Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8366 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8146 - Plant die Landesregierung die Schließung des Landwirtschaftsgerichts am Amtsgericht Bad Iburg? Anfrage des Abgeordneten Martin Bäumer (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 22.05.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 24.05.2017 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung vom 26.06.2017, gezeichnet Antje Niewisch-Lennartz Vorbemerkung des Abgeordneten Auf Seite 76 der Koalitionsvereinbarung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen heißt es zum Thema Justiz: „Überall im Land sollen die Bürgerinnen und Bürger einen effektiven Zugang zur Justiz in erreichbarer Nähe haben. Die rot-grüne Koalition bekennt sich zu einer dauerhaften Verankerung der Justiz in der Fläche.“ Nun sind Pläne bekannt geworden, denen zufolge die gerichtlichen Verfahren in Landwirtschaftssachen nicht mehr wie bisher an jedem Amtsgericht verhandelt, sondern die Zuständigkeiten auf wenige Amtsgerichte im Land konzentriert werden sollen. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29. Januar 2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Zuständigkeitskonzentrationen sind geeignete Mittel, um die fachliche Spezialisierung zu fördern und durch die Vorhaltung eines hohen Maßes an fachlichem Wissen und praktischer Erfahrung die Qualität der Rechtsprechung effektiv zu sichern. Zuständigkeitskonzentrationen sind zudem stets Entscheidungen für bestimmte Standorte; sie können zur Stärkung kleiner Justizstandorte beitragen und damit den Erhalt von Gerichten in der Fläche fördern. Vor diesem Hintergrund ist die Prüfung von Zuständigkeitskonzentrationen eine Daueraufgabe, der sich die niedersächsische Justiz ständig stellt und stellen muss. Im Rahmen einer landesweiten Arbeitsgruppe, die sich mit der Zukunft und Struktur der niedersächsischen Amtsgerichte befasst hatte, sind die Direktorinnen und Direktoren nach möglichen Sachgebieten für Zuständigkeitskonzentrationen befragt worden. Hierbei ist eine Zuständigkeitskonzentration in Landwirtschaftssachen am häufigsten befürwortet worden. Vor diesem Hintergrund hat das Niedersächsische Justizministerium eine Arbeitsgruppe mit Praktikerinnen und Praktikern der Gerichte gebildet, die die Vor- und Nachteile einer Zuständigkeitskonzentration in Landwirtschaftssachen diskutiert hat. Die Praktikerarbeitsgruppe hat mehrheitlich die Empfehlung für eine Zuständigkeitskonzentration in Landwirtschaftssachen gegeben. Den Ober- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8366 2 landesgerichten, Landgerichten und Amtsgerichten sind die Überlegungen und Empfehlungen der Praktikerarbeitsgruppe vorgestellt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. 1. Ist es richtig, dass die Landesregierung eine Konzentration der Landwirtschaftssachen plant und danach nicht mehr jedes Amtsgericht für die Verfahren in Landwirtschaftssachen zuständig ist? Nein. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. 2. Falls ja, wie passen diese Überlegungen zur Aussage im Koalitionsvertrag? - Entfällt - 3. Ist die Landwirtschaftskammer Niedersachsen in den Planungsprozess eingebunden? Auf die Antwort zu Frage 1. wird ergänzend Bezug genommen. Hierzu besteht derzeit kein Anlass. 4. Wenn ja, wie bewertet die Landwirtschaftskammer die Konzentrationsbemühungen? - Entfällt - 5. Werden auch zukünftig noch Verfahren in Landwirtschaftssachen beim Amtsgericht Bad Iburg oder Amtsgericht Osnabrück geführt werden? Ja. Nach § 8 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen ist es möglich , die Geschäfte in Landwirtschaftssachen durch Rechtsverordnung aus den Bezirken mehrerer Amtsgerichte einem Amtsgericht zu übertragen. Hiervon ist bisher kein Gebrauch gemacht worden. 6. Wenn nein, an welchen anderen Standorten im Landkreis oder der Stadt Osnabrück würden bei einer Schließung des Landwirtschaftsgerichtes Bad Iburg und/oder des Amtsgerichts Osnabrück Landwirtschaftsprozesse geführt werden? - Entfällt - 7. Ist es richtig, dass das Justizministerium eine qualitativ hochwertige Rechtsprechung in Landwirtschaftssachen nur dann als gegeben ansieht, wenn mindestens 100 Landwirtschaftsprozesse an einem Gerichtsstandort geführt werden? Nein. Die Praktikerarbeitsgruppe hat neben einer Richtgröße des Fallaufkommens von ca. 100 Verfahren jährlich an einem Gericht als weitere Kriterien eine angemessene Orts- und Bürgernähe sowie die Stärkung kleinerer Amtsgerichte in der Fläche in seiner Diskussion berücksichtigt. 8. Gibt es an Gerichten mit einer geringen Anzahl von Landwirtschaftssachen als 100 Verfahren pro Jahr eine höhere Quote erfolgreicher Rechtsmittel als bei Gerichten, die 100 Verfahren überschreiten? Eine Beantwortung der Frage ist nicht möglich, weil die Erfolgsquote von Landwirtschaftssachen statistisch nicht erfasst wird. Eine Beantwortung der Frage wäre nur durch eine händische Auswertung aller Verfahrensakten in Landwirtschaftssachen möglich. Diese ist mit einigem auch im Rah- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8366 3 men der Beantwortung einer Kleinen Anfrage zu berücksichtigenden vertretbaren Aufwand nicht zu leisten. 9. Gibt es sonstige objektivierbare Anhaltspunkte dafür, dass die Qualität der Rechtsprechung in Landwirtschaftssachen an Gerichten mit weniger als 100 Verfahren pro Jahr geringer ist als an Gerichten, an denen mehr als 100 Landwirtschaftssachen pro Jahr durchgeführt werden. Nein. 10. Wenn nein, welche Gründe sprechen sonst für eine Konzentration der Landwirtschaftssachen ? Auf die Vorbemerkung wird Bezug genommen. 11. Gibt es weitere amtsgerichtliche Verfahrensarten, in denen an einem Amtsgericht weniger als 100 Verfahren dieser Verfahrensart pro Jahr gezählt wurden? Ja. 12. Wenn ja, welche Verfahrensarten sind das, und schließt die Landesregierung aus, dass es in diesen Bereichen zu weiteren Konzentrationen kommt? Eine Beantwortung der 1. Teilfrage ist aufgrund der großen Anzahl von gesetzlich normierten Konzentrationsermächtigungen in Prozessordnungen und Spezialgesetzen, Verfahrensarten und Amtsgerichten in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Nein. Das Niedersächsische Justizministerium beabsichtigt, grundsätzlich den Amtsgerichten am Ort der Landgerichte zum 01.01.2018 die Zuständigkeit in Verfahren über Abschiebungs-, Zurückschiebungs - und Zurückweisungshaftsachen nach dem AufenthG i.V.m. §§ 415 ff FamFG (Abschiebehaftsachen ) zuzuweisen. Eine Zuständigkeitskonzentration in weiteren Verfahrensarten kann unter Hinweis auf die Vorbemerkungen grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, ist derzeit aber nicht geplant. 13. Wäre bei weiteren Konzentrationen das Amtsgericht Bad Iburg oder das Amtsgericht Osnabrück betroffen? Auf die Antwort zu Frage 12 wird Bezug genommen. Die Eingangszahlen des Amtsgerichts Bad Iburg in Abschiebehaftsachen stellen sich wie folgt dar: 2013 = 0 Verfahren, 2014 = 0 Verfahren, 2015 = 0 Verfahren und 2016 = 0 Verfahren. (Ausgegeben am 27.06.2017) Drucksache 17/8366 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8146 - Plant die Landesregierung die Schließung des Landwirtschaftsgerichts am Amtsgericht Bad Iburg? Anfrage des Abgeordneten Martin Bäumer (CDU) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums