Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8195 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7932 - Wie ist der aktuelle Stand beim Regionalen Raumordnungsprogramm im Landkreis Aurich? Anfrage der Abgeordneten Hillgriet Eilers und Dr. Gero Hocker (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 27.04.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 03.05.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 20.05.2017, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung der Abgeordneten Mit dem Begriff „Regionalplanung“ wird die Planungsebene der Raumordnung bezeichnet, auf der für einzelne Teilräume eines Landes Raumordnungspläne aufstellt werden. Für die Aufstellung der Regionalpläne, die in Niedersachsen Regionale Raumordnungsprogramme (RROP) heißen, sind die Landkreise sowie die Region Hannover und der Zweckverband Großraum Braunschweig als Träger der Regionalplanung zuständig. Die Regionalen Raumordnungsprogramme stehen inhaltlich zwischen dem Landes-Raumordnungsprogramm (LROP) und den gemeindlichen Bauleitplänen. Sie legen die angestrebte räumliche und strukturelle Entwicklung für den Planungsraum fest und entfalten eine starke Steuerungsund Bindungswirkung. Sie müssen daher aktuell gehalten und problembezogen fortgeschrieben werden, sofern sich wesentliche Rahmenbedingungen und Nutzungsansprüche ändern. In der Antwort auf eine Anfrage von Abgeordneten der FDP-Fraktion hat die Landesregierung im Juni 2015 geantwortet, der Landkreis Aurich besitze kein rechtswirksames RROP, da das alte RROP seit dem Jahr 2006 außer Kraft getreten sei (Drucksache 17/3800). Ein politisch beschlossener Entwurf liege jedoch seit dem Jahr 2014 vor, und der Beginn der öffentlichen Beteiligung sei für den Juni 2015 vorgesehen. Weiterhin hat die Landesregierung ausgeführt, die Planungsabsichten des Landkreises Aurich für ein neues RROP seien seit 2009 bekannt, und das reiche aus, um ihm das Nachkommen seiner Pflicht zur Aufstellung eines RROP zu bescheinigen. Die Landesregierung hat in der Antwort auf die Anfrage außer dem Hinweisen des Landkreises auf seine rechtliche Verpflichtung keine Maßnahmen genannt, mit der sie den Landkreis Aurich dazu bewegt hat, bewegen kann oder bewegen will, zügig ein neues RROP aufzustellen. 1. Besitzt der Landkreis Aurich aktuell ein rechtswirksames RROP, wenn ja, seit wann, wenn nein, warum nicht? Derzeit verfügt der Landkreis Aurich (LK Aurich) nicht über ein rechtsgültiges RROP. Im Niedersächsischen Raumordnungsgesetz (NROG) ist in § 5 Abs. 7 NROG normiert, dass RROP nach zehn Jahren außer Kraft treten, wenn der Träger der Regionalplanung innerhalb dieser Frist nicht planerisch zur Aktualisierung seines RROP aktiv wird. Das RROP des LK Aurich ist aufgrund dieser gesetzlichen Vorschrift im Jahr 2007 außer Kraft getreten. Der LK Aurich hat daraufhin Anfang 2009 allgemeine Planungsabsichten zur Neuaufstellung seines RROP veröffentlicht. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8195 2 2. Falls der Landkreis Aurich kein aktuelles RROP besitzt, wurden in den vergangenen zwei Jahren Maßnahmen des Landes ergriffen oder sollen diese in Zukunft ergriffen werden, um den Landkreis dazu zu bewegen, zügig ein neues RROP aufzustellen? Derzeit läuft beim LK Aurich ein Verfahren zur Aufstellung eines RROP. Da es sich um eine Aufgabe handelt, die gesetzlich dem eigenen Wirkungskreis - also der eigenen Verantwortung des LK - zugeordnet ist, erfolgt eine landesbehördliche Einwirkung hierauf durch Hinweise auf die Rechtslage , Beratungen und Stellungnahmen aufgrund und im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben durch das Raumordnungsgesetz (ROG) des Bundes und des NROG. Die niedersächsische Raumordnung weist ein zweistufiges Planungssystem auf. Mit dem LROP werden die landesweit bedeutsamen Nutzungen festgelegt. Es bildet den Rahmen für die RROP, die auf den Festlegungen des LROP aufbauen (§ 8 Abs. 2 ROG), sie inhaltlich und räumlich konkretisieren und um eigene regionale Aussagen ergänzen. Für den LK Aurich gelten die LROP-Ziele und Grundsätze unmittelbar. Der LK Aurich hat mit Schreiben vom 24.06.2015 das Beteiligungsverfahren gemäß § 3 Abs. 2 NROG zum RROP-Entwurf eingeleitet. Vorangegangen war ein entsprechender Beschluss des Kreistags vom 30.09.2014. Mit Schreiben vom 30.10.2015 hat das Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems als zuständige obere Landesplanungsbehörde eine Stellungnahme zu diesem Entwurf abgegeben. Die Stellungnahme erfolgte nach vorangegangener landesinterner Beteiligung der fachlich berührten Ressorts. Auch im Interesse eines zügigen und reibungslosen Verfahrensfortgangs wurden dem Landkreis im Nachgang die fachlichen Inhalte der Stellungnahme im Rahmen eines Beratungsgesprächs durch das Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems erläutert . Im Rahmen weiterer Beratung wurden dem Landkreis auch Hinweise zur Anpassung an das LROP 2017 gegeben, da sich die o. g. Stellungnahme noch auf den Stand des LROP-Entwurfs 2014 bezog. 3. Welche Auswirkungen hat das Nichtvorhandensein eines rechtswirksamen RROP auf die im RROP zu regelnden gebietsspezifischen Planungsziele (z. B. Festlegung von Grundzentren, Festlegung von Nutzungsvorrängen zur Sicherung intakter Lebens- und Wirtschaftsräume sowie der natürlichen Lebensgrundlagen), und wie bewertet die Landesregierung dies? Da der LK Aurich nicht über ein rechtsgültiges RROP verfügt, bestehen derzeit auch keine Festlegungen zur raumordnerischen Steuerung auf regionaler Ebene, die auf die spezifischen regionalen Planungserfordernisse und Belange ausgerichtet sind. In Aufstellung befindliche Ziele des RROP- Entwurfs sind jedoch als sonstige Erfordernisse der Raumordnung bei anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen zu berücksichtigen. Die Landesregierung sieht die Notwendigkeit einer regionalen Raumordnung insbesondere in Hinblick auf die vom LK wahrzunehmende Koordinierungsaufgabe und den Auftrag, den regionalen Raum so zu entwickeln und zu ordnen, dass die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang gebracht werden können (siehe auch § 1 ROG). Darüber hinaus ist es Aufgabe des Trägers der Regionalplanung, die im LROP festgelegten, landesweit bedeutsamen Nutzungen im RROP inhaltlich und räumlich konkretisieren und um eigene regionale Aussagen ergänzen. 4. Welche Auswirkungen hat das Nichtvorhandensein eines rechtswirksamen RROP auf die Ausweitung der Windenergienutzung im Landkreis Aurich, und wie bewertet die Landesregierung dies? Die Steuerung der Windenergienutzung im Außenbereich auf Grundlage des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB kann sowohl durch Festlegungen auf Ebene der Raumordnungsplanung als auch durch Darstellungen im Rahmen der Flächennutzungsplanung erfolgen. In der Regel ergänzen sich beide Planungsebenen. Im LK Aurich wird die Steuerung der Windenergie derzeit ausschließlich über das Bauplanungsrecht der Städte und Gemeinden ausgeübt und auf örtlicher Ebene gewährleistet, dass der Windenergienutzung auch bei bauleitplanerisch festgelegter Ausschlusswirkung noch substanziell Raum bleibt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8195 3 Im RROP-Entwurf hat der LK Aurich bislang ausschließlich die Positivdarstellung geeigneter Flächen als Vorranggebiet Windenergienutzung als Planungsziel formuliert. Ausgangspunkt sollen dabei die bereits bauleitplanerisch rechtskräftig beplanten Flächen sein. Es soll hingegen keine eigenständige regionalplanerische Ausschlusswirkung für den übrigen Planungsraum festgelegt werden . Der LK Aurich ist durch Vorgaben des LROP dazu verpflichtet, im Rahmen der Aufstellung seines RROPs geeignete raumbedeutsame Standorte für die Windenergie zu sichern und diese als Vorrang - oder Eignungsgebiete verbindlich festzulegen. Der LK ist nicht verpflichtet, Flächen, die er nicht als Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie ausweist, mit der Ausschlusswirkung (§ 8 Abs. 7 Satz 2 ROG) zu versehen. Die Landesregierung setzt sich daher dafür ein, dass der weitere Ausbau der Windenergienutzung umwelt- und sozialverträglich und in planerisch geordneter Weise gestaltet wird. So sind die Festlegungen im LROP diesbezüglich Bausteine, die ein geordnetes planerisches Vorgehen unterstützen ; gleiches gilt für den „Windenergieerlass“. Der gesetzliche Rahmen ermöglicht es, über die Regionalplanung den Ausbau der Windenergienutzung raum- und umweltverträglich zu steuern und eine überörtliche Koordinierung mit allen betroffenen Belangen herbeizuführen. Die Landesregierung geht davon aus, dass auch im LK Aurich eine sorgfältige Prüfung aller betroffenen Belange im Ergebnis zu einer sachgerechten Abwägung und Entscheidung führen wird. 5. Ist die Landesregierung aktuell immer noch der Meinung, dass der Landkreis Aurich seiner Pflicht zur Aufstellung eines aktuellen RROP in ausreichendem Maße nachkommt ? Mit dem ROG sind die wesentlichen Vorgaben für die Raumordnung in den Ländern festgelegt. Die Bestimmungen im ROG werden durch das NROG ergänzt. Sie bilden die Rechtsgrundlage, um in Niedersachsen RROP aufzustellen. Das derzeitige Aufstellungsverfahren für das RROP des LK Aurich widerspricht diesen gesetzlichen Vorgaben nicht. 6. Hält es die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass der Landkreis Aurich seit nunmehr elf Jahren kein gültiges RROP besitzt, für notwendig, im Raumordnungsrecht eine Ermächtigungsgrundlage zu schaffen, die ein direktes Einschreiten des Landes möglich macht? Das ROG und das NROG enthalten fachgesetzliche Vorgaben, die die Aufstellung, Änderung der RROP und die Anpassung an das LROP verbindlich regeln. Da die Aufstellung der RROP als Aufgabe im eigenen Wirkungskreis durch den Träger Regionalplanung vorgenommen wird, stellen die Aufsichtsbehörden des Staates nach § 170 Abs. 1 Satz 2 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) sicher, dass die geltenden Gesetze beachtet werden (Rechtskontrolle ). Der LK Aurich stellt derzeit sein RROP auf und kommt den gesetzlichen Vorgaben somit nach. Die Verfahrensdauer für die Aufstellung des RROP des LK Aurich liegt zwar über den üblichen Verfahrenszeiten von ca. zwei bis fünf Jahren, allerdings zeigen Auswertungen über die Verfahrensdauer zur Aufstellung von RROP in Niedersachsen, dass diese sehr unterschiedlich ausfallen können Dass im Einzelfall, wie hier für den LK Aurich, eine über die übliche Verfahrensdauer hinausgehende Verfahrensdauer zu konstatieren ist, wird zwar kritisch wahrgenommen, führt jedoch im Ergebnis nicht dazu, dass Bedarf für eine gesetzliche normierte Fristenregelung gesehen wird. Einzelne Ausnahmefälle sollten nicht zum Anlass genommen werden, die Art der Aufgabenerledigung durch die Träger der Regionalplanung im eigenen Wirkungskreis durch weitergehende Vorgaben zu regeln . Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8195 4 7. Wie ist der aktuelle Stand bei den Regionalen Raumordnungsprogrammen in den Landkreisen Oldenburg und Vechta, die im Juni 2015 ebenfalls kein gültiges RROP hatten ? Die Verfahrensstände in den Landkreisen Oldenburg und Vechta stellen sich wie folgt dar: Landkreis Oldenburg: Das Verfahren zur Neuaufstellung des RROP läuft. Die Bekanntmachung allgemeiner Planungsabsichten erfolgte bereits Ende 2011. Nach Angaben des Landkreises wird der Planungsprozess mit hohem Arbeitsaufwand vorangetrieben. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass seitens des Landkreises schon sehr frühzeitig ein breites Abstimmungs- und Beteiligungsprocedere u. a. mit der Öffentlichkeit initiiert worden ist. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Integration des zurzeit im Entwurf vorliegenden Landschaftsrahmenplans, welcher ebenfalls einen sehr intensiven Abstimmungsprozess erfahren hat. Bereits fertig gestellt ist als weitere Grundlage des RROP ein landwirtschaftlicher Fachbeitrag. Der LK strebt an, einen ersten Entwurf für Ende 2018 vorzulegen. Landkreis Vechta: Der zuständige Fachausschuss des Kreistages hat sich im Februar 2017 dafür ausgesprochen, das Regionale Raumordnungsprogramm des Landkreises Vechta neu aufzustellen - und damit den gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Die Verwaltung trifft nach Angaben des Landkreises derzeit entsprechende Vorbereitungen, um voraussichtlich nach der Sommerpause einen Beschluss des Kreistages zur Neuaufstellung des RROP beraten zu können. Nach dem Aufstellungsbeschluss wird das Aufstellungsverfahren durch die Bekanntgabe der allgemeinen Planungsabsichten förmlich eingeleitet. (Ausgegeben am 06.06.2017) Drucksache 17/8195 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7932 Wie ist der aktuelle Stand beim Regionalen Raumordnungsprogramm im Landkreis Aurich? Anfrage der Abgeordneten Hillgriet Eilers und Dr. Gero Hocker (FDP)