Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8483 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8330 - Was ist tierfreundlicher Strom? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Horst Kortlang und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 14.06.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 19.06.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 13.07.2017, gezeichnet In Vertretung Almut Kottwitz Vorbemerkung der Abgeordneten Der Stromanbieter Greenpeace Energy bewirbt zusammen mit PETA einen angeblich tierfreundlichen Stromtarif, der ausschließlich aus Wind und Wasser gewonnen wird. Begründet wird die Tierfreundlichkeit mit dem Verzicht auf Biogas. Beim Wechsel zu diesem Tarif werden automatisch 30 Euro an PETA gespendet. Vorbemerkung der Landesregierung Grundsätzlich können alle Formen der Energieerzeugung Probleme für den Schutz bestimmter Tierarten aufwerfen. Die Nutzung regenerativer Energiequellen ist daher nicht per se problemfrei. Art und Schwere der Probleme hängen in hohem Maße vom Standort ab, an dem die verschiedenen Formen der Energieerzeugung zum Einsatz kommen. Ob eine Form der Energieerzeugung mehr oder weniger Probleme im Hinblick auf die Belange des Tierartenschutzes aufwirft als eine andere, ist insofern nicht generell, sondern anhand des Einzelfalles zu bewerten. 1. Was ist tierfreundlicher Strom? Anerkannte Kriterien, nach denen eine Charakterisierung „tierfreundlich“ bei Stromprodukten erfolgen könnte, sind der Landesregierung nicht bekannt. 2. Wie viele Tiere sterben pro Jahr durch Windkraftanlagen (bitte nach Jahr und Tierart aufschlüsseln)? Die Staatliche Vogelschutzwarte des Landesamtes für Umwelt in Brandenburg trägt seit dem Jahr 2002 bundesweit verfügbare Daten zu Schlagopfern von Vögeln und Fledermäusen an Windenergieanlagen (WEA) in Deutschland zusammen. In diesem Zeitraum wurden in dieser zentralen Funddatei bisher bundesweit 3 412 Vogelverluste und 3 318 Fledermausverluste gemeldet, davon entfallen 726 (Vögel) bzw. 438 (Fledermäuse) auf Niedersachsen (Stand: 05.04.2017). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den ermittelten Zahlen um Zufallsfunde handelt, denen kein methodisch standardisiertes Vorgehen zugrunde liegt. Es wird daher ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Anzahl der Fundmeldungen lediglich die Erfassungsintensität und Meldebereitschaft widerspiegelt , nicht jedoch die tatsächlichen Fallzahlen darstellt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8483 2 3. Wie viele Tiere sterben pro Jahr durch Wasserkraftanlagen (bitte nach Jahr und Tierart aufschlüsseln)? Durch den Betrieb von Wasserkraftanlagen sind insbesondere die stromabwärts wandernden Lebensstadien der Langdistanzwanderfische (z. B. Blankaale, Lachssmolts) betroffen. Darüber hinaus sind auch Verluste nicht näher bestimmbaren Ausmaßes bei zahlreichen anderen Fischarten wahrscheinlich , die innerhalb der stark überformten Fließgewässer in unserer Kulturlandschaft vielfach lange Strecken zwischen den für verschiedene Lebensabschnitte oder Jahreszeiten benötigten Lebensraumtypen zurücklegen müssen (z. B. Aufsuchen von Winterlagern). Erhebliche Verluste sind vor allem bei Jungfischen zu erwarten, die aufgrund ihres geringen Körperdurchmessers und Leistungsvermögens auch von modernsten Rechenanlagen nicht zuverlässig zurückgehalten werden können. Das jeweils ermittelte Ausmaß der Schädigung ist sowohl anlagen- und betriebsbedingt als auch art- und größenanhängig sehr variabel. Rückschlüsse auf jährlich auftretende Fischverluste durch Wasserkraftanlagen sind deshalb kaum möglich. In Niedersachsen wurden zwar auch in Einzelfällen fischereibiologische Untersuchungen zur Ermittlung wasserkraftbedingter Schäden durchgeführt; methodisch bedingt zielten diese Untersuchungen in der Regel jedoch nur auf ausgewählte Zielarten oder/und Zeiträume oder auf alternative Abwanderungskorridore (Bypässe) ab. Weitergehende Betrachtungen zu potenziellen Verlusten liegen lediglich im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Europäischen Aals vor. Dieser ist aufgrund seines Lebenszyklus besonders durch Wasserkraftanlagen gefährdet, da insbesondere die abwandernden Blankaale regelmäßig in Turbinen geraten oder an Rechenanlagen verletzt oder getötet werden. Für den im Juni 2015 an die Europäische Kommission übermittelten Umsetzungsbericht zu den deutschen Aal-Bewirtschaftungsplänen sind für das Jahr 2013 die in jedem Flussgebiet jeweils getöteten Blankaale modelliert worden. Im Ergebnis dieser Modellierung ist z. B. im kaum durch Wasserkraftanlagen beeinträchtigten Einzugsgebiet der Ems von 7 134 getöteten Blankaalen und im stark durch Wasserkraftanlagen beeinträchtigten Einzugsgebiet der Weser von 119 652 getöteten Blankaalen auszugehen . Diesen Zahlen steht in beiden Flussgebieten eine vergleichbare erfolgreiche Abwanderung von jeweils gut 560 000 Blankaalen gegenüber. 4. Wie viele Tiere sterben pro Jahr durch Solaranlagen (bitte nach Jahr und Tierart aufschlüsseln )? Bei Solaranlagen besteht das Risiko, dass Vögel und Wirbellose mit den Solaranlagen aufgrund der mit ihnen verbundenen Licht- und Spiegelungseffekte oder als Hindernisse kollidieren. Empirische Zahlenangaben zu Tieren, die an Solaranlagen (Photovoltaikanlagen oder Thermische Solaranlagen ) zu Tode kommen, liegen jedoch nicht vor. 5. Wieso sind diese Energiearten tierfreundlicher als Biogas und andere Energiearten? Siehe Antwort zu Frage 1. Eine komparative Bewertung zwischen den einzelnen erneuerbaren Energien hinge von den anzuwendenden Kriterien ab. (Ausgegeben am 20.07.2017) Drucksache 17/8483 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8330 Was ist tierfreundlicher Strom? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Horst Kortlang und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz