Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8525 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8389 - Wie oft haben ausgereiste IS-Anhänger Sozialleistungen in Niedersachsen bezogen? Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 29.06.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 05.07.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 02.08.2017, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Aus medialer Berichterstattung vom 12. und 13. Juni 2017 geht ein Fall hervor, bei dem eine Familie Deutschland verlassen hat, um sich in Syrien dem Islamischen Staat (IS) anzuschließen. Vor ihrer Ausreise bezog die ehemals in Wolfsburg wohnhafte Familie Arbeitslosengeld I, Kindergeld und Betreuungsgeld. Jedoch gingen weiterhin nach der Ausreise der Familie auf das Konto der Ehefrau ein Jahr lang Zahlungen von Sozialleistungen ein. Bis zur Einstellung der Zahlungen, die sich auf insgesamt 19 200 Euro summieren, hob der Vater des ausgereisten Ehemannes das Geld vom Konto seiner Schwiegertochter ab. Im Herbst 2016 hat das Landeskriminalamt (LKA) die Stadt Wolfsburg informiert, dass sich die Familie nicht mehr in Deutschland aufhält. Von der Stadt Wolfsburg gingen Kinder- und Betreuungsgeld aus, das Arbeitslosengeld I ist allerdings eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die Stadt Wolfsburg besaß aus Datenschutzgründen nicht die Möglichkeit, die BA von der Abwesenheit der Familie aus Deutschland zu unterrichten. Vorbemerkung der Landesregierung Dem Landeskriminalamt Niedersachsen wurde im Januar 2015 über die Polizeiinspektion Wolfsburg /Helmstedt der Hinweis der Wolfsburger Agentur für Arbeit vom 12.01.2015 bekannt, dass sich die besagte Familie in Tunesien aufhalten soll. Im Folgenden durchgeführte Ermittlungen der Polizeiinspektion Wolfsburg/Helmstedt ergaben, dass die Familie seit etwa Oktober/November 2014 nicht mehr in Wolfsburg aufhältig war. Ein möglicher Auslandsaufenthalt (Tunesien) konnte jedoch nicht zweifelsfrei und eindeutig festgestellt werden. Auch ein konkreter Ausreisezeitpunkt konnte mangels objektiver Feststellungen nicht in Erfahrung gebracht werden. Im Juli 2015 ergab sich ein Anhaltspunkt dafür, dass sich der Vater der Familie in Syrien aufhalten könnte. Dieser Anhaltspunkt konnte polizeilich nicht verifiziert werden. Ermittlungen im September 2015 erbrachten weitere Indizien dahin gehend, dass die Familie bereits im Oktober/November 2014 in die Krisenregion Syriens ausgereist sein könnte. Daher wurden auf Initiative des Landeskriminalamts Niedersachsen die fortlaufend bis September 2015 erfolgten Zahlungen von Sozialleistungen (ALG I/II, Kindergeld sowie Betreuungsgeld) zugunsten der Familie durch die jeweiligen Sozialleistungsträger eingestellt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8525 2 1. Sind den Behörden weitere Betrugsfälle dieser Art in Niedersachsen bekannt? Der Landesregierung liegen mit Stand vom 10.07.2017 Erkenntnisse zu insgesamt zwei Fällen dieser Art mit Verdacht auf Sozialleistungs-, Leistungsbetrug oder sonstige weitere Betrugsarten vor, welche einen Bezug zu islamistischen Gefährdern oder Relevanten Personen aufweisen und bei welchen der Tatbestand durch die Ausreise verwirklicht wurde. 2. Falls es zu weiteren Betrugsfällen dieser Art kam, auf welche Schadenshöhe summieren sich die gezahlten Sozialleistungen? Bei dem in den Vorbemerkungen genannten Betrugsfall summiert sich die Schadenshöhe auf ca. 19 200 Euro. Bei dem zweiten bekannten Fall ist die Schadenshöhe bislang unbekannt. 3. Waren die Eltern als Gefährder eingestuft und/oder polizeibekannte Mitglieder der Wolfsburger Salafistenszene? Aus Gründen der Geheimhaltung kann diese Frage an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Es wird dahin gehend auf die Möglichkeit einer vertraulichen Unterrichtung im Ausschuss für Inneres und Sport hingewiesen. 4. Wie viele Kinder und Erwachsene, die den Familien der Gefährder angehören, aber selbst keine Gefährder sind, sind mit den Gefährdern aus Niedersachsen Richtung IS- Gebiet ausgereist? Der Begriff der „Familienangehörigen“ (Erwachsene und Kinder) wird gemäß Fragestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 a, b StGB ausgelegt. Des Weiteren werden vollständigkeitshalber auch Eheschließungen nach islamischem Recht subsumiert. Entsprechend den vorangestellten Erläuterungen liegen der Landesregierung Erkenntnisse zu 19 Personen im Sinne der Anfrage vor, die gemeinsam mit einem niedersächsischen Gefährder ausgereist sind und sich aktuell im Ausland aufhalten. 5. Wann hat das LKA Kenntnis von der Ausreise der Familie erlangt? Siehe Vorbemerkungen. 6. Auf welchem Wege wurde das Arbeitsamt über diesen Sachverhalt informiert? Siehe Vorbemerkungen. (Ausgegeben am 04.08.2017) Drucksache 17/8525 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8389 Wie oft haben ausgereiste IS-Anhänger Sozialleistungen in Niedersachsen bezogen? Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport