Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7654 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7498 - Überzieht das LAVES die Landwirte in der Grafschaft Bentheim unnötig mit Ordnungswidrigkeitsverfahren ? Anfrage des Abgeordneten Reinhold Hilbers (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 27.02.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 02.03.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 27.03.2017, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung des Abgeordneten Am 01.04.2014 ist das Antibiotika-Minimierungskonzept der 16. AMG-Novelle in Kraft getreten. Es besteht aus folgenden Bausteinen: – Erfassung aller Antibiotikaanwendungen, einschließlich der Anzahl behandelter und gehaltener Tiere in einer Datenbank, – Ermittlung von Kennzahlen zum Antibiotikaeinsatz (Therapiehäufigkeit), – Ampelsystem zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes. Das Konzept wendet sich an berufs- und gewerbsmäßige Halter von Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten, die zur Fleischgewinnung (Mast) bestimmt sind. Kleinere Betriebe sind von den Mitteilungspflichten der 16. AMG-Novelle befreit. Tierhalter sind seit dem 01.07.2014 verpflichtet, in der TAM-Datenbank aktiv ihre Nutzungsart als mitteilungspflichtig anzugeben (http://www.laves. niedersachsen.de/tiere/tierarzneimittel_rueckstaende/antibiotika-minimierung-in-niedersachsen- 132630.html). Am 18.01.2017 haben einige Landwirte in der Grafschaft Bentheim eine Anhörung gemäß § 55 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) erhalten. Die Landwirte sollten Stellung beziehen, warum sie der Meldepflicht für die Nutzungsart Schweine unter 30 kg (SM1) nicht nachgekommen sind. Grundlage des LAVES für diese Anhörung war die BALWI, eine Datenbank, die vom Veterinäramt und der Tierseuchenkasse zur Ablage von Daten genutzt wird. Bei den betroffenen Landwirten handelt es sich um Betriebe, die Sauen und Saugferkel halten. Diese sind nicht meldepflichtig . Die meldepflichtige Ferkelaufzucht (von 8 bis 30 kg) findet häufig aus steuerlichen Gründen unter einer anderen Viehverkehrsnummer statt. Diese wurden ordnungsgemäß gemeldet. In der BALWI-Datenbank kann zwischen SM1 Saugferkel und SM1 Aufzuchtferkel nicht unterschieden werden. Gegebenenfalls wurden die Landwirte mit Anschuldigungen konfrontiert, weil dem LAVES nicht bekannt war, dass die BALWI-Datenbank keine für die Zwecke brauchbaren Daten enthält. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7654 2 Vorbemerkung der Landesregierung In Niedersachsen ist das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) zuständig für die Überwachung der Antibiotika-Minimierung nach § 58 a bis d des Arzneimittelgesetzes (AMG). Nach §§ 58 a und 58 b AMG sind Mastbetriebe mit Rindern, Schweinen , Hühnern und Puten verpflichtet, Meldungen zur Nutzungsart, zu Tierzahlen und zu Antibiotikaanwendungen in die Tierarzneimittel/Antibiotika-Datenbank des Herkunfts- und Informationssystems für Tiere (HI-Tier) einzugeben oder eingeben zu lassen. Im Hinblick auf eine allen meldepflichtigen Tierhalterinnen und Tierhaltern gerecht werdende Ermittlung der Kennzahlen nach dem Antibiotika-Minimierungskonzept (Therapiehäufigkeit) ist erforderlich , dass alle betroffenen Betriebe ordnungsgemäß melden. Das LAVES hat in diesem Sinne Tierhalterinnen und Tierhalter seit Inkrafttreten des Antibiotika-Minimierungskonzepts der 16. Arzneimittelgesetz -Novelle in mehreren Tausend Schreiben und Telefongesprächen aufgeklärt und erinnert, Daten richtig zu melden und im Falle des § 58 d Abs. 2 Nr. 2 AMG einen Maßnahmenplan zur Verringerung des Arzneimitteleinsatzes einzusenden. Tierhalterinnen und Tierhalter, die von Anfang an gar nicht gemeldet bzw. sich bewusst dem System entzogen haben, konnten auf diesem Wege nicht erreicht werden. Dieses betrifft unter Berücksichtigung der Erfahrungen auch in anderen Ländern je nach Nutzungsart ca. 3 bis 8 % der Tierhalterinnen und Tierhalter. Zur Gleichbehandlung aller von den o. a. gesetzlichen Regelungen betroffenen Tierhalterinnen und Tierhalter wurden im Hinblick auf die Ermittlung von möglichen Nichtmelderinnen und Nichtmeldern von den für die Durchführung der tierseuchenrechtlichen Vorschriften über den Verkehr mit Vieh zuständigen Landkreisen und kreisfreien Städten Daten entsprechend § 58 a Abs. 4 AMG an das LAVES übermittelt. Diese Daten sind bei Ferkelhaltungen nicht in jedem Fall valide, da das von den Landkreisen und kreisfreien Städten u. a. zur Tierhalterregistrierung genutzte Softwaresystem BALV iP nicht zwischen Saugferkeln und abgesetzten Ferkeln unterscheiden kann. Hinzu kommt, dass Betriebe aus steuerlichen Gründen eine sogenannte seuchenhygienische Einheit, bei der z. B. Sauen und Ferkel räumlich zusammen gehalten oder gemeinsam versorgt werden, papiermäßig trennen. Gleichwohl hat das LAVES im Sinne der Gleichbehandlung entschieden, alle infrage stehenden Ferkelhalterinnen und Ferkelhalter anzuschreiben . Nach Bericht des LAVES wurden im Landkreis Grafschaft Bentheim knapp 80 Anhörungen, verteilt auf alle Nutzungsarten, versandt. Mittlerweile haben sich ca. 30 Tierhalterinnen und Tierhalter davon als Sauenhalterinnen und Sauenhalter mit Saugferkeln deklariert. Bis auf die Beschwerde eines Schweinehalters, die offensichtlich der Anfrage zugrunde liegt, wurde von fast allen Tierhalterinnen und Tierhaltern die Maßnahme des LAVES begrüßt, um meldepflichtige Nichtmelderinnen und Nichtmelder zu ermitteln sowie bei Missachtung geltenden Rechts zu sanktionieren und auf diese Weise eine Gleichbehandlung aller von der gesetzlichen Regelung betroffenen Masttierhalterinnen und Masttierhalter zu erreichen. 1. Trifft es zu, dass zahlreichen Landwirten unberechtigterweise Anhörungsbogen gemäß § 55 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zugesandt worden sind? Dieses trifft nicht zu. Für alle angeschriebenen Betriebe lagen Informationen vor, dass deren Mitteilungspflicht grundsätzlich gegeben ist. Bezüglich der Besonderheiten bei Ferkel haltenden Betrieben verweise ich auf die o. a. Vorbemerkung. 2. Wann, durch wen und warum wurden die Daten aus der BALWI-Datenbank falsch interpretiert ? Entsprechend der Vormerkung und der Antwort zu Frage 1 liegt keine Fehlinterpretation der Daten in BALV iP vor. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7654 3 3. Warum wurde gleich zum Ordnungswidrigkeitsverfahren gegriffen? Eine Klärung der Mitteilungspflicht nach § 58 a AMG kann durch die für die Überwachung zuständige Behörde nur im Rahmen des ordnungsgemäßen Verwaltungshandelns erfolgen. Zum Schutz von Tierhalterinnen und Tierhaltern sowie zur Wahrung des Zeugnisverweigerungsrechtes wie auch zur Beweissicherung ist der formale Weg der Anhörung im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens aus rechtlichen Gründen notwendig. Auf diese Weise haben angeschriebene Personen die Möglichkeit, zur Klärung des Sachverhalts beizutragen. 4. Aus welchen Grund wurden offenbar nur Landwirte in der Grafschaft Bentheim mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren konfrontiert, aber keine Landwirte aus anderen Landkreisen? Die landesweite Ermittlung von Tierhalterinnen und Tierhaltern, die pflichtwidrig nicht gemeldet haben , erfolgt sukzessive; begonnen wurde mit dem Landkreis Grafschaft Bentheim. 5. Wie bewertet die Landesregierung das Vorgehen des Landesamtes? Tierhalterinnen und Tierhalter, die sich dem Antibiotika-Minimierungskonzept entziehen, stehen seit Beginn der Umsetzung des Antibiotika-Minimierungskonzepts in der öffentlichen Kritik. Insbesondere auch von landwirtschaftlichen Interessenverbänden wurde gefordert, die Meldeverweigerer zu ermitteln und zu sanktionieren. Aus diesem Grund begrüßt die Landesregierung, dass dieser berechtigten Forderung nachgekommen wird. 6. War das Vorgehen mit der Landesregierung abgestimmt? Der Datenabgleich nach § 58 a Abs. 4 AMG wurde auf Veranlassung der Landesregierung durchgeführt ; die Ahndung bei Nichtmeldung ergibt sich nach § 97 Abs. 2 Nr. 23 a AMG. 7. Welche Kosten sind durch das Verfahren entstanden? Für die Ermittlung von Meldepflichtigen, die ihrer Verpflichtung bisher nicht nachgekommen sind, fallen Kosten für die Bearbeitung und für die Zustellung der Schreiben der Überwachungsbehörde, des LAVES, an. (Ausgegeben am 28.03.2017) Drucksache 17/7654 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7498 Überzieht das LAVES die Landwirte in der Grafschaft Bentheim unnötig mit Ordnungswidrigkeitsverfahren? Anfrage des Abgeordneten Reinhold Hilbers (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz