Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7695 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7598 - Eschentriebsterben - Welche Chance hat die Esche, welche Alternativen gibt es? Anfrage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Ingrid Klopp und Lutz Winkelmann (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 14.03.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 15.03.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 30.03.2017, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung der Abgeordneten Seit einigen Jahren ist das sogenannte Eschentriebsterben auch in Niedersachsen zu beobachten. Im Frühjahr 2010 konnte ein Pilz, das Falsche Weiße Stengelbecherchen (Hymenoscyphus pseudoalbidus ), als Verursacher des Eschentriebsterbens identifiziert werden. Gegen den von Osten her eingewanderten und durch Sporen übertragenen Pilz ist bisher kein Mittel bekannt. Bis zu 95 % der Eschen sterben ab. Die Forstliche Versuchsanstalt von Mecklenburg-Vorpommern arbeitet an einer Resistenzzüchtung, Erfolge sind - so Fachleute - nicht erkennbar. An bestimmten Standorten des Landes ist die Esche eine wichtige Holzart, die sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Aufgrund der hohen Gefahrenlage werden daher in Einvernehmen mit den Forst- und Naturschutzbehörden Kahlschläge durchgeführt, die das Landschaftsbild erheblich verändern. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. 1. Wie beurteilt die Landesregierung das sogenannte Eschensterben in seiner Bedeutung für den Fortbestand dieser Baumart? Die heimische Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) ist durch die Pilzerkrankung bedroht. Das Eschentriebsterben ist in Deutschland erstmals im Jahr 2002 in Mecklenburg-Vorpommern beobachtet worden. 2006 ist die Erkrankung in Niedersachsen aufgetreten. Inzwischen ist sie bundesweit und in insgesamt 26 europäischen Staaten (Stand 2015) verbreitet. Sowohl die Ausbreitung in den Beständen als auch die Intensivierung des Krankheitsverlaufs vor Ort sind noch nicht zum Stillstand gekommen. Es entstehen örtlich große Verluste durch schlechte Stammformen an Jungpflanzen und durch das Absterben von Eschen jedes Alters. Die Hoffnung ist, dass sich eine Resistenz gegen die Pilzerkrankung entwickelt. Bisher scheint ein kleiner Prozentsatz (1 bis 2 %) der Eschen gegenüber der Erkrankung weniger anfällig zu sein. Ob dieser geringe Prozentsatz an Eschen auch auf Dauer mehr oder minder befallsfrei bleibt oder sogar weitgehend resistent ist, muss die Zukunft zeigen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7695 2 2. Wie und in welcher Form wurde bzw. wird sichergestellt, dass die Genetik dieser gefährdeten Baumart erhalten bleibt, wird entsprechendes Material für die Zukunft gesichert ? Im Rahmen des Programmes zur Erhaltung forstlicher Genressourcen in Niedersachsen sind 49 Erhaltungsbestände mit 184 ha reduzierter Fläche benannt, die in regelmäßigen Abständen auf ihre Eignung als Erhaltungsbestand überprüft werden. Zusätzlich sind noch drei Samenplantagen mit Esche aufgebaut worden. Eine spezielle Sicherung ist bei dem rasanten Verlauf des Eschentriebsterbens momentan nicht zielführend. Wenn die in der Antwort zu Frage 4 empfohlenen waldbaulichen Maßnahmen greifen, wird sich auf Dauer ein Gleichgewicht zwischen Wirt und Erreger einpendeln . 3. In welcher Weise und wo wird in Niedersachsen an Gegenmaßnahmen geforscht, welche Institutionen sind beteiligt, welche Ergebnisse gibt es? Die Thematik „Eschentriebsterben“ bearbeitet die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) in Göttingen im Rahmen ihres Forschungs- und Beratungsauftrags. Dieser umfasst die Ursachenanalyse, Beobachtungen zur Schadentwicklung und die Ableitung von Handlungsempfehlungen . Erforscht werden auch Fragen zur weiteren waldbaulichen Behandlung geschädigter Eschenbestände, zu möglichen Resistenzen und zur Erhaltung forstgenetischer Ressourcen. Die Aktivitäten der NW-FVA beziehen sich zunächst auf das Zuständigkeitsgebiet (Länder Sachsen-Anhalt , Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen). Daneben wird bundesweit und international ein intensiver fachlicher Austausch gepflegt. Den aktuellen Kenntnisstand hat die NW-FVA in der Praxis-Information Nr. 4 (August 2016) zusammengestellt: https://www.nw-fva.de/index.php ?id=173. Da noch nicht bekannt ist, worauf eine mögliche Resistenz basiert, erscheint der Erfolg einer Resistenzzüchtung bei Esche schwierig. Ergebnisse der meist langwierigen Züchtungen könnten für zukünftige Eschengenerationen genutzt werden. Derzeit muss vorrangig mit den vorhandenen mehr oder minder stark erkrankten Eschen umgegangen und gewirtschaftet werden. Neuinfektionen finden nicht nur über den Ferntransport luftgetragener Sporen statt, sondern auch durch am Boden gebildete Fruchtkörper und von dort in die Luft entlassene Sporen. Das Aufkehren und Beseitigen infizierter Blattstiele/Blattspindeln kann allenfalls bei Einzelbäumen im städtischen Bereich zu etwas geringeren Infektionsraten im nächsten Jahr führen. 4. Welche Strategien werden Forstbetrieben an solchen Standorten empfohlen, an denen die Esche eine ökologische und wirtschaftliche Bedeutung hat, welche Alternativen gibt es? Durchforstungen sind auch in befallenen Beständen erforderlich. Gesund erscheinende oder nahezu gesunde und augenscheinlich widerstandsfähigere Eschen sollten erhalten bzw. begünstigt und nicht gefällt werden. Die Durchmusterung der Bestände im Sommer (Juli) erlaubt eine deutlich bessere Einschätzung der Vitalität als im Winter. In Mischbeständen sollten vorrangig andere Edellaubbaumarten und Buchen begünstigt werden. Vor allem in älteren Durchforstungsbeständen ist die rechtzeitige Entnahme stärker befallener Eschen wichtig, um einer Holzentwertung wertvollerer Sortimente zuvor zu kommen. Stark befallene Bäume mit Laubverlusten ab etwa 70 % sollten mit Blick auf die einsetzende Holzentwertung durch Insekten und Pilze entnommen werden. Bei starken Auflichtungen in den Beständen infolge des Eschentriebsterbens sollten Walderneuerungsmaßnahmen zügig erfolgen, um den noch verbliebenen Bestandesschirm als Schutz für die Jungpflanzen nutzen zu können. Die Auswahl geeigneter Misch- oder Ersatzbaumarten richtet sich nach den standörtlichen Gegebenheiten. Geeignete Baumarten können z. B. Ahorn, Buche, Erle, Hainbuche, Eiche, Linde, Vogelkirsche, Schwarznuss, Flatterulme sein. In erkrankten Eschenbeständen mit geringem Schadensfortschritt sollte bis zum Erreichen von Oberhöhen von ca. 9 m kaum eingegriffen werden, um die bei Dichtschluss ablaufende natürliche Differenzierung und Astreinigung nicht zu unterbrechen. Je länger die Eschenbestände dem Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7695 3 Eschentriebsterben ausgesetzt sind und je stärker der Erkrankungsfortschritt ist, desto stärker lichten sich die Bestände auf bzw. sind abgängig. Die gezielte Förderung anderer Mischbaumarten ist sinnvoll. Zurücksterbende Kronenbereiche, Stammfußnekrosen und nachfolgende Holzfäulepilze im Wurzelbereich beeinträchtigen die Bruch- und Standsicherheit befallener Eschen. Beim Fällen sind erhöhte Standards der Verkehrs- und Arbeitssicherheit einzuhalten. Kahlschläge sind nur im Ausnahmefall erforderlich, z. B. wenn reine Eschenbestände großflächig, ohne Differenzierung in kurzer Zeit absterben oder wenn bei fortgeschrittenen Schäden lokal eine Gefahrensituation im Zusammenhang mit der Verkehrssicherungspflicht vorliegt. Naturverjüngungen, die sich trotz hohen Infektionsdrucks etabliert haben, können übernommen werden. Diese Pflanzen stellen möglicherweise einen Genpool für weniger anfällige Eschen dar. In stark befallenen, reinen Eschen-Naturverjüngungen, in denen das Verjüngungsziel krankheitsbedingt gefährdet ist, kann es erforderlich sein, standörtlich geeignete Mischbaumarten einzubringen. Eingeschlagenes Stammholz kann bisher innerhalb Deutschlands normal verwertet werden. Bei Holzexporten sind die aktuellen Fachinformationen der zuständigen Pflanzenschutzdienste zu beachten . Der Schlagabraum muss nicht entsorgt werden, da von ihm nach derzeitigem Kenntnisstand keine zusätzliche Infektionsgefahr ausgeht. Die Anwendung von Fungiziden gegen den Erreger in Baumschulen wird abgelehnt, da das so erzeugte Pflanzenmaterial möglicherweise eine geringere Anfälligkeit gegenüber dem Eschentriebsterben suggeriert. 5. Gibt es Zuschüsse, um waldbauliche Gegenmaßnahmen bis hin zu einer Strategieänderung bei der Pflanzung standortgerechter Baumarten zu unterstützen? Eschen können weiterhin als Begleitbaumart mit einem bis zu 10-prozentigen Flächenanteil in eine Kultur eingemischt und gefördert werden mit der Möglichkeit, dass sich daraus resistente Pflanzen entwickeln können. Zudem bietet die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung forstwirtschaftlicher Maßnahmen unter dem Fördertatbestand „Begründung von stabilen Laub- und Mischbeständen als Folgemaßnahme in Zusammenhang mit dem Schadereignis Eschentriebsterben“ Walderneuerungsmaßnahmen (Wiederaufforstung, Vor- und Unterbau) mit standortgemäßen Baumarten an. Handlungsgrundlagen bilden die Empfehlungen der NW-FVA. (Ausgegeben am 31.03.2017) Drucksache 17/7695 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7598 Eschentriebsterben - Welche Chance hat die Esche, welche Alternativen gibt es? Anfrage der Abgeordneten Frank Oesterhelweg, Ingrid Klopp und Lutz Winkelmann (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz