Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8348 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8155 - Wann ist der zweite SEK-Standort einsatzbereit? Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 24.05.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 29.05.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 19.06.2017, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten In einer Presseinformation am 16. Mai 2017 teilte das Innenministerium mit, dass zukünftig in Oldenburg ein zweiter Standort eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) eingerichtet werden soll. Dafür sollen 20 zusätzliche Beamte dem Landeskriminalamt zugewiesen werden. Vorbemerkung der Landesregierung Die aktuelle Sicherheitslage in Deutschland und damit auch in Niedersachsen erfordert eine ständige Überprüfung der taktisch-organisatorischen Konzepte sowie der Einsatzmöglichkeiten der Polizei Niedersachsen. In diesem Zusammenhang galt es für das Flächenland Niedersachsen auch die bisherige Ein-Standort-Lösung für das SEK Niedersachsen in Hannover konkret zu überdenken und gegebenenfalls zu optimieren. In den letzten Jahren ist eine sukzessiv anwachsende Einsatzbelastung des SEK Niedersachsen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht festzustellen. Hervorzuheben sind hierbei die Einbindungen des SEK u. a. in Einsatzlagen im Zusammenhang mit Clankriminalität, aber auch im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Islamismus. Die Ermittlungen und Beweismittelsicherungen in diesen polizeilichen Themenfeldern machen eine professionelle Einsatzbewältigung unter Einbindung von polizeilichen Spezialeinheiten unumgänglich. Darüber hinaus ergeben sich vermehrt auch SEK-Einsatzlagen aufgrund von zunächst unbestimmten Bedrohungs- und Gefahrenlagen insgesamt. Wesentliche Argumente für einen Ausbau der Flächenpräsenz des SEK NI und einer damit einhergehenden Personalaufstockung sind insbesondere die Professionalität und Reaktionsfähigkeit bei der möglichen Bewältigung von hochrisikobehafteten Lagen, insbesondere terroristischen Bedrohungs - und Anschlagsszenarien. Damit verbunden ist die Präsenzerhöhung im nordniedersächsischen Bereich (einschließlich Ostfriesischer Inseln) und eine damit verbundene nicht unerhebliche Verkürzung der Interventionszeiten bei möglichen Einsatzlagen, insbesondere Bedrohungsszenarien , vordringliches Ziel. Mit einem weiteren Standort in Oldenburg und einer damit verbundenen personellen Verstärkung des SEK NI soll die Verfügbarkeit des SEK NI nicht nur im nördlichen Bereich von Niedersachsen, sondern in allen Bereichen des Landes optimiert werden. Gleichzeitig könnten damit Wegstrecken zu möglichen Einsatzorten verkürzt werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8348 2 1. Wann wurde die Entscheidung getroffen, einen zweiten Standort für ein SEK in Oldenburg einzurichten? Als Ergebnis der fachlichen Prüfung sowie der Erörterung verschiedener Standortalternativen erfolgte die Entscheidung im Landespolizeipräsidium über die Einrichtung eines zweiten Standortes des SEK NI in Oldenburg im April 2017. 2. Wer war an diesem Entscheidungsprozess beteiligt? An dem Entscheidungsprozess zur Einrichtung eines zweiten Standorts des SEK NI in Oldenburg waren der Landespolizeipräsident und die thematisch betroffenen/zuständigen Referate der Abteilung 2 (Referate 21, 23, 24, 25 und 26) des Ministeriums für Inneres und Sport (MI) beteiligt. 3. Welche Gründe haben zu dieser Entscheidung geführt? Siehe Vorbemerkung. 4. Warum wurde Oldenburg als zweiter Standort ausgewählt? Die Anforderungen an die Unterbringung und Infrastruktur für ein SEK sind vielfältig und höher als sie für übliche Polizeidienststellen bestehen. Insbesondere die Sicherung der Liegenschaft ist von hohem Stellenwert. Gesucht wurde deshalb nach einer Liegenschaft, die neben einer strategisch günstigen und einer für das künftige Einsatzgebiet zentralen Lage mit einer Autobahnanbindung, auch eine adäquate Sicherung der Gebäude und weiteren Infrastruktur, einschließlich Trainingsmöglichkeiten , aufwies. Die für die Unterbringung des SEK NI geplante landeseigene Liegenschaft der Polizeiakademie Niedersachsen in Oldenburg erfüllt alle Voraussetzungen für die Unterbringung des zweiten SEK- Standortes. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Wurden auch andere Städte als Standort erwogen? Ja, im Ergebnis schieden andere Standorte allerdings aus. 6. Wann wird das SEK am Standort Oldenburg einsatzbereit sein? Angestrebt wird, dass der Teilstandort des SEK NI in Oldenburg im Laufe des Jahres 2018 einsatzfähig ist. Ein konkreter Zeitpunkt dazu kann allerdings nicht genannt werden, da die Einsatzfähigkeit das Ergebnis eines Prozesses ist, der in Teilbereichen zeitlich vorgegeben ist und nicht beschleunigt werden kann (z. B. Rekrutierung und spezielle Ausbildung von zusätzlichem (SEK-)Beamten , Vorlaufzeit für die Beschaffung von speziellen Führungs- und Einsatzmitteln, Herrichtung geeigneter Räumlichkeiten). Die Umsetzbarkeit dieser Planungen hängt im Wesentlichen auch vom Zeitpunkt des Erfolgs der notwendigen Personalgewinnung ab. Zur Herstellung einer frühestmöglichen Einsatzbereitschaft hat dieser Umsetzungsprozess allerdings bereits begonnen und wird priorisiert betrieben. 7. Für welche Einsatzlagen soll das 20-köpfige Einsatzkommando eingesetzt werden? Nach dem Erlass des MI vom 20.12.2013 wird des SEK NI insbesondere dann eingesetzt, wenn die Lage ein geschlossenes Vorgehen - offen oder verdeckt - unter Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Gewalttäter erfordert. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8348 3 Der Einsatz des SEK NI kommt in Betracht a) zur Durchführung gefahrenabwehrender und strafprozessualer Maßnahmen mit hohem Gefährdungsgrad , u. a. bei der Bewältigung von Sonderlagen gemäß PDV 131 (Entführungen), PDV 132 (Geiselnahmen), PDV 133 (Einsatz bei herausragenden Erpressungen), PDV 100 (Führung und Einsatz der Polizei, Nrn. 4.11 und 4.12 Bedrohungs- und Amoklagen) und PDV 129 (Personen- und Objektschutz), b) zur Durchführung polizeilicher Rettungsmaßnahmen für Menschen oder besonders wertvolle Güter in außergewöhnlichen Lagen mit hohem Gefährdungsgrad, c) bei Einsätzen gegen terroristische Gewalttäter, d) bei Einsätzen zur Bekämpfung der schweren und organisierten Kriminalität, e) zur Durchführung verdeckter oder offener Schutzmaßnahmen in polizeilichen Sonderlagen und f) für Maßnahmen bei sonstigen Einsatzanlässen, die durch das Erfordernis taktischer und/oder technischer Spezialkenntnisse und/oder -möglichkeiten gekennzeichnet sind. Diese Einsatzgrundsätze und auch die sonstigen Regelungen für das SEK NI (u. a. Alarmierung und Landesbereitschaft) werden auch für den Einsatz und den Dienstbetrieb des Teilstandorts des SEK NI in Oldenburg gelten; die o. a. Erlasslage des MI wird nach Herstellung der Einsatzbereitschaft in Oldenburg entsprechend aktualisiert. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. 8. Wird das neue Kommando nur im Bereich Oldenburg eingesetzt oder in die Landeslage der Spezialeinheiten integriert werden? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen; im Rahmen der Landesbereitschaft des SEK NI kommt grundsätzlich u. a. auch ein landesweiter Einsatz von SEK-Kräften des Teilstandorts Oldenburg infrage . 9. Wird für den neuen Standort neue Ausrüstung und Equipment angeschafft oder wird diese aus dem Standort in Hannover abgezogen? Das Spezialeinsatzkommando Niedersachsen verfügt entsprechend der zugewiesenen Aufgabenstellung über umfangreiche Sonderausstattungen. Sie sind in einem sogenannten Sollausstattungskatalog abgebildet und werden laufend aktualisiert, um u. a. die Erfüllung polizeitaktischer Erfordernisse sowie die Kompatibilität im länderübergreifenden Einsatz zu gewährleisten. Die Einzelheiten der SEK-Sollausstattung sind geheimhaltungsbedürftig und unterliegen der Verschlusssachenanweisung mindestens in der Stufe „VS-Nur für den Dienstgebrauch“. Damit Handlungsmöglichkeiten des SEK an beiden Standorten gewährleistet werden können, ist die Beschaffung von zusätzlicher Ausrüstung unumgänglich. Diese Neubeschaffungen werden auf Grundlage der o. g. Sollausstattung vorgenommen. Übergangsweise muss jedoch auf vorhandene Ausstattung aus Hannover zurückgegriffen werden, da vielfach Lieferzeiten von mehr als einem Jahr gegeben sind. Die persönliche Ausstattung der dem SEK angehörigen Polizeivollzugsbeamten (PVB) wird im Falle eines Standortwechsels von Hannover nach Oldenburg mit versetzt und nicht neu beschafft. 10. Wie viele Personen werden insgesamt neu in Oldenburg stationiert werden? Die Angaben zu konkreten Personalstärken in Spezialeinheiten sind geheimhaltungsbedürftig, unterliegen ebenfalls der Verschlusssachenanweisung mit dem Geheimhaltungsgrad „VS - Nur für den Dienstgebrauch“ und können insofern nicht offengelegt werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8348 4 Die Landesregierung ist allerdings bereit, den geplanten Kräfteansatz für den SEK-Standort in Oldenburg in einer für vertraulich zu erklärenden Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport darzulegen. 11. Wird mit einem 20-köpfigen Kommando eine vierundzwanzigstündige Einsatzbereitschaft möglich sein? Nein, allerdings ist vorgesehen, dass das LKA NI mit dem tatsächlich geplanten Kräfteansatz am künftigen SEK-Standort in Oldenburg grundsätzlich eine durchgängige Einsatzbereitschaft (24/7) gewährleisten wird. 12. Wie viele Einsätze von SE-Kommandos gab es in den Jahren 2015 und 2016 (bitte nach Landkreisen aufschlüsseln)? Die Beantwortung der o. g. Frage ist auf die Einsatzzahlen des SEK NI beschränkt. Einsätze der zu den Spezialeinheiten (SE) zählenden dislozierten Mobilen Einsatzkommandos (MEK) werden in den nachfolgenden Tabellen nicht abgebildet. Eine statistische Erhebung der Einsatzzahlen des SEK NI wird vom Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA NI) - losgelöst vom eigentlichen konkreten Einsatzort - lediglich auf die sachlichen Zuständigkeiten der einzelnen Polizeibehörden (LKA NI, den Polizeidirektionen Braunschweig, Göttingen , Hannover, Lüneburg, Oldenburg und Osnabrück; Anforderungen aus anderen Bundesländern ) bezogen. Darüber hinaus werden regelmäßig mehrere Einsatzorte in einem Einsatzanlass zusammengefasst. Eine örtliche Zuordnung auf Landkreisebene kann deshalb nicht vorgenommen werden. Im Jahr 2015 wurde das SEK NI in insgesamt 171 Einsatzlagen eingesetzt. Hierbei verteilen sich diese Einsatzlagen wie folgt auf die einzelnen Behörden bzw. andere Bundesländer: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8348 5 Im Jahr 2016 wurde das SEK NI in insgesamt 203 Einsatzlagen eingesetzt. Hierbei verteilen sich diese Einsatzlagen wie folgt auf die einzelnen Behörden bzw. auf andere Bundesländer: 13. In wie vielen Fällen musste in den Jahren 2015 und 2016 ein SEK aus einem anderen Bundesland angefordert werden (bitte nach Landkreisen aufschlüsseln)? Die gegenseitige Unterstützung der Bundesländer bei Einsatzanlässen auch mit Kräften der Spezialeinheiten ist nichts Außergewöhnliches und übliche Praxis. Im Jahr 2015/2016 erfolgten über die Koordinierungsstelle Spezialeinheiten (KOST-SE) im LKA NI in zwölf (2015) bzw. 18 (2016) Fällen /Einsatzanlässen die Anforderungen von SEK anderer Bundesländer wie folgt: 2015 Nr. Behörde Anfordernde Dienststelle 1 PD Lüneburg ZKI Lüneburg 2 PD Lüneburg ZKI Lüneburg 3 PD Oldenburg PI Oldenburg 4 PD Hannover ZKD Hannover 5 PD Hannover ZKD Hannover 6 PD Hannover ZKD Hannover 7 PD Hannover PI Ost 8 PD Lüneburg PI Celle 9 LKA NI eigenes Verfahren 10 LKA NI eigenes Verfahren 11 PD Hannover Zentraler Kriminaldienst 12 PD Hannover Zentraler Kriminaldienst 2016 Nr. Behörde Anfordernde Dienststelle 1 LKA NI eigenes Verfahren 2 LKA NI eigenes Verfahren 3 LKA NI eigenes Verfahren 4 PD Braunschweig PI Wolfsburg 5 PD Braunschweig PI Gifhorn 6 PD Lüneburg ZKI Lüneburg Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8348 6 2016 Nr. Behörde Anfordernde Dienststelle 7 PD Lüneburg ZKI Lüneburg 8 PD Lüneburg PI Harburg 9 PD Oldenburg PK Achim 10 PD Oldenburg PI Verden 11 PD Oldenburg PI Cuxhaven 12 PD Oldenburg PI Cuxhaven 13 PD Oldenburg ZKI Oldenburg 14 PD Osnabrück PI Emden/Leer 15 PD Osnabrück PI Emden/Leer 16 PD Osnabrück PI Emden/Leer 17 PD Osnabrück PI Emsland/Grafschaft Bentheim 18 PD Osnabrück ZKI Osnabrück Aufgeführt sind Anforderungen von mindestens einer SEK-Gruppe eines anderen Bundeslandes, wobei es sich bei drei Anforderungen in 2015 um Einsatzanlässe gehandelt hat, bei denen SEK- Kräfte mehrerer Bundesländer angefordert wurden. Einsatzführende Behörden und anfordernde Dienststellen ergeben sich aus den o. a. Tabellen, wobei auch hier eine Aufschlüsselung auf Landkreisebene (siehe Antwort zu Frage 12) nicht möglich ist. Darüber hinaus ist zu beachten, dass unter einer niedersächsischen Einsatzleitung auch der Einsatz von nicht niedersächsischen SEK-Kräften im dortigen (eigenen) Land erfolgte (z. B. die zeitgleiche Umsetzung von Durchsuchungsbeschlüssen auch außerhalb Niedersachsens). Darüber hinaus waren einzelne (hier nicht aufgeführte) Einsatzanlässe zu verzeichnen, bei denen zunächst angeforderte SEK-Kräfte nicht zum Einsatz kamen bzw. nur einzelne (Spezial-)Kräfte zur Unterstützung eigener Kräfte angefordert wurden. (Ausgegeben am 22.06.2017) Drucksache 17/8348 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8155 Wann ist der zweite SEK-Standort einsatzbereit? Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport