Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7002 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6812 - Ist die EDV derzeit eine objektive Unterstützung für die Arbeit in der niedersächsischen Finanzverwaltung? Anfrage der Abgeordneten Reinhold Hilbers, Dr. Stephan Siemer, Heiner Schönecke, Heinz Rolfes, Sebastian Lechner und Adrian Mohr (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 26.10.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 01.11.2016 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung vom 24.11.2016, gezeichnet Peter-Jürgen Schneider Vorbemerkung der Abgeordneten Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft Landesverband Niedersachsen hat bei ihrem Landesverbandstag 2016 im September dieses Jahres einen Beschluss mit dem Titel „Die Technik/EDV muss eine objektive Unterstützung für die Arbeit in der Finanzverwaltung werden!“ gefasst. Mit diesem Beschluss fordert die Steuer-Gewerkschaft Landesverband Niedersachsen die Abgeordneten des Landtags und die Landesregierung auf, „objektiv funktionierende Technik in der Finanzverwaltung zur Verfügung zu stellen.“ Die Einführung verschiedener programmtechnischer Unterstützungen, wie z. B. Projekte im verfahren KONSENS, ELSTAM, STEUBEL etc., sei grundsätzlich zu begrüßen. Eine wirkungsvolle Unterstützung für die tägliche Arbeit in der Finanzverwaltung könnten aber nur ausgereifte, intensiv erprobte und dauerhaft verfügbare technische Verfahren leisten. Deshalb solle in einem ersten Schritt sichergestellt werden, dass neue Programme zunächst intensiv getestet würden, bevor sie zum landesweiten Einsatz gelangten. Die Neue Presse berichtete in ihrer Ausgabe vom 10.09.2016, dass das Computerprogramm KONSENS in den niedersächsischen Finanzämtern regelmäßig abstürze. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Das bereits vor zehn Jahren, zum 1. Januar 2007, in Kraft getretene Verwaltungsabkommen KON- SENS (Koordinierte neue Softwareentwicklung für die Steuerverwaltung) bildet seitdem die Grundlage für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Bund und Ländern für die Beschaffung, konzentrierte Entwicklung, Pflege, Finanzierung und den Einsatz einheitlicher Software für das Besteuerungsverfahren sowie für das Steuerstraf- und -bußgeldverfahren. Die Länder und der Bund tragen die Finanzierung von KONSENS gemeinsam. Niedersachsen ist neben Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg eines der fünf sogenannten Steuerungsgruppenländer und damit an führender Stelle mitverantwortlich insbesondere für die Softwareentwicklung der IT-Vorhaben im Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7002 2 Rahmen von KONSENS. Das Ziel ist, für die von den Ländern verwalteten Steuern alle Besteuerungsverfahren bundesweit mit einheitlicher Software zu betreiben. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die derzeitige Technik- und EDV-Ausstattung in der niedersächsischen Finanzverwaltung? Die Länder haben mit dem Vorhaben KONSENS einen erfolgversprechenden Weg zur länderübergreifenden , arbeitsteiligen und damit Ressourcen schonenden Entwicklung von Software für das Besteuerungsverfahren eingeschlagen. KONSENS ist eine inzwischen weit vorangebrachte, hochkomplexe , die Steuerverwaltungen der 16 Länder und auch des Bundes immer stärker über einheitliche Software zusammenbindende Kooperation. Die niedersächsische Steuerverwaltung nutzt für die Verarbeitung der Steuerdaten das von Dataport betriebene Steuerrechenzentrum Data Center Steuern (DCS). Gleichzeitig wird hierdurch die Zentralisierung der Steuerrechenzentren vorangetrieben. Niedersachsen nutzt hier die Chance, zusammen mit den Steuerverwaltungen der anderen fünf Trägerländer von Dataport (HB, HH, MV, SH und ST) eine gemeinsame einheitliche IT-Struktur und das insgesamt bestehende Know-how zu nutzen. Die IT-Ausstattung am Arbeitsplatz der Anwenderinnen und Anwender entspricht dem heutigen Leistungsstand. 2. Wie hoch ist die Verfügbarkeit der EDV in den einzelnen Bereichen der niedersächsischen Finanzverwaltung? Eine Untersuchung von Störungen, bei denen länger als eine Stunde in mindestens einem Finanzamt die Nutzung der steuerlichen Verfahren stark oder in allen Finanzämtern erheblich behindert war, hat ergeben, dass diese Störungen eine Einschränkung der Verfügbarkeit von knapp 3 % zur Folge hatten. Die Untersuchung fand in vier repräsentativ ausgewählten niedersächsischen Finanzämtern in der Zeit von Oktober 2015 bis März 2016 statt und konzentrierte sich auf den Zusammenhang von technischen Störungen mit wichtigen Geschäftsprozessen aus den Bereichen Festsetzung, Grundinformationsdienst und Erhebung in den Finanzämtern. Eine Aufteilung der Verfügbarkeit auf die einzelnen Bereiche des Finanzamts ist nicht möglich. 3. Mit welcher technischen Verfügbarkeit der EDV plant die Landesregierung in den einzelnen Bereichen der Finanzverwaltung? Da sich Verfügbarkeitseinschränkungen bei komplexen Softwaresystemen im Massenbetrieb nie ganz vermeiden lassen, ist das Ziel, diese so gering wie möglich zu halten und die Verfügbarkeit weiter zu erhöhen. 4. Gibt es bei den in den Finanzämtern eingesetzten EDV-Systemen Kapazitätsengpässe („Flaschenhälse“) zwischen Server, Bildschirmarbeitsplatz und Übertragung der Daten dazwischen? Grundsätzlich sind die Server sowie die Bildschirmarbeitsplätze in der niedersächsischen Finanzverwaltung ausreichend dimensioniert. Sofern es trotz sorgfältiger Planung zu Fehlerkonstellationen aufgrund unzureichender Dimensionierung kommt, wird diese anlassbezogen angepasst. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7002 3 5. Wenn zu 4. Ja: Bei welchen EDV-Systemen ist dies der Fall, und was sind die Ursachen (Serverüberlastung als Hardware-Problem etc.)? Siehe Antwort zu Frage 4. 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Forderung der Deutschen Steuer-Gewerkschaft Landesverband Niedersachsen, dass neue Programme zunächst intensiv getestet werden sollen, bevor sie zum landesweiten Einsatz gelangen? Wegen des Sachzusammenhangs der Fragen 6, 7 und 8 lassen sich diese am besten gemeinsam durch die Beschreibung des Testvorgehens beantworten. Die Entwicklung und Pflege einheitlicher Software für das Besteuerungsverfahren im Vorhaben KONSENS ist auf die Steuerungsgruppenländer aufgeteilt. Jedes Bundesland hat dabei Entwicklungsschwerpunkte und ist für das jeweilige Verfahren „Auftrag nehmendes Land“ (AnL). Das AnL muss für jedes neu bereitgestellte Programm und jede Programmänderung eine fachliche und produktionstechnische Abnahme durchführen. Mit dieser Abnahme werden die Bestätigung und der Nachweis erbracht, dass das Verfahren die Anwenderforderungen erfüllt, die Benutzerinformationen aktuell und vollständig sind und das Software-Produkt auf den Plattformen für den produktiven Betrieb im „übernehmenden Land“ (ünL) einsetzbar ist. Anschließend, teilweise auch parallel, wird die Software vom Test-Center KONSENS (TCK) auf Integrationsfähigkeit und Last- und Performanceverhalten geprüft. Das TCK ist die übergreifende Instanz zur Qualitätssicherung für KONSENS-Verfahren vor der Bereitstellung der Software für die Produktionen der ünL und stellt durch übergreifende Test- und Qualitätssicherungsmaßnahmen, zusätzlich zu den Maßnahmen der AnL, den Schutz der Produktion sicher. Neben dem Test im TCK wird auch in Niedersachsen landesspezifisch getestet und mehrere Wochen unter Beteiligung der Anwenderinnen und Anwender in einem niedersächsischen Finanzamt pilotiert. Zwischen der ersten Bereitstellung im Testumfeld, der Pilotierung in einem Finanzamt und dem Flächeneinsatz der neuen Version liegt eine zeitliche Spanne von zirka drei Monaten. Trotz des intensiven Testverfahrens lässt es sich nicht immer vermeiden, dass auch nach Übernahme in den Echtbetrieb Fehler identifiziert und beseitigt werden müssen. Entsprechende Notwendigkeiten lassen sich bei Software-Produkten ganz allgemein feststellen. 7. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass neue Programme erst intensiv getestet werden, bevor sie zum landesweiten Einsatz gelangen? Siehe Antwort zu Frage 6. 8. In welcher Weise werden die Anwenderinnen und Anwender in den niedersächsischen Finanzämtern („Praktiker vor Ort“) in die Tests der Programme eingebunden? Sofern Niedersachsen das AnL und somit für die Verfahrensentwicklung zuständig ist, werden die Anwenderinnen und Anwender in den niedersächsischen Finanzämtern in allen Phasen der Softwareentwicklung miteinbezogen. Für Software, die in Niedersachsen als ünL in den produktiven Einsatz gelangt, erfolgt die Einbeziehung spätestens mit der Pilotierungsphase in einem Finanzamt. 9. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zur Frage, ob und in welchem Umfang welche Computerprogramme in den niedersächsischen Finanzämtern ausfallen? Siehe Antwort zu Frage 2. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7002 4 10. Welche Probleme mit der Funktionsfähigkeit haben die anderen Bundesländer mit dem bundeseinheitlichen Berechnungsprogramm KONSENS? Soweit es Niedersachsen bekannt ist, unterscheiden sich die Probleme in anderen Ländern nicht von denen in Niedersachsen. 11. Falls andere Bundesländer geringere Probleme haben: Aus welchen Gründen hat Niedersachsen größere Probleme mit dem Computerprogramm KONSENS als andere Bundesländer ? Siehe Antwort zu Frage 10. 12. Welche Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die in den niedersächsischen Finanzämtern zum Einsatz kommende EDV/Technik ausgereift, getestet und funktionsfähig ist? Die Ende 2014 eingesetzte Arbeitsgruppe der Finanzstaatssekretäre des Bundes und der Länder (AG IT) hat Mitte 2016 Maßnahmen zur Optimierung der Softwareentwicklung und zu Verfahrensverbesserungen beschlossen. Im Rahmen der Finanzministerkonferenz am 10.11.2016 wurde die dafür notwendige Budgeterhöhung für das Vorhaben KONSENS vorgesehen. Die erforderlichen Maßnahmen werden zurzeit beplant. (Ausgegeben am 05.12.2016) Drucksache 17/7002 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6812 Ist die EDV derzeit eine objektive Unterstützung für die Arbeit in der niedersächsischen Finanzverwaltung? Anfrage der Abgeordneten Reinhold Hilbers, Dr. Stephan Siemer, Heiner Schönecke, Heinz Rolfes, Sebastian Lechner und Adrian Mohr (CDU) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums