Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7380 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7225 - Reformbedarf bei Biogasanlagen Anfrage der Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke, Martin Bäumer, Hans-Joachim Deneke- Jöhrens und Christian Calderone (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 06.01.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 13.01.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 07.02.2017, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung der Abgeordneten Der Verband Bioland veröffentlichte am 26.08.2015 den Artikel „Biogas verdrängt Bio-Acker“. Hier wird berichtet, dass immer mehr Biobauern ihre Flächen verlören. Als Grund dafür wird angegeben, dass Mais und vor allem „Strom aus Mais“ erheblich mehr gefördert würden als nachhaltig produzierte Lebensmittel. Zudem seien die Pachtpreise so stark angestiegen, dass man mit dem Anbau von Getreide ein Minusgeschäft mache. In den Jahren von 2010 bis 2013 seien die Pachtpreise in Niedersachsen um 22 % angestiegen. Leisten könne man sich das nur noch mit intensiver Tierhaltung und intensivem Feldbau. Biogas sei auch aufgrund der hohen staatlichen Förderungen ein lukratives Geschäft, und die Nachfrage steige stetig. Die Flächen an Mais seien in den letzten 15 Jahren um 1 Million Hektar gewachsen, weil er viel Dünger vertrage, vor allem aber weil Mais zehnmal mehr gefördert werde als beispielsweise „Bio“. Laut dem Thünen-Institut entgeht dem Bauern ein Gewinn von rund 2 000 Euro pro Hektar Mais, wenn er keine Biogasanlage betreibt. Diese 2 000 Euro zahle der Staat an Subventionen aus der Förderung für erneuerbare Energien. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht akten-förmigen Quellen vollständig wiedergibt. 1. Wie viel Fläche in Niedersachsen (prozentual und absolut) wird tatsächlich zur Erzeugung von Bioenergie eingesetzt? Eine statistische Erhebung, die eine spezifische Nutzungsrichtung landwirtschaftlicher Kulturen - hier „Energiepflanzen“ - ausweist, ist nicht verfügbar. Für den Hauptanteil der Energiepflanzennutzung (für Biogas) kann die Fläche jedoch rechnerisch ermittelt werden. Das 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie e. V. hat auf Basis der Bemessungsleistung von aktuell 822 MWel (arbeitsrelevante Leistung, ca. 48 MWel weniger als die installierte Leistung) unter Berücksichtigung der eingesetzten Wirtschaftsdüngermengen und des Substratmixes die benötigte Fläche errechnet. So sind aktuell etwa 0,34 ha Energiepflanzen pro kW Bemessungsleistung notwendig. Für Niedersachsen ergibt sich hieraus für das Jahr 2015 eine Energiepflanzenanbaufläche für Biogas von 275 000 ha. Das entspricht 10,6 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche Niedersachsens für die Biogasproduktion . Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7380 2 2. Wie verteilen sich die Flächen auf die Landkreise? Flächenbedarf für die Biogasproduktion 2015 Quelle: 3N e. V. - Eigene Berechnungen auf Basis der InVeKoS-Datenbank, des Nährstoffberichtes (LWK Niedersachsen ) und Angaben der BNetzA, der Landkreise und GAAs 3. Wie viele Nährstoffe aus den Gärsubstraten sind im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre nicht in die Düngerbilanzen der Betriebe eingegangen? Nach der geltenden Düngeverordnung müssen grundsätzlich alle Nährstoffe aus den Gärsubstraten von Biogasanlagen in der Düngebilanzierung der aufnehmenden Betriebe berücksichtigt werden . Das war in den vergangenen fünf Jahren so und wird aller Voraussicht nach auch in Zukunft so bleiben. 4. Wie hoch schätzt die Landesregierung den Einfluss bzw. den Wettbewerbsvorteil der Betriebe mit Biogasanlagen auf dem Pacht- und Grundstücksmarkt? Der Einfluss bzw. Wettbewerbsvorteil der Betriebe mit Biogasanlagen ist nach Region und nach Anlagentyp unterschiedlich. Bei Anlagen in Ackerbauregionen, die überwiegend mit nachwachsenden Rohstoffen (NaWaRo) betrieben werden, ist der Einfluss auf die Pachtmärkte tendenziell geringer . In viehstarken Regionen im Nordwesten Niedersachsens wird als Substrat oftmals Gülle eingesetzt. Dies kann insbesondere unter Einfluss des im EEG 2009 verankerten Güllebonus zu einer höheren Rentabilität der Anlagen sowie einem höheren Druck auf dem Pachtmarkt führen. Landkreis / Stadt Flächenbedarf Energiepflanzen für Biogas [ha] Landkreis / Stadt Flächenbedarf Energiepflanzen für Biogas [ha] Ammerland 4.140 Lüneburg 7.406 Aurich 6.635 Nienburg 8.374 Braunschweig 0 Northeim 4.357 Celle 10.862 Oldenburg 11.011 Cloppenburg 17.325 Oldenburg (Stadt) 109 Cuxhaven 8.251 Osnabrück 9.620 Delmenhorst 462 Osnabrück (Stadt) 101 Diepholz 23.570 Osterholz 1.717 Emden 0 Osterode am Harz 133 Emsland 28.598 Peine 4.045 Friesland 2.337 Region Hannover 6.631 Gifhorn 9.588 Rotenburg (Wümme) 24.698 Goslar 1.909 Salzgitter 0 Göttingen 4.568 Schaumburg 2.591 Grafschaft Bentheim 7.279 Stade 5.030 Hameln-Pyrmont 5.648 Uelzen 5.197 Harburg 6.288 Vechta 5.794 Heidekreis 11.883 Verden 3.547 Helmstedt 2.532 Wesermarsch 1.666 Hildesheim 5.402 Wilhelmshaven 621 Holzminden 1.008 Wittmund 2.966 Leer 1.388 Wolfenbüttel 2.094 Lüchow-Dannenberg 6.536 Wolfsburg 943 Niedersachsen 274.862 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7380 3 Durch andere Effekte wie z. B. Tierhaltung, Gemüseanbau, Flächenknappheit oder außerlandwirtschaftliche Investoren wird dieser Druck noch verstärkt. In der Milcherzeugung ist mit einer Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit „normaler“ Milchviehbetriebe zu rechnen. Ursache ist, dass aufgrund der steigenden Flächennachfrage in Verbindung mit den hohen Grundrenten in der Biogaserzeugung die Flächen und damit die Futterkosten für alle Betriebe steigen (vgl. auch Sonderheft 366 des Thünen Instituts: Entwicklung eines betriebswirtschaftlichen Ansatzes zur Ex-ante-Analyse von Agrarstrukturwirkungen der Biogasförderung - angewendet am Beispiel des EEG 2009 in Niedersachsen ). 5. Wie hoch schätzt die Landesregierung den durch Biogasanlagen verursachten Flächenverlust der Biobauern? Die ökologisch bewirtschaftete Fläche in Niedersachsen ist von 2009 bis 2015 - nach vorhergegangenem langjährigem Anstieg - tendenziell leicht zurückgegangen (von rund 74 700 ha Ende 2009 auf rund 72 500 ha Ende 2015). Die Landesregierung hat in ihrer schriftlichen Antwort auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung der Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke, Frank Oesterhelweg und Hans-Heinrich Ehlen (CDU) „Wirkt grün wirklich? - Wie erklärt die Landesregierung die Abnahme der Ökoflächen in Niedersachsen?“ im August 2015 bereits ausführlich die verschiedenen Gründe erläutert, die die Ausweitung der ökologisch bewirtschafteten Fläche in Niedersachsen trotz der großen Nachfrage nach einheimischen Bioprodukten erschweren (s. Drs. 17/4041; insbesondere Antwort auf Frage 7). Wie in der o. g. Antwort bereits ausgeführt, lassen Rückmeldungen einzelner Bio-Kontrollstellen und Ökoverbände darauf schließen, dass der leichte Flächenrückgang insbesondere darauf zurückzuführen war, dass viele Betriebe aufgrund des deutlich gestiegenen Pachtniveaus Flächen an konventionelle Betriebe verloren haben (u. a. wegen der höheren Wettbewerbsfähigkeit von Betrieben mit Biogasanlagen). Ein deutliches Zeichen hierfür ist auch der Rückgang der durchschnittlichen Betriebsgröße der Ökobetriebe in Niedersachsen. Sie ist bis 2014 um durchschnittlich mehr als 5 ha zurückgegangen (Durchschnittliche Öko-Betriebsgröße 2009: 56,6 ha; 2014: 50,9 ha). Da neben den steigenden Boden- bzw. Pachtpreisen auch andere Gründe die Ausweitung des Ökolandbaus in Niedersachsen erschweren (s. o. g. Antwort auf die Drs. 17/4041), sind differenziertere Angaben zum Ausmaß des durch Biogasanlagen verursachten Flächenverlustes der Biobauern nicht möglich. 6. Wie hoch ist der monetäre Vorteil der Mais anbauende Betriebe im Gegensatz zu den Getreide anbauenden Betrieben? In landwirtschaftlichen Betrieben wird Mais vor allem als Futtergrundlage in der Rinderhaltung und der Schweinemast sowie als Energiepflanze für Biogasanlagen angebaut. Der Anbau von Körnermais hat in Niedersachsen, regional unterschiedlich, eher eine geringere Bedeutung. Der monetäre Vorteil der Betriebe, die Mais für Biogasanlagen anbauen, liegt gegenüber dem Getreideanbau nach Berechnungen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Durchschnitt bei etwa 200 bis 300 Euro/ha. Im Einzelfall können sich hierzu in Abhängigkeit von Ertrag, Region und Marktlage Abweichungen ergeben. (Ausgegeben am 15.02.2017) Drucksache 17/7380 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7225 Reformbedarf bei Biogasanlagen Anfrage der Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke, Martin Bäumer, Hans-Joachim Deneke-Jöhrens und Christian Calderone (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz