Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8037 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7803 - Remonstration von niedersächsischen Beamten? Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen, Christian Grascha und Jörg Bode (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 30.03.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 10.04.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 10.05.2017, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Beamtinnen und Beamte tragen laut § 36 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung. Sollten sie Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben, müssen sie diese unverzüglich auf dem Dienstweg geltend machen. „Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Vorgesetzte oder den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. Die Bestätigung hat auf Verlangen schriftlich zu erfolgen“ (§ 36 Abs. 2 BeamtStG). Vorbemerkung der Landesregierung Die Verwaltung ist an Gesetz und Recht gebunden (Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes). Diese Verpflichtung trifft nicht nur die Verwaltung als Organisation, sondern jede einzelne Beamtin und jeden einzelnen Beamten. Dies ergibt sich aus § 36 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG). Beamtinnen und Beamte tragen einerseits für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung, andererseits sind sie verpflichtet, dienstliche Anordnungen ihrer Vorgesetzen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG). Zwischen der Bindung der Beamtinnen und Beamten an die Weisungen ihrer Vorgesetzten und der persönlichen Verantwortung für die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen können Konflikte entstehen. Für diese Fälle sieht § 36 BeamtStG das Remonstrationsverfahren vor. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Vorgesetzte oder den nächst höheren Vorgesetzen zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen, sind aber von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nur dann nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt, strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar war. Beamtinnen und Beamte sind damit zur aktiven Mitwirkung an der Vermeidung von rechtsfehlerhaftem Verwaltungshandeln verpflichtet. Es wird ihnen aber zugleich ein Weg eröffnet, ihrer persönlichen Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8037 2 Verantwortung bei der Ausführung angeordneten rechtswidrigen dienstlichen Handelns zu entgehen . Remonstrationen können mündlich oder schriftlich erfolgen. Statistiken oder besondere Akten zu Remonstrationen werden nicht geführt. Remonstrationen oder Hinweise darauf werden insbesondere nicht zur Personalakte der oder des Remonstrierenden genommen. Wenn Remonstrationen aktenkundig werden, befinden sie sich in den Sachakten des Vorgangs, zu dem remonstriert wurde . Um mögliche, schriftlich fixierte Remonstrationen zu identifizieren, hätten alle Sachakten der unmittelbaren Landesverwaltung aus den Jahren 2013 bis 2017 manuell ausgewertet werden müssen . Im Hinblick auf den damit verbundenen immensen Verwaltungsaufwand wurde davon abgesehen , zumal die gewonnenen Fallzahlen im Hinblick auf die Fragestellung wegen der auch möglichen mündlichen Remonstrationen nur ein unvollständiges Bild aufzeigen würden. Die Antwort stützt sich daher auf Angaben der zuständigen Vorgesetzten nach deren Erinnerungen, soweit die Befragung im Hinblick auf die Kürze der für die Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit sowie die seit 2013 erfolgte Personalfluktuation möglich war. Hinsichtlich der geführten Disziplinarverfahren ist zu berücksichtigen, dass nach § 17 Abs. 1 des Niedersächsischen Disziplinargesetzes (NDiszG) ein Verwertungsverbot besteht. Bei weiteren Disziplinarmaßnahmen und sonstigen Personalmaßnahmen darf z. B. nach zwei Jahren ein Verweis und nach drei Jahren eine Geldbuße, eine Kürzung der Dienstbezüge und eine Kürzung des Ruhegehalts nicht mehr berücksichtigt werden. Eintragungen in der Personalakte über die Disziplinarmaßnahme sind nach Eintritt dieses Verwertungsverbots von Amts wegen zu entfernen und zu vernichten . Eine Abfrage konnte sich daher nur auf vorhandene (weil noch verwertbare) Daten beziehen . Der fachliche Austausch und die Diskussion von rechtlichen Einschätzungen zu bestimmten Sachverhalten gehören zum Alltag in der modernen Verwaltung. Insbesondere die offene Diskussion zwischen Beschäftigten und ihren Vorgesetzen ist Bestandteil der teamorientierten, auf Kommunikation angelegten Zusammenarbeit in der Landesverwaltung. Bloße Meinungsäußerungen oder das Äußern abweichender rechtlicher Auffassungen im Rahmen solcher Diskussionen stellen deshalb noch keine Remonstration im Sinne des Beamtenrechts dar. Die nachstehend aufgeführten Zahlen beziehen sich deshalb auf die Fälle, in denen sich die Beamtinnen und Beamten bewusst und gewollt für das Instrument der Remonstration gemäß § 36 BeamtStG entschieden haben. Nicht vom Remonstrationsrecht erfasst sind darüber hinaus Fälle, in denen für die Geltendmachung abweichender fachlicher oder rechtlicher Auffassungen besondere Regelungen bestehen, wie z. B. beim Widerspruchsrecht des Beauftragten für den Haushalt nach VV Nr. 5.4 zu § 9 der LHO. 1. Wie viele Remonstrationen wurden in den Ministerien und Behörden des Landes Niedersachsen in den Jahren 2013 bis 2017 registriert? In der Staatskanzlei, den Ministerien und deren nachgeordneten Behörden konnten im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 30. März 2017 32 Fälle ermittelt werden. 2. In wie vielen Fällen akzeptierten die Vorgesetzten die Remonstration? In einem Fall wurde die Remonstration akzeptiert. In 14 Fällen konnte eine konsensuale Lösung gefunden werden. 3. Wie viele Beamtinnen und Beamte, gegen die ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde , hatten zuvor schon einmal remonstriert? Die Remonstration gehört zu den Rechten und Pflichten von Beamtinnen und Beamten. Insofern sieht die Landesregierung keinen Zusammenhang zwischen Remonstrationen und der Einleitung von Disziplinarverfahren. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8037 3 In einem Fall wurde ein Disziplinarverfahren gegen eine Person eingeleitet, die zuvor schon einmal remonstriert hatte. Es bestand jedoch kein Zusammenhang zwischen der Remonstration und dem Disziplinarverfahren. (Ausgegeben am 11.05.2017) Drucksache 17/8037 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7803 Remonstration von niedersächsischen Beamten? Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen, Christian Grascha und Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport