Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8036 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7855 - Nicht individualisierte Funkzellenabfragen Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 06.04.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 12.04.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 10.05.2017, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Im Zuge der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung von Abgeordneten der FDP-Landtagsfraktion „Wie viele nicht individualisierte Funkzellenabfragen gab es?“ (Drucksache 17/7626) ergeben sich weitere Fragen. 1. Welchen Kosten entstanden durch Funkzellenabfragen für das Land Niedersachsen (bitte aufschlüsseln nach Jahren [2013 bis 2016] und Behörde)? Nach Berichterstattung des Landeskriminalamtes Niedersachsen ergaben sich folgende Kosten1: Jahr 2013 Jahr 2014 Jahr 2015 Jahr 2016 Behörde PD Lüneburg 108 774,40 € 117 496,40 € 188 289,60 € 194 248,00 € PD Göttingen 48 572,00 € 72 347,20 € 126 825,60 € 110 016,00 € PD Osnabrück 93 177,60 € 125 396,00 € 194 136,00 € 189 840,00 € PD Oldenburg 86 588,80 € 126 726,40 € 172 608,00 € 170 617,60 € PD Hannover 51 795,20 € 97 470,00 € 162 379,20 € 127 752,00 € PD Braunschweig 35 921,60 € 69 947,20 € 130 014,40 € 109 806,40 € LKA NI 803,20 € 4 113,60 € 1 632,00 € 7 873,60 € gesamt 425 632,80 € 613 496,80 € 975 884,80 € 910 153,60 € 2. Wie viele Verkehrsdatensätze sind jeweils an die Behörde übermittelt worden (bitte aufschlüsseln nach Jahren [2013 bis 2016])? Nach Berichterstattung des Landeskriminalamtes Niedersachsen betrug die Anzahl der Antwortdateien zu Funkzellenabfragen: Jahr 2013 Jahr 2014 Jahr 2015 Jahr 2016 Behörde Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl PD Lüneburg 10 026 17 350 12 649 11 266 PD Göttingen 3 962 6 254 9 804 11 080 PD Osnabrück 7 017 10 622 11 293 11 383 PD Oldenburg 6 786 12 853 12 879 13 637 1 In den vorangestellten Kosten sind keine ggf. anfallenden Mahngebühren oder ggf. verhandelten Rückerstattungen o. ä. enthalten. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8036 2 Jahr 2013 Jahr 2014 Jahr 2015 Jahr 2016 Behörde Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl PD Hannover 4 897 13 427 18 556 8 209 PD Braunschweig 2 773 7 747 8 147 11 431 LKA NI 534 67 237 2471 3. Wie viele Telekommunikationsanschlüsse waren jeweils betroffen (bitte aufschlüsseln nach Jahren [2013 bis 2016])? Die seitens der polizeilichen Sachbearbeitung und der Staatsanwaltschaften erwirkten Beschlüsse der Amtsgerichte werden über das Landeskriminalamt Niedersachsen an die verpflichteten deutschen Mobilfunknetzbetreiber übermittelt. Die Ergebnisse der Datenerhebung werden von den Netzbetreibern in digitaler Form über das System der „Elektronischen Schnittstelle Behörde“ übermittelt . Die von den Netzbetreibern übermittelten Originalmeldungen werden auf Datenträgern gesichert und zur jeweiligen Ermittlungsakte genommen; nach Abschluss der Ermittlungen werden diese Datenträger als Teil der Ermittlungsakten an die jeweilige Staatsanwaltschaft abgegeben. Eine Speicherung der von der Datenerhebung betroffenen Anzahl der Telekommunikationsanschlüsse bei der Polizei erfolgt nicht; diesbezügliche Statistiken werden nicht geführt. Insofern wären manuelle Einzelauswertungen der jeweiligen und größtenteils abgeschlossenen Ermittlungsakten aus den Jahren 2013 bis 2016 notwendig. Damit wäre ein Arbeitsaufwand verbunden, der ohne Zurückstellung der eigentlichen Aufgaben der Polizei und Staatsanwaltschaft nicht möglich wäre und zudem im Rahmen der Beantwortung einer kleinen Anfrage nicht geleistet werden kann. 4. Wurden im Anschluss an nicht-individualisierte Funkzellenabfragen Anschlussinhaber mithilfe von Bestandsdatenabfragen identifiziert? Wenn ja, wie viele (bitte aufschlüsseln nach Jahren [2013 bis 2016])? Sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es sich bei Rufnummern um tätergenutzte Mobilfunkendgeräte handelt, werden regelmäßig entsprechende Bestandsdatenabfragen durchgeführt. Diesbezügliche Statistiken werden nicht geführt. Insofern wären zu allen Bestandsdatenabfragen manuelle Einzelauswertungen der jeweiligen und größtenteils abgeschlossenen Ermittlungsakten aus den Jahren 2013 bis 2016 notwendig. Damit wäre ein Arbeitsaufwand verbunden, der ohne Zurückstellung der eigentlichen Aufgaben der Polizei und der Staatsanwaltschaft nicht möglich wäre und zudem im Rahmen der Beantwortung einer kleinen Anfrage nicht geleistet werden kann. 5. Bei welchen Straftaten wurden Funkzellenabfragen eingesetzt (bitte aufschlüsseln nach Jahren [2013 bis 2016], Anzahl der Abfragen und den Straftatbeständen)? Funkzellenabfragen sind gemäß § 100 g Abs. 2 Satz 2 Strafprozessordnung nur zulässig bei Straftaten von erheblicher Bedeutung und nur dann, wenn die Erforschung des Sachverhaltes oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Datenerhebung in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Eine Aufschlüsselung für den angefragten Zeitraum nach Anzahl und Straftatbeständen ist im polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem NIVADIS nicht recherchierbar. Insofern wären zu allen Bestandsdatenabfragen manuelle Einzelauswertungen der jeweiligen und größtenteils abgeschlossenen Ermittlungsakten aus den Jahren 2013 bis 2016 notwendig. Damit wäre ein Arbeitsaufwand verbunden, der ohne Zurückstellung der eigentlichen Aufgaben der Polizei und der Staatsanwaltschaft nicht möglich wäre und zudem im Rahmen der Beantwortung einer kleinen Anfrage nicht geleistet werden kann. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8036 3 6. In wie vielen Verfahren konnten durch die Funkzellenabfragen neue Ermittlungsanhalte gewonnen werden (bitte aufschlüsseln nach Jahren [2013 bis 2016])? Eine detaillierte Darstellung von Verfahren, bei denen durch eine Funkzellenabfrage neue Ermittlungsinhalte gewonnen werden konnten, ist für den angefragten Zeitraum nur mittels einer manuellen Einzelauswertung der jeweiligen und größtenteils abgeschlossenen Ermittlungsakten aus den Jahren 2013 bis 2016 möglich. Damit wäre ein Arbeitsaufwand verbunden, der ohne Zurückstellung der eigentlichen Aufgaben der Polizei und der Staatsanwaltschaft nicht möglich wäre und zudem im Rahmen der Beantwortung einer kleinen Anfrage nicht geleistet werden kann. Allgemein ist davon auszugehen, dass in einer Vielzahl der geführten Verfahren, in denen Funkzellendaten erhoben worden sind, durch eine fachgerechte Analyse dieser Funkzellendaten weiterführende (be- und entlastende) Ermittlungsansätze gewonnen werden konnten. Beispielhaft wurden durch die Polizeibehörden u. a. folgende anonymisierte Sachverhalte mitgeteilt: Raub bzw. räuberische Erpressung: Mehrere Täter drangen gewaltsam in das Haus einer allein wohnenden älteren Frau ein. Da sie zunächst kein Bargeld fanden, warteten sie die Rückkehr der Frau ab. Das Opfer wurde überwältigt und beraubt. Die flüchtigen Täter konnten durch die Auswertung der Funkzellendaten festgestellt werden. Zudem wurde festgestellt, dass ein Bekannter des Opfers die Täter während der Tatausführung „lenkte“. Erpresserischer Menschenraub: Mehrere Täter drangen in die Wohnung des späteren Opfers ein fesselten und knebelten das Opfer und verbrachten dieses in ein Waldstück, wo es sich sein eigenes Grab schaufeln musste. Das Opfer wurde in das Loch gezwungen und überwiegend zugeschüttet , um so die Herausgabe eines hohen sechsstelligen Geldbetrages zu erzwingen. Da das Opfer die Forderung nicht erfüllen konnte, wurde dieses wieder ausgegraben und danach ausgesetzt . Mittels Auswertung der erhobenen Funkzellendaten konnten der mutmaßliche Auftraggeber und Haupttäter ermittelt werden; dieser wird aktuell mit internationalem Haftbefehl gesucht. Bundesweite Raubstraftatenserie auf Lebensmittelmärkte (43 Delikte); Im Dezember 2014 kam es in Hannover in einem Discounter zu einem Raubmord. Der Täter setzte bei der Tatausführung eine scharfe Schusswaffe ein. In mehreren Fällen wurden Schüsse auf Personen oder Sachen abgegeben . In Hannover wurde ein Opfer im Dezember 2014 durch zwei Schüsse tödlich verletzt. Vor dem Hintergrund der Ermittlungshypothese, dass der Täter die jeweiligen Tatorte im Vorfeld ausgekundschaftet hat, wurden gezielte Funkzellenauswertungen initiiert. Im Rahmen eines Schnittmengenabgleiches der Funkzellendaten wurde eine „eindeutige Seriennummer“ (IMEI) festgestellt , die an fünf Tatorten registriert wurde. Weitere Ermittlungen ergaben Bezüge zu acht Tatorten . Nach Lokalisierung des Mobilfunkendgerätes wurde der Täter festgenommen. 7. In wie vielen Verfahren haben die Daten der Funkzellenabfragen zu einer Verurteilung geführt (bitte aufschlüsseln nach Jahren [2013 bis 2016])? Justizielle Statistiken zu der Frage, in wie vielen Verfahren die Daten der Funkzellenabfragen zu einer Verurteilung geführt haben, werden nicht geführt. Die Beantwortung der Frage würde eine händische Einzelauswertung aller Verfahrensakten bei den niedersächsischen Staatsanwaltschaften für den Zeitraum 2013 bis 2016 erforderlich machen. Damit wäre ein Arbeitsaufwand verbunden, der ohne Zurückstellung der eigentlichen Aufgaben der Staatsanwaltschaften nicht möglich wäre und zudem im Rahmen der Beantwortung einer kleinen Anfrage nicht geleistet werden kann. (Ausgegeben am 11.05.2017) Drucksache 17/8036 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7855 Nicht individualisierte Funkzellenabfragen Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport