Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/7997 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7806 - Vogelschutz bei der Windenergieanlagengenehmigung - Urteil zur Gültigkeit des „Helgoländer Papiers“ Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 30.03.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 10.04.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 05.05.2017, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat im März 2016 (BayVGH 17.03.2016, Az. 22 B 14.1875 und 22 B 14.1876) das „Helgoländer Papier“ für rechtsverbindlich für die Genehmigungspraxis von Windenergieanlagen erklärt. Vorbemerkung der Landesregierung Die Länderarbeitsgemeinschaft der Staatlichen Vogelschutzwarten (LAG VSW) hatte 2007 „Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten“, auch als „Helgoländer Papier“ bekannt, veröffentlicht. Die Empfehlungen basieren auf der Annahme, dass Kollisionen von schlagopfergefährdeten Vogelarten mit Windenergieanlagen vor allem durch geeignete Standortwahl vermieden werden können. Dies bedeutet , dass Windenergieanlagen nur in einem ausreichenden Abstand zu den bevorzugten Aufenthaltsorten von Vögeln (z. B. Brutplätze) bzw. häufig frequentierten Flugkorridoren errichtet werden sollen. 2011 hatte die LAG VSW mit einer grundlegenden Überarbeitung der Abstandsempfehlungen (2007) begonnen. Damit war vor allem das Ziel verbunden, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen und artspezifisch aufzuarbeiten. 2015 wurde die Überarbeitung der Abstandsempfehlungen durch die LAG VSW abgeschlossen und veröffentlicht. 1. Sieht die Landesregierung das o. g. Urteil zur Gültigkeit des „Helgoländer Papiers“ im Rahmen von Genehmigungsverfahren auch für Niedersachsen als relevant und verbindlich und, wenn nein, warum nicht? Das o. g. Urteil betrifft einen Rechtsstreit im Freistaat Bayern. Somit kann es auch nur Bindungswirkung zur Regelung des diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Einzelfalls haben und nicht für Genehmigungsverfahren in Niedersachsen verbindlich sein. Im Übrigen basiert das Urteil nicht auf der Aussage, dass das „Helgoländer Papier für die Genehmigungspraxis von Windenergieanlagen rechtsverbindlich sei“, sondern lediglich, dass die „Abstandsempfehlungen 2015“ des aktualisierten „Helgoländer Papiers“ an die Stelle der Abstandsempfehlungen des zum Zeitpunkt des Urteils noch gültigen bayrischen Windenergieerlasses vom 20.12.2011 getreten seien. Es habe sich insoweit ein „hiervon abweichender, allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt“. Diese Auffassung widerspricht den Ausführungen des OVG Lüneburg in seinem Beschluss vom 16.11.2016 - 12 ME 132/16, Rn. 75. Unter Verweis auf ein Rechtsgutachten heißt es dort, dass die Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/7997 2 Abstandsempfehlungen des „Helgoländer Papiers“ sich „keineswegs als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt“ hätten. Für die niedersächsische Verwaltungspraxis können diese Bewertungen dahingestellt bleiben. Maßgeblich ist hier der Windenergieerlass vom 24.02.2016 nebst Leitfaden Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung (Anlage 2), welcher in Anlehnung an die „Abstandsempfehlungen 2015“ die relevanten Vogelarten und Prüfradien für die artenschutzrechtlichen Sachverhaltsermittlungen und -feststellungen festlegt. 2. Sieht die Landesregierung den Schutz bedrohter Tierarten durch den Windkrafterlass als ausreichend definiert an, und woran macht sie das, auch angesichts des Urteils des BayVGH, fest? Die Landesregierung sieht den Schutz bedrohter Tierarten durch den Windenergieerlass als ausreichend definiert an. Aus dem Leitfaden zum Artenschutz (Anlage 2 zum Windenergieerlass) ergibt sich eine Konkretisierung der Anforderungen und Pflichten in Bezug auf den Artenschutz bei der Planung und Errichtung von Windenergieanlagen. Der Leitfaden ist von den Genehmigungsbehörden verbindlich anzuwenden. Der Leitfaden zum Artenschutz berücksichtigt in Bezug auf Angaben zu windsensitiven Vogelarten und empfohlenen Untersuchungsradien die Aussagen des novellierten „Helgoländer Papiers“. Es sind alle windsensitiven Brut- und Rastvogelarten in den Leitfaden übernommen worden, so sie auch in Niedersachsen auftreten. Umgekehrt sind windsensitive Vogelarten des „Helgoländer Papiers “ dann nicht in den Leitfaden übernommen worden, wenn sie in Niedersachsen nicht vorkommen . Der Leitfaden enthält auch Angaben zu windsensitiven Fledermausarten. 3. Wird die Landesregierung Konsequenzen aus dem Urteil des BayVGH ziehen? Wenn ja, welche, und, wenn nein, weshalb nicht? Siehe Antworten zu den Fragen 1 und 2. (Ausgegeben am 09.05.2017) Drucksache 17/7997 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7806 Vogelschutz bei der Windenergieanlagengenehmigung - Urteil zur Gültigkeit des „Helgoländer Papiers“ Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz