Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7165 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6966 - A-7-Ausbau: Sollen Landwirte ihr Ackerland unter Wert verkaufen? Anfrage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Karsten Heineking und Rainer Fredermann (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 18.11.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 23.11.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung vom 13.12.2016, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung der Abgeordneten Der NDR berichtete am 18.10.2016 auf seiner Internetseite darüber, dass im Zuge des Ausbaus der Bundesautobahn A 7 im Landkreis Northeim zahlreiche Landbesitzer Flächen an den Bund erheblich unter Wert verkaufen sollten. Den Ankauf organisierte die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr. Der NDR schreibt weiter: „Jetzt weigern sich Eigentümer, freiwillig zu verkaufen, sie behaupten, für gutes Ackerland keine marktüblichen Preise zu bekommen. Recherchen von ‚Panorama 3‘ haben ergeben, dass die angebotenen Quadratmeterpreise viel zu niedrig sind. Kostet ein Hektar gutes Ackerland im Landkreis Northeim etwa 40 000 Euro, sollen die Landwirte für den Verkauf nur rund 20 000 Euro erhalten.“ Grund dafür soll nach den Recherchen von „Panorama 3“ die Verwendung nicht mehr aktueller Bodenankaufpreise sein, Maßstab sollen teilweise Preisberechnungen aus den Jahren vor 2012 sein. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Der Erwerb von Flächen durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) erfolgt auf der Grundlage gesetzlicher Vorgaben sowie Verwaltungsvorschriften des Bundes; zu nennen sind insbesondere das Bundesfernstraßengesetz (FStrG), das Niedersächsische Enteignungsgesetz (NEG), die Bundeshaushaltsordnung (BHO) und die einschlägigen Rundschreiben des Bundes. Die NLStBV strebt einvernehmliche Einigungen über den Grunderwerb an, was in aller Regel auch gelingt. Auf jährlich regelmäßig über 1 500 Vertragsschlüsse kommen rund 30 streitige Verfahren, die vor der Enteignungsbehörde (Ministerium für Inneres und Sport) geführt werden müssen. Als Kaufpreis zahlt die NLStBV den Betrag, der im Falle einer Enteignung als Entschädigung zu zahlen wäre. Die Höhe von Kaufpreis bzw. Entschädigung ist nach § 19 Abs. 5 FStrG i. V. m. §§ 11 Abs. 2 Nr. 1, 13 Abs. 1 NEG der aktuelle Verkehrswert. Zur Bestimmung dieses Verkehrswertes greift die Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7165 NLStBV auf die nach § 192 des Baugesetzbuchs (BauGB) errichteten und zuständigen Gutachterausschüsse zurück. Die Bestimmung dieses Verkehrswerts erfolgt dabei nicht durch die NLStBV, sondern durch die nach § 192 BauGB errichteten und fachkundig besetzten Gutachterausschüsse. Diese agieren weisungsunabhängig . Das Verfahren zur Bestimmung der Verkehrswerte durch diese Ausschüsse ist durch §§ 192 bis 199 BauGB und die Immobilien-Wert-Ermittlungs-Verordnung (ImmoWertV) genau festgelegt. Der Ausschuss ermittelt dabei regelmäßig auf Grundlage der nach § 193 Abs. 5 Satz 1 BauGB zu führenden Kaufpreissammlung und unter Berücksichtigung aller wertbestimmenden Faktoren wie Ackergüte, Lage und Flächenzuschnitt den aktuellen Verkehrswert. Die Kaufpreissammlung umfasst notwendigerweise auch Preise aus weiter zurückliegenden Jahren , um die Datenbasis zu erhöhen und Entwicklungen erkennbar zu machen. In den Erwerbsfällen, die Gegenstand der Berichterstattung durch den NDR waren, kam es zu Unstimmigkeiten mit einer geringen Zahl der betroffenen Eigentümer. Bund und Land sind an einem zügigen sechsstreifigen Ausbau der BAB A7 von Hildesheim bis Salzgitter interessiert, dessen Umsetzung bei der NLStBV liegt. Um dieses Ziel umzusetzen, hat die NLStBV Anliegern angeboten, Flächen gegen eine Vorauszahlung auf Basis einer vorläufigen Schätzung abzugeben. Die Schätzung beruhte dabei auf im Voraus eingeholten, dadurch notwendigerweise älteren Gutachten. Für die endgültige Bestimmung des Kaufpreises sollten dann jedoch aktuelle Gutachten eingeholt werden, die dann auch die Preisentwicklung korrekt abbilden würden. Das wurde durch einige Anlieger offenbar dahingehend missverstanden, dass diese nur die Vorauszahlung erhalten sollten, die aufgrund des Alters der Gutachten als endgültige Preise unstreitig zu gering gewesen wären. Aus diesem Fehlverständnis resultierten dann Streitigkeiten, die inzwischen alle einvernehmlich durch Abschluss von Vorabverträgen im oben genannten Sinne beendet wurden. Keinem dieser Eigentümer wurden dabei Rechte abgeschnitten oder Flächen unterhalb der Marktpreise abgekauft. 1. Welche Werte für den Landankauf legt die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr bei ihren Angeboten grundsätzlich zugrunde? Die NLStBV legt die durch die nach § 193 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zuständigen Gutachterausschüsse ermittelten Verkehrswerte zugrunde. 2. Trifft es zu, dass teilweise auf der Basis von vier bis fünf Jahre zurückliegenden Preisberechnungen Angebote erstellt werden? Weder bei den Fällen, die Gegenstand der Berichterstattung des NDR waren, noch in der übrigen regelmäßigen Praxis der NLStBV basieren die gezahlten Kaufpreise auf vier bis fünf Jahre alten Preisberechnungen. 3. Ist es für potenzielle Veräußerer möglich, ein am aktuellen Grundstückswert orientiertes Angebot zu verlangen? Die Angebote der NLStBV zum Erwerb von Grundstücken berücksichtigen den aktuellen Grundstückswert bereits, wie in der Vorbemerkung dargestellt. 4. Auf welcher Rechtgrundlage und inwiefern ist die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr verpflichtet, ihre Angebote - entsprechend der Marktpreisentwicklung für Ackerland - regelmäßig anzupassen? Es wird auf die Beantwortung der Frage 3 verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7165 3 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Praxis der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, die Ankaufpreise niedrig zu halten, indem sie die aktuelle Preisentwicklung nicht berücksichtigt? Eine solche Praxis existiert nicht bei der NLStBV. Ergänzend wird auf die Vorbemerkung verwiesen . 6. Was geschieht, wenn sich ein Eigentümer weigert, zum Angebotspreis der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr zu veräußern? Der Grunderwerb zu Zwecken des Straßenbaus erfolgt in aller Regel einvernehmlich; dies scheitert nur in seltenen Ausnahmefällen. Wenn ein solcher Ausnahmefall eintritt und ein Erwerb der Fläche unumgänglich ist, erfolgt regelmäßig eine Enteignung nach §§ 19 Abs. 1, 5 FStrG i. V. m. §§ 1 ff. NEG. Der Eigentümer erhält dann als Entschädigung, was er sonst als Kaufpreis erhalten hätte. Bei Dringlichkeit kann die NLStBV nach § 18 f FStrG sich den Besitz an einer Fläche im Rahmen eines förmlichen Verfahrens vor der Enteignungsbehörde auch sofort übertragen lassen, ohne dass der Eigentümer dafür unmittelbar eine Entschädigung erhalten würde. Gerade um diese für die Eigentümer ungünstige Rechtsfolge zu vermeiden, bemüht sich die NLStBV um den einvernehmlichen Abschluss von Vorab- und Bauerlaubnisverträgen. Diese ermöglichen den Eigentümern die Übergabe des Grundstücks gegen vorläufige Entschädigungsbeträge bzw. Preise unter Wahrung aller ihnen zustehenden Rechte und Rechtsschutzmöglichkeiten. Betroffene Eigentümer können für alle Schritte des Verfahrens rechtsanwaltliche Unterstützung in Anspruch nehmen. Die Kosten dafür trägt nach § 42 Abs. 1 NEG regelmäßig der Vorhabensträger. 7. Welcher Wert eines Grundstücks wird in aller Regel bei Entschädigungen im Rahmen einer Enteignung zugrunde gelegt (bitte die statistischen Werte seit dem Jahr 2000, wenn möglich einzeln, aufschlüsseln)? Die Frage kann nicht abstrakt beantwortet werden, da bei der Bewertung eines Grundstückes die Besonderheiten des jeweiligen Grundstücks - wie beispielsweise Lage, Flächengröße und -zuschnitt und Ackergüte oder Bebauung - zu berücksichtigen sind. Als Basis für die Grundstücksbewertung kann die Kaufpreissammlung der Gutachterausschüsse (www.gag.niedersachsen.de) herangezogen werden. (Ausgegeben am 20.12.2016) Drucksache 17/7165 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6966 A-7-Ausbau: Sollen Landwirte ihr Ackerland unter Wert verkaufen? Anfrage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Karsten Heineking und Rainer Fredermann (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr