Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7926 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7648 - Welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung angesichts eines eventuellen Wolfshybriden im Goldenstedter Moor? Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephan Siemer, Frank Oesterhelweg, Volker Meyer, Karl- Heinz Klare, Martin Bäumer und Ernst-Ingolf Angermann (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 22.03.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 27.03.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 28.04.2017, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Einem Artikel der Oldenburgischen Volkszeitung vom 03.03.2017 zufolge beschäftigt sich eine Gerichtsmedizinerin aktuell mit einem Wolfspaar in den Landkreisen Vechta und Diepholz. Angeblich handelt es sich bei einem der Raubtiere um einen Hybriden, also eine Mischung aus Wolf und Hund. Die beiden Tiere wurden bereits mehrfach auf dem Gelände der BTR-Logistik in Rehden gesichtet . Bei einem der Tiere handelt es sich um den sogenannten Goldenstedter Wolf. Dieser ist in der Vergangenheit vermehrt durch sein untypisches Verhalten aufgefallen. Er hat Nutztiere gerissen, große Zäune ohne Mühen überwunden und sich sogar schon dem Goldenstedter Waldkindergarten genähert ; alles typische Verhaltensweisen für Hybride, nicht aber für reinrassige Wölfe. Die Aufnahmen der Wildkameras auf dem Gelände der BRT-Logistik in Rehden belegen die unterschiedlichen Größen der beiden Tiere. Die Goldenstedter Naturfreunde haben aufgrund dessen beim Genetik-Institut For-Gen aus Hamburg eine Spezies-Bestimmung der aufgefundenen Haare in Auftrag gegeben. Die Assoziationsanalyse hat ergeben, dass zu 52,8 % ein Mollooser, wie beispielsweise ein kaukasischer Schäferhund, enthalten sei und nur zu 42,5 % ein Wolf aus der baltischen Population. Nach Auffassung der geprüften Fachabstammungsgutachterin der Deutschen Gesellschaft für Abstammungsbegutachtung, Team For-Gen Hamburg, handelt es sich nicht um einen reinrassigen Wolf, sondern um eine Mischung. Eine Verpaarung von Wölfen mit frei lebenden Hunden sei, so die Forensikerin, durchaus möglich. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Bei den auf dem Gelände der Transportfirma gesichteten Tieren handelt es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um die sogenannte Goldenstedter oder Barnstorfer Wölfin und den neu hinzugekommenen Rüden, der aus dem Rudel in der Ueckermünder Heide in Mecklenburg-Vorpommern stammt. Dass weibliche Tiere kleiner sind als männliche, ist bei Wölfen, wie bei anderen Hundeartigen auch, sehr häufig zu beobachten. Die Möglichkeit der Verpaarung von Wolf und Hund besteht Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7926 2 grundsätzlich immer, da beide der gleichen Art angehören. Weder das genetische Wolfsmonitoring noch das umfangreiche Bildmaterial, das in das Monitoring eingeht, zeigen Anzeichen auf eine Verpaarung eines wild lebenden Wolfs mit einem Haushund in Niedersachsen. Wie bereits in früheren Antworten auf Kleine Anfragen betont, weist das Verhalten der sogenannten Goldenstedter Wölfin keine Auffälligkeiten oder Abweichungen von der Normalität auf. Das Reißen von Nutztieren, wenn diese von ihren Haltern nicht gegen Angriffe großer Beutegreifer geschützt werden, liegt noch innerhalb des natürlichen Verhaltensspektrums. Dass von dieser Wölfin Zäune überwunden wurden, hat eine Aufwertung der Wolfsabwehr durch den betroffenen Nutztierhalter zur Folge gehabt, weitere Übergriffe haben danach bei diesem Halter nicht mehr stattgefunden. Dass ein Wolf sich menschlichen Strukturen wie Bauten, Bauwagen (wie im Fall des Waldkindergartens ) oder Fahrzeugen nähert, lässt in unserer dicht besiedelten Landschaft keine alleinigen Rückschlüsse auf das Verhalten zu; für den Wolf sind das Bestandteile seines Lebensraumes ohne besondere Bedeutung. Die Schlussfolgerung aus den Vorbemerkungen der Landtagsabgeordneten , dass dies „typische“ Verhaltensweisen für Wolfshybride seien, nicht aber für „reinrassige“ Wölfe , ist unwissenschaftlich und falsch. Zu den in den Vorbemerkungen der Abgeordneten dargestellten Haaranalysen ist festzustellen, dass auf der Basis solcher Haarproben kein Rückschluss auf ein bestimmtes Tier möglich ist. Jedermann kann jederzeit und überall Haare einsammeln und diese von einem Institut seiner Wahl genetisch analysieren lassen. Die Ergebnisse einer solchen Analyse sind allerdings relativ wertlos, da erstens nicht sichergestellt werden kann, dass diese Haare von einem bestimmten Tier stammen und zweitens einem privaten Labor die entsprechenden Referenzproben der hiesigen Wolfspopulationen nicht zum Abgleich zur Verfügung stehen. Um die Untersuchungen der genannten Forensikerin validieren zu können, müsste ein Abgleich ihrer Ergebnisse mit den Referenzproben des Senckenberg-Instituts erfolgen. Einfacher wäre es, Teile der Haar-Rückstellproben - die nach Guter Laborpraxis (GLP) bei der genannten Forensikerin vorhanden sein müssten - im Rahmen des Wolfsmonitorings beim Senckenberg-Institut analysieren zu lassen. Dafür ist jedoch auch eine nachvollziehbare Dokumentation über deren Herkunft und die Identität der Sammler notwendig . 1. Ist der Landesregierung die genannte Analyse des For-Gen-Instituts Hamburg bekannt? Wenn ja, wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse? Nein. Zur Bewertung wird auf die Vorbemerkungen der Landesregierung verwiesen. 2. Geht von einem hybriden Wolf eine größere Gefahr aus als von einem reinrassigen Wolf? Falls ja, wo liegen die Unterschiede? Diese Frage kann nicht mit ja oder nein beantwortet werden. Allein das Vorhandensein von Haushund -Genen macht ein Tier nicht gefährlicher, zumal wenn keinerlei Aussage über den Anteil derselben gemacht werden kann. Grundsätzlich hat im Zuge der Domestikation auch genetisch beim Haushund eine starke Anpassung an den Menschen stattgefunden, die es dem Hund ermöglicht, menschliches Verhalten richtig zu interpretieren. Entscheidend für das Verhältnis zum Menschen ist aber die Sozialisation - nur wenn Hunde von klein auf Kontakt zu Menschen hatten, entwickeln sie Vertrauen zu diesen. In menschlicher Obhut gezüchtete Mischungen von Wolf und Hund sind oft sehr ängstlich und scheu, sie sind sehr viel selbstständiger und sehr schwer oder gar nicht abzurichten. Wachsen Wolf-Hund-Mischlinge in Freiheit, als „Wölfe“, auf, ist zu erwarten, dass sie sich auch wie Wölfe verhalten, denn eine Sozialisierung mit dem Menschen hat dann nicht stattgefunden. Dies war auch bei dem bisher einzigen bekannten Fall einer Verpaarung von Wolf und Hund in freier Wildbahn 2003 in Sachsen so. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7926 3 3. Welche Schritte unternimmt die Landesregierung, um Mensch und Tier vor einer zusätzlichen Gefahr zu schützen, die von einem Hybriden ausgeht? Sollte in freier Wildbahn in Niedersachsen nachweislich eine Einkreuzung von Haushunden eintreten , ist geplant, die Mischlinge der Natur in jedem Fall zu entnehmen, sobald amtlich abgeklärt ist, dass es sich tatsächlich um Hybride handelt. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 3, 5 und 26 der Drs. 17/6280 verwiesen. 4. Wird die Landesregierung den Goldenstedter Wolf besendern und bei dieser Gelegenheit eine DNA-Probe nehmen, um zu klären, ob es sich hier um einen reinrassigen Wolf oder einen Hybriden handelt? Es ist geplant, Tiere aus verschiedenen niedersächsischen Rudeln zu besendern. Welche Individuen davon betroffen sein werden, kann nicht vorher festgelegt werden. Es können nur die Territorien bestimmt werden, in denen versucht werden soll, einen Wolf zu fangen und zu besendern. Jedem gefangenen Wolf wird auch eine Blutprobe entnommen; neben dem Gesundheitscheck dient diese auch der genetischen Typisierung. Auch ohne Fang konnte die genetische Typisierung der Goldenstedter Wölfin und des Rüden im Raum Diepholz-Vechta anhand von Kot- und Speichelproben bereits vorgenommen werden. Bei beiden Individuen und auch deren Eltern, die ebenfalls bereits typisiert sind, gibt es keinerlei Hinweise auf rezente Hybridisierung mit Haushunden. 5. Wie ist die weitere Vorgehensweise der Landesregierung in Bezug auf den Goldenstedter Wolf, wenn es sich um einen Hybriden handelt? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. (Ausgegeben am 02.05.2017) Drucksache 17/7926 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7648 Welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung angesichts eines eventuellen Wolfshybriden im Goldenstedter Moor? Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephan Siemer, Frank Oesterhelweg, Volker Meyer, Karl-Heinz Klare, Martin Bäumer und Ernst-Ingolf Angermann (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz