Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8350 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8132 - Bodenschutz in den Landesforsten Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 18.05.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 23.05.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 21.06.2017, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung der Abgeordneten Als Reaktion auf die Waldschäden, die Mitte der 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts erkannt wurden , beschloss die Bundesregierung, Gegenmaßnahmen einzuleiten sowie - auch als Kontrolle über deren Erfolg - im gesamten Bundesgebiet die Waldböden zu analysieren. Zu den Gegenmaßnahmen gehörten die Einführung des Katalysators bei Kraftfahrzeugen und die Installation von Filteranlagen bei Kraftwerken, wodurch der Schadstoffausstoß gesenkt wurde. Zudem wurden im großen Umfang Bodenschutzkalkungen initiiert. Ziele waren dabei, die Säureeinträge zu kompensieren , die Waldbestände zu stabilisieren sowie Grund- und Trinkwasservorräte vor Schwermetalleinträgen zu schützen. Die erste Waldbodenzustandserhebung (BZE I) erfolgte in den alten Bundesländern Ende der 80er-Jahre und in den neuen Bundesländern Anfang der 90er-Jahre. Die zweite Erhebung, die BZE II, fand großteils an denselben Probestellen in den Jahren 2006 bis 2008 statt. Die Beprobung erfolgte auf einem Raster von 8 x 8 km. Somit ist es nun möglich, die Entwicklung der Waldböden und die Auswirkungen von negativen wie positiven Einflüssen zu untersuchen und zu dokumentieren . Von insgesamt 1 859 Probepunkten der BZE II werden 749 Standorte als versauerungsempfindlich eingestuft. Davon wurden 385 Standorte nach der BZE I mindestens einmal gekalkt. Somit liegen umfangreiche Daten zu versauerungsgefährdeten Standorten vor, die gekalkt bzw. nicht gekalkt wurden. Insgesamt hat sich die Situation der Wälder zwischen der BZE I und der BZE II verbessert . Die ergriffenen Maßnahmen haben Wirkung gezeigt. Dazu gehört explizit auch das Kalken. Zusammengefasst wird festgestellt, dass die nicht gekalkten Böden weiter versauern. Darüber hinaus treten die positiven Wirkungen der Kalkung erst mit Wiederholungen ein. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung informiert die Öffentlichkeit durch den jährlichen Waldzustandsbericht zeitnah, ausführlich und auf wissenschaftlich hohem Niveau über den Zustand der Baumarten, über Witterung und Klima, den Wasserhaushalt, tierische und pflanzliche Schädlinge, Stoffeinträge und die Schwermetallbelastung der Wälder. Durch das forstliche Umweltmonitoring der Abteilung Umweltkontrolle der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) und seiner Vorgängereinrichtung liegen aussagekräftige Umweltdatenreihen vor, die bis in die Mitte der 80er-Jahre zurückreichen . Im Ergebnis zeigen die Auswertungen, dass schädliche Stoffeinträge vergangener Jahre („Saurer Regen“, Schwermetalle) noch lange im Boden verbleiben und dort messbar sind. Andererseits belegen die Untersuchungen, dass die Maßnahmen zur Luftreinhaltung in den 80er- und 90er-Jahren zu einer drastischen Abnahme der Schwefeleinträge (um 90 %), des Säurebildners Ammonium und der anthropogenen Schwermetalle in den Waldböden und in der Humusauflage ge- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8350 2 führt haben. Zur Kompensation der Säureeinträge empfiehlt die NW-FVA nach wie vor bedarfsgerechte Kompensationskalkungen und hat hierzu ein umfangreiches Merkblatt als Empfehlung für alle Waldbesitzarten veröffentlicht. Wie auch die Ergebnisse der BZE-Erhebungen beruhen die Erkenntnisse aus dem Forstlichen Umweltmonitoring auf Stichprobenbasis und lassen präzise landesweite flächenbezogene Schlussfolgerungen nicht zu. Die Einschätzung der Kalkungsbedürftigkeit der Standorte erfolgt in der Regel auf Basis des Standortstyps. Flächen, bei denen sich durch die Kalkung ökologische Risiken ergeben könnten, sind von der Kalkung ausgeschlossen. 1. Wie viele Hektar Landeswald waren bzw. sind gemäß den Erhebungen der BZE I und der BZE II versauerungsgefährdet? Von den insgesamt 173 BZE-II-Punkten in Niedersachsen entfallen 59 auf die NLF. Von den 59 BZE-II-Punkten sind 14 Punkte nicht als versauerungsgefährdet einzustufen. Von den verbleibenden 45 versauerungsgefährdeten BZE-Punkten sind bei 40 Kalkungsmaßnahmen durchgeführt worden. Damit sind bezogen auf das BZE-II-Kollektiv fünf BZE-Punkte ungekalkt, dies entspricht rechnerisch 10 % der Fläche der Landesforsten. Da die BZE ein Stichprobensystem in einem 8 x 8- km-Raster ist, kann sie für den niedersächsischen Landeswald bei diesem geringen Stichprobenumfang keine abgesicherten Hektarzahlen im Hinblick auf versauerungsgefährdete Standorte liefern . 2. Wie oft und wann genau wurden die gemäß BZE I und BZE II als versauerungsgefährdet eingestuften Flächen im Landeswald gekalkt? Die meisten BZE-Punkte (45 %) wurden bereits vor der BZE I gekalkt (1990), 18 % wurden erstmalig zwischen der BZE I und BZE II (2006) gekalkt und 27 % wurden zweimal (vor der BZE I und zwischen der BZE I und II) gekalkt. Bei 10 % der Punkte konnte der genaue Termin nicht mehr recherchiert werden. 3. Wie haben sich die Flächen, die bei der BZE I als versauerungsgefährdet eingestuft wurden, bis zur BZE II entwickelt, und welchen Einfluss hatte die Durchführung bzw. Nichtdurchführung der Bodenschutzkalkung zwischen der BZE I und der BZE II auf diese Entwicklung? Bei den gekalkten Waldstandorten der NLF zeigt sich bei der BZE II eine Verbesserung der Basensättigung bis in 30 cm Bodentiefe, bei den ungekalkten Standorten eine weitere Verschlechterung. Da sich im ungekalkten Kollektiv nur fünf BZE-Punkte befinden, sind diese Aussagen nur als Tendenz anzusehen. Im Gesamtkollektiv der BZE in Niedersachsen über alle Besitzarten hinweg ergibt sich allerdings ein ähnliches Bild: Die Waldböden nach Waldkalkung haben sich signifikant verbessert (bis 30 cm Bodentiefe einschließlich) und ohne Waldkalkung signifikant verschlechtert (30 bis 60 und 60 bis 90 cm Bodentiefe). Der BZE-II-Bericht für Niedersachsen ist in Vorbereitung und wird Anfang 2018 veröffentlicht, hier werden weitere Ergebnisse ausführlich dargestellt. 4. Muss das Land bei der Kalkung des Landeswaldes nach Auffassung der Landesregierung eine Vorbildfunktion für die privaten Waldbesitzer einnehmen? Ja. 5. Wurden die Kalkungsempfehlungen der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen (NW-FVA) zur Durchführung der Kalkung der versauerungsgefährdeten Flächen im Landeswald seit 2013 in allen Fällen befolgt? Ja, letztmalig wurde 2013 eine Kalkungsempfehlung beantragt und umgesetzt. Ansonsten wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8350 3 6. Wenn Frage 5 mit Nein beantwortet wird, in welchem Umfang wurden Kalkungen auf Flächen im Landeswald nicht durchgeführt, für die die NW-FVA eine Kalkung empfohlen hat, und wo liegen die Flächen? Entfällt. 7. Wie hoch waren die Gewinne aus der Forstwirtschaft des Landeswaldes seit 2013, und wofür wurden die Gewinne eingesetzt (bitte für die einzelnen Jahre getrennt angeben)? Jahresüberschüsse (Gewinne) der NLF (Produktbereich 1 - Forstwirtschaftsbetrieb/Produktion von Holz und anderen Erzeugnissen) und ihre Verwendung für die Jahre 2013 bis 2015): Jahresüberschuss 2015 10 789 T Euro Immobilienankauf 133 T Euro Abführung an das Land Niedersachsen 7 459 T Euro Gewinnvortrag 3 197 T Euro Jahresüberschuss 2014 18 026 T Euro Immobilienankauf 2 139 T Euro Abführung an das Land Niedersachsen 11 121 T Euro Projekte der NLF 4 766 T Euro Jahresüberschuss 2013 14 477 T Euro Immobilienankauf 1 277 T Euro Abführung an das Land Niedersachsen 9 240 T Euro Projekte der NLF 3 960 T Euro 8. Wurden und werden die Gewinne aus der Forstwirtschaft des Landeswaldes anteilig zur Kalkung und damit zum Erhalt und Schutz des Landeswaldes genutzt? Nein. 9. Werden Fördermittel zur Durchführung der Kalkung im Landeswald genutzt, wenn ja, wie viel Mittel stehen dafür in welchem Förderprogramm für Niedersachsen zur Verfügung ? Nein. Die NLF sind mit den bestehenden Förderprogrammen nicht förderfähig. 10. Werden Fördermittel zur Durchführung der Kalkung im Privatwald genutzt, wenn ja, wie viel Mittel stehen dafür in welchem Förderprogramm für Niedersachsen zur Verfügung? Ja. Im Rahmen der Richtlinie zur Förderung forstwirtschaftlicher Maßnahmen im Land Niedersachsen stehen jährlich 12,0 Millionen Euro für sämtliche forstlichen Fördermaßnahmen zur Verfügung. Neben der Bodenschutzkalkung werden u. a. Erstaufforstungen, Waldumbau zu einem größeren Laubbaumanteil, Wegeausbauten sowie Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse gefördert. Eine Aufteilung der Mittel auf die einzelnen Fördermaßnahmen erfolgt dabei flexibel nach Antragslage. Bisher wurde jeder zuwendungsfähige Kalkungsantrag auch bewilligt. Die Auszahlungssumme für Kalkungsanträge bewegt sich - jährlich schwankend - zwischen 2,0 und 3,0 Millionen Euro, je nachdem, wie viele Anträge gestellt werden. 11. Wenn Frage 10 mit Ja beantwortet wird: Gab es seit 2013 Fälle, in denen zur Verfügung stehende Fördermittel zur Durchführung der Kalkung im niedersächsischen Privatwald nicht abgerufen wurden? Nein, siehe Antwort zu Frage 10. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8350 4 12. Wenn Frage 11 mit Ja beantwortet wird: In welchem Umfang wurden seit 2013 zur Verfügung stehende Fördermittel zur Durchführung der Kalkung im niedersächsischen Privatwald nicht abgerufen? Entfällt. 13. Wenn Frage 11 mit Ja beantwortet wird: Besteht die Möglichkeit, im Privatwald nicht genutzte Fördermittel umzuschichten bzw. die Förderrichtlinie entsprechend zu modifizieren , damit die zur Verfügung stehenden Mittel zur Kalkung des Landeswaldes verwendet werden können? Entfällt. 14. Wenn Frage 13 mit Ja beantwortet wird: Hat die Landesregierung in der Vergangenheit die Möglichkeit genutzt, im Privatwald nicht genutzte Fördermittel umzuschichten bzw. die Förderrichtlinie entsprechend zu modifizieren, bzw. hat sie dies in Zukunft vor? Entfällt. 15. Wie sieht die gesamte Strategie der Landesregierung zum Wald-, Boden- und Trinkwasserschutz im Landeswald aus? Für den Bodenschutz auf örtlicher Ebene wird auf das Regierungsprogramm „Langfristige ökologische Waldentwicklung in den Niedersächsischen Landesforsten“ (LÖWE) verwiesen, das seit über 25 Jahren als verbindliches Waldbauprogramm der NLF etabliert ist. Der gleichnamige Erlass („LÖWE-Erlass“) vom 27.02.2013 regelt insbesondere durch die Ausführungen zu den Grundsätzen „1. Bodenschutz und standortgerechte Baumartenwahl“, „3. Ökologische Zuträglichkeit“, „8. Aufbau eines Netzes von Waldschutzgebieten“, „9. Gewährleistung besonderer Waldfunktionen“, „11. Ökologischer Waldschutz“ und „13. Ökologisch verträglicher Einsatz der Forsttechnik“ Einzelheiten zum umfassenden Wald-, Boden- und Trinkwasserschutz im Landeswald. Die Inhalte des LÖWE-Erlasses werden durch Schutzprogramme, Merkblätter und Betriebsanweisungen detailliert geregelt und auf örtlicher Ebene umgesetzt. Damit ist sichergestellt, dass die besonderen Gemeinwohlleistungen des Landeswaldes gemäß § 15 Abs. 4 NWaldLG dauerhaft und konsequent erbracht werden. Altlasten, die die Schutzfunktionen gefährden könnten (z. B. ausgehend von ehemaligen militärischen Anlagen) werden in Zusammenarbeit aller zuständigen Behörden beseitigt. Der niedersächsische Landeswald nimmt in vielfältiger Gemengelage 28 % der Gesamtwaldfläche bzw. 7 % der Gesamtfläche Niedersachsens ein. Prioritäres Ziel bleibt es, die bereits deutlich reduzierten Immissionen schädlicher luftbürtiger Stoffeinträge (Ferntransporte) landesweit weiter zurückzuführen . Dieses Ziel wird im Rahmen übergeordneter Maßnahmen und Programme zur Luftreinhaltung weiter vorangetrieben. (Ausgegeben am 21.06.2017) Drucksache 17/8350 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8132 - Bodenschutz in den Landesforsten Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz