Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7197 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7001 - Erneutes Erdbeben im Landkreis Verden Anfrage des Abgeordneten Adrian Mohr (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 25.11.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 06.12.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung vom 19.12.2016, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung des Abgeordneten „Spürbares Erdbeben erschüttert Langwedel und die Region“ titelt das Onlineangebot der Verdener Aller-Zeitung/Kreiszeitung Syke auf Kreiszeitung.de am 15.11.2016 über das erneute Erdbeben im Landkreis Verden. Das Beben wurde um 10.27 Uhr mit einer Lokalmagnitude von 2,5 vom Niedersächsischen Erdbebendienst registriert. Dieses seismische Ereignis im Flecken Langwedel sei für Menschen wahrnehmbar gewesen, bestätigt laut Kreiszeitung.de die DEA Deutsche Erdoel AG, die für die örtliche Erdgasgewinnung verantwortlich ist. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Seismische Ereignisse in Niedersachsen haben vielfältige Ursachen. Neben tektonischen Verschiebungen können auch die Rohstoffgewinnung und andere Formen der Nutzung des Untergrundes in Ausnahmefällen seismische Ereignisse mit geringer Magnitude induzieren. Beispielweise kann das Zusammenbrechen von bergmännisch aufgefahrenen Hohlräumen im Untergrund, die Auflast des in Talsperren gespeicherten Wassers oder die Entnahme großer Mengen an Rohstoffen aus dem Untergrund derartige Ereignisse auslösen. In Niedersachsen ereigneten sich in den letzten Jahren in unregelmäßigen Abständen immer wieder kleinere Erdbeben in der Nähe von Erdgasfeldern. Diese seismischen Ereignisse werden zum Teil von der Bevölkerung verspürt. Aufgrund der räumlichen Nähe zu den bekannten Erdgasfeldern wird ein ursächlicher Zusammenhang dieser Erdbeben mit der Erdgasförderung vom Niedersächsischen Erdbebendienst in enger Kooperation mit dem Seismologischen Zentralobservatorium der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) als „wahrscheinlich“ oder sogar „sehr wahrscheinlich“ (Erdgasfeld Völkersen, Erdgasfeld Klosterseelte/Kirchseelte/Ortholz, Erdgasfeld Goldenstedt/Visbek) eingestuft. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7197 2 1. Wann, wo (Epizentrum) und mit welcher Stärke (Magnitude) hat es seit 2005 gemessene /wahrnehmbare Erdbeben im Landkreis Verden gegeben? Die folgende Tabelle zeigt Herdparameter der instrumentell im Landkreis Verden registrierten Erdbeben seit 2005 aus dem Deutschen Erdbebenkatalog und der zusätzlich durch den Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie gemeldeten Registrierungen, die in deren Auftrag durch die DMT GmbH & Co. KG (DMT) erfolgen. Die Quellen sind in der letzten Spalte mit den folgenden Abkürzungen angegeben: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und DMT. Seit 2005 wurden 16 Beben mit Lokalmagnituden (ML) von 0,5 bis 3,1 registriert, die allesamt der Erdgasproduktion aus dem Erdgasfeld Völkersen zugeordnet werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Erdbeben etwa ab einer Magnitude von 1,9 und mehr spürbar bzw. wahrnehmbar sind. Mit „f“ markierte Herdtiefen wurden nicht invertiert, sondern für die Lokalisierung des Epizentrums festgesetzt . Datum Herdzeit geogr. Breite [°Nord] geogr. Länge [°Ost] Herdtiefe [km] Magnitude ML Quelle 15.11.2016 10:27 52,97 9,26 5 f 2,5 BGR 22.04.2016 19:45 53,01 9,20 4,1 3,1 BGR 27.02.2016 19:02 53,00 9,20 - 0,9 DMT 22.01.2016 21:38 52,96 9,19 5 f 1,0 BGR 13.12.2015 19:44 53,01 9,20 - 0,9 DMT 06.12.2015 14:37 53,00 9,19 5 f 1,9 BGR 20.06.2014 04:58 53,01 9,19 - 0,9 DMT 20.06.2014 04:57 52,97 9,19 5 f 1,6 BGR 17.05.2014 00:26 52,97 9,20 - 0,8 DMT 02.11.2013 04:14 53,03 9,19 5 f 0,7 BGR 01.11.2013 21:17 53,01 9,18 5 f 1,8 BGR 01.11.2013 21:15 53,00 9,20 5 f 0,5 BGR 22.11.2012 21:38 52,97 9,21 4,9 2,9 BGR 02.05.2011 04:57 52,93 9,29 3,6 2,5 BGR 24.04.2010 16:10 52,98 9,26 5 f 1,9 BGR 03.04.2008 02:06 52,99 9,17 5 f 2,8 BGR 2. Wie bewertet die Landesregierung angesichts der Häufung der Erdstöße in der Nähe des Erdgasfördergebietes in Völkersen etwaige Absichten des Förderunternehmens, neue Erdgasbohrungen im Bereich Völkersen und Umgebung zu realisieren und somit die Gasförderung im Landkreis Verden wieder zu intensivieren? Neue Erdgasbohrungen unterliegen dem Genehmigungsvorbehalt des Bundesberggesetzes (BBergG). Eine Genehmigung kann demnach nur dann erteilt werden, wenn u. a. die erforderliche Vorsorge gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und zum Schutz von Sachgütern, Beschäftigter und Dritter im Betrieb getroffen ist (§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG), für den Schutz der Oberfläche im Interesse der persönlichen Sicherheit und des öffentlichen Verkehrs Sorge getragen ist (§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BBergG), keine gemeinschädlichen Einwirkungen zu erwarten sind (§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG) und keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen (§ 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG). Diese bereits geltenden Maßstäbe werden zukünftig noch konkretisiert. Entsprechend den neugefassten Vorgaben des im Juni 2016 beschlossenen Fracking-Regelungspaketes sind die Förderunternehmen künftig verpflichtet, in Gebieten der Erdbebenzonen 1 bis 3 (DIN EN 1998 Teil 1, Stand Januar 2011) ein seismologisches Basisgutachten erstellen zu lassen, Maßnahmen für einen kontrollierten Betrieb zu ergreifen und den Betrieb regelmäßig nach dem Stand der Technik zu überwachen . Obgleich in Niedersachsen keine Erdebenzonen liegen, soll die zuständige Bergbehörde diese Maßnahmen, soweit erforderlich, auch bei Tätigkeiten in anderen Gebieten verlangen, in denen seismische Ereignisse aufgetreten sind, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Aufsuchung oder Gewinnung von Bodenschätzen zurückzuführen sind. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7197 3 3. Wie wird sich in den nächsten fünf Jahren nach Erwartung der Landesregierung das Gasfördervolumen im Land Niedersachsen insgesamt entwickeln? Durch die zunehmende Ausförderung der Lagerstätten und das Ausbleiben kompensierender Neufunde geht die Erdgasfördermenge in Niedersachsen seit 2007 kontinuierlich zurück. Die Produktion von Rohgas in Niedersachsen sank 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 0,6 Mrd m³ auf insgesamt 8,8 Milliarden m³. Verglichen damit wurden 2005 noch 17,9 Milliarden m³ Rohgas bzw. 2010 noch 12,7 Milliarden m³ Rohgas in Niedersachsen gefördert. Im Ländervergleich stellt Niedersachsen mit einem Anteil von rund 95 % nahezu die gesamtdeutsche Erdgasförderung sicher . Derzeit sind der Landesregierung keine Indikatoren bekannt, die diesen Trend in den kommenden fünf Jahren signifikant verändern könnten. Entsprechend dem üblichen Förderverlauf von Lagerstätten im späten Stadium der Ausförderung ist zu erwarten, dass sich die Abnahme der Fördermenge weiter fortsetzen wird. So ergibt der Vergleich der aktuellen Jahresfördermenge mit den vorhandenen Erdgasreserven in Niedersachsen (73,1 Milliarden m³(Vn) Rohgas) eine statische Reichweite der Reserven von 8,3 Jahren. (Ausgegeben am 04.01.2017) Drucksache 17/7197 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7001 Erneutes Erdbeben im Landkreis Verden Anfrage des Abgeordneten Adrian Mohr (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr