Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7395 - Pannen oder Angst - Warum wurde den Hinweisen auf hundertfachen Sozialbetrug nicht schnell und konsequent nachgegangen? Anfrage der Abgeordneten Editha Lorberg (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 14.02.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 17.02.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 17.03.2017, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Der NDR berichtete am 22.01.2017 über mehrere Hundert Fälle von Sozialleistungsbetrug („Wollte Aufnahmebehörde Sozialbetrug vertuschen?“) am Standort Braunschweig der Landesaufnahmebehörde (LAB NI). Eine ehemalige Mitarbeiterin der Landesaufnahmebehörde warf in der Sendung der Leitung des Standortes Braunschweig der LAB NI vor, dass von ihr gesammelte Hinweise auf Sozialbetrug ignoriert worden seien. Sie habe zusammen mit einer Kollegin zunächst im Januar 2016 30 Fälle und später im Mai 520 Fälle von mutmaßlichem Sozialbetrug durch Asylbewerber in Ordnern zusammengestellt . Diese sollen sich mehrfach mit unterschiedlichen Namen und leicht verändertem Aussehen als Asylbewerber registriert und Leistungen bezogen haben. Die Leitung des Standorts soll ihr dies später untersagt und sie angewiesen haben, die Unterlagen in den Keller zu bringen. Ihre direkten Chefs sollen gesagt haben, dass man nichts damit tun werde. Die Mitarbeiterin wandte sich daraufhin an die Polizei. Am 25. Mai wurde sie wegen „nicht autorisierten Verhaltens“ zwei Wochen vor dem Ablauf ihres befristeten Arbeitsverhältnisses freigestellt. Der NDR fragt in seiner Berichterstattung, ob die Behörde nicht wollte, dass diese Fälle aufgedeckt werden. Das Innenministerium bestreitet die im NDR gemachten Vorwürfe im Wesentlichen. Demnach habe es Fehler bei der Kommunikation gegeben. Man hätte sich außerdem ein anderes Vorgehen gewünscht . Eine Vertuschung der Fälle sei aber zu keinem Zeitpunkt angestrebt worden. In einer Pressekonferenz bezifferte das Innenministerium den durchschnittlichen Schaden je Fall auf 15 000 bis 20 000 Euro. In der Unterrichtung des Innenausschusses am 27.01.2017 trug die Landesregierung vor, dass der Standortleiter damit Probleme gehabt habe, dass alle gesammelten Fälle ausschließlich Sudanesen betroffen hätten. Er befürchtete demnach den Vorwurf, diese vorzuverurteilen. In der Landtagssitzung vom 02.02.2017 verlas der Innenminister den folgenden Auszug aus der dienstlichen Erklärung des Standortleiters hierzu: „Es handelte sich nicht um die Feststellung von Mehrfachidentitäten von Personen, die persönlich im Sozialamt anwesend waren. Diese Personen wurden umgehend der Polizei zur weiteren Ermittlung übergeben. Vielmehr handelte es sich um die Prüfung der NIAS-Bildauskünfte. Frau N. legte mir exemplarisch einen Ordner zur Ansicht vor. Eine erste Durchsicht zeigte, dass in dem Ordner im Wesentlichen Schwarz-Weiß-Drucke der NIAS-Bildauskunft von Schwarzafrikanern zusammengestellt waren. Diese Datenbasis war vor dem Hintergrund der dargestellten, durch Zufall entdeckten Gabe und der Bildqualität meines Erachtens nicht in dem Maße valide, dass ich sie ohne weitere Prüfung hätte verwenden können. Die zusammengestellten Fälle ohne weitere Prüfung zur Anzeige zu bringen, hätte die Gefahr geborgen, in großem Umfang ungerechtfertigte Verdächtigungen Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 2 auszusprechen. Auch die Auffälligkeit, dass es sich augenscheinlich ausschließlich um Schwarzafrikaner handelte, war zu prüfen, um einem etwaigen Vorwurf der Diskriminierung entgegnen zu können.“ Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Über die Fälle des Verdachts von Sozialleistungsbetrug in der LAB NI hat die Landesregierung den Ausschuss für Inneres und Sport in öffentlicher und nichtöffentlicher Sitzung vom 27.01.2017 informiert . Weitere Unterrichtungen erfolgten in der 119. Sitzung des Niedersächsischen Landtages vom 01.02.2017 anlässlich einer Aktuellen Stunde sowie in dessen 120. Sitzung vom 02.02.2017 im Rahmen einer Dringlichen Anfrage. Auf die dort mitgeteilten Informationen der Landesregierung zum Thema wird Bezug genommen. Einige der hier gestellten Fragen, soweit sie das derzeit laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen den Leiter und die stellvertretende Leiterin des Standortes Braunschweig der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen betreffen, können im Rahmen einer der Öffentlichkeit zugänglichen sogenannten Kleinen Anfrage nicht beantwortet werden. Erkenntnisse zum Inhalt und zum aktuellen Verfahrensstand können im Einzelnen nicht im Rahmen der Beantwortung ausgeführt werden, weil die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden durch Veröffentlichungen nicht beeinträchtigt werden dürfen. Sie sind zudem Gegenstand disziplinarrechtlicher Ermittlungen, die zurzeit wegen der strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt sind. Ungeachtet dessen unterstützt die Landesregierung nachdrücklich die niedersächsischen Strafverfolgungsbehörden in deren Bestreben, den Sachverhalt umfassend und zeitnah aufzuklären. 1. Was hat wer veranlasst, um mit einfachen „Bordmitteln“ in den Standorten der LAB NI die mehrfache Antragstellung durch die gleiche Person aufzuklären oder zu verhindern ? Im Oktober 2015 erhielt die Polizei Braunschweig Hinweise aus dem dortigen Standort der Landesaufnahmebehörde , denen zufolge asylsuchende Personen versucht haben sollen, sich unter anderem Namen anzumelden und erneut Sozialleistungen zu erhalten. In solchen Fällen wurde vereinbart , dass die Beschäftigten umgehend die Polizei rufen sollten; anschließende polizeiliche Maßnahmen umfassten neben erkennungsdienstlichen Maßnahmen auch die Anfertigung von Strafanzeigen . Dies entsprach einer auch zuvor bereits geübten Praxis am dortigen Standort der LAB NI. Auch an den weiteren Standorten der LAB NI wurde die Polizei hinzugezogen, sofern sich für Beschäftigte Anhaltspunkte ergaben, die den Verdacht eines versuchten Sozialleistungsbetruges begründeten . Die örtlich zuständigen Polizeidienststellen wurden wie für den Standort Braunschweig dargestellt jeweils zur Aufnahme der Sachverhalte und folgenden Maßnahmen umgehend informiert . Hinsichtlich der näheren Verfahrensweise wird Bezug genommen auf die Darlegung der Landesregierung in der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport vom 27.01.2017. Hinsichtlich der mit der Frage angesprochenen einfachen „Bordmittel“ liegen der Landesregierung lediglich Erkenntnisse aus der LAB NI Standort Braunschweig vor. Sie stellen sich nach Auswertung der am 09.12.2016 über die Beschwerdestelle für Bürgerinnen und Bürger und Polizei beim Ministerium für Inneres und Sport erhobenen Beschwerde sowie daraufhin erfolgter Aufklärung wie folgt dar: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 3 Die Beschwerdeführerin war seit Juni 2015 im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung (Zeitarbeit) am Standort Braunschweig der LAB NI im Bereich des dortigen Sozialamtes mit der Bearbeitung und Vorbereitung von Auszahlungen von Sozialleistungen beauftragt. Nachdem sie im Januar 2016 einen ersten Ordner mit 30 Verdachtsfällen zusammengestellt und dem Standortleiter vorgelegt hatte, hat sie bis Mai 2016 eigenständig und ohne Kenntnis des Standortleiters, seiner Stellvertreterin oder der Behördenleitung der LAB NI hiervon, gemeinsam mit einer anderen Mitarbeiterin, durch Abgleich von Fotos aus der Datenbank der LAB NI weitere Verdachtsfälle von Mehrfachidentitäten für Asylsuchende zusammengestellt. Bis Mai 2016 hat sie insgesamt acht Ordner mit 520 Verdachtsfällen erstellt, die sich weit überwiegend nicht mehr in der LAB NI befanden. 2. Hat man den Kommunen eine Handreichung mit folgenden Aussagen übergeben: – „Die Flüchtlinge sind zunächst zahlenmäßig und namentlich zu erfassen. Eine Erfassung in EASY und NIAS ist nicht zu veranlassen.“ – „Die Erfassung im AZR (also im Ausländerzentralregister) ist nicht vorzunehmen .“? Die in der Frage zitierten Sätze entstammen einer Handreichung - sogenannte FAQ -, die das Land erstmals am 27.10.2015 an die Kommunen versandt hat, welche im Rahmen der Amtshilfe das Land bei der Unterbringung von Asylbegehrenden unterstützt haben. Diese Handreichung hatte zum Ziel, den Amtshilfekommunen wiederkehrende Fragestellungen zu ihrem Leistungsumfang der Amtshilfe serviceorientiert aufzubereiten. Es war Anliegen des Landes, den Leistungsumfang für die Kommunen so gering wie möglich zu halten. Nicht zum Leistungsumfang gehörte deshalb auch die Erfassung von Asylbegehrenden in EASY, NIAS und im AZR. Dennoch wurde in der gleichen Handreichung, aus der die in der Fragestellung herausgenommenen Sätze stammen, mitgeteilt, dass es den Kommunen frei steht, die Registrierungsaufgaben zusätzlich zu übernehmen. Voraussetzung hierfür waren der Abschluss einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung zwischen der LAB NI und der Kommune, ferner die Schulung des kommunalen Personals in NIAS und EASY sowie die Einrichtung der erforderlichen technischen Ausstattung. Von dieser Möglichkeit hat keine Amtshilfekommune Gebrauch gemacht. 3. Hat man Kommunen, die bereits im Herbst 2015 Asylbewerber registrierten und Fingerabdrücke nahmen, dazu angehalten, dies zu unterlassen? Siehe Antwort zu Frage 2. 4. Wie viele Personen waren Anfang Februar 2016 in der LAB untergebracht und wie viele im Oktober 2015? Laut Bestandsmeldung aus der LAB NI vom 01.02.2016 befanden sich zu dieser Zeit 24 005 Personen in der LAB NI. Zum Stichtag 01.10.2015 waren 16 426 Personen in der LAB NI untergebracht. 5. Hat die Landesregierung zur Ermittlung des Vorwurfes der Vertuschung von Sozialbetrug mit der Mitarbeiterin gesprochen, die die Vorwürfe erhoben hat, oder hat man nur auf der Basis ihrer Beschwerde in der Pressekonferenz den Bericht vorgelegt? Im Vorfeld der im Dezember 2016 schriftlich erhobenen Beschwerde hat die Beschwerdeführerin am 07.12.2016 telefonisch die Beschwerdestelle beim Ministerium für Inneres und Sport kontaktiert und daraufhin ihr Anliegen schriftlich näher dargelegt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 4 Insoweit waren und sind Basis des Berichts in der Pressekonferenz am 25. Januar die schriftliche Beschwerde und die dienstlichen Stellungnahmen der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der LAB NI. 6. Wie viele Mitarbeiter wurden über Zeitarbeitsfirmen für welchen Zeitraum beschäftigt? In dem Zeitraum der Jahre 2015 und 2016 waren insgesamt 217 Zeitarbeitskräfte bei der LAB NI beschäftigt. Hiervon waren 30 Personen länger als zwölf Monate, 170 Personen zwischen sechs und elf Monaten und 17 Personen weniger als sechs Monate bei der LAB NI tätig. 7. Wurden von der LAB NI Beurteilungen über die Mitarbeiter der Zeitarbeitsfirmen angefertigt ? Die LAB NI hat über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zeitarbeitsfirmen keine eigenen Beurteilungen gefertigt. Allerdings ist auf vorgegebenen Vordrucken der Zeitarbeitsfirmen per Ankreuzen eine Leistungsbemessung vorgenommen worden. Sofern gesonderte Arbeitszeugnisse gefertigt und ausgegeben worden sind, geschah dies durch die Zeitarbeitsfirmen selbst. Diese Arbeitszeugnisse liegen der Landesregierung nicht vor. 8. Wie viele Personen aus der Zeitarbeitsfirma wurden von der LAB NI übernommen? Insgesamt hat die LAB NI 55 Personen nach einer Ausschreibung und einem Auswahlverfahren aus der Zeitarbeit in den Landesdienst bei der LAB NI übernommen. 9. Wurden auch nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses von Frau Nadja N. Verträge von Zeitarbeitern fortgesetzt oder diese sogar direkt von der LAB NI übernommen ? Auch nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses von Frau N. sind Verträge von Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitern fortgesetzt worden. Eine direkte Übernahme dieser Zeitarbeitskräfte erfolgte jedoch nicht. Soweit Personen aus der Arbeitnehmerüberlassung, d. h. aus der Zeitarbeit als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernommen worden sind, gingen diesen Entscheidungen eine Ausschreibung sowie ein Auswahlverfahren voraus. 10. Hat die Zeitarbeitsfirma durch die Mitarbeiterin Nadja N. Kenntnis von den Sozialhilfebetrugsfällen erhalten? Die Landesregierung hat hierzu keine Kenntnis. 11. Wie viele Stellen wurden seit Juni 2016 in der LAB NI ausgeschrieben und besetzt? Seit Juni 2016 wurden in der LAB NI - sowohl intern wie auch extern - 74 Stellen ausgeschrieben. Hiervon sind seither 55 besetzt worden. Von diesen 55 Stellenbesetzungen seit Juni 2016 erfolgten 35 mit vorherigen Zeitarbeitskräften. 12. Betraf das vergleichbare Funktionen, wie die von Frau Nadja N. ausgeübte? Frau N. war im Sozialamt am Standort Braunschweig in der Sachbearbeitung beschäftigt. Es wurde in einem anderen Bereich des dortigen Sozialamtes z. B. die Zahlstelle ausgeschrieben und in der Folgezeit besetzt. Unmittelbar im Sozialamt am Standort Braunschweig erfolgten in vergleichbaren Funktionen, wie Frau N. sie ausgeübt hat, seit Juni 2016 keine Ausschreibungen und Besetzungen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 5 Allerdings gab es vergleichbare Ausschreibungen und Besetzungen an anderen Standorten der LAB NI. Frau N. hat sich auf diese Ausschreibungen nicht beworben. 13. Hat die Mitarbeiterin ihre Aufgaben ordentlich und gewissenhaft erfüllt? Diese Frage betrifft eine Personalangelegenheit, die nur unter Wahrung der gebotenen Vertraulichkeit , so etwa in einer vertraulichen Sitzung, beantwortet werden kann. 14. Wie hoch waren die Ausgaben des Landes für die Mitarbeiterin während ihrer Freistellung ? Nach der vorzeitigen Beendigung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages sind für das Land keine Kosten mehr angefallen. 15. Hält das Innenministerium die Aussagen von Frau Nadja N. für glaubwürdig? Das Ministerium für Inneres und Sport bewertet die Glaubhaftigkeit der Aussagen und die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Auf die Vorbemerkung wird insoweit Bezug genommen. 16. Woher nimmt Minister Pistorius die Gewissheit, dass die Aussagen des Leiters und seiner Stellvertreterin glaubwürdig sind, wie er im Rahmen der Dringlichen Anfrage im Februar 2107 ausführte? Unter dem Gesichtspunkt, dass Beschäftigte des Landes Niedersachsen die besondere Bedeutung einer Abgabe dienstlicher Erklärungen einschätzen können, durfte und darf der Minister von ihrem Wahrheitsgehalt zunächst ausgehen. 17. Hat der Leiter der LAB NI Braunschweig Im Februar 2016 Kontakt zu der Polizei aufgenommen , um sie über die von Frau Nadja N. und ihren beiden Kollegen aufgedeckten Sozialhilfebetrugsfälle zu informieren? Siehe Vorbemerkung. 18. Deckt sich die Darstellung der Leitung des Standortes mit der Dokumentation durch die Polizei? Siehe Vorbemerkung. 19. Hat Frau Nadja N. zwischen Februar 2016 und Mai 2016 vorgesetzte Mitarbeiter der LAB NI und die Leitung (Leiter und stellvertretende Leiterin) über die wachsende Anzahl der von ihr und ihren beiden Kollegen aufgedeckten Sozialhilfebetrugsfälle informiert? Nach derzeitigem Kenntnisstand nein. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 20. Wenn ja, wen und wann (Funktionsbezeichnung genügt)? Entfällt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 6 21. Gab es eine Anweisung aus dem Innenministerium, wie mit den „Altfällen“ im Bereich des Sozialhilfebetruges umzugehen sei? Nein. 22. Mit wem hat der Leiter der LAB NI Braunschweig über seine Sorge hinsichtlich des Rassismusvorwurfs gesprochen, den er befürchtete, wenn man den „Altfällen“ des Sozialhilfebetruges durch Sudanesen nachgehen würde? Dies ergibt sich nicht aus der dienstlichen Erklärung des Mitarbeiters, weitere Erkenntnisse hierzu liegen nicht vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 23. Waren auch andere Nationalitäten außer Sudanesen unter den aufgedeckten Sozialhilfebetrugsfällen ? Wenn ja, welche? Bei 513 Verdachtsfällen wurde der Sudan als Herkunftsstaat angegeben, in vier Verdachtsfällen als Herkunftsstaat Elfenbeinküste und jeweils einmal Algerien, Liberia und Somalia. 24. Hat die Mitarbeiterin Nadja N. um einen Farbdrucker gebeten, um die in Zweifel gezogenen Schwarz-Weiß-Kopien in besserer Qualität vorlegen zu können? Hierzu liegen der Leitung der LAB NI und dem Ministerium für Inneres und Sport keine Informationen vor. 25. Welche Absprache gab es zwischen der Hausspitze der LAB NI BS und der Polizei in Bezug auf die weitere Vorgehensweise bezüglich der ersten ca. 30 aufgedeckten Fälle? Siehe Vorbemerkung. 26. Aufgrund welcher Anweisung und Rechtslage wurden diese Absprachen getroffen? Siehe Vorbemerkung. 27. Gab es eine Anweisung, die Akten mit den Sozialhilfebetrugsfällen in den Keller (Archiv der LAB NI BS) zu tragen? Siehe Vorbemerkung. 28. Wenn ja, von wem und warum? Siehe Vorbemerkung. 29. Warum erklärte der Innenminister in der Pressekonferenz vom 25.01.2017, dass es kein Motiv für die Vertuschung der Sozialhilfebetrugsfälle gegeben habe, obwohl der Standortleiter keine Volksgruppe, nämlich die Sudanesen, alleine verdächtigen wollte und den Vorwurf des Rassismus befürchtete? In der Pressekonferenz am 25.01.2017 hat sich Herr Minister Pistorius nicht auf ein mögliches Motiv bezogen. Er hat lediglich dargelegt, dass er im Handeln des Standortleiters in Braunschweig nach dem ihm bekannten Sachverhalt keinen Vertuschungsversuch erkennen könne. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 7 30. Was wird die Landesregierung zur Wiedergutmachung dafür tun, dass die Mitarbeiterin, die diese Fälle aufdeckte und später deswegen vorzeitig freigestellt wurde, wieder eine Beschäftigung erhält? Die Beschwerdeführerin war für die LAB NI im Rahmen einer sogenannten Arbeitnehmerüberlassung , also auf Zeit, tätig. Es bleibt ihr unbenommen, sich auf eine Ausschreibung der Landesverwaltung zu bewerben. In einem solchen Verfahren würde eine Auswahl entsprechend dem Leistungsprinzip erfolgen. Eine Bewerbung der Beschwerdeführerin auf die 74 Ausschreibungen in der LAB NI ist nicht erfolgt. 31. Erstellte die Mitarbeiterin ein Formblatt „Verdachts-Protokoll“ zur standardisierten Erfassung der Verdachtsfälle? Siehe Vorbemerkung. 32. Wenn ja, wurde dieses Formblatt Vorgesetzten vorgestellt? Siehe Vorbemerkung. 33. Wenn ja, wie reagierten diese auf das Formblatt? Siehe Vorbemerkung. 34. Wurden von der Mitarbeiterin „Verdachts-Protokolle“ zu einzelnen Fällen an Kommunen weitergegeben? Siehe Vorbemerkung. 35. Wenn ja, an welche Kommunen? Siehe Vorbemerkung. 36. Warum wurde die Weitergabe der „Verdachts-Protokolle“ gestoppt? Siehe Vorbemerkung. 37. Wurden die drei Mitarbeiter, die an der Erstellung der Ordner mit Verdachtsfällen beteiligt waren, zur Aufklärung des Sachverhaltes befragt? Siehe Vorbemerkung. 38. Wann wurden die Beteiligten von wem befragt (bitte chronologisch aufführen, Funktionsbezeichnung genügt)? Siehe Vorbemerkung. 39. Was war der Inhalt dieser Gespräche? Siehe Vorbemerkung. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 8 40. Ist es richtig, dass die Mitarbeiterin Nadja N. eine eidesstattliche Versicherung über den Sachverhalt abgegeben hat, wie der NDR am 25.01.2017 berichtete? Eine Erklärung der Beschwerdeführerin ist nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Braunschweig Bestandteil des laufenden Ermittlungsverfahrens. 41. Liegt dem Ministerium diese eidesstattliche Versicherung vor? Nein. 42. Die Mitarbeiterin soll laut NDR eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben, die den dienstlichen Erklärungen ihrer ehemaligen Vorgesetzten teilweise widerspricht („Akten in den Keller“). Gibt es Ermittlungen oder Verfahren wegen einer falschen eidesstattlichen Aussage oder dienstlichen Erklärung? Ermittlungsverfahren wegen einer falschen eidesstattlichen Versicherung oder dienstlichen Erklärung gibt es nicht. 43. Worin unterscheiden sich die Aussagen der Mitarbeiterin Nadja N. in ihrer eidesstattlichen Versicherung von den vorliegenden Darstellungen der Vorgesetzten in deren dienstlichen Erklärungen? Auf die Antwort zu Frage 40 und die Vorbemerkung wird verwiesen. 44. Wer waren die Vorgesetzten der Mitarbeiterin, und welche waren davon in den Sachverhalt involviert (Funktionsbezeichnung genügt)? Vorgesetzte waren der Sachgebietsleiter „Unterbringung und Sozialamt“ und nach dessen Wechsel in einen anderen Bereich die Gruppenleiterin „Sozialamt“, die Fachbereichsleiterin I, der Standortleiter und die Leiterin der LAB NI. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 45. Gab es eine Vorgabe, lediglich bei aktuellen bzw. akuten Verdachtsfällen von Sozialhilfebetrugsfällen durch anwesende Asylbewerber die Polizei zu informieren? Siehe Antwort zu Frage 1. Eine Vorgabe zum Vorgehen bei Verdachtsfällen von Personen, die sich nicht mehr in der LAB NI befanden, gab es seinerzeit noch nicht. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 46. Wenn ja, von wem stammte diese Vorgabe? Siehe Vorbemerkung. 47. Wann wurde den Mitarbeitern diese Vorgehensweise nahegelegt? Siehe Vorbemerkung. 48. Wurde diese Vorgabe schriftlich an die Mitarbeiter weitergegeben? Siehe Vorbemerkung. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 9 49. Wann hat wer seitens der Standortleitung wen bei der Polizei wegen der Verdachtsfälle kontaktiert (im Zweifel Auswertung der Notizen der Beamten der Soko ZErm und der Verbindungsprotokolle der Diensttelefone)? Siehe Vorbemerkung. 50. Hatte die Mitarbeiterin bereits den mutmaßlichen Schaden durch Mehrfachidentitäten erfasst? Wenn ja, wie hoch war dieser insgesamt im Juni 2016? Siehe Vorbemerkung. 51. Haben Polizeibeamte von den ersten 30 Verdachtsfällen erfahren, als sie wegen eines anderen Sachverhaltes in der Landesaufnahmebehörde waren? Siehe Vorbemerkung. 52. Was tat welcher Vorgesetzte, um die Unterlagen der Mitarbeiterin aufzuarbeiten oder zu überprüfen oder überprüfen zu lassen? Siehe Vorbemerkung. 53. Wann ließ sich das Ministerium von wem über die Abläufe der Registrierung von Flüchtlingen und die Vermeidung der mehrfachen Antragsstellung unterrichten? Allgemein waren und sind Themen der Registrierung von Flüchtlingen und Asylsuchenden fortlaufend Gegenstand des Austausches mit der LAB NI im Rahmen der Wahrnehmung fachaufsichtlicher Aufgaben. 54. Wann und von wem wurden in diesem Zusammenhang die Betrugsfälle in der LAB NI BS angesprochen? Siehe Frage 53. Eine erste Information, dass Akten an die Polizei abgegeben wurden, erhielt die Leiterin des Fachaufsichtsreferates von der damaligen Leiterin der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen im Rahmen der täglichen telefonischen Kontakte. Konkret auf die acht Aktenordner mit Verdachtsfällen wurde das Ministerium für Inneres und Sport über die Beschwerde von Frau N. an die Beschwerdestelle hingewiesen. 55. Innenminister Pistorius sprach in der Pressekonferenz am 25.01.2017 von seinem zentralen Anliegen, systematisch für spezifische Straftaten einen möglichst engen Draht zwischen Polizei und Landesaufnahmebehörde zu installieren. Wie war dies im ersten Halbjahr vor allem in Bezug auf Sozialbetrug umgesetzt? Im Rahmen der Aufklärung von Mehrfachidentitäten und Straftaten, insbesondere bezogen auf Sachverhalte des Betruges bei Sozialleistungen durch Asylsuchende, setzt die LAB NI in allen Standorten gesondert zuständige Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter für die Thematik Mehrfachidentitäten ein. Seitens der Polizei koordiniert das Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA) die Bearbeitung der polizeilichen Ermittlungsvorgänge betreffend Mehrfachidentitäten landesweit. Das Land hat zum Zweck einer effizienten Aufklärung zudem eine landesweite Expertengruppe gebildet . Sie besteht aus Vertreterinnen oder Vertretern der Koordinierungsstelle LKA, der LAB NI, des jeweiligen Polizeibereiches und des BAMF. Diese bundesweit bislang einmalig existierende Expertengruppe befasst sich u. a. auch mit einer Optimierung der landesweiten Zusammenarbeit aller Verfahrensbeteiligten. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 10 Parallel dazu wurden regionale Expertengruppen eingerichtet, die sich aus mindestens jeweils einer Vertreterin oder einem Vertreter des jeweiligen Polizeibereiches sowie der LAB NI zusammensetzen . Ziele dieser regionalen Expertengruppe sind die Sicherstellung einer bestmöglichen Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Verfahrensbeteiligten vor Ort und die Klärung spezifischer Detailfragen auch unter Einbeziehung betroffener Kommunen. Bereits 2016 wurden an allen niedersächsischen Polizeidienststellen mit einem Standort1 der LAB NI Ermittlungseinheiten „Zentrale Ermittlungen“ (Sonderkommissionen oder Ermittlungsgruppen) eingerichtet, die neben der Gefahrenabwehr und Bekämpfung der allgemeinen Kriminalität auch mit der Bearbeitung von Sozialleistungsbetrug durch Flüchtlinge betraut sind. 56. Minister Pistorius will laut Pressekonferenz sehr aktiv gewesen sein bei der Schaffung von Voraussetzungen zur Bekämpfung von Mehrfachidentitäten. Wann ließ er sich hierzu im fraglichen Zeitraum über die bisherigen Fälle oder Verdachtsmomente unterrichten ? Herrn Minister Pistorius wurde der Sachverhalt mit dem Vorwurf der Vertuschung zuerst am 22.01.2017 durch die Presseberichterstattung bekannt. Er lässt sich über den Stand der aktuell erfolgenden Aufklärung, etwa die Arbeit der landesweiten Expertengruppe, fortlaufend informieren. 57. Waren Tatverdächtige, die die Mitarbeiterin im Januar oder später gegenüber der Polizei benannte, damals noch Bewohner der Landesaufnahmestelle? Nach Auswertung der Datenbestände der Fachanwendung NIAS der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen ist nach Übergabe der 520 Verdachtsfälle an die Polizei (Soko ZErm) noch eine Person im Bestand des Standortes Bad Fallingbostel und eine weitere Person im Bestand des Standortes Braunschweig geführt worden. Verifiziert werden konnte zudem, dass sich acht Personen aus den 520 Verdachtsfällen nach dem 1. Juni nochmals unter neuen Personalien am Standortes Braunschweig haben registrieren lassen. Der Landesregierung liegen aktuell keine Erkenntnisse vor, ob sich diese zehn Personen tatsächlich durchgängig bis zu ihrer Verteilung am jeweiligen Standort aufgehalten haben. 58. Welche Konsequenzen hatte dies? Gab es Verurteilungen deswegen? In allen der LAB NI bekannt gewordenen Verdachtsfällen wurde und werden die ebenfalls betroffenen Kommunen informiert, damit diese entsprechende Sozialleistungszahlungen auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen können. Ebenfalls wird das BAMF im Hinblick auf eventuell dort noch laufende Asylverfahren informiert. Zu den Verurteilungen, soweit die niedersächsischen Staatsanwaltschaften betroffen sind: Zur Beantwortung dieser Frage müssten die bei den niedersächsischen Staatsanwaltschaften wegen Betruges geführten Verfahren manuell anhand des Akteninhalts ausgewertet werden. Bei den niedersächsischen Staatsanwaltschaften sind allein im Jahr 2016 79 818 Vorgänge wegen Betruges angelegt worden. Die zeit- und personalintensive Maßnahme einer händischen Auswertung wäre daher mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. Die Veranlassung einer entsprechenden Auswertung hätte zur Folge, dass die Kernaufgabe der Strafverfolgungsbehörden, nämlich die zügige und nachhaltige Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, litte. Eine solche Auswertung übersteigt daher das zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage Zumutbare und Leistbare. 59. Wurden die Leistungen in bar ausgezahlt, oder wie wurden die Zahlungen abgewickelt? Die Leistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf wurden bzw. werden in bar an die Leistungsberechtigten nach Maßgabe des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) ausgezahlt. 1 Bad Fallingbostel, Bramsche, Braunschweig, Friedland, Oldenburg, Osnabrück Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 11 60. Wie viele Strafverfahren sind gegenwärtig in diesem Zusammenhang anhängig? Laut Mitteilung der Polizeidirektion Braunschweig vom 27.02.2017 wurden von den am 01.06.2016 übergegebenen 520 Verdachtsfällen von dort bislang 488 Fälle im polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem NIVADIS mit dem Verdacht auf Sozialleistungsbetrug erfasst. Bei 32 Verdachtsfällen bestand der Bedarf an einer weitergehenden Aufarbeitung; diese Fälle wurden entsprechend an die LAB NI Standort Braunschweig zurückgegeben. Ein weiterer Teil dieser Vorgänge wurde an die örtlich zuständigen Polizeidirektionen zur weiteren Bearbeitung abgegeben, davon befinden sich aktuell noch neun Fälle in der polizeilichen Bearbeitung. Alle anderen Verdachtsfälle wurden an die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben. Im Übrigen: siehe Antwort zu Frage 58. 61. Wie viele Strafverfahren beruhen auf den von der Mitarbeiterin erstellten Unterlagen? Siehe Antwort zu Frage 60. 62. Gab oder gibt es Strafverfahren gegen die Mitarbeiterin? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor, im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 42 verwiesen. 63. Wie viele Personen konnten identifiziert werden, die mutmaßlich mehrere Identitäten angegeben haben? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor, da die Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen sind. 64. Wie viele der Tatverdächtigen sitzen oder saßen in Haft? Siehe Antwort zu den Fragen 58 und 63. 65. Von wie vielen Tatverdächtigen ist der Aufenthaltsort bekannt? Siehe Antwort zu den Fragen 58 und 63. 66. Wie viele haben inzwischen Deutschland verlassen? Siehe Antwort zu den Fragen 58 und 63. 67. Wer führt die Strafverfahren gegen die Tatverdächtigen, und wo werden diese angeklagt ? Nach der Strafprozessordnung führt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren. Sie wird hierbei von der Polizei unterstützt. Die örtliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaften ergibt sich in Ermittlungsverfahren, die sich gegen Ausländer nur wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz oder wegen Erschleichens von Sozialleistungen richten, aus Ziffer 4 der bundesweit geltenden Zuständigkeitsvereinbarungen und sonstigen Vereinbarungen der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte . Danach führt grundsätzlich die für den zugewiesenen oder gewählten Wohnsitz des Beschuldigten zuständige Staatsanwaltschaft die Ermittlungen. Die danach zuständige Staatsanwaltschaft erhebt an dem für den Wohnsitz des Beschuldigten zuständigen Gericht (§ 8 StPO) Anklage, sofern sie den erforderlichen hinreichenden Tatverdacht als gegeben ansieht und das Ermittlungs- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 12 verfahren nicht nach den §§ 153 ff. der Strafprozessordnung (StPO) einstellt. Die nach den Zuständigkeitsvereinbarungen und sonstigen Vereinbarungen der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte zuständige Staatsanwaltschaft kann auch bei den anderen gemäß §§ 7 ff. StPO örtlich zuständigen Gerichten (z. B. Gericht des Tatorts gemäß § 7 Abs. 1 StPO) Anklage erheben, wenn diese Gerichte in einem Bezirk liegen, für den diese Staatsanwaltschaft ebenfalls zuständig ist. 68. Wann hat die ehemalige Leiterin der LAB NI von den Verdachtsfällen erfahren? Die ehemalige Behördenleiterin hat von den Verdachtsfällen des Sozialleistungsbetrugs, recherchiert durch Beschäftigte der LAB NI, durch einen Telefonanruf des Leiters des Zentralen Kriminaldienstes (ZKD) der Polizeiinspektion Braunschweig in der letzten Maiwoche erfahren. Den genauen Tag des Anrufes erinnert sie nicht, die Akten wurden jedoch am 01.06.2016 der SOKO ZErm übergeben . 69. Gab es ein Gespräch zwischen Frau Nadja N. und der damaligen Leiterin der LAB NI wegen der Freistellung? Ja. Ein solches Gespräch fand im unmittelbaren Anschluss an die vorzeitige Beendigung der Arbeitnehmerüberlassung am 30.05.2016 im Büro der ehemaligen Behördenleiterin statt. 70. Wenn ja, wusste die Leiterin der LAB NI dadurch von den Verdachtsfällen? Nein. Wie in der Antwort zu Frage 68 angegeben, hat die ehemalige Behördenleiterin durch den Anruf des Leiters des ZKD der Polizeiinspektion Braunschweig von den Verdachtsfällen erfahren. 71. Bis wann hatte die damalige Leiterin der LAB NI diesen Dienstposten? Die damalige Leiterin der LAB NI hatte diesen Dienstposten bis zum 31.08.2016 inne. 72. Wechselte die Leiterin der LAB NI später in das Innenministerium? Die damalige Leiterin der LAB NI wechselte zum 01.09.2016 in das Ministerium für Inneres und Sport. 73. Mit welchen Personen sprach die ehemalige Leiterin der LAB NI wann im Innenministerium über die Verdachtsfälle? Die ehemalige Behördenleiterin hat die für sie zuständige Referatsleiterin des Fachaufsichtsreferats im unmittelbaren Zusammenhang mit der Übergabe der Akten an die Soko ZErm über die erfolgte Übergabe informiert. Im Zusammenhang mit dem Eingang der Beschwerde bei der Beschwerdestelle wurden der zuständige Abteilungsleiter 1, der stellvertretende Referatsleiter sowie der zuständige Sachbearbeiter des Fachaufsichtsreferates informiert. 74. Wann hat der Staatssekretär des Innenministeriums von wem von den „Altfällen“ des Sozialhilfebetrugs in der LAB NI BS erfahren? Herrn Staatssekretär Manke wurde der Sachverhalt über die Vorlage einer Beschwerde einer ehemaligen Mitarbeiterin der LAB NI bei der dem Staatssekretär unterstellten unabhängigen Beschwerdestelle für Bürgerinnen und Bürger und Polizei am 12.12.2016 bekannt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 13 75. Was hat der Staatssekretär daraufhin unternommen? Herr Staatssekretär Manke verfügte elektronisch am 12.12.2016 eine Rücksprache mit der Leitung der Beschwerdestelle und leitete das Schreiben zeitgleich an den zuständigen Abteilungsleiter 1 und die Referatsleiterin des Fachaufsichtsreferates im MI weiter. Die Leiterin der Beschwerdestelle vereinbarte daraufhin am gleichen Tag mit dem Vorzimmer des Staatssekretärs einen Termin für eine telefonische Besprechung, die am Vormittag des 13.12.2016 stattfand. 76. Wen hat der Staatssekretär darüber informiert? Siehe Antwort zu Frage 75. 77. Hat sich der Staatssekretär die Unterlagen angesehen? Siehe Antwort zu Frage 75. 78. Wie hat der Staatssekretär die Vorfälle bewertet? Herr Staatssekretär Manke bat im Gespräch mit der Leiterin der Beschwerdestelle um Einholung einer Stellungnahme, die neben der Stellungnahme der betroffenen Beschäftigten auch die Bewertung der jeweiligen Dienststelle enthalten sollte. Eine erste Stellungnahme der Referatsleiterin des Fachaufsichtsreferates lag noch am 13.12.2016 vor. Aus dieser Stellungnahme ging hervor, dass die betreffenden Akten am 01.06.2016 an die Polizei übergeben wurden. 79. Hat der Staatssekretär hierzu Kontakt mit der Polizei (Polizeipräsident) bzw. Soko ZErm aufgenommen? Wenn nein, warum nicht? Die Bearbeitung der Beschwerde erfolgte in der Beschwerdestelle und im zuständigen Fachreferat. 80. Aus welchem Grunde wurde die am 13.12.2016 erfolgte Stellungnahme der Referatsleiterin des Fachaufsichtsreferates zur Eingabe von Nadja N. auch der Pressestelle des MI übermittelt? Im Zusammenhang mit dem Eingang der Beschwerde in der Beschwerdestelle erfolgten eine erste Einschätzung des Beschwerdevorbringens sowie eine Information der Pressestelle, falls zu dem Beschwerdevorbringen Presseanfragen erfolgen würden. 81. Wann hat der Innenminister von wem von den „Altfällen“ des Sozialhilfebetrugs in der LAB NI BS erfahren? Herrn Minister Pistorius wurde der Sachverhalt mit dem Vorwurf der Vertuschung zuerst am 22.01.2017 durch die Presseberichterstattung bekannt. 82. Wie war die Reaktion darauf? Was wurde veranlasst? Herr Minister Pistorius ließ sich daraufhin umfänglich über die Situation am 23.01.2017 erstmals unterrichten. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 14 83. Welche Schritte erfolgen, wenn eine Beschwerde die Beschwerdestelle erreicht, wie im Fall Nadja N. (bitte chronologisch aufführen)? Die Beschwerdestelle hat hierzu ein Verfahren entwickelt, das grundsätzlich folgende Schritte vorsieht : Im Fall eines Telefonkontakts erfolgt unmittelbar das elektronische Erfassen der Beschwerde sowie in der Folge das Anlegen einer Akte in elektronischer und in Papierform. Gegebenenfalls wird die Beschwerde zur Kenntnisnahme an den Staatssekretär und die zuständige Abteilungsleitung weitergeleitet , z. B. bei internen Beschwerden aus dem Geschäftsbereich oder solchen von besonderer Bedeutung. Die Beschwerdeführenden erhalten eine Eingangsbestätigung. Die Beschwerdestelle fordert eine Stellungnahme der zuständigen Behörde an, die die Stellungnahme der betroffenen Dienststelle und der betroffenen Bediensteten enthalten soll. Soweit sich Verzögerungen in der Bearbeitung ergeben (z. B. bei Aussetzung des Beschwerdeverfahrens wegen strafrechtlicher Ermittlungen in derselben Angelegenheit), erhalten die Beschwerdeführenden eine Zwischennachricht In der Folge wird die vorgelegte Stellungnahme ausgewertet und eine Beschwerdeantwort gefertigt, die den Beschwerdeführenden übersandt wird. Die Antwort wird der zuständigen Behörde und in den oben genannten Fällen auch dem Staatssekretär und der betreffenden Abteilungsleitung im Ministerium zugeleitet. Abschließend wird das Prüfungsergebnis für statistische Zwecke elektronisch erfasst. 84. Wann nimmt wer in welchem Zeitraum Kontakt zu dem Beschwerdeführer auf? Im Falle telefonisch vorgetragener Beschwerden erfolgt eine Kontaktaufnahme naturgemäß im ersten Gespräch. Bei schriftlich eingegangenen Beschwerden erfolgt die erste Kontaktaufnahme mit der Eingangsbestätigung, die den Beschwerdeführenden den weiteren Ablauf der Beschwerdeprüfung erläutert und eine persönliche Ansprechpartnerin/Sachbearbeiterin und ein Aktenzeichen zuweist . Eine Kontaktaufnahme durch die betroffene Dienststelle soll grundsätzlich nur nach vorheriger Absprache mit der Beschwerdestelle erfolgen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 83 verwiesen. 85. Wann hat wer Kontakt zu Frau Nadja N. bezüglich ihrer Beschwerde aufgenommen? Am 07.12.2016 fand der erste Kontakt im Rahmen eines Telefonats zwischen der Beschwerdeführerin und der an diesem Tag für die Telefon-Hotline der Beschwerdestelle zuständigen Sachbearbeiterin statt. Eine weitere Kontaktaufnahme erfolgte schriftlich durch die kommissarische Leiterin der Beschwerdestelle mit der Übersendung einer Eingangsbestätigung am 13.12.2016. Die letzte Kontaktaufnahme erfolgte durch die Beschwerdestelle mit Schreiben vom 02.03.2017, in dem Frau N. per Zwischennachricht mitgeteilt wurde, dass ihre Beschwerde bis zum Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen ruht. 86. Wurde mit Frau Nadja N. ein Verfahren bezüglich ihrer Beschwerde verabredet? Bereits im Rahmen des ersten telefonischen Kontakts am 07.12.2016 wurde der Beschwerdeführerin der Ablauf einer Beschwerdeprüfung erläutert. Ergänzend hierzu wurde Frau N. in der Eingangsbestätigung mitgeteilt, dass zur Aufklärung des Sachverhalts die zuständige Abteilung des Innenministeriums um Stellungnahme gebeten worden ist. Der Beschwerdeführerin wurde angekündigt, dass die Beschwerdestelle wieder auf sie zukommen werde, sobald die Stellungnahme vorliegt, und sie wurde gebeten, sich bis dahin zu gedulden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7616 15 Abschließend erfolgte das Angebot, dass sie sich bei zwischenzeitlich auftretenden Fragen gerne an die Beschwerdestelle wenden könne. 87. Welche berufliche Qualifikation hat die stellvertretende Leiterin der LAB NI Braunschweig ? Diese Frage betrifft eine Personalangelegenheit, die nur in vertraulicher Sitzung beantwortet werden kann. 88. Wann hat sie diese Qualifikation erworben? Siehe Antwort zu Frage 87. (Ausgegeben am 20.03.2017) Drucksache 17/7616 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7395 Pannen oder Angst - Warum wurde den Hinweisen auf hundertfachen Sozialbetrug nicht schnell und konsequent nachgegangen? Anfrage der Abgeordneten Editha Lorberg (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport