine Frau etwas über dem Satz verdient. Die Erwerbsminderungsrente wurde abgelehnt. Ich habe Widerspruch eingelegt. Meine Frau ist körperlich nicht in der Lage, die Pflegemaßnahmen durchzuführen. So wären aufgezwungene Unterhaltungsmaßnahmen eine unverhältnismäßige Härte.“ Pflegemaßnahmen sind durch den Landkreis Nienburg/Weser weder vom Petenten noch von seiner Ehefrau verlangt worden. Wie bereits in der Vorbemerkung erwähnt, ist dem Petenten vielmehr am 25.07.2016 mitgeteilt worden, dass die bisher von ihm durchgeführten Unterhaltungsmaßnahmen auch weiterhin zulässig sind, er jedoch nicht verpflichtet ist, sich weiter um den Teich zu kümmern . Dessen ungeachtet wäre es zu begrüßen, wenn der Petent weiterhin an seiner ursprünglichen guten Absicht festhielte, Lebensraum und Unterschlupf für Amphibien und Vögel zu schaffen. (Ausgegeben am 05.12.2016) Drucksache 17/7000 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6815 Geschütztes Biotop in privatem Garten Anfrage des Abgeordneten Karsten Heineking (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz