Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8177 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7915 - Wie wirkt das Renaturierungsprogramm „Blaues Band Deutschland“ mit dem Potenzial für Großraum- und Schwertransporte und dem Erhalt des Befahrbarkeitsniveaus an der Bundeswasserstraße Oberweser zusammen? Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode und Hillgriet Eilers (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 20.04.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 28.04.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 30.05.2017, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Das Bundeskabinett hat am 1. Februar 2017 das Renaturierungsprogramm „Blaues Band Deutschland “ beschlossen. Dieses Programm soll zusammen mit den Ländern und den Akteuren vor Ort Räume für eine bessere ökologische Entwicklung der Gewässer sorgen. In diesem Programm wird die Oberweser unter Berücksichtigung der Verkehrsprognose 2030 als Wasserstraße „außerhalb des Kernnetzes“ eingestuft. Bundesverkehrsminister Dobrindt beschreibt in einem Schreiben an Verkehrsminister Lies (August 2014) die Bundeswasserstraße Oberweser wie folgt: „Entsprechend ihrem Transportaufkommen ist die Oberweser in die Kategorie ‚Sonstige Wasserstraße‘ eingestuft worden. Diese Einstufung bedeutet, dass notwendige Unterhaltungs- und Erhaltungsmaßnahmen weiterhin erfolgen, um das gegenwärtige Befahrbarkeitsniveau auch künftig zu gewährleisten, …“ Vorbemerkung der Landesregierung Das Blaue Band Deutschland (BBD) verfolgt das Ziel, in Verbindung mit strukturellen Veränderungen der Bundeswasserstraßen bzw. deren Verwaltung einen bundesweiten Biotopverbund entlang der Fließgewässer zu etablieren. Damit sollen „neue Akzente in Natur- und Gewässerschutz, Hochwasservorsorge sowie Wassertourismus, Freizeitsport und Erholung“ gesetzt werden. Zur Identifizierung der wichtigsten Transportrelationen mit einer hohen Verkehrsbedeutung wurden die Bundeswasserstraßen analog den jeweiligen Transportmengen kategorisiert und in ein „Kernnetz mit den Kategorien A, B und C“ sowie in „Wasserstraßen außerhalb des Kernnetzes“ gegliedert . Diese werden auch als Nebenwasserstraßen bezeichnet und umfassen ca. 2 800 km. In Niedersachsen zählen dazu u. a die Aller, die Ilmenau und die Oberweser. Für Letztere wird zusätzlich die „Berücksichtigung relevanter Sondertransportrelationen“ eingeräumt. Maßnahmen an den Wasserstraßen selbst und deren Anlagen, z. B. Umgestaltung von Ufern oder Buhnen, werden in der Ressortzuständigkeit des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur durch die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt durchgeführt. Für den Bereich der Maßnahmen zur Verbesserung der Auenökologie, z. B. Schaffung von Flutrinnen oder Auwäldern , wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit ein Förderprogramm des Bundesamtes für Naturschutz aufgelegt. Das Programm ist sehr langfristig auf einen Umsetzungszeitraum von 30 Jahren angelegt. Für die beiden Maßnahmenschwerpunkte Wasserstraßen und Auen werden hierfür derzeit Mittel in Höhe von nahezu 2 Milliarden Euro veranschlagt. Nähere Details dazu sollen in der kommenden Legislaturperiode festgelegt werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8177 2 Der interdisziplinäre Ansatz des BBD weist deutliche Parallelen zum Aktionsprogramm Niedersächsische Gewässerlandschaften auf. Die Landesregierung begrüßt die Aufstellung des BBD daher ausdrücklich und sieht darin einen wichtigen Baustein bei der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie und des Schutzgebietsnetzes NATURA 2000 sowie eine sinnvolle Ergänzung des Aktionsprogramms Niedersächsische Gewässerlandschaften. 1. Wie bewertet die Landesregierung das Renaturierungsprogramm „Blaues Band Deutschland“ für die betroffenen Gebiete in Niedersachsen? Die Landesregierung unterstützt das BBD und begrüßt den Paradigmenwechsel im Hinblick auf einen ganzheitlichen Ansatz bei der Gewässer- und Auenentwicklung. Mit dem Bundesprogramm BBD stellt der Bund erhebliche Ressourcen für den Aufbau von Biotopverbundstrukturen bzw. eine „Grüne Infrastruktur“ zur Verfügung. Die damit verbundenen Chancen für die Renaturierung von Gewässern und Auen sollen auch in Niedersachsen genutzt werden. 2. Welche Potenziale und Entwicklungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung für mögliche Renaturierungsmaßnahmen an der Oberweser? Die Oberweser ist zu Schifffahrtszwecken stark ausgebaut, im Gewässerlauf dominieren naturferne Strukturen. Unter der Prämisse der „Berücksichtigung relevanter Sondertransportrelationen“ sind weiterhin alle potenziellen Maßnahmen an der Aufrechterhaltung dieser Funktion zu orientieren. Generell bestehen vielfältige Potenziale für Renaturierungsmaßnahmen. Insbesondere betrifft dies die Auen samt der einmündenden Nebengewässer. Damit können zugleich Synergien zwischen Renaturierung und sanftem Tourismus geschaffen werden. Drei Naturparke mit attraktiven Erholungslandschaften bilden hierfür eine hervorragende Grundlage. 3. Wie sieht die Landesregierung die Zukunft der Schifffahrt auf der Oberweser in Verbindung mit dem Renaturierungsprogramm „Blaues Band Deutschland“? Entsprechend ihrem geringen Transportaufkommen ist die Oberweser in die Kategorie „Wasserstraßen außerhalb des Kernnetzes“ eingestuft worden. Diese Einstufung bedeutet, dass notwendige Unterhaltungs- und Erhaltungsmaßnahmen weiterhin erfolgen, um das gegenwärtige Befahrbarkeitsniveau auch künftig zu gewährleisten. Der Unterhaltungsumfang im Status quo wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zugesichert. Unter Berücksichtigung des Einsatzes von für die Oberweser geeigneten Schiffen ist der heutige und somit auch zukünftige Zustand für die bisherigen Transporte akzeptabel. Des Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen . 4. Von welchem „gegenwärtigen Befahrbarkeitsniveau“ ist derzeit und somit auch zukünftig auf der Bundeswasserstraße Oberweser auszugehen? Die Oberweser ist zwischen Minden und Hannoversch Münden als Wasserstraßenklasse IV ausgewiesen , d. h. es können dort Europaschiffe mit Abmessungen von bis zu 85 m Länge und 9,50 m Breite verkehren, jedoch reichen die Wassertiefen regelmäßig nicht aus, da der für diese Klasse geforderte Tiefgang nicht erreicht wird bzw. wasserstandsabhängig ist. Daher sind flachgehende Schiffe ein wichtiger Bestandteil und die Voraussetzung für den ganzjährigen Betrieb. 5. Ist dieses „Befahrbarkeitsniveau“ der Oberweser dem deutlich erkennbaren Potenzial für Großraum- und Schwertransporte (sogenannte GST) zuträglich oder abträglich? Im Rahmen der Erstellung des Bundesverkehrswegeplans 2030 hat sich Minister Lies mit seinem hessischen Amtskollegen für eine Überprüfung der Kategorisierung der Oberweser, insbesondere für eine angemessene Berücksichtigung der Schwerguttransporte, eingesetzt. Daraufhin wurde im Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8177 3 Bundesverkehrswegeplan 2030 für die Oberweser die besondere Kennung „Berücksichtigung relevanter Sondertransportrelationen“ festgelegt. Die Landesregierung unterstützt Initiativen der örtlichen Kommunen und Unternehmen, diese Potenziale durch geeignete Maßnahmen auf Basis tragfähiger Konzepte zu nutzen. Da die Betrachtung der Potenziale der Oberweser für einen umweltfreundlichen Gütertransport, insbesondere von Großraum- und Schwerlasttransporten auf Basis des gegebenen und zu erhaltenden Befahrbarkeitsniveaus erfolgt, ist dieses Potenzial für Großraum- und Schwerlasttransporte zuträglich. 6. Wie wirkt der Erhalt des „Befahrbarkeitsniveau“ der Oberweser mit dem Renaturierungsprogramm „Blaues Band“ im Gebiet der Oberweser aus Sicht der Landesregierung zusammen? Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hat die Aufgabe, die Wasserstraßen im Sinne ihrer Zweckbestimmung im Status quo zu erhalten. Die noch nicht differenziert ausgearbeiteten Maßnahmen insbesondere an der Wasserstraße selbst, aber auch in der Aue, sind so auszurichten , dass die Funktion als Schifffahrtsweg im Sinne der o. a. Sondertransporte sichergestellt wird. 7. Wie bewertet die Landesregierung die Vereinbarkeit des „Detaillierten Bewirtschaftungsplan 2015 bis 2021 für die Flussgebietsgemeinschaft Weser bezüglich der Salzbelastung “ mit dem Renaturierungsprogramm „Blaues Band Deutschland“? Unmittelbare gegenseitige Auswirkungen sind hier nicht zu beachten. Während der detaillierte Bewirtschaftungsplan zur Salzbelastung auf die Minderung der stofflichen Belastung abzielt, verfolgt das BBD primär Ziele im Hinblick auf ökologische Durchgängigkeit und Gewässerstruktur. Ungeachtet dessen kann eine wesentliche Verbesserung der Umweltqualitätsziele am Wasserkörper Weser nur im Gesamtkontext erfolgen bzw. bewertet werden. Beide Zielsetzungen greifen daher zielgerichtet ineinander. 8. Gibt es bereits konkrete Pläne oder Maßnahmen zur Durchführung des Renaturierungsprogramms „Blaues Band Deutschland“? Detaillierte Pläne und Konzepte zur Umsetzung des BBD im Bereich Oberweser liegen bisher nicht vor. Bis 2018 soll ein bundesweites Fachkonzept „Biotopverbund Gewässer und Auen“ erarbeitet, bis 2020 sollen die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Renaturierungsmaßnahmen an Bundeswasserstraßen geschaffen werden. Erste Vorschläge in dieser Richtung wurden auf regionaler Ebene erstellt und diskutiert, u. a. auf der Flusskonferenz Oberweser im November 2016. Einzelne Maßnahmen wurden und werden im Zuge anderer Planungsansätze bzw. Förderinstrumente durchgeführt, sind aber nicht im engeren Kontext des BBD zu verorten. 9. Welche Biotoptypen werden durch das Renaturierungsprogramm „Blaues Band Deutschland“ entlang der Oberweser weiterentwickelt? Detaillierte Planungen liegen bisher nicht vor (vgl. auch Antwort zu Frage 8), differenzierte Aussagen zu einzelnen Biotoptypen bzw. zu diesbezüglichen Maßnahmen können derzeit noch nicht getroffen werden. Generell ist anzustreben, alle gewässer- und auentypischen Lebensraumtypen in diesem Kontext aufzugreifen und zielgerichtet zu entwickeln. Exemplarisch können hier Auenwälder (FFH-Lebensraumtyp 91E0) genannt werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8177 4 10. Gibt es bei einer Renaturierung der Oberweser, einschließlich der angrenzenden Auen- Lebensräume, Überschneidungen oder Nutzungskonflikte mit landwirtschaftlich genutzten Flächen? Die Weseraue wird aktuell überwiegend landwirtschaftlich genutzt. Bei der Konzeption bzw. Durchführung von Renaturierungsvorhaben können somit landwirtschaftlich genutzte Flächen betroffen sein. Entsprechende Planungen sind daher im Dialog mit allen betroffenen Akteuren zu entwickeln. Bei Bedarf ist ein angemessener Interessenausgleich sicherzustellen. Diesbezüglich wird auch zu prüfen sein, ob und gegebenenfalls wo Eigentumsflächen des Landes Niedersachsen für die Gewässer - und Auenentwicklung bereitgestellt werden können. Dies dient zugleich der Wahrnehmung der diesbezüglichen Vorbildfunktion des Landes. (Ausgegeben am 31.05.2017) Drucksache 17/8177 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7915 Wie wirkt das Renaturierungsprogramm „Blaues Band Deutschland“ mit dem Potenzial für Großraum- und Schwertransporte und dem Erhalt des Befahrbarkeitsniveaus an der Bundeswasserstraße Oberweser zusammen? Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode und Hillgriet Eilers (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz