Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8297 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8101 - Arbeitsassistenzen für im Landesdienst beschäftigte Menschen mit Behinderung Anfrage der Abgeordneten Gudrun Pieper, Dr. Max Matthiesen, Volker Meyer, Burkhard Jasper , Petra Joumaah und Annette Schwarz (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 10.05.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 18.05.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 15.06.2017, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung der Abgeordneten Menschen mit Behinderung haben über § 102 SGB IX im Rahmen der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben u. a. Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz durch das Integrationsamt. Dies kann auch im Rahmen der Gewährung eines persönlichen Budgets geschehen . Arbeitsassistenzen für im Landesdienst beschäftigte Menschen mit Behinderung sind entweder selbst im Landesdienst beschäftigt, oder sie stehen in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zum anspruchsberechtigten Menschen mit Behinderung. Im ersten Fall zahlt das Integrationsamt die Kosten der Arbeitsassistenz an die Dienststelle, im zweiten Fall an den anspruchsberechtigten Menschen mit Behinderung. Die Arbeitsassistenz erwirbt im ersten Fall Ansprüche auf eine Zusatzversorgung durch die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, im zweiten Fall nicht. Für die Arbeitsassistenz macht die Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses somit einen erheblichen Unterschied. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Gemäß § 102 Abs. 4 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) i. V. m. § 17 Abs. 1 a der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) haben Menschen mit Behinderungen im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamtes für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln der Ausgleichsabgabe Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz . Es handelt sich hierbei um eine Leistung an die Menschen mit Behinderungen. Diese haben bei der Ausführung der Leistung gemäß § 9 SGB IX ein Wunsch- und Wahlrecht. Das bedeutet, dass die berechtigten Wünsche der Menschen mit Behinderungen bei der Leistungsgewährung berücksichtigt werden. Leistungen des Integrationsamts an Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen erfolgen immer als „personelle Unterstützung“ (nicht als Assistenzleistung , diese kann nur gegenüber Menschen mit Behinderungen gewährt werden gemäß Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8297 2 § 27 SchwbAV). Dies gilt auch, wenn Arbeitgeberin oder Arbeitgeber zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen Personen einstellen oder z. B. bereits beschäftigte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihre Arbeitszeit erhöhen, um Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. Auf die besondere Verpflichtung des öffentlichen Dienstes durch die Richtlinien zur gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen am Berufsleben im öffentlichen Dienst (Schwerbehindertenrichtlinien - SchwbRl) vom 15.03.2016 (Nds. MBL 2016, 394) - hier insbesondere Nr. 6.3 - wird hingewiesen. 1. Kann der im Landesdienst beschäftigte Mensch mit Behinderung selbst darüber entscheiden , ob die notwendige Arbeitsassistenz bei ihm selbst oder bei seinem Arbeitgeber beschäftigt wird? Falls nein, bitte begründen, weshalb nicht. 2. Falls der Arbeitgeber entscheidet, wie das Beschäftigungsverhältnis der Arbeitsassistenz ausgestaltet wird, anhand welcher Kriterien trifft er diese Entscheidung? Menschen mit Behinderungen haben bei der Leistungsart „Arbeitsassistenz“ die Möglichkeit zu wählen zwischen dem Arbeitgebermodell (die Assistenzkraft wird von den Menschen mit Behinderungen selbst angestellt; die Menschen mit Behinderungen werden selbst Arbeitgeberin oder Arbeitgeber der Assistenzkraft) und dem Dienstleistungsmodell (eine Dienstleisterin oder ein Dienstleister stellt die Assistenzkraft zur Verfügung und stellt seine Kosten den Menschen mit Behinderungen in Rechnung). Das Dienstleistungsmodell hat für Menschen mit Behinderungen den Vorteil, dass sie nicht mit den Pflichten als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber belastet sind. Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber der Menschen mit Behinderungen entscheidet nicht allein, wie das Beschäftigungsverhältnis der Arbeitsassistenz gestaltet wird. Zunächst muss im Einzelfall geprüft werden, welche Tätigkeiten im Rahmen der Arbeitsassistenz aufgrund der anerkannten Behinderung notwendig sind. Danach erfolgt gemeinsam mit den betroffenen Menschen mit Behinderungen und der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber die Klärung, wie die notwendigen Unterstützungsleistungen erbracht werden können. Es kann dabei auch vorkommen, dass ein Teil der Assistenzleistung durch personelle Unterstützung einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers nach § 27 SchwbAV und die weiteren notwendigen Leistungen durch eine externe Assistenzkraft gemäß § 102 Abs. 4 SGB IX i. V. m. § 17 Abs. 1 a SchwbAV erbracht wird. Mischformen sind also denkbar. 3. Spielt es dabei eine Rolle, ob die Arbeitsassistenz bereits im Landesdienst beschäftigt ist oder ob diese neu eingestellt werden muss (bitte Antwort begründen)? Die durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber bereitgestellte personelle Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen kann sowohl durch eine bereits beschäftigte Mitarbeiterin oder einen bereits beschäftigten Mitarbeiter erbracht werden als auch durch eine Neueinstellung. Die finanzielle Belastung der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers durch die Bereitstellung personeller Unterstützung kann dabei durch das Integrationsamt mit Leistungen gemäß § 27 SchwbAV zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen, die nach Art und Schwere der Behinderung im Arbeits- und Berufsleben besonders betroffen sind (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bis d SGB IX), gefördert werden (siehe Vorbemerkung). 4. Befürwortet die Landesregierung eine einheitliche Verfahrensweise bei der Beschäftigung von Arbeitsassistenzen für im Landesdienst beschäftigte Menschen mit Behinderung ? Falls nein, weshalb nicht? Nein. Jeder zu entscheidende Fall ist individuell zu prüfen. Die Beschäftigungssituationen in den einzelnen Behörden und Dienststellen sind sehr unterschiedlich. Die Behinderungsarten, die zur Notwendigkeit einer Arbeitsassistenz führen, sind ebenfalls sehr verschieden. Dazu kommt das jeweilige individuelle Leistungsvermögen von Menschen mit Behinderungen in Abhängigkeit zu der Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8297 3 geschuldeten Arbeitsleistung. In jedem Einzelfall muss festgestellt werden, welche Art und welcher Umfang der Assistenzleistung notwendig sind und wie in diesem speziellen Fall die Lösung aussehen kann. Das Integrationsamt setzt sich in enger Abstimmung mit der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber und den betroffenen Menschen mit Behinderungen dafür ein, eine speziell auf die gesundheitlichen Einschränkungen der Menschen mit Behinderungen ausgerichtete Lösung zu finden , die auch die betrieblichen Gegebenheiten berücksichtigt. Eine einheitliche Verfahrensweise bei der Erarbeitung individueller Lösungen wäre nicht zielführend. (Ausgegeben am 19.06.2017) Drucksache 17/8297 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8101 Arbeitsassistenzen für im Landesdienst beschäftigte Menschen mit Behinderung Anfrage der Abgeordneten Gudrun Pieper, Dr. Max Matthiesen, Volker Meyer, Burkhard Jasper, Petra Joumaah und Annette Schwarz (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung