Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7664 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7457 - Vom Hochrisikospiel zum Risikospiel: Bilanz des Drittliga-Derbys VfL Osnabrück gegen Preußen Münster Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 22.02.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 27.02.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 27.03.2017, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten In der vergangenen Saison fanden die Nachbarschaftsduelle zwischen dem VfL Osnabrück und Preußen Münster unter Ausschluss von Gästefans statt. Am 28. Januar 2017 waren beim Rückspiel in Osnabrück Anhänger aus Münster zugelassen. Der Spieltag war jedoch für die Stadionbesucher mit einer Reihe von Auflagen und Einschränkungen verbunden. Nach Angaben der Neuen Osnabrücker Zeitung wurde das Duell aus polizeilicher Sicht nicht mehr als Hochrisikospiel, sondern als Risikospiel eingeordnet. 1. Welche Faktoren haben dazu geführt, dass die o. g. Partie zum „Risikospiel“ herabgestuft wurde? Die vom Deutschen Fußball-Bund herausgegebenen „Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen“, kurz Sicherheitsrichtlinien genannt, sehen laut § 32 lediglich zwei Einstufungen vor. Diese sind Spiele mit erhöhtem Risiko sowie Spiele unter Beobachtung. Die Bezeichnung „Hochrisikospiel“ ist ein eher mediengeprägter Begriff, der sicherlich den Charakter solcher Lokalderbys besser wiedergeben mag, eine solche „Herabstufung“ hat es jedoch nicht gegeben. Das Derby zwischen dem VfL Osnabrück und dem SC Preußen Münster ist von hohen Emotionen und einem feindschaftlichen Verhältnis bestimmter Gruppierungen unter den jeweiligen Anhängern geprägt. Dieses gilt im Übrigen für eine nicht unerhebliche Zahl von Fußballspielen mit einem solchen regionalen Charakter. Dabei unterliegen diese immer einer besonderen Betrachtung seitens der Verantwortlichen für die Sicherheit, so auch im Hinblick auf das Einsatzkonzept für das Spiel am 28.01.2017. Bezogen auf das Aufeinandertreffen der beiden Vereine haben die Ereignisse der Spielzeiten 2011 bis 2015 mit zahlreichen Verletzten schließlich dazu geführt, dass es in der Saison 2015/2016 zu einem Teilausschluss der Gästefans in Osnabrück gekommen ist. Diese durch den DFB veranlasste Maßnahme hat sicherlich einen wesentlichen Anteil an dem störungsfreien Verlauf der Begegnung gehabt. In der Folge ist es auch bei den danach stattfindenden drei Begegnungen beider Vereine zu keinen besonderen Störungen gekommen. Aus Sicht der Landesregierung ist diese Entwicklung einerseits erfreulich, andererseits ist es jedoch mehr als bedauerlich, dass es erst solch drastischer Maßnahmen bedarf, die insbesondere zulasten der friedlichen Besucherinnen und Besucher eines Fußballspieles gehen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7664 2 2. Durch Allgemeinverfügungen der Osnabrücker Polizei gab es recht umfassende Alkohol -, Glasflaschen und Getränkedosenverbote unter Androhung von Zwangsgeldern bei Zuwiderhandlungen. Wie steht die Landesregierung zu solchen zeitlich und räumlich umfassenden Verboten? Allgemeinverfügungen zu Alkohol- bzw. Glasflaschenverboten können anlässlich der polizeilichen Bewältigung von Fußballspielen ein Baustein sein, um anlassbezogene Straftaten bzw. Störungen und insbesondere Gefahren für Unbeteiligte in bestimmten Bereichen zu verhindern. 3. Hält es die Landesregierung für angemessen, dass die Bundespolizei aufgrund des Derbys in Osnabrück die o. g. Verbote auch für die weit entfernten Bahnhöfe Bremen und Oldenburg verfügt hat? Die Hauptbahnhöfe Osnabrück, Oldenburg und Bremen gehören zum Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeidirektion Hannover. Die Bundespolizei trifft in ihrem Zuständigkeitsbereich Maßnahmen aufgrund eigener Gefährdungsbewertung und -analysen. 4. Der Kauf von Alkohol war aufgrund der Allgemeinverfügung in vielen Bahnhöfen in und um Osnabrück zwar erlaubt, die entsprechenden Behältnisse durften allerdings nicht transportiert werden. Wurde der Verkauf entsprechender Produkte an den genannten Bahnhöfen unterbunden, und haben sich Händler (Kioskbesitzer, Gastronomen) über die Verfügung beschwert? Auf die Ausführungen zu Frage 3 wird Bezug genommen. 5. Wurden die genannten Verbote kontrolliert, und kam es zur Verhängung von Zwangsgeldern ? Die durch Allgemeinverfügung der Polizeiinspektion Osnabrück erlassenen Verbote wurden überwacht , Zwangsgelder wurden nicht festgesetzt. Sofern die Frage die Verbote der Bundespolizei betrifft, wird auf die Ausführungen zu Frage 3 Bezug genommen. 6. In der Osnabrücker Innenstadt wurde am Spieltag ein größeres Aufgebot der Polizei vorgehalten. Wie viele Beamte aus Niedersachsen waren am Spieltag in Osnabrück im Einsatz? Am Spieltag waren insgesamt 401 niedersächsische Polizeibeamtinnen und -beamte sowie sechs Tarifbeschäftigte eingesetzt. 7. Mit welchem Kontingent war die Bundespolizei am Spieltag eingebunden? Die Bundespolizeiinspektion Bad Bentheim führte am Spieltag in ihrem Zuständigkeitsbereich einen Einsatz nach eigener Lagebewertung durch. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu Frage 3 wird Bezug genommen. 8. Wurden für die Begegnung Hubschrauber, Wasserwerfer etc. vorgehalten bzw. eingesetzt ? Neben den eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten wurden Polizei-Dienstpferde und -Diensthunde eingesetzt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7664 3 9. Welche Kosten sind für die polizeiliche Begleitung der Drittliga-Partie entstanden? Auf Grundlage des RdErl. d. MF vom 19.05.2010 zum Verwaltungskostenrecht sind insgesamt Kosten in Höhe von 204 052 Euro entstanden. 10. Sieht die Landesregierung den verpflichtenden Bus-Shuttle für Anhänger von Preußen Münster vom Osnabrücker Hauptbahnhof zum Stadion als nachahmenswertes Verfahren im Sinne des „Niedersächsischen Modells“ an? Das als „Niedersächsisches Modell“ bezeichnete Verfahren beinhaltet verbindliche Anreisewege, die im Rahmen der allgemeinen Geschäftsbedingungen vom Veranstalter vorgegeben werden. Die Besucherinnen und Besucher einer Veranstaltung erhalten hierbei Gutscheine, sogenannte Voucher , die nur bei Einhaltung der Vertragsvereinbarungen gegen Eintrittskarten eingetauscht werden . Im Falle besagter Begegnung war es den Besucherinnen und Besuchern freigestellt, auf welchem Weg und mit welchem Verkehrsmittel der Veranstaltungsort aufgesucht wurde. Lediglich für Bahnreisende war aus Sicherheitsgründen für den Weg vom Bahnhof zum Stadion ein Shuttle-Transfer vorgegeben. Der Erwerb der Eintrittskarten war davon nicht abhängig. 11. Wie konnte es trotz der Allgemeinverfügung zum Abbrennen von Pyrotechnik im Gästeblock kommen? Der Sicherheitsdienst des Veranstalters führt an den Zugängen zur Spielstätte Einlasskontrollen durch. Das Verbringen von pyrotechnischen Gegenständen in die Spielstätte verstößt einerseits gegen die Stadionordnung und stellt andererseits bei Verwendung grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat dar. Im Übrigen ist diese Frage genau so wenig zu beantworten wie dieses Verhalten von angeblichen Fußballfans zu erklären ist. 12. Kam es am Spieltag zu besonderen Vorfällen (Festnahmen, Platzverweise, Verletzte etc.)? Die Landesregierung ist der Meinung, dass nicht Festnahmen bzw. Platzverweise als besondere Vorfälle zu bezeichnen sind, sondern die Ursachen solcher Maßnahmen. Bei dem Spiel gab es keine verletzten Personen. Es gab drei Identitätsfeststellungen gemäß § 163 b StPO sowie drei Platzverweise gemäß § 17 Abs. 1 Nds. SOG. Darüber hinaus wurden insgesamt zehn strafrechtliche Ermittlungsverfahren sowie eines wegen einer Ordnungswidrigkeit eingeleitet . Darüber hinaus entsorgten zahlreiche Gästeanhänger Glasgetränkebehältnisse und Getränkedosen selbstständig nach polizeilicher Ansprache an den äußeren Begrenzungen des Geltungsbereiches der Allgemeinverfügung. Im Übrigen wurde während des Spieles im Stadion kurzzeitig ein Spruchband mit diskriminierendem Inhalt gezeigt. 13. Nach Angaben der Neuen Osnabrücker Zeitung wurden im Vorfeld gegenüber rund 100 Personen Meldeauflagen und Betretungsverbote ausgesprochen. Handelte es sich hierbei ausschließlich um Anhänger des VfL Osnabrück? Die Polizeiinspektion Osnabrück hat im Vorfeld des Spieltages gegen 16 Anhänger des VfL Osnabrück und gegen 81 Anhänger des SC Preußen Münster Aufenthalts- und Betretungsverbote gemäß § 17 Abs. 4 Nds. SOG erlassen. Meldeauflagen wurden in eigener Zuständigkeit durch das Polizeipräsidium Münster gegen Anhänger des SC Preußen Münster erlassen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7664 4 14. Handelte es sich bei o. g. Personen ausschließlich um verurteilte Straftäter? Wenn nicht, wo, warum und auf welcher Rechtsgrundlage waren o. g. Personen zur Adressierung gespeichert? Die Festlegung der Adressaten aus der Anhängerschaft des VfL Osnabrück erfolgte nach einer individuellen Gefahrenprognose. Die personenbezogenen Daten und Sachverhalte wurden dem Vorgangsbearbeitungssystem NIVADIS entnommen. Das Polizeipräsidium Münster übermittelte auf Anfrage der Polizeiinspektion Osnabrück die Daten von 81 infrage kommenden Personen aus der Anhängerschaft des SC Preußen Münster. Die Anfrage erfolgte gemäß §§ 30 und 31 Nds. SOG, die Übermittlung der Daten gemäß PolG NRW. In Niedersachsen wurden die Daten daraufhin auf Basis des § 38 Nds. SOG im VBS NIVADIS erfasst und entsprechend den Datenschutzerfordernissen des Systems gespeichert. 15. Ist es in Niedersachsen auch an anderen Standorten außerhalb von Osnabrück üblich, dass mit Verweis auf „Provokationen“ und „Schmähgesänge“ sogenannte Gefährderanschreiben verfasst werden? Nein, im Übrigen bezieht sich die Polizeiinspektion (PI) Osnabrück in den Gefährderanschreiben nicht ausschließlich auf Schmähgesänge und Provokationen. Darüber hinaus sind diese Formulierungen bereits in der zurückliegenden Saison in die Gefährderanschreiben der PI Osnabrück aufgenommen worden. 16. Gab es in Osnabrück oder anderen Standorten in Niedersachsen in den letzten Jahren Funkzellenabfragen im Zusammenhang mit Vorfällen bei Fußballspielen? Ja, in zwei Fällen wurden Funkzellenabfragen in der Polizeidirektion Osnabrück und in einem Fall in der Polizeidirektion Hannover veranlasst. Einmal warfen vermutlich Anhänger von Borussia Dortmund am 07.03.2015 auf der Durchreise nach Hamburg im Osnabrücker Hauptbahnhof eine demontierte Sitzbank aus dem Zug, im zweiten Fall lag der Verdacht eines Landfriedensbruch im Zusammenhang mit der am 15.11.2015 abgesagten Begegnung der Regionalliga Nord zwischen dem SV Meppen und dem VfB Oldenburg zugrunde . In Hannover fand eine entsprechende Abfrage am 24.10.2015 nach dem Raub eines Handys im Verlauf der Begegnung Hannover 96 gegen Eintracht Frankfurt statt. (Ausgegeben am 29.03.2017) Drucksache 17/7664 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7457 Vom Hochrisikospiel zum Risikospiel: Bilanz des Drittliga-Derbys VfL Osnabrück gegen Preußen Münster Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport