Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8202 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7937 - Motorradlärm an der Borgloher Straße in Georgsmarienhütte - Wie kann das Problem gelöst werden? Anfrage des Abgeordneten Martin Bäumer (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 27.04.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 03.05.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung vom 06.06.2017, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung des Abgeordneten Die Borgloher Straße (Kreisstraße K 333) in Georgsmarienhütte zieht aufgrund der reizvollen Landschaft und des Höhenprofils Motorradfahrer an. Eine Minderheit unter den Motorradfahrern verursacht auf der Kreisstraße Lärm, der die Anwohner seit vielen Jahren stört. Die Lebensqualität wird eingeschränkt. Die Straße wird nach Einschätzung der Anwohner zudem als Rennstrecke missbraucht . Das Unfallgeschehen auf der Strecke ist nach Auskunft der Polizei bislang noch unauffällig . Die Kontrolle von Motorradfahrern wird dadurch erschwert, dass Motorräder im Gegensatz zu Autos ein Nummernschild nur auf der Rückseite des Fahrzeugs haben. Außerdem ist der Fahrer des Fahrzeugs wegen des Helms normalerweise auf Fotos nur schwer eindeutig zu identifizieren. In den Niederlanden, in Frankreich und in Ungarn gibt es seit Jahren eine Halterhaftung, die die Eintreibung von Geldstrafen bei Verkehrsdelikten - aus Sicht von Polizei und Ordnungsbehörden - deutlich erleichtert. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Der Schutz der Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein wichtiges Anliegen der Landesregierung. Es ist unstrittig, dass von Verkehrswegen Lärmemissionen ausgehen, die im Einzelfall auch gesundheitsgefährdend sein können. Lärmprobleme durch Motorräder treten in Deutschland vorwiegend in topographisch und landschaftlich interessanten Gebieten an Schön-Wetter-Wochenenden in den Monaten April bis Oktober auf und werden maßgeblich durch das Verhalten der Fahrerinnen und Fahrer bestimmt. Kraftradlärm kann mit verschiedenen Möglichkeiten wirksam begegnet werden. Dazu gehören beispielhaft neben der möglichen verkehrsbehördlichen Anordnung einer Geschwindigkeitsreduzierung ebenso eine Lärmreduzierung bei der Genehmigung neuer Krafträder, die Überprüfung überlauter Krafträder oder Zubehörteile sowie unerlaubter Manipulationen und lärmintensiver Fahrweise im Rahmen der gesetzlich geforderten Hauptuntersuchungen und, soweit möglich, bei allgemeinen Verkehrskontrollen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8202 2 Durch eine neue, ab dem 01.01.2016 geltende Regelung, die UN-R 41.04, ist eine Verschärfung der Geräuschmessung in Verbindung mit einer größeren Manipulationssicherheit für neue Fahrzeuge bzw. Zubehörteile erfolgt. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurde festgestellt, dass erhöhte Geräuschemissionen bei Motorrädern u. a. häufig auf nachträglich manipulierte Auspuffanlagen zurückzuführen sind. Eine widerrechtlich veränderte Abgasanlage führt zum Erlöschen der Betriebserlaubnis. Seit dem 01.06.2012 ist dies auch mit einem Bußgeld in Höhe von 135 Euro bewehrt, sodass eine gewisse Abschreckungswirkung gegeben ist. Gegen vorsätzliche Rechtsverstöße helfen allerdings keine neuen gesetzlichen Regeln, sondern nur die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen. Sollte es trotz der obigen Regelung zum Entfernen von Schalldämpferteilen kommen, so sind diese im Rahmen der Hauptuntersuchungen gemäß § 29 der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung und/oder im Rahmen von Verkehrskontrollen mittels Sichtprüfungen in Verbindung mit eventuell durchzuführenden Standgeräuschmessungen festzustellen. Bei der Borgloher Straße in der Gemarkung Georgsmarienhütte handelt es sich um einen Abschnitt einer Kreisstraße (K 333) in einer Länge von ca. 4 100 m mit einer durchschnittlichen täglichen Verkehrsbelastung von 1 100 Kfz/24 h. Der betreffende Straßenzug befindet sich in der Gesamtheit außerhalb der geschlossenen Ortschaft und ist bis auf einzelne bebaute Grundstücke und eine kleinere Ansiedlung von rund 15 bis 20 Wohnhäusern anbaufrei. Vorrangig liegen entlang der Straße beidseitig Wald- und landwirtschaftlich genutzte Flächen. Die Strecke ist im Jahr 2014 im Rahmen des dreijährigen Modellprojekts „Erhöhung der Verkehrssicherheit auf Straßen mit Baumbestand“ mit dem Verkehrszeichen 274 (70 km/h) und Zusatzzeichen ausgewiesen worden. Zuvor galt dort die zulässige Geschwindigkeit von 100 km/h, mit Ausnahme der Bereich der Ansiedlung (hier 70 km/h). 1. Wie ist der Ausstoß von Lärm bei Kraftfahrzeugen in Deutschland gesetzlich geregelt? Durch die Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE oder ECE) ist europaweit für die Messung und die Grenzwertfestlegung bei Kraftfahrzeugen (außer Krafträder) die ECE-Regelung Nr. 51 verbindlich anzuwenden. Danach erfolgt die Prüfung mit vorgegebener Beschleunigung aus 50 km/h über eine Messstrecke von 20 m. Das Geräusch wird in 7,5 m Abstand gemessen: – Geräuschlimit Pkw: 74 dB(A), – Geräuschlimit schwere Lkw: 80 dB(A). 2. Welche Lärmemissionen dürfen Motorräder in Deutschland ausstoßen? Durch die UNECE/ECE ist europaweit für die Messung und die Grenzwertfestlegung bei Krafträdern die ECE-Regelung Nr. 41 verbindlich anzuwenden. Danach erfolgt die Prüfung mit vorgegebener Beschleunigung aus 50 km/h über eine Messstrecke von 20 m. Das Geräusch wird in 7,5 m Abstand gemessen: – Geräuschlimit: 80 dB(A). Für Neufahrzeuge seit 2017 wurde das Geräuschlimit je nach Leistung-Masse-Verhältnis der Maschine auf 73 bis 77 dB(A) begrenzt - und zwar in unterschiedlichen Fahrzuständen. Durch geänderte Prüfbedingungen wird faktisch keine Reduzierung im Vergleich zum vorherigen Prüfverfahren zu erwarten sein. Für Ersatz-/Austauschschalldämpfer gelten die gleichen Grenzwerte wie für Serienanlagen. Sie bedürfen einer Genehmigung. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8202 3 3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um den durch Motorradfahrer auf der Borgloher Straße in Georgsmarienhütte verursachten Lärm zu unterbinden? Die Polizei Niedersachsen richtet ihr Handeln auf Grundlage einer orts-, zeit- und zielgruppenbezogenen Verkehrsunfallanalyse vorrangig auf das schwere Verkehrsunfallgeschehen aus. Dabei entscheiden die Polizeibehörden eigenverantwortlich, mit welchem Personalansatz und ob sie bestimmte Kontrollmaßnahmen ergreifen. Das Augenmerk liegt dabei insbesondere bei der Aufklärung und Überwachung zur Minimierung der Hauptunfallursachen (wie z. B. Geschwindigkeit), wozu die Überschreitung von Lärmgrenzwerten nicht zählt. In den Jahren 2015 und 2016 registrierte die Polizei in dem betroffenen Streckenabschnitt sechs Wildunfälle ohne Personenschäden und ebenso in den fünf Jahren zuvor mehrheitlich nur solche. Vor diesem Hintergrund steht die Borgloher Straße nicht im Brennpunkt polizeilicher Verkehrsüberwachungsmaßnahmen zur Reduzierung von Hauptunfallursachen und wird durch die Polizei lediglich im Rahmen des alltäglichen Streifendienstes regelmäßig kontrolliert. Dabei stehen ihr spezifische Messgeräte zur Überprüfung von Lärmemissionen nicht zur Verfügung. Ergänzend dazu siehe Vorbemerkungen. 4. Setzt sich die Landesregierung für die Einführung einer Halterhaftung ein? Falls ja, warum ? Falls nein, warum nicht? Nein, da nach dem grundgesetzlich verankerten Schuldprinzip nur der bestraft werden darf, der eine Tat auch tatsächlich begangen hat. Als ein wesentliches Element der Rechtsstaatlichkeit hält die Landesregierung dies auch weiterhin für geboten. (Ausgegeben am 07.06.2017) Drucksache 17/8202 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7937 Motorradlärm an der Borgloher Straße in Georgsmarienhütte - Wie kann das Problem gelöst werden? Anfrage des Abgeordneten Martin Bäumer (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr