Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7910 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7804 - Rückfallquote von Straftätern Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 30.03.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 10.04.2017 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung vom 24.04.2017, gezeichnet Antje Niewisch-Lennartz Vorbemerkung der Abgeordneten Am 11.03.2017 berichtete die Nordwest-Zeitung darüber, dass die Landesregierung über keine aussagefähigen Daten bezüglich der Rückfallquote von Straftätern verfügt. Vorbemerkung der Landesregierung Die im Artikel der Nordwest-Zeitung vom 11.03.2017 verkürzt wiedergegebene Aussage von Frau Justizministerin Niewisch-Lennartz bezog sich darauf, dass vorhandene Daten keine aussagekräftigen Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der Resozialisierungsarbeit im Justizvollzug zulassen. Um Erkenntnisse zur Wirksamkeit des Justizvollzugs zu erlangen, hat die Niedersächsische Landesregierung gemeinsam mit der Landesregierung Hessen in einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe ein Konzept entwickelt, in dem ausgewählte Indikatoren und Variablen, die zur Messung der Wirksamkeit herangezogen werden, beschrieben sind, und in dem der Prozess der Erfassung und Auswertung festgelegt ist. Nach den Vorschlägen der Arbeitsgruppe wurde das „Messinstrument der Wirksamkeit des Strafvollzuges“ (MeWiS) in einem Pretest wie folgt eingesetzt: Bei Beginn und am Ende der Strafhaft wurde bei Gefangenen der Eingangs- bzw. Ausgangsstatus in den Bereichen Arbeitsmarktfähigkeit, soziale Integration, Verhalten und Einstellung ermittelt und dokumentiert. Aus dem Vergleich zwischen Eingangs- und Ausgangsstatus ergibt sich der Entwicklungsfortschritt . Dieser wiederum kann im Zusammenhang mit verschiedenen Hintergrundvariablen und den Informationen über die durchgeführten Behandlungsmaßnahmen Auskünfte und Hinweise über die Wirkung der Maßnahmen und/oder den Bedarf nach zusätzlichen oder anderen Behandlungsmaßnahmen erteilen. Der Pretest durch zwei niedersächsische Justizvollzugsanstalten ist mittlerweile abgeschlossen, die Ergebnisse werden derzeit ausgewertet. Zur Erhebung der „Rückfälligkeit“ hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz insgesamt drei bundesweite Untersuchungen in Auftrag gegeben. Die Untersuchungen wurden für einen Erhebungszeitraum von neun aufeinanderfolgenden Jahren von einem Forscherteam der Universität Göttingen und der Max-Planck-Gesellschaft e. V. durchgeführt. In drei Erhebungswellen wurde überprüft, ob Personen, die im jeweiligen Bezugsjahr (2004, 2007, 2010) verurteilt oder aus der Haft entlassen wurden, während der folgenden mindestens drei Jahre erneut straffällig wurden. Dies geschah auf Grundlage der Daten des Bundeszentralregisters und des Erziehungsregisters. Ausgewertet wurden hierzu sämtliche bundesweite Daten in dem jeweiligen Bezugsjahr zur Rückfallhäufigkeit im Hinblick auf Deliktsart, Sanktionsart und -höhe, Vorstrafen, Alter und Geschlecht der Sanktionierten. Mit dem über 300 Seiten umfassenden Abschlussbericht aus dem Jahr 2016 zur dritten Welle liegt nun auch das Ergebnis der Untersuchung für das Bezugsjahr 2010 mit der Betrachtung des möglichen Ruckfallzeitraums bis zum Jahr 2013 vor. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7910 2 Die Universität Göttingen hat im Auftrag des Justizministeriums die ersten beiden Untersuchungen landesspezifisch ausgewertet. Eine landesspezifische Auswertung ist auch für die dritte Untersuchung vorgesehen. Eine valide Aussage zur „Rückfälligkeit“ kann auch anhand der o. g. Untersuchung nur in spezifischen Zusammenhängen getroffen werden. Die Vermeidung von Rückfälligkeit entlassener Straftäter im Rahmen einer erfolgreichen Wiedereingliederung ist als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu betrachten. Im Hinblick auf die Bewertung von Rückfallraten nach freiheitsentziehenden Sanktionen oder Maßregeln ist daher zu berücksichtigen , dass das Ausmaß der Rückfälligkeit nicht nur vom Geschlecht, dem Alter, der strafrechtlichen Vorbelastung und von den Unterbringungszeiten und Resozialisierungsleistungen im Vollzug, sondern maßgeblich auch von den Resozialisierungsleistungen des Ambulanten Justizsozialdienstes, der Anlaufstellen der Freien Straffälligenhilfe, der JobCenter und der Agenturen für Arbeit sowie anderer Institutionen und Organisationen und letztlich dem sozialen Umfeld und den Lebensbedingungen und -ereignissen abhängt. Die Verhinderung von Rückfälligkeit gelingt zudem umso besser, je höher die Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit der bzw. des Verurteilten ist. Das Ausmaß der Rückfälligkeit nach Sanktionen, wie sie mit Daten des Bundeszentralregisters (BZR) als wichtigster Quelle gemessen wird, hängt überdies von der Festlegung des Rückfallzeitraums und der Rückfallart ab. Je länger der Rückfallzeitraum nach der Sanktion gewählt wird, desto höher ist die Rückfallrate. Zudem ist die Rückfälligkeit höher, wenn jede erneute Verurteilung als Rückfall gewertet wird. 1. Warum wurden bislang keine aussagefähigen Daten bezüglich der Rückfallquote von Straftätern gesammelt? Siehe Vorbemerkungen. 2. Beabsichtigt die Landesregierung, diese Daten noch in dieser Wahlperiode zu erheben ? Siehe Vorbemerkungen. 3. Falls nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkungen. (Ausgegeben am 27.04.2017) Drucksache 17/7910 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7804 Rückfallquote von Straftätern Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums