Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7696 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7500 - Rüstet Niedersachsens Polizei wirklich auf? Anfrage der Abgeordneten Thomas Adasch und Angelika Jahns (CDU) an die Landesregierung , eingegangen am 27.02.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 02.03.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 29.03.2017, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Unter der Überschrift „Niedersachsens Polizei rüstet auf“ berichtete der NDR auf seiner Internetseite am 23.06.2016 über neue Ausrüstung für die niedersächsische Polizei. Laut diesem Bericht würden u. a. neue Zielfernrohre für Maschinenpistolen, Schießübungssysteme und neue Schutzwesten vorgestellt. Sat.1 regional berichtete am gleichen Tag im Fernsehen über diese Vorstellung. In dem Beitrag wird Innenminister Pistorius mit folgender Aussage gezeigt: „Polizei hat jeden Tag neue Lagen zu bestehen. Die Lagen verändern sich, und da muss die Polizei mitgehen können. Das heißt, durch Ausbildung, durch Fortbildung und eben auch durch Ausstattung muss ein ständiger Stand erreicht und gewährleistet sein, der eben dem aktuellen Stand des Möglichen entspricht.“ Die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) berichtet in ihrer Ausgabe vom 09.07.2016 über eine gemeinsame Beschaffung von 163 sogenannten Sturmgewehren durch die Hansestädte Hamburg und Bremen. Die Hamburger Polizeibehörde erklärte der NOZ, dass die Anschaffungen im Zusammenhang mit einer neuen Konzeption beim Thema Terror stünde. Das niedersächsische Innenministerium erklärte der NOZ auf Anfrage, dass für die Polizei Niedersachsens der Kauf von Sturmgewehren weder erfolgt noch geplant sei. Zur Ausstattung der Spezialeinheiten im Land würden keinerlei Auskünfte erteilt. Dem Vernehmen nach sollen laut NOZ aber auch in Niedersachsen die Spezialeinheiten mit durchschlagskräftigeren Gewehren ausgestattet sein. Die Tageszeitung (taz) berichtete in ihrer Ausgabe vom 14.07.2016 („Polizei kriegt Kriegswaffen“ ebenfalls über die Beschaffung von Sturmgewehren für Hamburg und Bremen. Sie zitiert den Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft in Hamburg, Joachim Lenders, wie folgt: „Und die effektive Kampfentfernung selbst der Maschinenpistolen liegt nur bei einem Drittel des effektiven Wirkungsbereichs des von Terroristen gern verwendeten und weit verbreiteten Sturmgewehrs AK 47 (Kalaschnikow). Außerdem ist die Durchschlagskraft der Maschinenpistole wesentlich geringer als die einer Kalaschnikow. Bei einem Gefecht mit den Terroristen, die die Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo in Paris überfielen, hätte die Polizei mit ihrer herkömmlichen Bewaffnung also schlechte Chancen gehabt. ‚Bisher galt es als unwahrscheinlich, dass derartige Waffen zum Einsatz kommen würden‘, sagt Lenders. ‚Polizisten müssen bereit sein, ihr Leben einzusetzen, aber nicht so töricht, dass wir wie die Karnickel abgeschossen werden.‘“ Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7696 2 Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung erfüllt ihre Pflicht zur modernen, sachgerechten Ausstattung der Landespolizei uneingeschränkt und misst ihr einen sehr großen Stellenwert bei. Generell wird die technische Ausstattung mit Waffen und allgemeinen Führungs- und Einsatzmitteln (FEM) durch laufende Beschaffungsprogramme auf dem jeweils möglichst neuesten Stand gehalten. Die polizeilichen Erfordernisse fließen unter einer fortwährender Lagebeurteilung sowie einer Beteiligung der Anwenderinnen und Anwender stets in die Beschaffungsentscheidungen ein. Wie in allen technisch geprägten Bereichen des Polizeidienstes ist der Stand der Technik einem ständigen Innovationsprozess unterworfen und von Veränderungen geprägt. Die Ausstattung wird - auch in Zusammenarbeit mit den Polizeien anderer Länder und des Bundes - fortlaufend weiterentwickelt, dem jeweiligen Stand der Technik angepasst und ständig optimiert. Die Spezialeinheiten verfügen entsprechend ihrer jeweiligen Aufgabenstellung über umfangreiche Sonderausstattungen. Dies gilt auch im Zusammenhang mit der Bewältigung von Gefahren und aus Anlass von Anschlägen durch extremistische/islamistische Gewalttäter. Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Sicherheitslage wurde das Ausstattungskonzept der Landespolizei zu Waffen und FEM intensiv analysiert . Dabei wurden die Handlungssicherheit und Interventionsfähigkeit im Umgang mit vorhandenen Waffen und FEM sowie das besondere taktische Vorgehen in solchen Extremsituationen berücksichtigt . Die ganzheitliche Vorbereitung von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten (PVB) auf die Bewältigung von extremistischen oder terroristischen Bedrohungslagen bzw. Anschlägen hat für die Landesregierung einen hohen Stellenwert, da allein eine verbesserte Ausstattung nicht ausreicht, um die Handlungsfähigkeit der Einsatzkräfte zu gewährleisten. Die PVB aus dem polizeilichen Alltag des Einsatz- und Streifendienstes, der Verfügungseinheiten sowie der geschlossenen Einsatzeinheiten handeln nach einem landesweit einheitlichen Aus- und Fortbildungskonzept für Bedrohungslagen mit bewaffneten Gewalttätern. Das diesbezügliche Vorgehen orientiert sich an bundesweit abgestimmten Eckpunkten für die Erstinterventionsphase, die insbesondere die Verhinderung der weiteren Tatausführung sowie den Schutz potenzieller Opfer zum Ziel hat. Gleichzeitig werden in Niedersachen die den Spezialeinheiten (SEen) zugehörigen Mobilen Einsatzkommandos (MEK) im Rahmen der Erstinterventionsphase in hochrisikobehafteten Einsatzlagen unverzüglich mit eingesetzt. Sie sind in den Polizeibehörden in Niedersachsen disloziert aufgestellt und stehen für Interventionsmaßnahmen unmittelbar zur Verfügung. Darüber hinaus wurde entschieden, das Spezialeinsatzkommando (SEK NI) personell um eine Einsatzgruppe zu verstärken und einen zweiten dislozierten Standort in Niedersachsen einzurichten. Für die Polizei Niedersachsen ist somit festzustellen, dass es aktuell keine Fähigkeitslücke zwischen den Erstinterventionskräften und den für diese Einsatzlagen besonders ausgerüsteten und trainierten Spezialeinheiten gibt. In Anlehnung an die Strategie 2020 wurde unter breiter Beteiligung der Anwenderinnen und Anwender aus dem polizeilichen Alltag des Einsatz- und Streifendienstes, der Verfügungseinheiten sowie der geschlossenen Einsatzeinheiten innerhalb von zwei Workshops ein Stufenkonzept abgestimmt , das eine Optimierung von passiven und aktiven Ausstattungskomponenten beinhaltet. Im Ergebnis werden die Funkstreifenwagen der Landespolizei mit zwei Schutzwesten (als sogenannte Plattenträger) der Schutzklasse (SK) 4 ausgestattet und die Visiereinrichtung der Maschinenpistole H&K MP 5 wird mit einem Leuchtpunktvisier (und nicht mit einem Zielfernrohr) aufgerüstet . Für einen täglichen, sicheren Transport der Maschinenpistole wird, entgegen der Entscheidung der vormaligen Landesregierung, wieder ein fester Verbau von Waffenkästen im Funkstreifenwa- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7696 3 gen erfolgen. Eine Erprobung von ballistischen Schutzhelmen und deutlich optimierten Einsatzhandschuhen wird derzeit vorbereitet. Die Analyse der Ausstattung der Landespolizei mit Schusswaffen und Munition unterliegt aufgrund der technischen Komplexität, des immanenten Gefahrenpotenzials und der ständigen Wechselwirkung zwischen Schusswaffe und Munition ausschließlich fachlich qualifiziertem Personal. Beleuchtet man die Standardbewaffnung der Landespolizei außerhalb der Pistole, so ist festzustellen, dass die vorhandene Ausstattung des Einsatz- und Streifendienstes, der Verfügungseinheiten sowie der geschlossenen Einsatzeinheiten mit der Maschinenpistole H&K MP 5 bedarfsgerecht ist. Für eine über die MP 5 hinausgehende Interventionsfähigkeit sind die SEen der Polizei des Landes Niedersachsen u. a. im erforderlichen Umfang mit Gewehren des Typs H&K G 36 im Kal. 5,56 x 45 mm ausgestattet. Neben der Optimierung der Ausstattung wurde schnell deutlich, dass auch die Aus- und Fortbildung der Polizei Niedersachsen einen wichtigen Beitrag leisten muss, um die eingesetzten Kräfte der Polizei Niedersachsen auf terroristische Bedrohungslagen und Anschläge, in denen Spezialeinheiten noch nicht zur Verfügung stehen, angemessen vorzubereiten und ein möglichst hohes Maß an Handlungssicherheit herbeizuführen. Der Einsatz von PVB in lebensbedrohenden Einsatzlagen stellt unzweifelhaft eine besonders hohe Belastung und Herausforderung dar. Deswegen geht der Anspruch bezüglich einer angemessenen Vorbereitung auf diese Lagen weit über das sichere Beherrschen der zum Teil neuen FEM hinaus. Vor diesem Hintergrund muss das richtige taktische Vorgehen in der Aus- und Fortbildung der Polizei Niedersachsen nicht nur „erlernt“, sondern auch in verschiedenen Szenarien trainiert werden. Als Grundlage hierfür wurden bereits vorhandene, langjährig angewandte Trainingskonzepte für das Vorgehen bei Amoklagen mit den hier in Rede stehenden terroristischen Bedrohungslagen zusammengeführt . Der Grundgedanke war dabei u. a., dass der Einsatzanlass für die Ersteinschreitenden ohnehin nicht sofort offenkundig, das taktische Vorgehen aber ähnlich ist. Die taktischen Vorgaben sind fertig, abgestimmt und veröffentlicht. Die Polizeitrainerinnen und -trainer werden aktuell durch die Polizeiakademie Niedersachsen mit diesem „neuen“ Konzept zum Vorgehen bei Lagen mit besonderer Eigengefährdung vertraut gemacht. Zusammenfassend hat sich die Landesregierung mit einer sorgfältigen und intensiven Prüfung, einer großer Beteiligung der Anwendenden sowie gezielten Investitionen auf die sich verändernde Sicherheitslage in Deutschland eingestellt. Die vorliegenden Konzepte sind insoweit „nicht vom Schreibtisch entschieden“ sondern mit Betroffenen und Experten intensiv erarbeitet und abgestimmt . 1. Wie viele sogenannte Sturmgewehre mit welchem Kaliber sind in der niedersächsischen Polizei vorhanden? Eine gesetzliche Definition eines Sturmgewehrs existiert nicht. Dieser Begriff wird landläufig in der Umgangssprache verwendet und kann ein Gewehr mit vollautomatischer Schussabgabe umfassen. Bekannt ist aus der Historie z. B. das Sturmgewehr 44 aus der Zeit des 2. Weltkriegs. Der Begriff Sturmgewehr findet in der Polizei Niedersachen keine Verwendung. Zur Ausstattung der SEen mit Gewehren des Typs H&K G 36 siehe Vorbemerkungen. 2. Plant die Landesregierung die Anschaffung neuer Schusswaffen auf dem Leistungsniveau der Sturmgewehr-Modelle G 36, G 3 oder der AK 47 (Kalaschnikow)? Wenn ja, wie viele? Wenn nein, warum nicht? Die SEen verfügen über Gewehre des Typs H&K G 36 (siehe Vorbemerkungen). Allgemein ist hier anzuführen, dass die Schusswaffen der Modelle G 36, G 3 und AK 47 sich technisch grundlegend unterscheiden, sich auf einem unterschiedlichen „Leistungsniveau“ befinden und eine Vergleichbarkeit - auch mit Bezug auf den Einsatzzweck - schwer herzustellen ist. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7696 4 3. Wie viele Maschinenpistolen vom Typ MP 5 sind in der Landespolizei vorhanden? Im Bestand der Polizei des Landes Niedersachen befinden sich insgesamt 1 770 Stück Maschinenpistolen des Typs H&K MP 5. 4. Plant die Landesregierung die Beschaffung von zusätzlichen Maschinenpistolen MP 5 oder anderer Typen? Wenn nein, warum nicht? Im Vorgriff auf mögliche Lageentwicklungen wird derzeit geprüft, inwieweit eine Anpassung des Gesamtbestandes an MP 5 erforderlich ist und gegebenenfalls in wirtschaftlicher Art und Weise erfolgen kann. Eine Beschaffung von Maschinenpistolen anderer Typen ist nicht vorgesehen (siehe Vorbemerkungen). 5. Gehören zu den von der Landesregierung neu beschafften Schutzwesten auch solche die dem Beschuss aus einem Sturmgewehr wie AK 47 (Kalaschnikow), G 36 oder G 3 standhalten? Wenn ja, wie viele, und wie werden diese im Land Niedersachsen verteilt? Ja. Die im Jahr 2016 beschafften rund 5 000 Stück der sogenannten Plattenträger sind gemäß der einschlägigen Technischen Richtlinie (TR) der Deutschen Hochschule der Polizei/Polizeitechnisches Institut in der SK 4 zertifiziert und wurden in den Prüfstufen VPAM 9 (dreifach) und VPAM 10 (einfach ) beschossen (VPAM: Vereinigung der Prüfstellen für angriffshemmende Materialien und Konstruktionen ). Gemäß der Zertifizierung aus der TR bietet die SK 4 Schutz vor Langwaffen mit Hartkerngeschossen (= höchste Schutzklasse). Rund 2 500 Stück SK-4-Plattenträger wurden im Oktober 2016 an die Polizeibehörden und die Polizeiakademie Niedersachsen ausgeliefert. Die Lieferung der restlichen Teilmenge wird Ende des ersten Quartals 2017 erfolgen. Die Verteilung der bereits ausgelieferten rund 2 500 Stück SK-4-Plattenträger ist der Kleinen Anfrage zur schriftlichen Beantwortung des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP) an die Landesregierung , „Wie gut ist die niedersächsische Polizei ausgerüstet?“, eingegangen am 20.01.2017, - Drucksache 17/7267 -, zu entnehmen. 6. Wurden in den Jahren 2015 und 2016 bei Terroranschlägen in Europa sogenannte Sturmgewehre nach Kenntnis der Landesregierung eingesetzt? Wenn ja, wo und welcher Typ? Zu den folgenden Anschlägen liegen valide polizeiliche Daten hinsichtlich der Verwendung von umgangssprachlich sogenannten Sturmgewehren vor: – Anschlag in Paris am 07.01.2015: Gewehre des Typs „Kalaschnikow“, – Anschlag in Paris am 09.01.2015: Gewehr des Typs „Kalaschnikow“, – Anschläge in Kopenhagen am 14./15.02.2015: Dänisches Militärgewehr, – Anschlagsversuch in einem Zug auf dem Weg von Amsterdam über Brüssel nach Paris am 21.08.2015: Gewehr des Typs „Kalaschnikow“, – Anschlag in Paris am 13.11.2015: „Sturmgewehre“, – Anschlag am Flughafen Istanbul am 28.06.2016: „Sturmgewehre“. Über den genauen Typ (Ausführung/Kaliber) der bei den vorgenannten Anschlägen verwendeten Waffen kann keine gesicherte Aussage getroffen werden. Durch die mediale Berichterstattung - veröffentlichte Videoaufzeichnungen und Berichte - ist bekannt , dass auch bei den Anschlägen in Paris am 13.11.2015 sowie in Istanbul am 28.06.2016 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7696 5 Waffen des Typs Kalaschnikow zum Einsatz gekommen sein dürften. Eine valide polizeiliche Erhebung über die verwendeten Waffen liegt hier jedoch nicht vor. 7. Wurden in den Jahren 2015 und 2016 nach Kenntnis der Landesregierung in Niedersachsen Sturmgewehre des Typs AK 47 (Kalaschnikow) und sogenannte Panzerfäuste von Mitgliedern der ehemaligen linksextremistischen Terrororganisation RAF für Straftaten mitgeführt, und wurde auch mit diesen geschossen? Wenn ja, bei welchen Taten? Bei den Taten in Stuhr (06.06.2015), Wolfsburg (28.12.2015) und Cremlingen (25.06.2016), die ehemaligen Mitgliedern der RAF zugerechnet werden, wurde nach bisherigem Ermittlungsstand augenscheinlich eine sogenannte Panzerfaust mitgeführt. Mit dieser wurde jedoch lediglich gedroht und nicht geschossen. Ob es sich um eine echte Waffe handelte, kann bisher nicht abschließend beurteilt werden. Bei den vorgenannten Taten in Stuhr und Cremlingen ist ein Gewehr Kalaschnikow AK 74 mitgeführt worden. Mit ihm wurde jeweils auch geschossen. Die Untersuchungen der aufgefundenen Hülsen ergaben, dass es sich bei beiden Taten um die gleiche Waffe gehandelt haben muss. In Wolfsburg wurde zudem eine entsprechend beschriebene Waffe mitgeführt, aufgrund fehlender Schussabgabe kann nur angenommen werden, dass es sich auch hier um die gleiche Waffe handelte. Das in der Anfrage erwähnte Gewehr Kalaschnikow AK 47 ähnelt äußerlich dem hier zur Anwendung gekommenen Modell AK 74. Die Gewehre sind beide vom selben Hersteller und unterscheiden sich vor allem in dem verwendeten Kaliber, in der Wirkung sowie der Visierschussweite. 8. Wie hoch ist die effektive Kampfentfernung der bei der Landespolizei vorhandenen Maschinenpistole MP 5? Die Visierschussweite der MP 5 im Kal. 9 x 19 mm beträgt 25 m und 100 m. Die optimale Wirkdistanz befindet sich im Bereich bis 100 m. 9. Wie hoch ist die effektive Kampfentfernung von Sturmgewehren wie G 3, G 36 oder AK 47 (Kalaschnikow) Die effektive Visierschussweite der o. g. Waffen gestaltet wie folgt: G 3 bis 600 m, G 36 bis 800 m, AK 47 bis 800 m. 10. Hat die Munition der Maschinenpistole MP 5 in der Landespolizei die gleiche Durchschlagskraft wie die von Sturmgewehren wie G 3, G 36 oder AK 47 (Kalaschnikow)? Nein. Die „Durchschlagskraft“, also die Fähigkeit eines einschlagenden Objektes, im Einschlagsziel einen bestimmten Weg zurückzulegen, bevor es gestoppt wird, hängt unmittelbar von der Beschaffenheit des Zielmediums, der Geschossform und der Geschossenergie (E0 - Mündungsenergie des Geschosses : MP 5 490 J, G 3 3600 J, G 36 1800 J, AK 47 1990 J) ab. 11. Sind mit Maschinenpistolen des Typs MP 5 ausgerüstete Polizisten in allen denkbaren Einsatzszenarien gegenüber mit Sturmgewehren ausgerüsteten Terroristen ausreichend bewaffnet? Auf der Grundlage der polizeilichen Aus- und Fortbildung, bestehender Konzepte und Maßnahmenkataloge sowie einer Ausstattung mit den dafür notwendigen Einsatzmitteln ist die Polizei Niedersachsen grundsätzlich befähigt, effektiv und effizient lebensbedrohliche Einsatzlagen, wie z. B. mit bewaffneten Gewalttätern, zu bewältigen. Eine Schutzausstattung, die auch Kriegswaffen wie Gewehren oder Maschinenpistolen widerstehen kann, erhöht in Verbindung mit regelmäßigen Trainings die Aktionsfähigkeit und Handlungskompetenz der eingesetzten Kräfte. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7696 6 Die angepasste Ausstattung sowie die optimierte Ausbildung versetzt die Polizei in die Lage, derartige Einsätze mit den ihnen zur Verfügung stehenden Fähigkeiten, FEM und Einsatzkräften einschließlich ihrer SEen bewältigen zu können. Die Interventionsfähigkeit findet ihre Grenzen in technisch überhaupt verfügbaren Ausrüstungsgegenständen. 12. Wie viele gepanzerte Fahrzeuge hat die Landespolizei, die geeignet sind, Einsatzkräfte geschützt näher an schwer bewaffnete Täter zu verbringen? Die Polizei des Landes Niedersachsen verfügt über insgesamt elf sondergeschützte Fahrzeuge (inklusive Personenschutz und Sonderwagen der Bereitschaftspolizei). 13. Plant die Landesregierung den Kauf von gepanzerten Fahrzeugen, wie es Hamburg kürzlich getan hat? Wenn, ja wie viele und welche Modelle? Wenn nein, warum nicht? Ein Kauf von sondergeschützten Fahrzeugen, wie es Hamburg kürzlich getan hat, wird derzeit geprüft . 14. Welche Kräfte der Polizei Niedersachsen sind für Auseinandersetzungen mit Terroristen mit welchem Personalumfang, welchen Standorten und welcher Ausrüstung vorgesehen ? Zur wirksamen Bekämpfung u. a. bewaffneter Täter aus dem Bereich der politisch motivierten Gewaltkriminalität und des Terrorismus stehen in Niedersachsen neben den Erstinterventionskräften des Einsatz- und Streifendienstes, die SEen, die Verhandlungsgruppen (VG) und die Koordinierungsstelle Spezialeinheiten (KOST SE) zur Verfügung. Das SEK NI, angesiedelt beim LKA NI, wird insbesondere dann eingesetzt, wenn die Lage ein geschlossenes Vorgehen unter Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Gewalttäter erfordert. Dieses Erfordernis kann beim Vorgehen gegen terroristische Gewalttäter als gegeben unterstellt werden . Eine durchgängige Verfügbarkeit (24/7) von Kräften des SEK NI ist stets sichergestellt. Die MEK sind in Niedersachsen bei den Zentralen Kriminalinspektionen der sechs Flächenpolizeidirektionen (Osnabrück [disloziert in Osnabrück und Aurich], Göttingen [Standort Hildesheim], Oldenburg , Lüneburg, Braunschweig, Hannover) und beim Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA NI) angesiedelt. Die MEK führen - in der Regel verdeckte - operative Maßnahmen durch und werden u. a. auch zur Durchführung gefahrenabwehrender und strafprozessualer Maßnahmen mit hohem Gefährdungsgrad - auch bei polizeilichen Sonderlagen - herangezogen. Zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit in Lagen, die den koordinierten Einsatz mehrerer MEK oder/und des SEK NI sowie der VG erfordern, erfolgt eine Koordination des Einsatzes - erforderlichenfalls auch von SE bzw. Spezialkräften anderer Bundesländer - durch die beim LKA NI angebundene KOST SE. Der Gesamteinsatz wird erforderlichenfalls auch durch Angehörige der temporär aufzurufenden VG, angesiedelt bei den Flächenpolizeidirektionen und dem LKA NI (ständige Koordination), unterstützt . Kräfte der VG kommen zum Einsatz, wenn die Lage die Anwendung besonderer kommunikativer Mittel (u. a. auch der taktischen Gesprächsführung) erfordert. Die Personalstärken und Ausstattungskataloge der SEen und der VG sind geheimhaltungsbedürftig und unterliegen der Verschlusssachenanweisung mindestens in der Stufe VS-NfD. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7696 7 15. Welche Folgerungen hat die Landesregierung aus dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 19.01.2016 für die Ausrüstung der Polizei gezogen? Ein derartiges Ereignis am 19.01.2016 ist hier nicht bekannt. Ein Schwerpunkt polizeilichen Handelns ist die fortlaufende Beurteilung der Lage. Diese wird laufend erhoben, fortgeschrieben und ständig analysiert. Einsätze, wie z. B. aus Anlass eines Terroranschlags , werden in der Polizei Niedersachsen ausgewertet, detailliert betrachtet und Optimierungspotenziale (u. a. für Ausstattungen) identifiziert. Dazu gehörte auch der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016, aus dem auf dieser Basis keine neuerlichen Ausstattungsbedarfe festzustellen waren. Im Übrigen siehe Vorbemerkungen. (Ausgegeben am 31.03.2017) Drucksache 17/7696 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7500 Rüstet Niedersachsens Polizei wirklich auf? Anfrage der Abgeordneten Thomas Adasch und Angelika Jahns (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport