Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8435 neu*) 1 _________________ *) Die Drucksache 17/8435 - ausgegeben am 13.07.2017 - ist durch diese Fassung zu ersetzen. Das Datum der Antwort sowie der Name des Ministers wurden nachgetragen. Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8329 - Faktische Vogelschutzgebiete und Infrastrukturprojekte Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Jörg Bode (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 14.06.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 19.06.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 07.07.2017, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Faktische Vogelschutzgebiete sind Gebiete, welche die besonderen Anforderungen an ein Schutzgebiet im Sinne von Artikel 4 Abs. 1 Satz 4 V-RL erfüllen, von dem jeweiligen Mitgliedstaat jedoch pflichtwidrig nicht zum Vogelschutzgebiet erklärt wurden. Vorbemerkung der Landesregierung Das zusammenhängende Netz Natura 2000 ist eine europäische Naturschutzkonzeption zur Erhaltung der biologischen Vielfalt. Ziel ist die Bewahrung des Naturerbes für künftige Generationen durch Erhaltung und Schutz wichtiger Lebensräume und wildlebender Tier- und Pflanzenarten. Hierzu wird auf Grundlage der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.11.2009, die durch die Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02.04.1979 abgelöst wurde (EU-Vogelschutzrichtlinie), und der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 (FFH- Richtlinie) ein europaweit zusammenhängendes Netzwerk von Schutzgebieten aufgebaut. Die EU-Vogelschutzgebiete dieses Netzwerks sind durch den Mitgliedstaat unverzüglich nach der Benennung des Gebiets nach Artikel 4 Abs. 1 und 2 der EU-Vogelschutzrichtlinie 2009/147/EG gegenüber der Kommission zu sichern. Nach § 32 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sind die nach Artikel 4 Abs. 1 und 2 der EU-Vogelschutzrichtlinie benannten Gebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG zu erklären. Die Schutzerklärung nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG hat dabei den Anforderungen von § 32 Abs. 3 Satz 1 bis 3 BNatSchG zu genügen (Nds. OVG, Urteil vom 22.11.2012 - 12 LB 64/11 - Rn. 66 f.). Das BNatSchG geht damit von der Schutzwürdigkeit und auch der Schutzbedürftigkeit dieser Gebiete aus, der grundsätzlich durch hoheitliche Sicherung Rechnung zu tragen ist. Vertragsnaturschutzrechtliche Instrumente verleihen dem jeweiligen Natura 2000-Gebiet - und damit auch EU- Vogelschutzgebieten - keinen ausreichenden rechtlichen Schutzstatus und kommen damit für eine Sicherung nicht in Betracht (EuGH, Urteil vom 25.11.1999 - Az.: Rs. C-96/98 - Rn. 26 ff.). Diesbezügliche weitere Ausführungen sind der Antwort der Landesregierung vom 24. Oktober 2013 in der Landtagsdrucksache 17/872 zu entnehmen. Zuständig und ermächtigt für den Erlass einer Naturschutzgebiets-Verordnung wie auch einer Landschaftsschutzgebiets-Verordnung ist die von dem zu sichernden Gebiet örtlich berührte untere Naturschutzbehörde (§ 16 Abs. 1 bzw. § 19 jeweils i. V. m. § 32 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz [NAGBNatSchG]). Diese Aufgabe Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8435 2 kann im Einzelfall nach § 32 Abs. 2 NAGBNatSchG einer anderen unteren Naturschutzbehörde oder einer Landesbehörde übertragen werden. Die Grenzen des Schutzgebietssystems „Natura 2000“ - und damit auch der EU- Vogelschutzgebiete - sind nicht fließend; es handelt sich hierbei um kein dynamisches Regime im Sinne einer fortlaufenden Änderung der Gebietsgrenzen von Habitat-Schutzgebieten. Vielmehr beruht der Gedanke des Schutzgebietssystems nach der Etablierung des Gebietsnetzes auf einer statischen Konzeption des Gebietsschutzes (so Frenz/Müggenborg, BNatSchG-Kommentar, 2. Auflage 2016, § 31, Rn. 29, 30 ff., 50). Im Zusammenhang mit der Abgrenzung der nach der EU- Vogelschutzrichtlinie gemeldeten Natura-2000-Gebiete führt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) aus, dass das Melde- und Gebietsausweisungsverfahren der EU-Vogelschutzrichtlinie zwar einen fortschrittlichen Stand erreicht hat, sodass zwischenzeitlich in Deutschland das von der EU-Vogelschutzrichtlinie angestrebte zusammenhängende Netz von EU-Vogelschutzgebieten entstanden ist, dass aber auch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse für die Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen sind, sodass weitere Gebiete gegebenenfalls trotz des bereits erreichten Verfahrensstandes unter Schutz zu stellen sind, wenn sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der EU-Vogelschutzrichtlinie herausgestellt hat (BVerwG, Beschl. v. 14.4.2011, 4 B 77.09 m.w.N.; Schlacke, Gemeinschaftskommentar zum BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 32, Rn. 42). Das BVerwG hat damit klargestellt, dass auch im Fall einer fachlich unzutreffenden Abgrenzung eines EU-Vogelschutzgebietes eine Pflicht zur Nachmeldung bestehen kann. Bei derartigen Flächen ist vom Rechtsinstitut des „faktischen Vogelschutzgebietes“ zu sprechen. Als „faktische Vogelschutzgebiete“ gelten nach einschlägiger Rechtsprechung zudem solche Gebiete , die der EU-Kommission als EU-Vogelschutzgebiete gemeldet, aber bisher nicht unter einen EU-konformen hoheitlichen Gebietsschutz gestellt wurden. Erst wenn die Meldepflicht und auch die Sicherungsverpflichtung bezüglich. des gemeldeten EU-Vogelschutzgebietes erfüllt sind, besteht kein „faktisches Vogelschutzgebiet“ mehr (vgl. auch Schlacke, Gemeinschaftskommentar zum BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 32, Rn. 83, 85 f.). Das Land Niedersachsen hat in mehreren Tranchen 71 EU-Vogelschutzgebiete mit einer Fläche von ca. 686 800 ha an die Europäische Kommission gemeldet. Derzeit wird durch das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz die Nachmeldung von Flächen durch Erweiterung von drei EU-Vogelschutzgebieten vorbereitet. Dies betrifft – das EU-Vogelschutzgebiet V 19 „Unteres Eichsfeld“ (LK Göttingen) um ca. 128 ha aufgrund einer nicht sachgerechten Ausgrenzung im damaligen Meldeverfahren; Ziel ist die Herstellung der Rechtssicherheit für eine bestehende Planung; – das EU-Vogelschutzgebiet V 68 „Sollingvorland“ (LK Holzminden) um ca. 13 ha aufgrund einer nicht sachgerechten Ausgrenzung im damaligen Meldeverfahren im Bereich Hehlen; Ziel ist die Herstellung der Rechtssicherheit für eine bestehende Planung; – das EU-Vogelschutzgebiet V 39 „Dümmer“ (LK Osnabrück) um ca. 134 ha durch Erweiterung um Flächen westlich des Ochsenmoores für den Schutz von Wiesenbrütern mittels Anpassung an das bestehende Naturschutzgebiet. Zu dieser Nachmeldung hat nach Kabinettsbeschluss vom 28. Februar 2017 zwischenzeitlich ein öffentliches Beteiligungsverfahren stattgefunden. Entsprechend den zuvor gemachten Ausführungen sind mit Blick auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage „faktische Vogelschutzgebiete“ solche, – die gemeldet wurden, aber bisher nicht EU-konform gesichert wurden; – für die zwecks Erweiterung der Gebietskulisse das öffentliche Beteiligungsverfahren jüngst abgeschlossen wurde. Liegt ein „faktisches Vogelschutzgebiet“ vor, unterliegt das Gebiet dem vorläufigen Schutzregime von Artikel 4 Abs. 4 der Vogelschutz-Richtlinie. Der Mitgliedsstaat bzw. das Bundesland ist dauerhaft verpflichtet, u. a. die Lebensräume der geschützten Populationen zu erhalten, Störungen der wildlebenden Vogelarten zu vermeiden bzw. zu unterlassen und Schutzmaßnahmen zu treffen, um eine erhebliche Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie erhebliche Belästi- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8435 3 gung der Vögel zu vermeiden (vgl. auch Schlacke, Gemeinschaftskommentar zum BNatSchG, 2 Auflage 2017, § 32, Rn. 44). Das für „faktische Vogelschutzgebiete“ geltende Schutzregime des Artikel 4 Abs. 4 Vogelschutz- Richtlinie findet seine konkrete Anwendung auch bei der Realisierung von geplanten Plänen und Projekten. Dabei bildet Artikel 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutzrichtlinie für „faktische Vogelschutzgebiete “ den Maßstab für die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall. Die Bestimmung erfüllt damit auch die Funktionen eines Zulassungstatbestandes, wie er voll ausgebildet in Artikel 6 Abs. 3 und 4 FFH-Richtlinie bzw. § 34 BNatSchG enthalten ist. Nach Artikel 7 FFH-Richtlinie sind die Regelungen des Artikels 3 und 4 FFH-Richtlinie (FFH-Verträglichkeitsprüfung und Ausnahmen bei einem negativen Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung) für „faktische Vogelschutzgebiete“ nicht einschlägig . Auch wenn die Regelung des Artikels 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie bzw. § 34 BNatSchG für „faktische Vogelschutzgebiete“ nicht zum Tragen kommt, so kann doch zur Beurteilung der Frage, ob Projekte mit Beeinträchtigungen eines „faktischen Vogelschutzgebietes“ verbunden sein können , in der Praxis ein den § 34 Abs. 1 und 2 BNatSchG entsprechendes Verfahren angewandt werden (vgl. Schumacher/ Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz Kommentar, 2. Auflage 2010, § 34 Rn. 24). Dabei ist die Erheblichkeitsschwelle nach einschlägiger Rechtsprechung für Vorhaben in „faktischen Vogelschutzgebieten“ deutlich abgesenkt. Zudem sind Ausnahmen von dem Beeinträchtigungs - und Störungsverbot des Artikels 4 Abs. 4 Satz 1 EU-Vogelschutzrichtlinie nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Nur überragende Gemeinwohlbelange wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit sind geeignet , die Verbote des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 EU-Vogelschutzrichtlinie zu überwinden (BVerwG vom 01 April 2004 – 4 C 2.03, Nr. 4.2; EuGH, Urteil vom 28. Februar 1991 - Rs. C-57/89 - Slg. 1991, 1-883 Rn. 22 = NuR 1991, 249 - Leybucht). Ausnahmen aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind hingegen unzulässig. Das strenge Schutzregime des Artikels 4 Abs. 4 Satz 1 EU-Vogelschutzrichtlinie dient nach einschlägiger Rechtsprechung dazu, eine an ornithologisch-fachlichen Kriterien ausgerichtete Gebietsausweisung offenzuhalten und nicht durch vorangehende beeinträchtigende Planungen unrealistisch werden zu lassen (Schlacke, Gemeinschaftskommentar zum BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 32, Rn. 45). Der „Regimewechsel“, mit dem die Vorschriften des Artikels 6 Abs. 3 und 4 FFH-Richtlinie (§ 34 Abs. 1 bis 5 BNatSchG) an die Stelle des strengeren Schutzes nach Artikel 4 Abs. 4 Satz 1 EU- Vogelschutz-Richtlinie treten und der jedenfalls eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung mit Außenwirkung voraussetzt, tritt nur durch die hoheitliche Sicherung eines bislang „faktischen Vogelschutzgebiets“ ein (BVerwG, Urteil vom 01.04.2004 - Az.: 4 C 2.03 - Nrn. 2 und 3.2 der Gründe ). Für die Beantwortung der Kleinen Anfrage wird davon ausgegangen, dass mit dem Begriff der „Infrastruktur “ im klassischen Sinn auf die öffentliche, technische Infrastruktur abgehoben wird, als da wären: Verkehrsnetze (Straßen, Schienen- und Wasserwege) sowie Ver- und Entsorgungseinrichtungen (Energie, Wasser, Abfall, Kommunikationsnetze), ohne deren Existenz eine privatwirtschaftliche Güterproduktion oder Leistungserstellung nicht oder zumindest nur mit geringerer Effizienz möglich wäre. 1. Welchen Schutzstatus haben faktische Vogelschutzgebiete? „Faktische Vogelschutzgebiete“ unterliegen dem Schutzregime des Artikels 4 Abs. 4 EU- Vogelschutzrichtlinie. Auf die Ausführungen der Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen . 2. Welche faktischen Vogelschutzgebiete gibt es in Niedersachsen? Von den ca. 686 800 ha gemeldeter EU-Vogelschutzgebietsfläche sind bisher ca. 515 300 ha EUkonform gesichert. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8435 4 Im Übrigen wird auf die entsprechende Internetseite des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) verwiesen (Stand der Sicherung zum April 2017; http://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/97330/Stand_der_hoheitlichen_Sicherung_der _EU-Vogelschutzgebiete_Stand_April_2017_.pdf). Bei den Angaben in dieser Tabelle handelt es sich immer um mit einem geografischen Informationssystem (GIS) errechnete Daten, die auf den Angaben der unteren Naturschutzbehörden gegenüber dem für die Schutzgebietsdokumentation zuständigen NLWKN beruhen. Die in der Spalte „Gebiet abschließend gesichert/noch nicht abschließend gesichert“ gemachte Angabe bezieht sich immer auf das jeweilige EU- Vogelschutzgebiet in Gänze. Somit finden Teilflächen eines EU-Vogelschutzgebietes, die EUkonform hoheitlich gesichert wurden, bei der Angabe, ob das EU-Vogelschutzgebiet - im Sinne einer Gesamtbetrachtung - gesichert ist, in der Tabelle keinen Niederschlag. Allerdings findet für die EU-konform gesicherten Teilflächen eines EU-Vogelschutzgebietes der „Regimewechsel“ statt. Der Grund für den relativ hohen Anteil noch sicherungsbedürftiger EU-Vogelschutzgebietsfläche liegt nicht zuletzt darin, dass die Vorgängerregierung jahrelang auf den Vertragsnaturschutz als vorrangiges Sicherungsinstrument gesetzt hatte. 3. In welchen faktischen Vogelschutzgebieten gibt es aktuell Planungen für Infrastrukturprojekte wie beispielsweise Straßen oder Stromtrassen? Die Beurteilung der Frage, ob das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Artikels 4 Abs. 4 Satz 1 der EU-Vogelschutzrichtlinie im Einzelfall in tatsächlicher Hinsicht gewahrt bleibt, obliegt der Beurteilung der für die Überwachung dieser Vorschrift zuständigen unteren Naturschutzbehörde (§ 2 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 1, § 31 Abs. 1 Satz 1 und § 32 Abs. 1 Satz 1 NAGBNatSchG). Nach Einbindung der unteren Naturschutzbehörden sind dort aktuell Planungen für Infrastrukturprojekte in folgenden „faktischen Vogelschutzgebieten“ bekannt: EU-Vogelschutzgebiet „Leinetal bei Salzderhelden“ (V 08); EU-Vogelschutzgebiet „Ostfriesische Meere“ (V 09) soweit es die Stadt Emden betrifft; EU-Vogelschutzgebiet „Emsmarsch von Leer bis Emden“ (V 10) soweit es die Stadt Emden betrifft; EU-Vogelschutzgebiet „Unterelbe (V 18) soweit es den Landkreis Stade betrifft; EU- Vogelschutzgebiet „Unteres Eichsfeld“ (V 19) soweit es den Landkreis Göttingen betrifft; EU- Vogelschutzgebiet „Lucie“ (V 21); EU-Vogelschutzgebiet „Untere Allerniederung“ (V 23) soweit es den Landkreis Heidekreis betrifft; EU-Vogelschutzgebiet „Drawehn“ (V 26); EU-Vogelschutzgebiet „Nemitzer Heide“ (V 28); EU-Vogelschutzgebiet „Südheide und Aschauteiche bei Eschede“ (V 34) soweit es den Landkreis Celle betrifft; EU-Vogelschutzgebiet „Sollingvorland“ (V 68) soweit es den Landkreis Northeim betrifft. 4. Welche Regelungen gelten für die Errichtung von Infrastrukturprojekten in faktischen Vogelschutzgebieten? In „faktischen Vogelschutzgebieten“ gilt für die Errichtung von Infrastrukturprojekten das Beeinträchtigungs - und Störungsverbot des Artikels 4 Abs. 4 Satz 1 EU-Vogelschutzrichtlinie. Diesbezüglich wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. Daneben gelten die für das jeweilige Infrastrukturprojekt einschlägigen Regelungen des jeweiligen Zulassungsrechtes sowie die im Einzelfall zu berücksichtigenden Belange der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und die Belange des Artenschutz- sowie UVP-Rechtes. Soweit einschlägig, sind gegebenenfalls Ausnahmen bzw. Befreiungen von den Verboten einer bisher nicht für eine Sicherung des EU-Vogelschutzgebietes ausreichenden Schutzgebietsnorm oder auch den Verboten des gesetzlichen Biotopschutzes erforderlich. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8435 5 5. Wurden bereits Infrastrukturprojekte wie Straßen, Stromtrassen oder Windkraftanlagen in faktischen Vogelschutzgebieten in Niedersachsen errichtet und, wenn ja, wo? Nach Einbindung der unteren Naturschutzbehörden wurden in folgenden „faktischen Vogelschutzgebieten “ in Niedersachsen bereits Infrastrukturvorhaben errichtet: EU-Vogelschutzgebiet „Ostfriesische Meere“ (V 09) Stadt Emden; EU-Vogelschutzgebiet „Emsmarsch von Leer bis Emden“ (V 10) Stadt Emden; EU-Vogelschutzgebiet „Lucie“ (V 21) Landkreis Lüchow-Dannenberg; EU- Vogelschutzgebiet „Drawehn“ (V 26) Landkreis Lüchow Dannenberg; EU-Vogelschutzgebiet „Nemitzer Heide“ (V 28) Landkreis Lüchow Dannenberg; EU-Vogelschutzgebiet „Landgraben- und Dummeniederung“ (V 29) Landkreis Lüchow-Dannenberg; EU-Vogelschutzgebiet „Südheide und Aschauteiche bei Eschede“ (V 34) Landkreis Celle; EU-Vogelschutzgebiet „Niedersächsische Mittelelbe “ (V 37) Landkreis Lüchow-Dannenberg. Einen Sonderfall stellt die Errichtung der Ortsentlastungsstraße Bensersiel im Landkreis Wittmund in einem „faktischen EU-Vogelschutzgebiet“ dar. Die diesbezüglich in Rede stehende Fläche wurde zwischenzeitlich als Ergänzung des EU-Vogelschutzgebietes „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens“ (V 63) an die EU-Kommission gemeldet; die besagte Fläche wurde durch den Landkreis Wittmund EU-konform hoheitlich gesichert. (Ausgegeben am 14.07.2017)