Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7588 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7374 - Verriet der Ministerpräsident Ermittlungen zu Spitzelvorwürfen bei DITIB in Braunschweig? Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 07.02.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 14.02.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 14.03.2017, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung des Abgeordneten Die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) berichtete am 04.02.2017 („Imam wird als Spion verdächtigt “) über einen Anfangsverdacht, wonach ein „DITIB-Prediger“ in Braunschweig Spitzeldienste für die türkische Regierung geleistet haben solle. Hintergrund ist die Aufforderung der türkischen Religionsbehörde „Diyanet“ an von ihr entsandte Imame im Ausland, Listen und Dossiers zu sogenannten Gülen-Anhängern zu erstellen und an türkische Regierungsbehörden weiterzuleiten. Die HAZ berichtete am 07.02.2017, dass der Landesvorsitzende von DITIB, Herr Yilmaz Kilic, von diesen Anschuldigungen gegen den Braunschweiger Imam nichts wusste, bis Ministerpräsident Stephan Weil diesen Anfangsverdacht in einem Brief offenbarte. Auf eine Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung von Mitgliedern der CDU-Landtagsfraktion zu den Spionagevorwürfen antwortete die Landesregierung noch am 03.02.2017 (Drs. 17/7350), dass der Generalbundesanwalt wegen der Vorwürfe ein Ermittlungsverfahren wegen geheimdienstlicher Ermittlungsarbeit eingeleitet habe. Aussagen zu Ermittlungsverfahren gegen konkrete Personen machte die Landesregierung nicht, sondern bot eine vertrauliche Unterrichtung im Innenausschuss hierzu an. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schreibt am 07.02.2017 („Die Bespitzelung und ihre Vertuschung “), dass Personen, die auf diesen Listen stehen, als Terroristen denunziert würden und ihre Verwandten in der Türkei mehrfach vom Geheimdienst besucht worden seien. Laut FAZ hat Diyanet Verantwortliche der Bespitzelung in die Türkei zurückbeordert, um die Strafverfolgung zu verhindern und die Spionage zu vertuschen. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 55, gehe ich davon aus, dass der Landesregierung die Beantwortung der Anfrage in weniger als einem Monat möglich und zumutbar ist, da es sich nach meiner Auffassung um einen eng begrenzten Sachverhalt handelt und der Rechercheaufwand gering ist. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7588 2 Vorbemerkung der Landesregierung Seit Mitte Januar 2017 wird in den Medien über Vorwürfe der Bespitzelung und Denunziation von Gülen-Anhängern durch Imame der DITIB berichtet. Die Landesregierung misst der Zusammenarbeit mit den Verbänden DITIB und Schura einen hohen Stellenwert bei. Auch wenn die Gespräche über den Islamvertrag zwischenzeitlich ausgesetzt wurden, setzt die Landesregierung weiterhin auf einen kontinuierlichen und konstruktiven Dialog, zu dem es gehört, dass auch kritische Fragen angesprochen werden. Vor diesem Hintergrund richtete Ministerpräsident Weil einen persönlichen Brief an den Vorstandsvorsitzenden des DITIB-Landesverbandes der Islamischen Religionsgemeinschaften in Niedersachsen und Bremen e. V., in dem er u. a. seine Besorgnis über eine angebliche Bespitzelung mitteilt. Die Staatskanzlei war zuvor darüber unterrichtet worden, dass bei der Polizeiinspektion Braunschweig ein Hinweis auf eine angebliche Bespitzelung durch einen Imam in einer dortigen DITIB-Moschee bekannt geworden war. Die diesbezüglichen Äußerungen des Imams sollen öffentlich vorgenommen worden sein. 1. War Ministerpräsident Weil zu der Offenbarung der Ermittlungen gegen einen Braunschweiger DITIB-Imam gegenüber dem Landesvorsitzenden von DITIB befugt? Wenn ja, warum? Der Begriff der „Ermittlungen“ insinuiert die Durchführung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens . Weder zum Zeitpunkt des o. g. Schreibens an den Vorstandsvorsitzenden des DITIB noch bis heute bestand bzw. besteht in diesem Kontext ein strafprozessuales Ermittlungsverfahren. Nach Auskunft der Polizeidirektion Braunschweig ist ein strafrechtlich relevantes Verhalten derzeit nicht erkennbar. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. 2. Wann wurden die Ermittlungen in diesem Fall begonnen? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Hält sich der verdächtigte Imam noch in Deutschland auf? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 4. Wann hat der verdächtigte Imam durch wen von den Ermittlungen gegen ihn erfahren? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 5. Kann die Landesregierung ausschließen, dass die Ermittlungen durch den Brief des Ministerpräsidenten behindert werden? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 6. Warum offenbarte der Ministerpräsident den konkreten Verdacht der „Spitzeltätigkeit“ in einem Brief an den DITIB-Landesverband? War dies mit den Sicherheitsbehörden abgestimmt? Auf die Vorbemerkungen sowie die Antwort auf Frage 1 wird verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7588 3 7. Wann wurde die Staatskanzlei vom Innenministerium über die Ermittlungen informiert? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Im Übrigen wurde im Rahmen der Beantwortung der vorgenannten Kleinen Anfrage zur mündlichen Beantwortung (Drs. 17/7350) das Kultusministerium am 30.01.2017 durch das Innenministerium darüber in Kenntnis gesetzt, dass ein Sachverhalt in Niedersachsen mit einer möglichen Relevanz zu einem in anderer Sache geführten Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwaltes im o. g. Zusammenhang bekannt geworden war. Das dort geführte Verfahren weist nach Kenntnis des Innenministeriums jedoch keinen Bezug zu Niedersachsen auf. Darüber informierte das Kultusministerium den Chef der Staatskanzlei, dem auf entsprechende Nachfrage in der Folge ein Sachstandsvermerk zu dem in Rede stehenden Sachverhalt durch das Innenministerium übergeben wurde. 8. Wie war diese Information zu diesem Zeitpunkt eingestuft? Der Vermerk wurde durch den zuständigen Sachbearbeiter als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD)“ gekennzeichnet. 9. Wie, wann und von wem hat der Ministerpräsident von den Ermittlungen erfahren? Auf die Vorbemerkungen und die Antworten zu Fragen 1 und 7 wird verwiesen. 10. Warum hat die Landesregierung nicht in Beantwortung der genannten Kleinen Anfrage zur mündlichen Beantwortung diesen konkreten Verdacht offenbart? Es bestand zum damaligen Zeitpunkt kein Verdacht einer Straftat. Auch derzeit besteht dieser Verdacht nicht. 11. Warum möchte die Landesregierung den Innenausschuss nur in einer vertraulichen Sitzung über die Vorwürfe unterrichten? Insbesondere die Mitteilung personenbezogener Informationen ist im Rahmen der Beantwortung einer Anfrage im Regelfall nicht möglich. Da die Landesregierung der umfassenden, unmittelbaren und detaillierten Unterrichtung der Abgeordneten des Landtags eine hohe Bedeutung zumisst, ist sie jedoch bereit, vertraulich handzuhabende Informationen in einer Sitzung des jeweiligen Fachausschusses mitzuteilen. Dabei besteht auch Gelegenheit zu gegebenenfalls bestehenden Nachfragen . 12. Gibt es weitere Verfahren in Niedersachsen wegen „Spitzeltätigkeit“ im Zusammenhang mit DITIB-Moscheen? Darüber liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. (Ausgegeben am 15.03.2017) Drucksache 17/7588 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7374 Verriet der Ministerpräsident Ermittlungen zu Spitzelvorwürfen bei DITIB in Braunschweig? Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport