Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7475 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7359 - Wie ernst und intensiv nahm Ministerpräsident Weil seine Aufsichtsratstätigkeit bei VW im ersten Halbjahr 2015 wahr? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 06.02.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 13.02.2017 Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei namens der Landesregierung vom 22.02.2017, gezeichnet Dr. Jörg Mielke Chef der Staatskanzlei Vorbemerkung des Abgeordneten Seit 2014 soll dem VW-Konzern eine Studie des ICCT und der Universität West Virginia über erhöhte Emissionswerte bei mehreren Volkswagenmodellen in den USA bekannt gewesen sein. Im Mai 2014 trat der VW-Konzern mit den zuständigen US-Behörden in Verhandlungen zur Klärung des Sachverhalts ein und führte im Zeitraum Herbst 2014 bis Januar 2015 eine großangelegte Rückrufaktion in den USA durch. Laut aktuellen Medienberichten soll der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Piëch Ende Februar 2015 durch einen „Informanten den Hinweis erhalten haben, dass VW ein großes Problem in den USA habe, weil das Unternehmen mit einer Software die Abgaswerte manipuliere“ (http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/volkswagen-ferdinand-piech-belas tet-martin-winterkorn-vor-staatsanwaltschaft-a-1133024.html). Piëch soll daraufhin Winterkorn angesprochen haben. „Doch der damalige VW-Chef habe ihm versichert, ein solches Papier aus den USA existiere nicht“ (http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/volkswagen-ferdinand-piechbelastet -martin-winterkorn-vor-staatsanwaltschaft-a-1133024.html). Am 10. April 2015 geht Aufsichtsratschef Piëch mit dem Satz „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn“ an die Öffentlichkeit. Diese Aussage löste „Befremden im Konzern aus“, Ministerpräsident und Aufsichtsratsmitglied Weil stellte sich hinter Winterkorn und äußerte: „Ich bin unangenehm überrascht über die zitierten Aussagen von Herrn Professor Piech“ (Spiegel-online, 10. April 2015, 19:22 Uhr). Es entbrannten ein Führungsstreit im VW-Konzern und ein „Machtkampf im Aufsichtsrat“ (Spiegel-online, 17 April 2015, 11:44 Uhr). Eine Woche später fand eine Sondersitzung des Präsidiums des VW- Aufsichtsrats in Salzburg statt. Das Präsidium, zu dem auch Ministerpräsident Weil gehört, stellte seinerzeit fest, dass Winterkorn „der bestmögliche Vorsitzende des Vorstands für Volkswagen ist“, dass sein Vertrag über 2016 hinaus verlängert werden solle, dass das Präsidium großen Wert darauf lege, dass Winterkorn weiterhin seine Funktion als Vorstandsvorsitzender so erfolgreich und aktiv verfolgt, und dass er hierbei die uneingeschränkte Unterstützung des „Gremiums“ (Aufsichtsratspräsidium , Anmerkung des Fragestellers) habe (Spiegel-online, 17 April 2015, 11:44 Uhr). Am 3. Februar 2017 meldete Spiegel-online „Piëch belastet Winterkorn vor Staatsanwaltschaft“. In der Drucksache 17/4430 antwortete die Landesregierung auf die Frage „VW-Krise: Was geschah im VW-Aufsichtsrat“ (Frage 48), dass die Vorgänge in den USA aus den Jahren 2014 und 2015 nicht im Aufsichtsrat thematisiert worden sind. In Frage 51 „VW-Krise: Größte Bewährungsprobe der Unternehmensgeschichte?“ führt die Landesregierung aus, dass der Ministerpräsident seine Aufsichtsratstätigkeit „sehr ernst und sehr intensiv“ wahrnimmt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7475 2 1. Wann und wie hat Ministerpräsident und VW-Aufsichtsratspräsidiumsmitglied Weil von der Aussage des früheren Aufsichtsratschefs Piëch bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig erfahren? Am Montag, den 6. Februar 2017 hat ein Journalist bei der Regierungssprecherin angerufen und ihr von den Behauptungen Piëchs gegenüber der Staatsanwaltschaft Braunschweig berichtet. Frau Pörksen hat daraufhin Herrn Weil angerufen und ihm darüber berichtet. 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Ausführung, dass der damalige Aufsichtsratschef Piëch Ende Februar 2015 Hinweise über die Vorgänge in den USA erhalten hat? An der Darstellung, dass Herr Piëch die Informationen von Avi Primor und dem israelischen Geheimdienst bekommen haben soll, gibt es erhebliche Zweifel. Laut Medienberichten sollen die in diesem Zusammenhang genannten israelischen Staatsangehörigen eine Befassung mit Dieselgate im Februar 2015 dementiert haben: Er habe nicht den Hauch einer Information über den Dieselskandal besessen und erst über die Medien von den Vorgängen bei VW erfahren, hat Juval Diskin offenbar dem Spiegel ausrichten lassen. Avi Primor soll dem Handelsblatt gegenüber erklärt haben, er kenne Piëch zwar schon lange und habe ihn regelmäßig getroffen. Die Abgasaffäre sei dabei aber nicht zur Sprache gekommen. 3. Wurde Ministerpräsident und VW-Aufsichtsratspräsidiumsmitglied Weil seinerzeit, also im Februar, März oder April 2015, von Aufsichtsratschef Piëch in dieses Wissen einbezogen ? Nein. 4. Waren die Vorgänge in den USA in den Jahren 2014 und 2015 jemals Gegenstand in den Präsidiumssitzungen des VW-Aufsichtsrates oder den Besprechungen der Anteilseigner bis zum 18. September 2015? Diese Frage muss differenziert beantwortet werden: Die schlechten Verkaufszahlen in den USA sind durchaus thematisiert worden, es gab jedoch keinerlei Hinweise auf Dieselgate. 5. Was hat Ministerpräsident und VW-Aufsichtsratspräsidiumsmitglied Weil unmittelbar oder mittelbar unternommen, als Aufsichtsratschef Piëch mit dem Zitat „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn“ am 10. April 2015 an die Öffentlichkeit gegangen ist? Ministerpräsident Weil hat sich als Mitglied des Präsidiums intensiv in dessen Beratungen eingebracht . Nachdem eine gütliche Einigung nicht möglich war, schied Herr Piëch aus dem Gremium aus. 6. Wurde die Aussage „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn“ jemals, z. B. bei der Sondersitzung in Salzburg, durch Ministerpräsident und VW-Aufsichtsratspräsidiumsmitglied Weil gegenüber Herrn Piëch auf Inhalt, Anlass oder Belastbarkeit hinterfragt? Ja, mehrfach. 7. Wenn ja: Wie, wann und mit welchen Folgen oder Reaktionen? Eine Beantwortung ist wegen des Verschwiegenheitsgebots nicht möglich. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7475 3 8. Wenn nicht: Weshalb nicht, wenn die Aufsichtsratstätigkeit „sehr ernst und sehr intensiv “ von Ministerpräsident und VW-Aufsichtsratspräsidiumsmitglied Weil wahrgenommen wurde und wird? Entfällt. 9. Was hat Ministerpräsident und VW-Aufsichtsratspräsidiumsmitglied Weil im Zeitraum zwischen dem 10. und dem 17. April 2015 bezüglich der Wahrnehmung der niedersächsischen Interessen in seinen Funktionen bei VW gemacht? Siehe die Antworten zu den Fragen 5 bis 7. 10. Was hat Ministerpräsident Weil im April 2015 zu den Ausführungen über Vorstandschef Winterkorn bewogen, wenn Aufsichtsratschef Piëch zeitgleich und nach über 30 Jahren Zusammenarbeit nach Einschätzung von Beobachtern auf Distanz zu Winterkorn geht? Ministerpräsident Weil hatte im April 2015 keinen Anlass, die Amtsführung durch Herrn Winterkorn zu kritisieren. 11. Welche absehbaren Folgen kommen auf das Land Niedersachsen zu, wenn sich die Aussage des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Piëch gegenüber der Staatsanwaltschaft Braunschweig bewahrheiten sollte? Die Landesregierung beteiligt sich nicht an Spekulationen. 12. Wird die Landesregierung absehbar externe und vom Volkswagenkonzern unabhängige Unterstützung bei der Wahrnehmung der Aufsichtsratstätigkeit bei VW in Anspruch nehmen oder beauftragen? Die Landesregierung lässt sich bereits seit geraumer Zeit anwaltlich beraten. 13. Für den Fall, dass es bereits externe Beratung oder Unterstützung zur Wahrnehmung der Aufsichtsratstätigkeiten der Landesregierung beim VW-Konzern gab oder künftig geben wird: Ist für diesen Fall gewährleistet, dass diese unabhängig und frei von sonstigen Geschäftsbeziehungen der Auftragnehmer zum VW-Konzern oder andersartigen Abhängigkeiten gegenüber des VW-Konzerns erfolgt, und, wenn ja, wie oder wodurch ist dies gewährleistet? Ja, dies ist gewährleistet. Es handelt sich um eine nicht gleichzeitig auch von Volkswagen mandatierte Kanzlei. (Ausgegeben am 01.03.2017) Drucksache 17/7475 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7359 Wie ernst und intensiv nahm Ministerpräsident Weil seine Aufsichtsratstätigkeit bei VW im ersten Halbjahr 2015 wahr? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei