Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7262 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7135 - Nicht individualisierte Funkzellenabfragen in Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 12.12.2016, an die Staatskanzlei übersandt am 15.12.2016 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 12.01.2017, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Im Zuge der Anhörung zu dem Entschließungsantrag der FDP-Fraktion „Statistische Erhebungen von nicht-individualisierten Funkzellenabfragen“ (Drucksache 17/5822), die am 13.10.2016 stattgefunden hat, haben sich weitere Fragen ergeben. Vorbemerkung der Landesregierung Bei einer Funkzellenabfrage nach § 100 g Abs. 3 Strafprozessordnung geben die jeweiligen Netzbetreiber zu sämtlichen Endgeräten Auskunft, die in einem bestimmten Zeitraum in einer Funkzelle eingebucht waren. Da bei der Beantragung von Funkzellendaten zu einer Adresse üblicherweise mehr als ein Netzbetreiber um Auskunft gebeten wird, kann ein entsprechender Beschluss somit bis zu vier Anfragen (Telekom, Vodafone, E-Plus, Telefonica) zur Folge haben. Die in der Antwort zu Frage 2 in der Anlage dargestellten Zahlen geben keinen Aufschluss darüber, wie viele Funkzellen tatsächlich tangiert sind. Bei einer Funkzellenanfrage anhand einer Adresse (inkl. Radius) geben die Netzbetreiber Auskunft zu allen Funkzellen, die anhand theoretischer Berechnungen an diesem Standort versorgen könnten. Wie viele Funkzellen das im Einzelfall waren, lässt sich nicht mehr erheben. 1. Hat es in Niedersachsen in den Jahren 2015 und 2016 nicht individualisierte Funkzellenabfragen im Zusammenhang mit Versammlungen gegeben? Wenn ja, wann und wo? In Niedersachsen wurden in den Jahren 2015 und 2016 keine im Zusammenhang mit Versammlungen stehenden nicht individualisierten Funkzellenabfragen durch die niedersächsische Polizei bei den jeweiligen Staatsanwaltschaften angeregt. Justizielle Statistiken zu nicht-individualisierten Funkzellenabfragen werden nicht geführt. Über die Anzahl etwaiger in den Jahren 2015 bis 2016 erfolgter „nicht-individualisierter Funkzellenabfragen im Zusammenhang mit Versammlungen“ können daher keine Angaben gemacht werden. Die Beantwortung der Frage würde eine händische Einzelauswertung aller Verfahrensakten bei den niedersächsischen Staatsanwaltschaften für den Zeitraum von 2015 bis 2016 erforderlich machen. Damit wäre ein Arbeitsaufwand verbunden, der ohne Zurückstellung der eigentlichen Aufgaben der Staatsanwaltschaften nicht möglich wäre und zudem im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht geleistet werden kann. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7262 2 Polizeibehörde / Polizeiinspektion Anzahl Abfragen 2015 Anzahl Abfragen 2016 Landeskriminalamt Niedersachsen 68 464 Polizeidirektion Braunschweig PI Braunschweig 313 210 PI Gifhorn 499 429 PI Goslar 126 273 PI Wolfsburg / Helmstedt 635 728 PI Salzgitter / Peine / Wolfenbüttel 455 565 ZKI Braunschweig 177 428 Polizeidirektion Göttingen PI Göttingen 452 488 PI Hameln-Pyrmont / Holzminden 194 195 PI Hildesheim 542 809 PI Nienburg / Schaumburg 846 615 PI Northeim / Osterode 211 198 ZKI Göttingen 81 36 Polizeidirektion Hannover PI Burgdorf 822 597 PI Garbsen 523 843 PI Hannover-Mitte 14 18 PI Hannover-Ost 199 189 PI Hannover-Süd 150 63 PI Hannover-West 1.009 42 ZKD / ZKI Hannover 1.720 1.049 Polizeidirektion Lüneburg PI Celle 276 441 PI Harburg 1.185 830 PI Heidekreis 1.046 930 PI Lüneburg / Lüchow-Dannenberg / Uelzen 1.038 901 PI Rotenburg 288 275 PI Stade 376 402 ZKI Lüneburg 160 81 Polizeidirektion Oldenburg PI Cloppenburg / Vechta 781 727 PI Cuxhaven 257 259 PI Delmenhorst / Oldenburg-Land / Wesermarsch 632 1.006 PI Diepholz 383 340 PI Wilhelmshaven / Friesland 209 91 PI Oldenburg-Stadt / Ammerland 424 169 PI Verden / Osterholz 754 756 ZKI Oldenburg 29 78 Polizeidirektion Osnabrück PI Aurich / Wittmund 277 258 PI Leer / Emden 232 217 PI Emsland / Grafschaft Bentheim 1.446 1.542 PI Osnabrück 1.296 1.415 ZKI Osnabrück 43 63 2. Wie viele nicht individualisierte Funkzellenabfragen wurden vom Dezernat 23 („Elektronische Schnittstelle Behörden [ESB]) des Niedersächsischen Landeskriminalamtes in den Jahren 2015 und 2016 zentral initiiert (bitte nach Polizeiinspektionen aufschlüsseln )? In Niedersachen erfolgten im Jahr 2015 insgesamt 20 168 und im Jahr 2016 (Stand 15.12.2016) bislang insgesamt 19 020 nicht individualisierte Funkzellenabfragen bei den Netzbetreibern, die sich - wie nachfolgend dargestellt - aufschlüsseln: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7262 3 3. Wie vieler dieser Abfragen wurden genehmigt (bitte nach Polizeiinspektionen aufschlüsseln )? Bei nicht individualisierten Funkzellenabfragen nach § 100 g Abs. 3 Strafprozessordnung ist die Einhaltung der Voraussetzungen verfahrensrechtlich durch einen Richtervorbehalt abgesichert. Entsprechende Beschlüsse lagen bei den in Frage 2 dargestellten Anfragen durch das Landeskriminalamt Niedersachsen bei den Anbietern vor. 4. In dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zum BKA-Gesetz heißt es: „Da sich die Durchführung von heimlichen Überwachungsmaßnahmen der Wahrnehmung der Betroffenen und der Öffentlichkeit entzieht und dem auch Benachrichtigungspflichten oder Auskunftsrechte mit der Möglichkeit anschließenden subjektiven Rechtsschutzes nur begrenzt entgegenwirken können, sind hinsichtlich der Wahrnehmung dieser Befugnisse regelmäßige Berichte des Bundeskriminalamtes gegenüber Parlament und Öffentlichkeit gesetzlich sicherzustellen. Sie sind erforderlich und müssen hinreichend gehaltvoll sein, um eine öffentliche Diskussion über Art und Ausmaß der auf diese Befugnisse gestützten Datenerhebung, einschließlich der Handhabung der Benachrichtigungspflichten und Löschpflichten, zu ermöglichen und diese einer demokratischen Kontrolle und Überprüfung zu unterwerfen.“1 - Wie plant die Landesregierung diesen Beschluss bezüglich der Funkzellenabfragen umzusetzen? Das Bundesverfassungsgericht hat im Urteil vom 20.04.2016 -1 BvR 966/09 und 1 BvR 1140/09 - festgestellt, dass die im BKA-Gesetz vorgesehenen Ermächtigungen des Bundeskriminalamts zum Einsatz von verdeckten Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus im Grundsatz mit den Grundrechten vereinbar sind, allerdings die konkrete Ausgestaltung von Befugnissen des Bundeskriminalamts zum Teil verfassungswidrig ist. Die beanstandeten Vorschriften gelten teilweise mit Einschränkungen bis zum Ablauf des 30.06.2018 fort. Das BKA-Gesetz muss daher bis zum 30.06.2018 nachgebessert werden. Dies ist in erster Linie Aufgabe des Bundesgesetzgebers . Angesichts des Umstandes, dass auch in anderen Gesetzen teilweise ähnliche Regelungen für den Einsatz von verdeckten Maßnahmen enthalten sind, bleibt zunächst abzuwarten, ob und gegebenenfalls inwieweit der Bundesgesetzgeber neben dem BKA-Gesetz Änderungen auch in anderen (Bundes-) Gesetzen, wie z. B. in der Strafprozessordnung, vorsieht. Die Landesregierung wird das Gesetzgebungsverfahren eng begleiten und die Umsetzung der durch das Bundesverfassungsgericht gemachten Vorgaben genau prüfen. 1 BVerfG, Urteil vom 20.04.2016, 1 BvR 966/09 und 1 BvR 1140/09, Rn. 143. (Ausgegeben am 24.01.2017) Drucksache 17/7262 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7135 Nicht individualisierte Funkzellenabfragen in Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport