Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8266 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8000 - Vorladung von Journalisten durch die Staatsanwaltschaft Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode, Christian Dürr und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 04.05.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 09.05.2017 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung vom 12.06.2017, gezeichnet In Vertretung Stefanie Otte Vorbemerkung der Abgeordneten Aus einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 03.05.2017 geht hervor, dass die Staatsanwaltschaft Hannover im Zusammenhang mit dem 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtages (23. PUA) „Tätigkeit der Sicherheitsbehörden gegen die islamistische Bedrohung in Niedersachsen“ strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts des Geheimnisverrates führt. In diesem Zusammenhang seien zahlreiche Journalisten, die über den Untersuchungsausschuss berichtet hatten, als Zeugen vorgeladen worden. Des Weiteren wurde bekannt, dass auch ein Abgeordneter, der Mitglied des Untersuchungsausschusses ist, als Zeuge vorgeladen worden sei. Sowohl Journalisten als auch Abgeordnete verfügen über ein Zeugnisverweigerungsrecht , auf das sie sich berufen können, insbesondere um ihre Quellen zu schützen. Es dient der effektiven Wahrnehmung der Abgeordneten- und Journalistentätigkeit, die zur Kontrolle der Regierung und Aufdeckung und Aufklärung von Missständen unabdingbar ist. Vorbemerkung der Landesregierung Eine funktionierende Demokratie lebt davon, dass ihre Bürgerinnen und Bürger informiert sind und die Funktionsfähigkeit der Parlamente sichergestellt ist. Dies setzt eine freie Presse und eine ungehinderte Ausübung des Abgeordnetenmandats voraus. Demokratie ohne freie Presse und ohne die Möglichkeit der ungehinderten Ausübung des Abgeordnetenmandats ist nicht denkbar. Die Presse kann ihre Funktion nur dann erfüllen, wenn sie Zugang zu Informationen hat. Ebenso können Abgeordnete ihre staatspolitischen Aufgaben, insbesondere die Kontrolle der Regierung und Verwaltung , nur dann erfüllen, wenn ein ungehinderter Informationsaustausch zwischen der bzw. dem Abgeordneten und ihrer/ihrem bzw. seiner Informantin/seinem Informanten gewährleistet ist. In Ermittlungsverfahren, die den Verrat von Dienstgeheimnissen zum Gegenstand haben, bewegen wir uns im Spannungsfeld zwischen der strafprozessualen Pflicht zur Aufklärung strafrechtlich relevanten Verhaltens auf der einen Seite und der Arbeit der freien Presse sowie des freien Abgeordnetenmandats auf der anderen Seite. Dabei gilt es, mit Respekt vor der besonderen Funktion der Presse sowie den besonderen Aufgaben von Abgeordneten und ihrem von der Verfassung gewährten Schutz vorzugehen. Presse- und Rundfunkfreiheit sind ebenso wie die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit durch Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert. Das freie Mandat der Abgeordneten ist ebenfalls verfassungsrechtlich geschützt und garantiert. Schon der Anschein von Schikane oder gar Einschüchterung verbietet sich. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8266 2 Auf der anderen Seite ist die Staatsanwaltschaft gesetzlich verpflichtet, alle Ermittlungsansätze auszuschöpfen. Dies gilt auch für die Straftat der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht gemäß § 353 b StGB. Diese Norm untersagt es Amtsträgerinnen und Amtsträgern, ein Geheimnis, das ihnen in ihrer amtlichen Eigenschaft bekannt geworden ist, unbefugt zu offenbaren. Das damit geschützte staatliche Interesse am Schutz von behördlichen Informationen vor unbefugter Kenntnisnahme ist für die Funktionsfähigkeit eines demokratischen Staatswesens von beachtlichem Gewicht. Das in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2 StPO geregelte Zeugnisverweigerungsrecht für Journalistinnen und Journalisten zielt darauf, das Spannungsverhältnis zwischen der Presse- und Rundfunkfreiheit einerseits und den Belangen der Strafrechtspflege andererseits aufzulösen. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitglieder des Bundestags ist durch Artikel 47 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich garantiert. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitglieder des Niedersächsischen Landtages ist durch Artikel 16 der Niedersächsischen Verfassung garantiert. Darüber hinaus ist das Zeugnisverweigerungsrecht für Abgeordnete in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StPO festgeschrieben . Das Justizministerium hat die Thematik aufgegriffen und die Staatsanwaltschaften aktuell noch einmal auf das sensible Spannungsfeld zwischen Berufsgeheimnissen, Pressefreiheit und dem freien Abgeordnetenmandat einerseits sowie den Erfordernissen der Strafrechtspflege andererseits hingewiesen. Die Strafrechtsabteilung des Justizministeriums hat die niedersächsischen Staatsanwaltschaften um einen möglichst sensiblen Umgang mit nach § 53 StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Personen gebeten. Die Verantwortung für die Führung der Ermittlungen liegt bei der jeweiligen Staatsanwaltschaft. Unter der Aufsicht der Generalstaatsanwaltschaften haben sie zu entscheiden , welche Ermittlungsmaßnahmen erforderlich sind. 1. Wie viele Strafverfahren werden im Kontext des 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses wegen des Verdachts des Geheimnisverrats geführt? In Zusammenhang mit den Untersuchungsgegenständen des 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) des Landtags sind im Ministerium für Inneres und Sport verschiedene Presseberichte bekannt geworden. Denen war zu entnehmen, dass den Medien Unterlagen bzw. Informationen vorlagen, die zuvor als Aktenvorlage gemäß Artikel 27 Abs. 2 i. V. m. 24 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung dem Landtag übergeben wurden und die der Geheimhaltung unterliegen oder zu denen die Landesregierung den Landtag in nichtöffentlicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes in gemeinsamer Sitzung mit dem Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und des Ausschuss für Inneres und Sport unterrichtet hat. Die betreffenden Anhaltspunkte für die Verletzung von Dienstgeheimnissen und besonderer Geheimhaltungspflichten wurden von Polizeivollzugsbeamten der Stabsstelle PUA des Ministeriums für Inneres und Sport jeweils pflichtgemäß dem Legalitätsprinzip gemäß § 163 StPO entsprechend der Staatsanwaltschaft Hannover zur Prüfung (möglicher) Straftaten vorgelegt. Aufgrund der Strafanzeigen von Polizeivollzugsbeamten der Stabsstelle PUA des Ministeriums für Inneres und Sport führt die Staatsanwaltschaft Hannover Ermittlungen gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht gemäß § 353 b StGB im Zusammenhang mit dem 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss . Derzeit wird bei der Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht gemäß § 353 b StGB im Kontext des 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses geführt, zu dem ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht gemäß § 353 b StGB im Kontext des 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses aufgrund Sachzusammenhangs verbunden worden ist. Die Ermittlungen dauern noch an. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8266 3 2. Wegen welcher Straftatbestände werden diese Ermittlungen im Einzelnen geführt? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Sofern es sich um Verfahren nach § 353 b StGB handelt: Wann und durch wen wurde jeweils die Ermächtigung nach § 353 b Abs. 4 StGB erteilt? Nach § 353 b Abs. 4 StPO kann die Straftat der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht nur mit Ermächtigung verfolgt werden. Gemäß Nr. 212 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) holt die Staatsanwältin bzw. der Staatsanwalt, wenn ihr bzw. ihm eine Straftat nach § 353 b StGB bekannt wird, unter Mitteilung des bekanntgewordenen Sachverhalts die Entscheidung ein, ob die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt wird. Dies geschieht in der Regel vor weiteren Ermittlungen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Behörde bekannt ist, die für die Entscheidung über die Erteilung der Ermächtigung zuständig ist. Im Rahmen von § 353 b StGB ist dafür maßgebend, bei welcher Stelle der Täterin bzw. dem Täter das Geheimnis in Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit bekanntgeworden ist bzw. welche Stelle ihn bzw. sie zur Geheimhaltung besonders verpflichtet hat. Im konkreten Fall steht aber bislang nicht fest, von wo genau die Geheimnisse verraten worden sind. Der Staatsanwaltschaft Hannover ist bislang nicht bekannt, gegebenenfalls in welcher Behörde die Unbekannte oder der Unbekannte von den Dienstgeheimnissen erfahren hat und von welcher Behörde die Unbekannte oder der Unbekannte auf ihre bzw. seine Geheimhaltungsobliegenheiten verpflichtet wurde. Eine Strafverfolgungsermächtigung kann im Übrigen bis zum Verfahrensabschluss nachgeholt werden. 4. In wie vielen Fällen wurden Journalisten oder Abgeordnete des Landtages oder des Bundestages im Zusammenhang mit dem 23. PUA als Zeugen oder Beschuldigte zu entsprechenden Vernehmungen geladen? Die Staatsanwaltschaft Hannover ist im Rahmen dieser Ermittlungen gegen Unbekannt an insgesamt sieben Journalisten und einen Landtagsabgeordneten herangetreten, die als Zeugen in Betracht kommen. Dies ist in vier Fällen durch Ladungen und in ebenfalls vier Fällen durch Übersendung von Anhörungsbögen erfolgt: Mit Schreiben vom 22.11.2016 hat die Staatsanwaltschaft Hannover einen Journalisten zu einer auf den 05.12.2016 anberaumten zeugenschaftlichen Vernehmung geladen. Mit Schreiben vom 03.01.2017 hat die Staatsanwaltschaft Hannover eine Journalistin zu einer auf den 24.01.2017 anberaumten zeugenschaftlichen Vernehmung geladen. Mit Schreiben vom 17.01.2017 hat die Staatsanwaltschaft Hannover einen Journalisten zu einer auf den 16.02.2017 anberaumten zeugenschaftlichen Vernehmung geladen. Mit Schreiben vom 17.01.2017 hat die Staatsanwaltschaft Hannover einen Journalisten zu einer auf den 17.02.2017 anberaumten zeugenschaftlichen Vernehmung geladen. Mit Schreiben vom 07.04.2017 hat die Staatsanwaltschaft Hannover einer Journalistin einen Anhörungsbogen zur schriftlichen Äußerung als Zeugin übersandt. Mit Schreiben vom 07.04.2017 hat die Staatsanwaltschaft Hannover einem Landtagsabgeordneten einen Anhörungsbogen zur schriftlichen Äußerung als Zeuge übersandt. Mit Schreiben vom 19.04.2017 hat die Staatsanwaltschaft Hannover einem Journalisten einen Anhörungsbogen zur schriftlichen Äußerung als Zeuge übersandt. Mit Schreiben vom 20.04.2017 hat die Staatsanwaltschaft Hannover einem Journalisten einen Anhörungsbogen zur schriftlichen Äußerung als Zeuge übersandt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8266 4 Angaben zur Sache hat keiner der genannten Zeugen gemacht. In sechs Fällen haben die Journalisten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Der Landtagsabgeordnete hat ebenfalls von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. In einem Fall hat ein Journalist der Staatsanwaltschaft Hannover telefonisch mitgeteilt, er könne insgesamt keine Angaben zur Sache machen. 5. In wie vielen Fällen davon haben sich die Zeugen auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 6. Wer hat die entsprechenden Vernehmungen als Zeugen veranlasst? Sowohl die Vorladungen zur staatsanwaltschaftlichen zeugenschaftlichen Vernehmung als auch die Übersendung der Zeugenanhörungsbögen haben die jeweils für die Verfahren zuständigen Dezernentinnen und Dezernenten der Staatsanwaltschaft Hannover verfügt. 7. Auf welcher Grundlage wurden die entsprechenden Strafverfahren eingeleitet (von Amts wegen, Strafanzeige)? Das Ermittlungsverfahren geht auf Strafanzeigen vom 08.11.2016 und 11.11.2016 zurück. Das später aufgrund Sachzusammenhangs hinzuverbundene Ermittlungsverfahren ist auf eine weitere Strafanzeige vom 05.12.2016 hin eingeleitet worden. Die vorgenannten Strafanzeigen wurden mit Schreiben vom 12.01.2017, 23.01.2017, 08.03.2017, 09.03.2017, 14.03.2017, 21.03.2017, 12.04.2017 und 20.04.2017 erweitert. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 8. In wie vielen Fällen beruhen die entsprechenden Ermittlungsverfahren auf Strafanzeigen der Landesregierung? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 7 verwiesen. 9. Welche konkreten Vorgänge hat die Landesregierung bzw. haben die Mitarbeiter der Stabsstelle des 23. PUA bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht? a) Die Strafanzeige vom 08.11.2016 hat auf einen Artikel der Nordwest-Zeitung Online vom 05.11.2016 („Messerattacke in Hannover Schwerste Pannen im Terror-Fall Safia S.“) verwiesen , in dem über drei „geheime Dokumente“ berichtet wird, die der Zeitung vorlägen. Aufgrund der Bezugnahme auf deren Inhalte sind bestimmte Dokumente identifiziert worden. Diese waren dem 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss unter Bekanntgabe der Einordnung als „STRENG GEHEIM“ bzw. „VERSCHLUSSSACHE“ zur Verfügung gestellt worden. b) Die Strafanzeige vom 11.11.2016 hat auf einen Artikel der HAZ vom selben Tag („Verfassungsschutz : Keine Akte über Safia“) verwiesen. In diesem wird behauptet, „interne E-Mails aus dem Verfassungsschutz“ lägen der Zeitung vor. Die entsprechende E-Mail ist auch dem 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss übersandt worden. c) Die Strafanzeige vom 05.12.2016 hat Beiträge der NP vom 03.12.2016 („Islamist schlüpft durch das Netz“ und „Eingeholt von den Sünden der Vergangenheit“) und 04.12.2016 („Auf Zeugen eingewirkt?“) zitiert. In diesen wird auf vertrauliche Vermerke Bezug genommen, die zuvor dem 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorgelegt worden waren. d) Die Strafanzeige vom 12.01.2017 verweist auf Beiträge der HAZ vom 11.01.2017 („Anis Amri tauchte in Hildesheim auf“) und des Rundblicks vom 11.01.2017 („Berliner Attentäter Amri war Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8266 5 zweimal in Hildesheimer Moschee“), in denen relevante Inhalte einer nichtöffentlichen und vertraulichen Landtagsunterrichtung vom 10.01.2017 erörtert werden. e) In der Strafanzeige vom 23.01.2017 wird berichtet, ein Landtagsabgeordneter habe in einer Sitzung des 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses das Wort ergriffen und auf ein mit einem Journalisten geführtes Gespräch hingewiesen, in dessen Verlauf der Journalist diverse als „GEHEIM“ markierte Aktenteile aus seiner Tasche gezogen habe. f) Die weitere Strafanzeige vom 08.03.2017 hat einen Artikel der HAZ vom selben Tag („Kritik an Kampf gegen Islamisten“ sowie „Verfassungsschutz nicht gut aufgestellt?“) zum Gegenstand. In dieser Berichterstattung wird auf einen als „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-NfD)“ bzw. „GEHEIM“ eingestuften Vermerk eingegangen, der der Redaktion angeblich vorliege. g) In der Strafanzeige vom 09.03.2017 wurde auf einen Artikel des Rundblicks vom selben Tag („Kampf gegen Salafisten: Im Landeskriminalamt gab es massive Mängel“ nebst Kommentar „Die unterschätzte Gefahr der Salafisten“) verwiesen, in dem ausgeführt wird, die Zeitung habe sich nach gründlicher Abwägung für die Veröffentlichung einer behördlichen Verschlusssache entschieden, die dem Landtag kurz zuvor überbracht worden war. h) Die Strafanzeige vom 14.03.2017 nimmt Bezug auf die Berichterstattung in der HAZ vom selben Tag („Innenministerium: Polizei zu sorglos im Anti-Terror-Kampf“) und in Die Harke vom selben Tag („Landesinnenministerium wirft LKA schlampige Anti-Terror-Arbeit vor“). Die Berichte enthalten Informationen, die aus einem als „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ eingestuften Vermerk des Ministeriums für Inneres und Sport stammen. i) In einer weiteren Strafanzeige vom 21.03.2017 wurde mitgeteilt, die NP habe in einem Artikel vom 20.03.2017 („Folgenschwere Panne beim Verfassungsschutz“) auf einen weiteren als „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ eingestuften Vermerk des Ministeriums für Inneres und Sport Bezug genommen. j) Darüber hinaus wurde am 12.04.2017 angezeigt, die HAZ habe in einem Artikel vom selben Tag („Terrorverdacht - aber Ministerium lehnte Razzia ab“) über Inhalte eines weiteren als „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ eingestuften Vermerks berichtet. k) In diesem Zusammenhang wurde am 20.04.2017 erneut Anzeige erstattet. Darin wird ausgeführt , der in der Anzeige vom 12.04.2017 genannte Vermerk des Ministeriums werde auch in einem Artikel des Rundblicks vom 18.04.2017 („Wäre Anis Amri bei Moscheekontrolle früh aufgespürt worden?“) zitiert. 10. Wann und wie hat die Landesregierung erstmals Kenntnis von den entsprechenden Ermittlungsverfahren erhalten? Die Justizministerin wurde am 12.12.2016 darüber informiert, dass die Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen eines möglichen Geheimnisverrats im Zusammenhang mit dem 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss führt. Eine Information über die tatsächliche Vorladung von Journalisten erfolgte nicht. Eine Information über ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen eines möglichen Geheimnisverrats im Zusammenhang mit dem 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nahm die Justizministerin am 12.01.2017 zur Kenntnis. Eine Information über die tatsächliche Vorladung von Journalisten erfolgte wiederum nicht. Die Unterrichtungen erfolgten durch die Abteilung IV (Strafrecht, Strafprozessrecht, Soziale Dienste ) des Justizministeriums. Eine Information an die Justizministerin über die Ladung mehrerer Journalisten erfolgte erst im Zusammenhang mit der Presseberichterstattung am 03.05.2017. Der Innenminister wurde ebenfalls nicht über die o. g. Vorladung von Journalisten bzw. die Inanspruchnahme von Zeugnisverweigerungsrechten informiert. Der Ministerpräsident hat erst am 03.05.2017 aus der Presse von den Vorgängen erfahren. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8266 6 Auch die übrigen Mitglieder der Landesregierung haben von den Vorgängen lediglich aus den Medien erfahren. 11. Wann hat Minister Pistorius erstmals Kenntnis davon erhalten, dass entsprechende Strafanzeigen erstattet werden sollen bzw. erstattet worden sind? Der Innenminister wurde ein paar Tage nach der durch Polizeivollzugsbeamte der Stabsstelle PUA erfolgten Anzeigenerstattung über die ihnen jeweils bekannt gewordenen strafrechtlich relevanten Sachverhalte in Kenntnis gesetzt. 12. Wurden im Zusammenhang mit den Verfahren gegen den Bundespräsidenten a. D. Christian Wulff Ermittlungen wegen des Verdachts des Geheimnisverrats o. Ä. geführt? Insoweit wurden Ermittlungen wegen des Verdachts des Geheimnisverrats bzw. des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht gemäß § 353 b StGB durch die Staatsanwaltschaften in Göttingen und Hannover geführt. 13. Kam es in diesem Zusammenhang ebenfalls zu Vernehmungen von Journalisten und Abgeordneten als Zeugen oder Beschuldigte? Die Staatsanwaltschaft Hannover richtete in diesem Zusammenhang in insgesamt drei Ermittlungsverfahren an insgesamt zwei Medien-Verlage Auskunftsersuchen. Die Auskunftsersuchen erfolgten am 16.04.2013, 25.04.2013 und 19.09.2013 und wurden allesamt unter Hinweis auf Zeugnisverweigerungsrechte nicht beantwortet. Die Staatsanwaltschaft Göttingen richtete am 15.09.2014 ein Auskunftsersuchen an einen Medien- Verlag. Auch dieses Auskunftsersuchen wurde unter Hinweis auf Zeugnisverweigerungsrechte nicht beantwortet. Vernehmungen von einzelnen Journalisten oder Abgeordneten fanden dabei nicht statt. 14. Wenn ja, in wie vielen Fällen und wann? Es wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 15. Wurden im Zusammenhang mit den Verfahren gegen den SPD-Abgeordneten Edathy Ermittlungen wegen des Verdachts des Geheimnisverrats o. Ä. geführt? Insoweit wurden Ermittlungen wegen des Verdachts des Geheimnisverrats bzw. des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht gemäß § 353 b StGB durch die Staatsanwaltschaften in Bückeburg, Göttingen, Hannover und Lüneburg geführt. Bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg sind noch drei Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht gemäß § 353 b StGB anhängig, die jeweils gegen Unbekannt geführt werden. 16. Kam es in diesem Zusammenhang ebenfalls zu Vernehmungen von Journalisten und Abgeordneten als Zeugen oder Beschuldigte? Vernehmungen von Journalisten oder Abgeordneten fanden insoweit nicht statt. Soweit ein ehemaliger Landtagsabgeordneter am 03.03.2014 als Zeuge vernommen wurde, fand die Vernehmung zu einem Zeitpunkt statt, als dessen Abgeordnetenmandat bereits beendet war. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8266 7 Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Edathy wurde insoweit auf den 13.08.2014 zur zeugenschaftlichen Vernehmung vorgeladen. Zu diesem Zeitpunkt war dessen Abgeordnetenmandat bereits beendet. Herr Edathy erschien nicht zum Vernehmungstermin. 17. Wenn ja, in wie vielen Fällen und wann? Es wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. (Ausgegeben am 13.06.2017) Drucksache 17/8266 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8000 Vorladung von Journalisten durch die Staatsanwaltschaft Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode, Christian Dürr und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums