Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8294 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8085 - Neue Bestimmungen im Bestattungsgesetz Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 08.05.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 16.05.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 14.06.2017, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung der Abgeordneten Das Bundesland Niedersachsen will durch einen Gesetzesentwurf die Leichenschau neu regeln. Vorgesehen ist, dass der zuständige Mediziner sich bei Anhaltspunkten, die für einen nicht natürlichen Tod sprechen, mit den Behörden in Verbindung setzen soll. Vorbemerkung der Landesregierung Bereits das seit dem 01.01.2006 geltende Niedersächsische Bestattungsgesetz verpflichtet die eine Leichenschau durchführende ärztliche Person zur Benachrichtigung der Polizei oder der Staatsanwaltschaft , wenn ein Anhaltspunkt für einen nicht natürlichen Tod besteht. Die Benachrichtigungspflicht besteht nach § 4 Abs. 4 Satz 1 ebenso, wenn die Todesart ungeklärt ist oder die Ärztin oder der Arzt die verstorbene Person nicht in angemessener Zeit identifizieren kann. Der Gesetzgeber hat sich bei der Wahl des Begriffs „nicht natürlicher Tod“ auf die gleich lautende Formulierung in § 159 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) berufen (vgl. die Gesetzesbegründung, Drs. 15/1150, Begründung, Teil B, zu § 3). Nach § 159 Abs. 1 StPO sind die Polizei- und Gemeindebehörden zur sofortigen Anzeige an die Staatsanwaltschaft oder an das Amtsgericht verpflichtet, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass jemand eines nicht natürlichen Todes gestorben ist, oder wenn der Leichnam eines Unbekannten gefunden wird. Der aktuelle Gesetzentwurf sieht in § 4 Abs. 4 vor, dass die Ärztin oder der Arzt die Polizei oder die Staatsanwaltschaft unverzüglich zu benachrichtigen hat, wenn 1. Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Tod durch eine Selbsttötung, einen Unfall oder ein Einwirken Dritter (nicht natürlicher Tod) verursacht ist, 2. Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Tod durch eine ärztliche oder pflegerische Fehlbehandlung verursacht ist, 3. Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Tod auf Komplikationen im medizinischen Verlauf zurückzuführen ist, 4. die verstorbene Person nicht sicher identifiziert werden kann, 5. der Tod in amtlichem Gewahrsam eingetreten ist, 6. die verstorbene Person das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, es sei denn, dass der Tod zweifelsfrei auf eine Vorerkrankung zurückzuführen ist, oder 7. bereits fortgeschrittene oder erhebliche Veränderungen der Leiche eingetreten sind, Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8294 2 und, soweit nicht unzumutbar, das Eintreffen der Polizei oder der Staatsanwaltschaft abzuwarten hat. Die vorgesehene Neuregelung der ärztlichen Meldepflicht ersetzt die bisherige Pflicht zur Feststellung der Todesart (natürlich/nicht natürlich/ungeklärt). Sie soll der Rechtsklarheit dienen, indem konkrete Fallgestaltungen benannt werden, in denen die Strafverfolgungsbehörden eigenständige Feststellungen treffen können, ob ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist. Der zukünftige Verzicht auf die Kategorie „Todesart“ beseitigt zudem die bisherige Gefahr der Verwechslung mit der weiterhin bestehenden Kategorie „Todesursache“, der eine wichtige Rolle im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung zukommt. 1. Wie viele speziell geschulte Staatsanwälte sind für solche Verdachtsfälle vorhanden, und ist nach Ansicht der Landesregierung diese Anzahl ausreichend? Niedersachsen verfügt über drei General- und elf Staatsanwaltschaften. Zu den Aufgaben der Staatsanwaltschaften gehört die Ermittlung in allen Todesfällen, bei denen sie nach § 159 Abs. 1 StPO über Anhaltspunkte dafür benachrichtigt worden sind, dass jemand eines nicht natürlichen Todes gestorben ist, oder darüber benachrichtigt worden sind, dass der Leichnam einer unbekannten Person gefunden worden ist. 2. Wie viel neues Personal in den Staatsanwaltschaften wird für die geplante Ausweitung der Untersuchung von Verdachtsfällen eingeplant? Speziell aus Anlass der Änderung des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen erfolgt keine Personalaufstockung bei den niedersächsischen Staatsanwaltschaften. Mit dem Haushaltsplan 2017/2018 werden die Staatsanwaltschaften aber allein für eine bedarfsgerechte Personalausstattung um insgesamt 29 neue Stellen in allen Diensten, davon sieben für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, verstärkt. Die Landesregierung wird die Entwicklung der Belastung bei den Staatsanwaltschaften weiter beobachten. Sollten sich längerfristige Mehrbedarfe abzeichnen , werden diese gegebenenfalls im Rahmen des kommenden Haushaltsaufstellungsverfahrens Berücksichtigung finden. 3. Wie hoch ist das Budget, welches für die Obduktionen erforderlich ist, und wie viele Obduktionen können hierfür im Jahr ungefähr durchgeführt werden? Ein besonderes Budget für Obduktionen wird im Justizhaushalt nicht veranschlagt. Wenn Obduktionen durch die Strafverfolgungsbehörden nach der StPO angeordnet werden, zählen die in diesem Zusammenhang entstandenen Aufwendungen zu den Sachverständigenleistungen und werden in den Kapiteln 11 19 bis 11 21 (Staatsanwaltschaften - Generalstaatsanwaltschaften Braunschweig, Celle und Oldenburg) bei dem Titel 532 13 (Sachverständigenentschädigungen) gebucht. Zahlen über den Anteil der Kosten für Obduktionen an den Gesamtausgaben stehen nicht zur Verfügung. Bei Titel 532 13 sind sämtliche Sachverständigenentschädigungen veranschlagt, die im Rahmen der Strafverfolgung anfallen können. Bei diesem Titel können jederzeit überplanmäßige Ausgaben aufgrund allgemeiner Einwilligung des MF geleistet werden (Nr. 10.5 der Haushaltsführungsrichtlinie , RdErl. d. MF v. 01.12.2016, Nds. MBl. S. 1250). Damit ist sichergestellt, dass alle für notwendig erachteten Obduktionen durch die Strafverfolgungsbehörden beauftragt werden können. 4. Stehen genügend qualifizierte Pathologen in Niedersachsen zur Verfügung, die eine Leichenschau durchführen können? Die von der Staatsanwaltschaft oder auf ihren Antrag vom Richter nach § 87 StPO angeordnete Leichenschau ist unter Zuziehung eines Arztes vorzunehmen. Qualifizierte Pathologen werden für eine Leichenöffnung benötigt, die nach § 87 Abs. 2 StPO von zwei Ärzten vorzunehmen ist, von denen einer Gerichtsarzt oder Leiter eines öffentlichen gerichtsmedizinischen oder pathologischen Instituts oder ein von dem Institutsleiter beauftragter Arzt des Instituts mit gerichtsmedizinischen Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8294 3 Fachkenntnissen sein muss. Korrespondierend schreibt Nr. 34 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) vor, dass die Leichenöffnung von einer Obduzentin oder einem Obduzenten vorzunehmen ist. Nachdem es im Jahr 2016 zu zeitlichen Verzögerungen bei der Erstellung der Obduktionsgutachten gekommen war, ist es gelungen, die Finanzierung der Rechtsmedizinischen Institute für die Jahre 2017 und 2018 aufzustocken. Der Landtag hat im Haushalt für die Jahre 2017 und 2018 für das Rechtsmedizinische Institut in Hannover einen zusätzlichen Betrag von ca. 1 000 000 Euro pro Jahr (Ansatzerhöhung im Haushalt des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur in Höhe von 980 000 Euro im Haushaltsjahr 2017 und 1 000 000 Euro im Haushaltsjahr 2018) und für das Rechtsmedizinische Institut in Göttingen einen zusätzlichen Betrag von ca. 200 000 Euro (Ansatzerhöhung im Haushalt des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur in Höhe von 211 000 Euro im Haushaltsjahr 2017 und 216 000 Euro im Haushaltsjahr 2018) beschlossen. (Ausgegeben am 19.06.2017) Drucksache 17/8294 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8085 Neue Bestimmungen im Bestattungsgesetz Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung