Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7019 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6832 - Gefängnisdolmetscher auch in Niedersachsen unterbezahlt? Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 27.10.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 07.11.2016 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung vom 30.11.2016, gezeichnet Antje Niewisch-Lennartz Vorbemerkung der Abgeordneten Nach einem Bericht der ZEIT (ZEIT Online vom 19.10.2016) fehlten der sächsischen Justiz Übersetzer , um den mutmaßlichen Terroristen Jaber al-Bakr vor seinem Selbstmord ausreichend zu vernehmen. Grund dafür sei vor allem, dass das Land Sachsen an den Honoraren spare: 50 Euro brutto zahle Sachsen für eine Dolmetscherstunde, deutlich weniger als die mindestens 70 Euro brutto, die das Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz für solche Aufträge vorsieht. Nach Abzug der Sozialabgaben mindert sich dieser Stundenlohn deutlich und wird unattraktiv. Mehrere Dolmetscher seien von Mitarbeitern der Justizvollzugsanstalt (JVA) Leipzig angerufen worden, hätten den Auftrag aber wegen des geringen Honorars abgelehnt. Ebenso wird der Leiter der JVA Leipzig mit der Aussage zitiert, dass „wohl was dran“ sei „an dem Vorwurf, dass die Honorare zu gering sind“. Letztlich habe dem Gefängnis in den 32 Stunden vor dem Suizid al-Bakrs kein Dolmetscher zur Verfügung gestanden. Vorbemerkung der Landesregierung Die Vergütung von Dolmetschern und Übersetzern, die für den Justizvollzug tätig werden, orientiert sich weitgehend an § 9 Abs. 3 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG). Dieser sieht einen Stundensatz von 70 Euro, bzw. 75 Euro für simultanes Dolmetschen, vor. § 14 JVEG ermöglicht es den Landesjustizverwaltungen oder von ihnen bestimmten Stellen, mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, abweichende Vereinbarungen über die im Einzelfall zu gewährende Vergütung abzuschließen. Für Leistungen, die die Dolmetscher für Staatsanwaltschaften und Gerichte des Landes Niedersachsen erbringen, wurde von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und durch das OLG Oldenburg ein Rahmenvergütungsvertrag geschlossen. Abweichend von § 9 Abs. 3 sieht Nr. 1 der Vergütungsvereinbarung einen Stundenlohn von 50 Euro und eine Ausfallentschädigung von höchstens 90 Euro vor. Zuletzt wurden diese Vergütungsbeträge mit Erlass des MJ vom 11.03.2014 (Az. 5672 - 204.30) angehoben; der Stundensatz um 10 Euro, der Höchstbetrag der Ausfallentschädigung von 35 Euro auf 90 Euro. Die Justizvollzugseinrichtungen sind mit Erlass vom 29.03.2010 sowie 18.11.2010 (Az. 5672 - 301.30) über den Rahmenvertrag für Dolmetscher und Übersetzer und das beim OLG Oldenburg geführte Verzeichnis sowie die weiteren Zugriffsmöglichkeiten unterrichtet worden. In dem o. g. Verzeichnis sind niedersachsenweit ein Dolmetscher für Hocharabisch und 27 Dolmetscher für Arabisch aufgeführt, sieben weitere für Arabisch in Bremen bzw. Hamburg (Stand 25.11.2016). Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7019 2 Den Vollzugsanstalten steht es frei, von dem Rahmenvertrag Gebrauch zu machen oder individuelle Vergütungsvereinbarungen zu schließen. Ist die sofortige Verständigung mit der oder dem aufzunehmenden Gefangenen in ihrem oder seinem Interesse oder zur Gewährleistung der Sicherheit der Anstalt erforderlich und ist die Hinzuziehung einer Dolmetscherin/eines Dolmetschers nicht rechtzeitig möglich, erlaubt § 8 Abs. 3 NJVollzG im Aufnahmeverfahren zur Übersetzung die Hinzuziehung anderer Gefangener. Alle niedersächsischen Justizvollzugsanstalten haben neben dem Einsatz von Dolmetschern weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Verständigung mit ausländischen Gefangenen entwickelt. So werden Sprachübersetzungsprogramme sowie Tablets mit einer Sprach-App genutzt und alle Anstalten bieten Sprachkurse für Gefangene an. Darüber hinaus werden verstärkt Lehrkräfte mit entsprechenden Sprachkenntnissen beschäftigt und Sprachkurse für Bedienstete angeboten. Zum 01.01.2017 startet in der JVA Uelzen die zweimonatige Pilotierung des „Videodolmetschens“. 1. Wie hoch sind die vom Land Niedersachsen gezahlten Honorare für Dolmetscher in den JVA? Die gezahlten Honorare orientieren sich an den geltend gemachten Forderungen der beauftragten Personen sowie am Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG). Rahmenvereinbarungen wurden von den Vollzugsanstalten bislang nicht geschlossen. Die Stundensätze betrugen in den Jahren 2015 und 2016 zwischen 20 Euro und 70 Euro. Die Fahrtkosten werden regelmäßig zusätzlich mit 0,30 Euro/km vergütet. 2. Werden auch in Niedersachsen Justizaufträge von Dolmetschern wegen zu geringer Bezahlung abgelehnt? In den Jahren 2015 und 2016 wurde in keinem Fall ein Dolmetscherauftrag wegen zu geringer Bezahlung abgelehnt. Drei Anstalten haben berichtet, dass in diesem Zeitraum ein Auftrag abgelehnt wurde. Ursächlich hierfür war, dass ein Dolmetscher den arabischen Dialekt nicht beherrschte oder der Auftrag aus Zeitgründen nicht kurzfristig erledigt werden konnte. 3. Stehen der Justiz in Niedersachsen genug Dolmetscher zur Verfügung, oder gibt es ähnliche Engpässe wie in Sachsen? Vergleichbare Engpässe hat es in den Jahren 2015 und 2016 in Niedersachsen nicht gegeben. In Einzelfällen ist aufgrund der Lage der Vollzugsanstalt auf einen Dolmetscher aus der nächstgelegenen Großstadt zurückzugreifen. Einen kurzfristigen Bedarf sowie Verständigungsproblemen mit Gefangenen mit bislang wenig verbreiteten Sprachen oder Dialekten wird erfolgreich mit technischen Mitteln oder dem Einsatz von sprachkundigen Bediensteten oder Gefangenen begegnet. (Ausgegeben am 07.12.2016) Drucksache 17/7019 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6832 Gefängnisdolmetscher auch in Niedersachsen unterbezahlt? Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums