Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8285 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8090 - Verhindert der Wachtelkönig den Bau eines Radschnellwegs im Landkreis Harburg? Anfrage des Abgeordneten Heiner Schönecke (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 09.05.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 17.05.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 14.06.2017, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung des Abgeordneten Der Bund will den Bau von Fahrradschnellwegen in ganz Deutschland fördern und damit auch Berufspendler in Ballungsräumen zum Umsteigen ermuntern. Was in der Metropolregion Hamburg in diesem Bereich möglich sein könnte, stellt jetzt Marcus Peter von der Technischen Universität Hamburg vor. „Potenzialanalyse für Radschnellwege“ ist der Titel der von der Metropolregion Hamburg in Auftrag gegebenen Studie. Darin wurden insgesamt 33 von Landkreisen und Kommunen vorgeschlagene Korridore rund um Hamburg untersucht. Auch im Landkreis Harburg wurden Strecken untersucht, u. a. der Korridor von Hamburg-Harburg über Neu Wulmstorf und Buxtehude nach Stade. In vielen Bereichen an dieser Strecke gibt es bereits Radwege oder landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzte Wirtschaftswege, die lediglich nur ertüchtigt werden müssten. In dem Bereich zwischen Neu Wulmstorf und Buxtehude verhindert seit Jahren der Wachtelkönig, dass überhaupt ein Radweg als Lückenschluss gebaut werden darf. Der Radweg soll parallel zur vorhandenen S-Bahn- und Metronomstrecke Hamburg–Cuxhaven verlaufen . Seit 2015 stehen in der Hansestadt Buxtehude und der Gemeinde Neu Wulmstorf die dafür notwendigen Gelder in den jeweiligen Haushaltsplänen bereit. Der ca. 1 km lange Radweg würde entlang des EU-Vogelschutzgebietes „Moore bei Buxtehude“ führen. Im Zuge des Planungsverfahrens teilte das Amt für Regionale Landesentwicklung mit, dass es für diese Trasse kein grünes Licht gebe. Der unter Artenschutz stehende Wachtelkönig sei eine besonders schützenswerte Spezies. Die Umweltverträglichkeitsprüfung habe ergeben, dass der Radweg entlang der S-Bahn so nicht gebaut werden könne. Das Landesamt beharrte darauf, dass sämtliche negativen Beeinträchtigungen für die Umwelt ausgeschlossen werden müssten. Um den geplanten Lückenschluss zu umfahren, müssen Radfahrer über Flurbereinigungswege ca. 5 km durch die „Moore bei Buxtehude“ fahren. Aufgrund der FFH- und EU-Vogelschutzproblematik wurde in der Unternehmensflurbereinigung Rübke unter der Leitung der Flurbereinigungsbehörde die Einrichtung eines Runden Tisches außerhalb der offiziellen Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange für sinnvoll erachtet. Die erste Sitzung fand am 03.02.2011 statt. Aufgabe und Ziel war es, die Interessen und Anforderungen der verschiedenen Planungsträger im Verfahrensgebiet frühzeitig artikulieren zu können, die verschiedenen Nutzungsinteressen zu koordinieren , die umzusetzenden Lösungen abzustimmen und je nach Anforderung im Plan über die gemeinschaftlichen Anlage oder in der Besitzeinweisung zu berücksichtigen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8285 2 Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung unterstützt die kommunalen Planungsträger einer Radwegeverbindung zwischen Buxtehude und Neu Wulmstorf. Alle weiteren Überlegungen stehen deswegen in einem engen Zusammenhang mit Konzepten zur Besucherlenkung, um geeignete Maßnahmen zu finden, die für eine nachhaltige Verbesserung in dem Schutzgebiet sorgen. Die Untersuchungen zur Besucherlenkung und die Suche nach Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung in dem Schutzgebiet dienen vorrangig einer schutzgebietsverträglichen Neuzuteilung der Feldstrukturen im Rahmen des anhängigen Flurbereinigungsverfahrens Rübke. Sie dient mittelbar auch anderen Planungsträgern, neue Ansätze für deren Planungen zu finden. Die Einrichtung des Runden Tisches steht im Kontext der naturschutzfachlichen Aspekte einschließlich der Planung des Wege- und Gewässernetzes nach § 41 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) in der Unternehmensflurbereinigung Rübke. Entsprechende Erläuterungen sind Bestandteile der Drucksachen 17/3484 vom 06.05.2015 und 17/6095 vom 04.07.2016. In enger Abstimmung mit den Kommunen, den Vertretern der unteren Naturschutzbehörden der Landkreise Stade und Harburg und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) - Geschäftsbereich Lüneburg - ist der Arbeitskreis Besucherlenkung am 16.12.2015 unter der Leitung des Amts für regionale Landesentwicklung Lüneburg (ArL LG) zusammengetroffen. Der Arbeitskreis hat bereits viermal getagt. Die örtlichen Untersuchungen der Besucherströme laufen zurzeit und erfassen die Situation über vier Jahreszeiten. Das Gutachten wird im Arbeitskreis nach dem Vorliegen der Ergebnisse ausgewertet. 1. In welchen Abständen finden die weiteren Sitzungen des Runden Tisches statt? Die weiteren Sitzungen des Runden Tisches sind in unregelmäßigen Abständen, abhängig von dem Planungsfortschritt der unternehmensbedingten Inhalte des Wege- und Gewässerplans, vorgesehen . 2. Wann waren die letzten Sitzungen des Runden Tisches (bitte alle Daten aufführen)? Die Sitzungen des Runden Tisches waren am 03.02.2011, 13.04.2011, 14.12.2011, 22.02.2012, 26.09.2012, 06.02.2013, 07.08.2013, 20.05.2014 und am 04.02.2015. Der Arbeitskreis zur Besucherlenkung hat getagt am 16.12.2015, 12.10.2016, 24.11.2016, 08.02.2017. 3. Wer wird zu den Sitzungen des Runden Tisches eingeladen? Ständige Mitglieder des Runden Tisches sind die Vertreter der Flurbereinigungsbehörde (ArL LG), die Landkreise Harburg und Stade als untere Naturschutzbehörden, die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr - regionaler Geschäftsbereich Stade - (NLStBV Stade) als Unternehmensträger , die Landwirtschaftskammer Niedersachsen als landwirtschaftliche Fachdienststelle - Bezirksstelle Bremervörde - (LWK Bremervörde) und die Teilnehmergemeinschaft Rübke (TG). Die Vertreter der beteiligten Kommunen sind zusätzliche Mitglieder, wenn deren unmittelbaren Interessen betroffen sind. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8285 3 4. Wer hat jeweils teilgenommen? Die in der Antwort zu Frage 3 aufgeführten Institutionen haben regelmäßig in wechselnder personeller Besetzung teilgenommen. Die Kommunalvertreter der Hansestadt Buxtehude und der Gemeinde Neu Wulmstorf waren nur am 04.02.2015 zur Vorstellung der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung zusätzlich geladen. 5. Auf welchen Sitzungen des Runden Tisches wurde das Thema „Radweg Gemeinde Neu Wulmstorf–Hansestadt Buxtehude“ thematisiert? Mit Verweis auf die Vorbemerkungen ist eine Radwegeverbindung als kommunale Interessenslage in der Sitzung am 04.02.2015 unmittelbar angesprochen worden. Auf den Sitzungen am 26.09.2012, am 06.02.2013, am 07.08.2013 und am 20.05.2014 ist die Verbindung Buxtehude–Neu Wulmstorf als Lückenschluss im landwirtschaftlichen Wegenetz und Bestandteil der Wege- und Gewässernetzplanung nach § 41 FlurbG diskutiert worden. 6. Welche Ergebnisse wurden bei den Sitzungen des „Runden Tisches“ in Bezug auf „Radweg Gemeinde Neu Wulmstorf–Hansestadt Buxtehude“ erzielt? Die landwirtschaftliche Wegeverbindung zwischen Buxtehude und Neu Wulmstorf hat wegen der erwarteten Umweltauswirkungen nach dem jetzigen Wissensstand keine Aussicht auf Realisierung. Eine kommunale Planung einer Radwegeverbindung liegt nicht vor und wird erst nach dem Vorliegen der Ergebnisse der Untersuchung zur Besucherlenkung erwartet. Die Unterstützung der kommunalen Planung über die Flurbereinigung ist grundsätzlich gegeben. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Untersuchung zur Besucherlenkung ist es den kommunalen Planungsträgern noch möglich, über das eigene Bau- und Planungsrecht die Radwegeplanung umzusetzen oder über die Konzentrationswirkung der Planfeststellung in der Flurbereinigung die Genehmigung zur Umsetzung gegebenenfalls zu erwirken (vgl. Drs. 17/6095). 7. Wer wurde über die Ergebnisse der Sitzungen des Runden Tisches informiert? Die Ergebnisse des Runden Tisches und der Wege- und Gewässerplanung liegen den Beteiligten vor. Die Ergebnisse aus dem Termin vom 04.02.2015 sind den Gemeinden Neu Wulmstorf und der Hansestadt Buxtehude zusätzlich zugegangen. Die Öffentlichkeit ist durch Pressemitteilungen des Amts für regionale Landesentwicklung und Berichterstattungen unterrichtet worden. 8. Ist das Landesamt für Regionale Landesentwicklung aufgrund der Sitzungen des Runden Tisches zu einer anderen Einschätzung in Bezug auf den „Radweg Gemeinde Neu Wulmstorf–Hansestadt Buxtehude“ gekommen? Das ArL LG ist für den Radweg Gemeinde Neu Wulmstorf–Hansestadt Buxtehude, mit Verweis auf die Vorbemerkungen und die Antworten zu den Fragen 1 und 5 bis 7 sowie die fehlenden Planungsvorlagen der kommunalen Planungsträger zu keiner anderen Einschätzung gekommen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8285 4 9. Wurde im Zusammenhang mit der „Potenzialanalyse für Radschnellwege“ die Problematik „Wachtelkönig/Radweg Gemeinde Neu Wulmstorf–Hansestadt Buxtehude“ beachtet ? Die „Potenzialanalyse für Radschnellwege“ wurde von der Metropolregion Hamburg in Auftrag gegeben und fand in Kooperation zwischen der Stadt Hamburg, mehreren Landkreisen und Städten in der Region, der Technischen Universität Hamburg sowie unter Begleitung von Verkehrsverbänden statt. Die Landesregierung war nicht Auftraggeberin der Potenzialanalyse und hat daher mögliche Aspekte einer späteren Machbarkeitsstudie wie die Problematik „Wachtelkönig/Radweg Gemeinde Neu Wulmstorf–Hansestadt Buxtehude“ nicht in die Aufgabenstellung eingebracht. Nach Erkenntnis der Landesregierung hat die Technische Universität Hamburg für die Potenzialanalyse 33 abstrakte Korridore in der Metropolregion untersucht. Konkrete Strecken werden erst im Zuge einer späteren Machbarkeitsstudie ermittelt. Im Ergebnis zeigt die Studie auf, welche Korridore für Radschnellwege im Sinne von Erreichbarkeitsverbesserungen sinnvoll sind. Konkrete Streckenführungen stehen nach Aussage der Metropolregion noch nicht fest, sondern sind nun im Rahmen nachfolgender Machbarkeitsstudien zu ermitteln. Die Kommunikation der Potenzialuntersuchung liegt bei der Auftraggeberin. 10. Wenn nein, warum wurde Herr Marcus Peter von der Technischen Universität Hamburg nicht über die Problematik „Wachtelkönig/Radweg Gemeinde Neu Wulmstorf– Hansestadt Buxtehude“ informiert? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 11. Wenn ja, auf welchen neuen Erkenntnissen in Bezug auf „Radweg Gemeinde Neu Wulmstorf –Hansestadt Buxtehude“ basiert die „Potenzialanalyse für Radschnellwege“ für den Korridor „Hamburg-Harburg über Neu Wulmstorf und Buxtehude nach Stade“ Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 12. Wann war die letzte Sichtung eines Wachtelkönigs in den „Mooren bei Buxtehude“? Die letzte Brutzeitfeststellung stammt aus dem vergangenen Jahr (2016). Beim Wachtelkönig handelt es sich um eine Zugvogelart, die erst spät in ihre Brutgebiete zurückkehrt. Die Kartierung der Bestände beginnt deshalb auch erst Ende Mai, sodass diesjährige Bestandszahlen erst im Herbst 2017 zur Verfügung stehen. Die Erfassung von Wachtelkönigen erfolgt standardmäßig anhand der unverwechselbaren, charakteristischen Rufe. Sichtungen sind kein geeignetes Nachweisverfahren, da die Art heimlich und versteckt lebt. 13. Wie hoch ist die Population des Wachtelkönigs in den „Mooren bei Buxtehude“? Für den Landkreis Harburg liegen aus dem vergangenen Jahr zwei Brutzeitfeststellungen vor. Eine weitere Brutzeitfeststellung gibt es für dieses kreisübergreifende EU-Vogelschutzgebiet aus dem Zuständigkeitsbereich des Landkreises Stade. Der Landkreis Harburg hat ferner mitgeteilt, dass eines der beiden dort nachgewiesenen Paare sich im Bereich des geplanten Radwegs befunden hat. Dieser Teilraum unterliegt aktuell noch keinem erhöhten Erholungsdruck und ist somit als sehr ruhig zu bewerten. Nach Angaben des Landkreises Harburg haben sich in den vergangenen Jahren die Lebensbedingungen des Wachtelkönigs nicht zuletzt durch einen ungezügelten Erholungsdruck deutlich verschlechtert. Zum Zeitpunkt der Meldung als EU-Vogelschutzgebiet wies das Gebiet noch 24 Brutpaare auf, wobei Wachtelkönigbestände witterungsbedingt durchaus stärkeren Fluktuationen unterliegen können. Der Landkreis Harburg sieht sich derzeit insgesamt erheblichen Anstrengungen zur Verbesserung der Lebensraumsituation für diese Art gegenüber. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8285 5 14. Gibt es Fotos oder andere Beweise für die Existenz des Wachtelkönigs? Das Monitoring des Wachtelkönigs erfolgt nach feldornithologisch anerkannten Standards durch den Nachweis rufender Individuen. Sichtungen oder Fotos sind nicht erforderlich. 15. Auf welchen Erkenntnissen basiert die Antwort auf Frage 12? In den Mooren bei Buxtehude erfolgt seit 1998 ein Monitoring des Wachtelkönigs, ab 2006 in jährlichem Turnus. 16. In welchen Jahresabschnitten hält sich der Wachtelkönig in den „Mooren bei Buxtehude “ auf? Der Wachtelkönig ist von Mai bis Ende September/Anfang Oktober anzutreffen. 17. Welchen Einfluss hat das Umfahren des geplanten Lückenschlusses durch die „Moore bei Buxtehude“ auf den Wachtelkönig? Nach Darstellung des Landkreises Harburg befindet sich im Bereich des Lückenschlusses ein noch sehr ruhiger Bereich mit besonderer Bedeutung für den Wachtelkönig. Der Lückenschluss würde diesen Bereich für die Erholungsnutzung insgesamt (nicht nur für Radfahrer) erschließen und damit auch Querwege anbinden. Eine Umfahrung dieses Lückenschlusses würde diese zusätzliche Erschließung und Beunruhigung vermeiden. Zu diesem Punkt gibt es nach Mitteilung des Landkreises eine intensive Diskussion im Rahmen einer Verträglichkeitsstudie. 18. Wann wird das Verfahren Runder Tisch abgeschlossen sein? Das Verfahren des Runden Tisches wird mit der Einleitung der Planfeststellung nach § 41 FlurbG vorerst abgeschlossen sein. Der Termin für die Planfeststellung des Planes nach § 41 FlurbG ist für 2018 vorgesehen. (Ausgegeben am 16.06.2017) Drucksache 17/8285 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8090 Verhindert der Wachtelkönig den Bau eines Radschnellwegs im Landkreis Harburg? Anfrage des Abgeordneten Heiner Schönecke (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz