Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7192 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6958 - Erwerb von Kunst durch das Land Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns, Christian Dürr und Björn Försterling (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 21.11.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 23.11.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (MWK) namens der Landesregierung vom 21.12.2016, gezeichnet Dr. Gabriele Heinen-Kljajić Vorbemerkung der Abgeordneten Das Land Niedersachsen erwirbt seit Jahrzehnten Kunst. Welche Kriterien dem Erwerb dienten oder welches beratende Gremium Entscheidungen traf, ist nicht bekannt. Die Kunstwerke werden teils im Ministerium für Wissenschaft und Kultur gelagert, und sie sind teils in Ministerien und anderen Räumlichkeiten als Leihgabe ausgestellt. Allerdings gibt es bislang keine Ausführungen über Art und Umfang der erworbenen Stücke. Vorbemerkung der Landesregierung Das Land Niedersachsen (Ministerium für Wissenschaft und Kultur [MWK] - vorher Kultusministerium [MK] bis 1974, und die ehemaligen Bezirksregierungen in Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Lüneburg) erwarb von 1949 bis 2002 zeitgenössische Kunst. Es ist Eigentümer von Kunstwerken des 20. Jahrhunderts, die überwiegend zur Künstlerförderung, teils zu anderen Zwecken, wie z. B. Dokumentation der niedersächsischen Kunstlandschaft, zur Ausstattung von Diensträumen oder zur Sammlung und Ausstellung in Museen erworben wurden. Kunstwerke, die seit 1976 unter Aspekten der Künstlerförderung und der Dokumentation der niedersächsischen Kunstlandschaft erworben wurden, wurden 1983 und 1990 unter dem Titel „Künstler in Niedersachsen“ präsentiert. In diesen Übersichtsausstellungen wurde die Öffentlichkeit über die Ankaufspolitik des Landes informiert . Bei den nach 1949 entstandenen Werken zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler, die entweder direkt bei den Künstlern oder in Galerien erworben wurden, stellt sich die Frage nach Beutekunst (Kunst, die zwischen 1933 und 1945 unrechtmäßig entzogen wurde) nicht. 1. Wie umfangreich sind die Käufe und sonstigen Erwerbungen des Landes? Im Bestandsverzeichnis des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur sind 10 158 Arbeiten (Erwerbungen durch MWK bzw. MK sowie durch die vier ehemaligen Bezirksregierungen) erfasst. Zumindest bei 264 Arbeiten handelt es sich nicht um Ankäufe, sondern um Dauerleihgaben (etwa der Niedersächsischen Sparkassenstiftung) und Schenkungen. Hier ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der vorhandenen Angaben die Zugangsart nicht immer eindeutig festgestellt werden kann. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7192 2 2. Welchen Wert haben die Käufe und sonstigen Erwerbungen? Eine Bewertung findet nicht statt, da kontinuierliche Wertänderungen auf dem Kunstmarkt erfolgen. Bei zeitlich befristeten Leihgaben (Ausstellungen) erfolgt im Einzelfall eine Bewertung zur Festsetzung des Versicherungswertes. 3. Wer hat über die Ankäufe nach welchen Kriterien entschieden? Zur Beratung des MWK wurde 1978 die Niedersächsische Kunstkommission berufen. Diese Kommission bestand damals aus acht Kunstsachverständigen, die bis 2002 Mehrheitsvoten zum Erwerb von Kunstwerken abgegeben haben. Im Vordergrund dieser Maßnahmen standen Aspekte der Künstlerförderung und der Dokumentation der niedersächsischen Kunstlandschaft. Nach 2002 wurden keine weiteren Kunstwerke im Rahmen der Künstlerförderung erworben. Die Bezirksregierungen haben vor allem nach regionalen Aspekten Erwerbungen getätigt. Ziele waren die Dokumentation der in der Region vorhandenen Künstlerinnen und Künstler sowie die Künstlerförderung. 4. Gibt es Aufzeichnungen darüber, wo sich im Fall eines Verleihs die Stücke befinden? Das geführte Bestandsverzeichnis beinhaltet auch die Angaben über den Verbleib der Kunstwerke. 5. Wie sind derartige Stücke versichert, wie finden Transporte statt, und wie wird bei Beschädigungen verfahren? Die Arbeiten unterliegen gemäß § 34 der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung (LHO) dem Grundsatz der Nichtversicherung. Bei zeitlich befristeten Leihgaben (Ausstellungen) werden die Arbeiten vom Entleiher versichert. Die Kunstwerke werden für Transporte in geeigneter Weise fachgerecht verpackt und in der Regel in Kraftfahrzeugen transportiert. Entleiherinnen und Entleiher erhalten die Handreichung „Richtiger Umgang mit Kunstwerken“. In dieser Handreichung werden insbesondere Empfehlungen über Verpackung, Transport und Aufhängung gegeben. Die im Kunstfundus des MWK befindlichen Arbeiten werden konservatorisch durch eine Restauratorin betreut. In erforderlichen Fällen werden auch Hilfeleistungen des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover in Anspruch genommen. 6. Wie wird sichergestellt, dass die Stücke im Ministerium sachgerecht gelagert werden? Die nicht dauerhaft überlassenen oder ausgeliehenen Kunstwerke werden im Kunstfundus des MWK gelagert und von einer Restauratorin betreut. 7. Beabsichtigt das Land, Teile der Sammlung zu veräußern? Der Verkauf von Teilen der Sammlung ist nicht beabsichtigt. Dies schließt jedoch nicht aus, dass bei Kaufinteresse in Einzelfällen Arbeiten verkauft werden können. Die Veräußerung von Kunstwerken richtet sich nach § 63 LHO. Danach ist generell eine Veräußerung zulässig, da die erforderliche Einwilligung des Landtages durch die Ausweisung eines Einnahmetitels (0675-12567-7) vorliegt. Gemäß § 63 Abs. 3 LHO dürfen Vermögensgegenstände nur veräußert werden, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben des Landes in absehbarer Zeit nicht benötigt werden. Hieraus folgt im Falle der Veräußerung von Kunstwerken, dass Kunstwerke mit musealem Wert vom Verkauf ausgeschlossen sind. Auch müssen zur Dokumentation einer künstlerischen Position weitere Arbeiten der Künstlerin bzw. des Künstlers im Bestand des Landes sein. Weiterhin (§ 63 Abs. 4 LHO) dürfen Vermögensgegenstände nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden, wobei sich der volle Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Gegenstandes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Zur Beurteilung dieser Frage ist jeweils eine fachliche Stellungnahme einzuholen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7192 3 8. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass eine mögliche Veräußerung der Kunstwerke zu einem Preisverfall auf dem Markt führen würde, der Händlern und Künstlern schaden würde? Da eine Veräußerung nur in dem unter den in der Antwort zu Frage 7 dargestellten Rahmenbedingungen erfolgen darf, ist mit keinem Preisverfall auf dem Markt zu rechnen. 9. Inwiefern gibt es Prüfungen, ob das Land Niedersachsen oder seine Rechtsvorgänger sogenannte Beutekunst erwarben und nun besitzen? Falls ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Die Erwerbungen von zeitgenössischen Kunstwerken nach 1949 sind diesbezüglich unbedenklich. Auskünfte zu Erwerbungen der vor 1945 entstandenen Werken des 20. Jahrhunderts durch die Rechtsvorgänger der Bezirksregierungen liegen nur in Bezug auf die Regierungsbilder der Bezirksregierungen Stade und Lüneburg vor. Diese Bestände sind aufgearbeitet und publiziert. Hier gibt es keinerlei Anhaltspunkte auf Beutekunst, da auch diese Erwerbungen in den 20er- und 30er-Jahren direkt bei den Künstlern erfolgten. Grundsätzlich ist festzustellen, dass eine umfassende Erfassung und Aufklärung aller Fälle von Raubkunst in Niedersachsen ein sehr wichtiges Anliegen der Landesregierung ist. Daher fördert das Land diese aktiv, indem es das Netzwerk „Provenienzforschung in Niedersachsen“ eingerichtet hat. Die Koordinierungsstelle des Netzwerks ist am Landesmuseum Hannover angesiedelt. Alle Landesmuseen sowie diejenigen kommunalen Museen, die bereits Provenienzforschungsprojekte durchgeführt haben, sind Gründungsmitglieder des Netzwerkes und speisen ihren Erfahrungsschatz und ihre Ergebnisse in das Netzwerk ein. Das Netzwerk steht rund 700 Museen und Sammlungen im Land Niedersachsen offen und kann diese bei Anträgen zur Aufarbeitung der Herkunft eigener Sammlungsbestände unterstützen. Auf diese Weise werden die Anforderungen und Bedarfe gezielt ermittelt, um Finanzierungsmöglichkeiten für die Provenienzforschung in den einzelnen Museen zu generieren. Das Netzwerk entwickelt Konzepte, wie die Recherche zu NS-Raubgut in Niedersachsen ausgeweitet und neue Verbundprojekte oder Fort- und Weiterbildungsangebote geschaffen werden können. Als erstes Bundesland hat Niedersachsen damit eine Schnittstelle zum Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg geschaffen, welches von Kulturstaatsministerin Monika Grütters ausdrücklich begrüßt wurde. Seit 2008 werden alle Bestände der Niedersächsischen Landesmuseen einer systematischen Provenienzprüfung unterzogen, d. h. alle Kunstwerke, die zwischen 1933 und 1945 in die Sammlung gekommen sind, werden auf ihre Herkunft hin untersucht. Bei Neuerwerbungen jeder Art ist die vorherige Überprüfung der Provenienz zum Ausschluss von Beutekunst verpflichtend. (Ausgegeben am 03.01.2017) Drucksache 17/7192 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6958 Erwerb von Kunst durch das Land Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Almuth von Below-Neufeldt, Sylvia Bruns, Christian Dürr und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (MWK)