Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7939 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7700 - Wie gefährlich sind E-Zigaretten? Anfrage der Abgeordneten Uwe Schwarz, Marco Brunotte, Holger Ansmann, Immacolata Glosemeyer, Dr. Christos Pantazis, Thela Wernstedt (SPD) an die Landesregierung, eingegangen am 30.03.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 03.04.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 28.04.2017, gezeichnet In Vertretung Jörg Röhmann Vorbemerkung der Abgeordneten Bereits 2004 sind elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) auf den deutschen Markt gekommen. Bei elektronischen Zigaretten werden sogenannte Liquids verdampft, die von der Raucherin oder dem Raucher anschließend inhaliert werden. Die Hauptbestandteile der Liquids sind Propylenglykol, Wasser, pflanzliches Glyzerin, Nikotin, Ethanol und häufig verschiedene Aromastoffe. Es gibt allerdings auch Liquids, die ohne Nikotin erhältlich sind. Aufgrund der vielen verschiedenen Aromastoffe , die den Liquids zugemischt werden können, sind diese besonders bei Jugendlichen beliebt. Langjährige Studien über die Schädlichkeit der E-Zigarette liegen noch nicht vor. Laut www.rauchfrei-info.de gibt es jedoch bereits Erkenntnisse dazu, dass bereits wenige Züge an einer E-Zigarette zu Atemwegseinengungen, Absinken des Stickoxidgehalts in der ausgeatmeten Luft sowie zu Reizungen in Rachen und Mundraum führen. Die amerikanische Kontrollbehörde Food and Drug Administration habe außerdem krebserregende Stoffe, wie z. B. Nitrosamine, nachgewiesen . Seit dem 01.04.2016 dürfen E-Zigaretten und die dazugehörigen Liquids nicht mehr an Jugendliche unter 18 Jahren verkauft werden. Befürworter von E-Zigaretten sind der Meinung, dass diese langjährigen Rauchern beim Aufhören helfen können. Kritiker sind jedoch der Ansicht, dass E-Zigaretten weitaus schädlicher sind. Vorbemerkung der Landesregierung E-Zigaretten sind mit Tabakerzeugnissen verwandte Erzeugnisse, in denen eine Flüssigkeit durch elektrische Erhitzung verdampft und vom Konsumenten inhaliert wird. Zu den E-Zigaretten zählen auch sogenannte E-Shishas, E-Zigarren und E-Pfeifen. Sie sind jeweils als Einweg- oder nachfüllbare Produkte verfügbar und können sowohl nikotinhaltige als auch nikotinfreie Flüssigkeiten enthalten . Wie viele Menschen E-Zigaretten nutzen, ist schwer zu bestimmen, insbesondere weil nur näherungsweise nach einmaligem und regelmäßigem Konsum unterschieden werden kann, letzterer aber kaum zu quantifizieren ist. Nach Angaben der Wirtschaft1 nutzen in Deutschland rund 3 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher die E-Zigarette. Eine aktuelle Studie (Eichler M, Blettner M, Singer S: The use of e-cigarettes - a population-based cross-sectional survey of 4002 individuals in 2016. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 847-54.) hat nach Befragungen hochgerechnet und kommt auf etwa 1 Million Verbraucherinnen und Verbraucher, die die E-Zigarette regelmäßig nut- 1 Quelle: Daten & Fakten zur E-Zigarette, Juni 2016, Verband des eZigaretten-Handels, S. 13 (Stand 2015) Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7939 2 zen. Von dieser Zahl ausgehend dürfte unter Hinzuzählung der unregelmäßigen bzw. sporadischen Nutzung die Annahme von bis zu etwa 3 Millionen Nutzerinnen und Nutzern realistisch sein. Prognosen gehen von weiter ansteigenden Zahlen der Nutzerinnen und Nutzer aus. In der öffentlichen Diskussion wird die E-Zigarette kontrovers bewertet. Während Kritikerinnen und Kritiker auf gesundheitliche Gefahren des Konsums verweisen, führen Befürworterinnen und Befürworter die Möglichkeiten zur Raucherentwöhnung an. Spezielle gesetzliche Regelungen für E-Zigaretten bestehen in Deutschland seit dem Jahr 2016. In Umsetzung der RL 2014/40/EU (EU-Tabakproduktrichtlinie) wird die nikotinhaltige E-Zigarette seit dem 20.05.2016 im Tabakrecht (Tabakerzeugnisgesetz und Tabakerzeugnisverordnung) geregelt. Für die nikotinfreie E-Zigarette ist das Produktsicherheitsrecht anzuwenden. Seitens des Bundes ist geplant, auch diese Erzeugnisse im Tabakrecht zu regeln. Für nikotinhaltige E-Zigaretten gelten verschiedene Anforderungen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher und von Kindern und Jugendlichen. So wird der Nikotingehalt begrenzt, die zu verdampfenden Flüssigkeiten müssen kindersicher verschlossen sein und bestimmte Inhaltsstoffe sind verboten. 1. Liegen Erkenntnisse vor, dass das Inhalieren von verdampften Liquids gesünder ist als das Einatmen des Rauchs herkömmlicher Zigaretten? E-Zigaretten sind kein gesundheitlich unbedenkliches Produkt. Allerdings findet bei E-Zigaretten kein Verbrennungsvorgang statt. Die bekannten charakteristischen krebserzeugenden Verbrennungsprodukte und Substanzen, wie sie beim Tabakrauchen entstehen, kommen - mit wenigen Ausnahmen - bei E-Zigaretten nicht vor. Zu berücksichtigen ist, dass es sich bei der E-Zigarette um ein vergleichsweise neues Produkt handelt und die mittel -bis langfristigen Folgen eines dauerhaften und häufigen Konsums noch unklar sind. Aufgrund der großen Produktvielfalt ist zudem eine allgemein gültige Risikobewertung schwierig. So ist bekannt, dass einige Methoden des Dampfens wie z. B. das sogenannte „Direct Dripping“, bei dem wenige Tropfen des Liquids direkt auf den Verdampfer gegeben werden, zu besonders hohen Schadstoffbelastungen führen. 2. Sind in dem erzeugten Dampf der Liquids giftige oder gefährliche Stoffe erhalten? E-Zigaretten enthalten gesundheitlich bedenkliche Stoffe. Die verdampfbaren Flüssigkeiten bestehen aus einem Gemisch aus Chemikalien. Hauptbestandteile sind ein Verdampfungsmittel (Propylenglykol oder Glycerin), Aromen und zumeist Nikotin. Propylenglycol kann zu Reizungen der oberen Atemwege führen und die Lungenfunktion beeinträchtigen. Manche der verwendeten Aromastoffe können als Kontaktallergen wirken. Nikotin kann süchtig machen, die Thromboseneigung erhöhen, chronische Erkrankungen begünstigen und steht im Verdacht, Krebs zu erzeugen. Im Dampf einiger E-Zigaretten konnten kanzerogene Stoffe, wenn auch in geringer Menge, festgestellt werden. Weiterhin gibt es einzelne Hinweise darauf, dass beim Verdampfen der Liquids krebserregende Substanzen wie Formaldehyd, Acetaldehyd und Acrolein, die auch im Tabakrauch auftreten, entstehen können, wobei eine starke Erhitzung der Liquids die Menge der entstehenden Schadstoffe erhöht. Letzterem kann durch technische Maßnahmen entgegen gewirkt werden. 3. Ist eine E-Zigarette für Passivdampfer ebenso gefährlich wie das Passivrauchen? Da beim Dampfen von E-Zigaretten keine Tabakverbrennung stattfindet (siehe Frage 1), sind die durch die Verbrennung entstehenden Schadstoffe im Dampf der E-Zigaretten nicht anzutreffen. Bei der E-Zigarette wird zudem nur Dampf erzeugt, wenn die E-Zigarette durch Ziehen am Mundstück oder Tastendruck aktiviert wird. Allerdings enthält der Dampf feine und ultrafeine Flüssigkeitspartikel, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie die Gesundheit beeinträchtigen können. Es finden sich im Aerosol auch krebserregende Substanzen wie Formaldeyd, Acetaldehyd und Acrolein, die in der Raumluft nach- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7939 3 weisbar sind, allerdings in geringen Einzelkonzentrationen. Bei nikotinhaltigen E-Zigaretten konnte auch Nikotin in der Raumluft nachgewiesen werden. Eine belastbare Einschätzung, ob Passivdampfen ebenso gefährlich ist wie Passivrauchen, ist derzeit nicht möglich, weil hierzu Forschungsergebnisse fehlen. Die Innenraumraumhygienekommission des Umweltbundesamtes kommt zu dem Ergebnis, dass das Passivdampfen die Gesundheit von Dritten gefährden kann. Sie empfiehlt, die Bestimmungen und Beschränkungen, die für herkömmliches Tabakrauchen gelten, auch für E-Zigaretten anzuwenden. Sie weist allerdings auch daraufhin, dass das genaue Ausmaß der Gefährdung bislang nicht eindeutig geklärt ist. 4. Helfen E-Zigaretten nachweislich bei der Rauchentwöhnung? Für eine fundierte Bewertung fehlen bislang zuverlässige Daten. Es gibt dazu Studienkonzepte; der Stand der Forschung ermöglicht derzeit aber keine belastbare Antwort. 5. Gibt es Überlegungen, die E-Zigarette zu verbieten? Für diese Frage relevante Vorschriften zur E-Zigarette finden sich im Bundesrecht. Überlegungen des Bundes, die E-Zigarette zu verbieten, sind nicht bekannt. Ein generelles Verbot der E-Zigarette würde gegen europäisches Recht (EU-Tabakproduktrichtlinie) verstoßen. 6. Könnte die Abgabe von Liquids, vergleichbar mit dem Tabak, über das Nichtraucherschutzgesetz geregelt werden? Die Abgabe von Liquids könnte nicht über das Niedersächsische Nichtraucherschutzgesetz geregelt werden (Nds. NiRSG vom 12.07.2007, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Änderungsgesetzes zum Nds. NiRSG vom 10.12.2008). Mit dem Nds. NiRSG wird in Niedersachsen ein umfassender Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens gewährleistet und nicht die Abgabe von Erzeugnissen geregelt. Das Gesetz richtet sich ausschließlich auf die Gefahren, die vom Tabakrauchen (das Anzünden, das Am-Brennen-Halten und das Abbrennen-Lassen von Tabakwaren) ausgehen. Der Bund hat 2016 die Abgabe von E-Zigaretten infolge der Umsetzung des europäischen Rechts im Tabakrecht geregelt. (Ausgegeben am 03.05.2017) Drucksache 17/7939 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7700 Wie gefährlich sind E-Zigaretten? Anfrage der Abgeordneten Uwe Schwarz, Marco Brunotte, Holger Ansmann, Immacolata Glosemeyer, Dr. Christos Pantazis, Thela Wernstedt (SPD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung