Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7580 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7394 - Lokale Aktionsgruppe „Wesermarsch in Bewegung“ - Verdrängt Minister Meyer die Probleme bei der Umsetzung des LEADER-Förderprogramms? Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 13.02.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 17.02.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 14.03.2017, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung des Abgeordneten Das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz betitelt seine Pressemitteilung vom 02.11.2016 wie folgt: „Agrarminister Meyer: Weniger Bürokratie und mehr Effizienz für eine nachhaltige Landwirtschaft“. Das Ministerium zitiert Minister Meyer: „Ich kann die Klagen über Mehrfachbelastungen insbesondere der kleinen landwirtschaftlichen Betriebe gut verstehen. Weniger Bürokratie für Landwirte und weniger Belastung für die Behörden muss die Devise sein.“ Im Januar dieses Jahres erschien nun der Jahresbericht 2016 der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) „Wesermarsch in Bewegung“ (http://www.landkreis-wesermarsch.de/wirtschaft/regionalentwicklung/ infomationen-downloads/jahresberichte.php). Darin wird explizit auf die folgenden Probleme hingewiesen : „Als größte Schwäche erwies sich in 2016 der unzureichende Umsetzungsstand der beschlossenen LEADER-Projekte. Lediglich zwei der neun (abzüglich Projekt 007) umzusetzenden LEADER- Projekte mit LAG-Beschluss waren bis zum Jahresende bewilligt. Beide Projekte konnten in 2016 nicht vollständig umgesetzt oder gar abgerechnet werden, sodass der Mittelabfluss für die LEADER-Projektfördergelder bei null lag. (…) Grund für die Verzögerung im Jahr drei der EU-Förderperiode 2014-2020 waren hauptsächlich die bürokratischen Anforderungen. Hierzu gehörten verzögert vorliegende Antragsformulare und Ausführungsbestimmungen, sodass die Regionen im ersten Halbjahr 2016 kaum Anträge hätten stellen können (…).“ „Ein weiteres Problem waren die Unsicherheiten in den Regionen ob der sich ändernden Rechtsgrundlagen .“ „Eine weitere Hürde in der Umsetzungsgeschwindigkeit stellte die Anerkennung von öffentlichen Kofinanzierern dar. Da die bislang geltende Positivliste im Land Niedersachsen nicht mehr anerkannt war, mussten die Projektträger für jedes anvisierte Projekt erneut prüffähige Dokumente zur Rechtsnatur, Zielstellung und Organisation von Geldgebern beibringen (…). Die Prüfung der Unterlagen band entsprechende Kapazitäten und führte zu Zeitverlusten und Unsicherheiten in der Finanzierungsplanung .“ „Die Mitglieder der LAG Wesermarsch vergaben in der Jahresendbefragung schlechteste Bewertungen für den Umsetzungsgrad der beschlossenen Projekte im ersten Arbeitsjahr.“ Nach eigenen Angaben sind die Akteure der LAG ehrenamtlich engagiert und möchten etwas für die Region bewegen. Sie äußern, dass der enorm hohe bürokratische Aufwand eine Umsetzung schwierig mache, obwohl Bürgerinnen und Bürger vor Ort alles versuchten, um Projekte umzusetzen . Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7580 2 Das Ministerium äußert sich mit einer Pressemitteilung am 31.01.2017 mit dem Titel: „Dorfläden und Kneipen gehören zur Lebensqualität dazu“. Das Ministerium berichtet: „Die LEADER-Region ‚Wesermarsch in Bewegung‘ hat beim bundesweiten Wettbewerb der Deutschen Vernetzungsstelle ländliche Räume (DVS) unter dem Titel ‚Gemeinsam stark sein‘ den zweiten Platz erreicht. (…) Herr Meyer lobte das Projekt als ‚vorbildlich‘.“ Auf die Kritik aus dem Jahresbericht der LAG geht das Ministerium in seiner Pressemitteilung nicht ein. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Die zur Förderperiode 2014 bis 2020 einschlägigen EU-Rechtsvorschriften traten Ende Dezember 2013 in Kraft und bedingten dadurch eine verzögerte Genehmigung des Entwicklungsprogrammes für den ländlichen Raum Niedersachsen/Bremen (EPLR). Erst nach Genehmigung des EPLR im Mai 2015 konnte mit der Ausgestaltung der einzelnen Fördermaßnahmen begonnen werden. Bereits ab Juni 2014 startete die Landesregierung im Vorgriff auf das ELER-Entwicklungsprogramm das Auswahlverfahren für die LEADER-Regionen und die Erstellung regionaler Entwicklungskonzepte . Nach offizieller Anerkennung der LEADER-Regionen im April 2015 konstituierten sich die Lokalen Aktionsgruppen (LAG) und begannen mit ihrer inhaltlichen Arbeit. Die LEADER-Förderung erfuhr zur aktuellen Förderperiode eine grundsätzliche Veränderung. Während in der Förderperiode 2007 bis 2013 LEADER über die Anwendung ausschließlich der Förderrichtlinien der übrigen Maßnahmen aus dem EPLR (Programm zur Förderung im ländlichen Raum Niedersachsen und Bremen 2007 bis 2013 - PROFIL) gefördert wurde, werden in der Förderperiode 2014 bis 2020 für LEADER eigene Fördertatbestände in den jeweiligen REK festgelegt. Die neu erstellte LEADER-Richtlinie, die im August 2015 veröffentlicht wurde, gibt hierzu lediglich den Rahmen vor. Insofern war ein Umdenken aller Beteiligten erforderlich, um LEADER als eigenständige Fördermaßnahme, ohne Beschränkung auf die übrigen EPLR-Maßnahmen, umzusetzen. Der in der aktuellen Förderperiode zunehmenden Bürokratie im Bereich des investiven ELER wurde mit Personalverstärkungen auf unterschiedlichen Ebenen entgegengewirkt. Dennoch werden grundsätzlich verstärkt Vereinfachungen der EU-Vorgaben von allen Beteiligten der EU-Förderung gefordert. Zwar wurden einerseits in der LEADER-Förderung den LAGen deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt, dafür muss auf der anderen Seite aber auch das anspruchsvollere Förderverfahren in Kauf genommen werden. Die in der Pressemitteilung vom 02.11.2016 genannte Arbeitsgemeinschaft „Bürokratieabbau“ hat ihren Arbeitsschwerpunkt in der betrieblichen Förderung der Landwirtschaft der 1. Säule (Direktzahlungen ) und der 2. Säule in Bezug auf die flächenbezogenen Maßnahmen des ELER und betriebsbezogener Förderung aus dem ELER. Der Jahresbericht 2016 der LAG „Wesermarsch in Bewegung “ befasst sich im Gegensatz dazu mit der Umsetzung der LEADER-Maßnahme, die weder den Direktzahlungen noch den flächen- bzw. betriebsbezogenen Maßnahmen des ELER zugerechnet werden kann. Die Landesregierung arbeitet kontinuierlich an der Vereinfachung der Verfahrensabläufe. Hierbei sind insbesondere die Erstellung der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ANBest-ELER) sowie die angestrebte Änderung des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes (NTVergG) hervorzuheben. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7580 3 1. Wie beurteilt die Landesregierung die in dem Bericht „Wesermarsch in Bewegung“ aufgezeigte Kritik am LEADER-Prozess? Der Jahresbericht 2016 der LAG „Wesermarsch in Bewegung“ basiert weitgehend auf einer Befragung der LAG-Mitglieder durch das Regionalmanagement und stellt diese Ergebnisse in den Kapiteln 7 b „Besondere Schwächen im LEADER-Prozess ‚Wesermarsch in Bewegung‘“ und 7 c „Besondere Stärken im LEADER-Prozess ‚Wesermarsch in Bewegung‘“ dar. Grundsätzlich bedarf es bei Förderungen aus Mitteln der EU eines umfangreichen Verwaltungsverfahrens mit mehrstufigen Kontrollen und Prüfungen. Hieraus resultieren in allen Fördermaßnahmen, die aus dem ELER finanziert werden, hohe bürokratische Anforderungen und Belastungen für alle am Verfahren Beteiligten , nicht zuletzt für die Antragsteller und Fördermittelempfänger. In der Antwort zu Frage 4 führt die Landesregierung bereits umgesetzte erleichternde Verfahrensregeln an. Die Landesregierung geht davon aus, dass damit die notwendigen Voraussetzungen vorliegen, dass die Umsetzung von LEADER-Projekten in 2017 ohne wesentliche Hemmnisse erfolgen kann. Davon unberührt bleibt die oben getroffene Aussage zu den hohen Anforderungen in der EU-Förderung aber grundsätzlich weiterhin gültig. 2. Nimmt die Landesregierung zwischen der Kritik im Jahresbericht der LAG bezüglich der erhöhten bürokratischen Anforderungen und dem Inhalt der genannten Pressemitteilungen von Minister Meyer einen Widerspruch wahr? Der Jahresbericht 2016 der LAG „Wesermarsch in Bewegung“ aus Januar 2017 informiert über den Umsetzungsstand von LEADER-Projekten der Förderperiode 2014 bis 2020. Hingegen bezieht sich die Pressemitteilung vom 31.01.2017 „Dorfläden und Kneipen gehören zur Lebensqualität dazu“ darauf, dass die LEADER-Region „Wesermarsch in Bewegung“ beim bundesweiten Wettbewerb der DVS den 2. Platz erreicht hat. Die Umsetzung des hier in Rede stehenden Projekteabschnittes erfolgte bereits in der vorhergehenden Förderperiode 2007 bis 2013. Die LAG hat im Rahmen der Umsetzung des Regionalen Entwicklungskonzeptes der laufenden Förderperiode 2014 bis 2020 einen Beschluss zu einem weiteren Projektabschnitt gefasst. Wie in der Vorbemerkung bereits dargelegt, besteht keine inhaltliche Verbindung der genannten Pressemitteilung vom 02.11.2016 zum Jahresbericht der LAG „Wesermarsch in Bewegung“. 3. Wenn ja, wie beurteilt sie diesen Widerspruch? Siehe Antwort zu Frage 2. 4. Plant die Landesregierung entsprechende Maßnahmen, um die Kritikpunkte im LEADER-Prozess „Wesermarsch in Bewegung“ kurzfristig aus dem Weg zu räumen? Alle Antragsvordrucke und Ausführungsbestimmungen lagen im Laufe des Jahres 2016 vor. Erste Antragsvordrucke und Verfahrensvorgaben wurden bereits Ende 2015 veröffentlicht. Die am 27.07.2016 im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlichte ANBest-ELER ersetzt die ANBest-P und ANBest-Gk zu § 44 der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung (LHO). Durch die Einführung der ANBest-ELER wurden vor allem deutlich erleichternde Verfahrensregelungen für private Antragsteller geschaffen. Eine Erleichterung soll hinsichtlich der Regelung des § 99 Nr. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) erzielt werden. Private Antragsteller, die bei Vorliegen der Voraussetzungen i. S. d. § 99 Nr. 4 GWB zu öffentlichen Auftraggebern werden, sollen durch eine Änderung des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes (NTVergG) künftig bei Aufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte und ab einem geschätzten Auftragswert von 10 000 Euro netto davon entbunden werden, uneingeschränkt das Vergaberecht anzuwenden. Hierzu ist eine entsprechende Anpassung des § 2 Abs. 5 NTVergG vorgesehen. Die Verbändeanhörung zur Novellierung des NTVergG ist am 21.02.2017 eingeleitet worden. Durch die beabsichtigte Herausnahme des Bezu- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7580 4 ges auf § 99 Nr. 4 GWB im NTVergG fielen private Antragsteller für eine Zuwendung, z. B. im Bereich LEADER, nicht mehr unter den Anwendungsbereich des NTVergG. Erst ab einer Zuwendungshöhe von mehr als 50 000 Euro und einem Fördersatz von mehr als 50 % wären damit auch private Antragsteller nach Nummer 3.1.3 der ANBest-ELER zur Anwendung des Vergaberechts verpflichtet. Diese Erleichterungen kommen aufgrund der Projektstruktur insbesondere LEADER zugute. Eine Anerkennung von Drittmitteln als öffentlich gleichgestellte Ausgaben ist immer auch von den Vorgaben der Rechtsgrundlagen zur EU-Förderperiode abhängig. Daher erfolgt eine Anerkennung immer für die jeweilige Förderperiode und ist mit Beginn einer neuen Förderperiode mit gegebenenfalls neuen Regelungen zu überprüfen. Zu Beginn einer Förderperiode kann daher nicht oder nur in sehr begrenztem Maße auf bereits erfolgte Prüfungen zurückgegriffen werden. Die Prüfung, ob eine Einrichtung bei der Kofinanzierung von ELER-Vorhaben öffentlichen Stellen gleichgestellt werden kann, verursacht für die Antragsteller keinen hohen Aufwand und ist in der Regel zügig abgeschlossen . Über die Herausgaben von Positiv-/Negativlisten zur Anerkennung an die Bewilligungsstellen werden doppelte Prüfungen und damit unnötiger Aufwand vermieden. Die Landesregierung hat für die LEADER-Akteure Schulungen im Vergaberecht und Zuwendungsrecht organisiert. Durch diese Schulungen konnten sich annährend 100 Mitarbeiter aus Regionalmanagements und Geschäftsstellen der LEADER-Regionen fortbilden und wichtige Kenntnisse für den Förderalltag festigen. Des Weiteren wurden bereits Vereinfachungen bei der Konzeption von LEADER im Entwicklungsprogramm (EPLR) für die Förderperiode 2014 bis 2020 geschaffen. Während in der Vorperiode die Anträge für LEADER je nach Maßnahme beim Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen (LGLN), der Landwirtschaftskammer (LWK) oder beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zu stellen waren, gibt es für die aktuelle Förderperiode eine Konzentration ausschließlich auf die Ämter für regionale Landesentwicklung (ÄrL) als Bewilligungsbehörden. Dies führt zu mehr Klarheit für die Antragsteller und festen Ansprechpartnern in den ÄrL. Vereinfachungen konnten auch bei den formalen Vorgaben für die Antragstellung erreicht werden. In der vorhergehenden Förderperiode erfolgte die LEADER-Antragstellung noch über die jeweiligen Antragsvordrucke der betreffenden Maßnahmen aus dem EPLR (PROFIL). Die Vielzahl dieser damals für LEADER relevanten Antragsvordrucke wurde durch einen Antragsvordruck für sämtliche LEADER-Fördervorhaben ersetzt. Es entstanden klarere Verfahrensregelungen und Zuständigkeiten sowie ein vereinfachter Informationsfluss. 5. Wie sehen diese Maßnahmen aus? Siehe Antwort zu Frage 4. 6. Was wird im konkreten Fall zur Entbürokratisierung unternommen? Siehe Antwort zu Frage 4. Die dort dargestellten Maßnahmen gelten selbstverständlich auch für die LAG „Wesermarsch in Bewegung“. (Ausgegeben am 15.03.2017) Drucksache 17/7580 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7394 Lokale Aktionsgruppe „Wesermarsch in Bewegung“ - Verdrängt Minister Meyer die Probleme bei der Umsetzung des LEADER-Förderprogramms? Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz