Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8602 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8478 - Ersatzgeldzahlungen für Eingriffe ins Landschaftsbild durch Windkraftanlagen Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner und Dr. Gero Hocker (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 17.07.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 19.07.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 17.08.2017, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Ersatzgeldzahlungen für Eingriffe ins Landschaftsbild insbesondere durch Windkraftanlagen sind auch in dem Windenergieerlass und dem dazugehörigen Leitfaden nach Einschätzung von Experten nicht eindeutig und hinreichend geregelt bzw. beschrieben. Vorbemerkung der Landesregierung Der Niedersächsische Windenergieerlass und Leitfaden zum Artenschutz sind am 25. Februar 2016 in Kraft getreten. Die Einzelheiten zur Bemessung der naturschutzrechtlichen Ersatzzahlung werden darin nicht geregelt, da dies in einem gesonderten Erlass des Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz erfolgen soll, nachdem mögliche Berechnungsverfahren in einem Dialogprozess unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände und der Windenergiebranche erörtert wurden. 1. Wie kommt die im Windenergieerlass benannte Höchstmarke von 7 % der Investitionssumme als Ersatzzahlung zustande? Die Obergrenze von 7 % ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG). Demnach bemisst sich die Ersatzzahlung allein nach Dauer und Schwere des Eingriffs und beträgt höchstens sieben vom Hundert der Kosten für die Planung und Ausführung des Vorhabens einschließlich der Beschaffungskosten für Grundstücke, wenn die durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten nicht feststellbar sind. 2. Wann und in welcher Form kommt die von der Landesregierung angekündigte verbindliche Methodik zur Festsetzung der Ersatzzahlung? Der in der Vorbemerkung genannte Dialogprozess ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen . Aussagen zu Inhalten und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorgesehenen Erlasses zur Regelung der Bemessung der Ersatzzahlung können daher noch nicht getroffen werden. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8602 2 3. Weshalb beinhaltet der Windenergieerlass bislang keine konkreten Regelungen? Siehe Vorbemerkung. 4. Wie sollen Kommunen bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung verfahren? Es wird angenommen, dass mit „Kommunen“ die für die Zulassung von Windenergieanlagen zuständigen Behörden, d. h. je nach Anlagenhöhe die unteren Bauaufsichtsbehörden bzw. die unteren Immissionsschutzbehörden, gemeint sind, sowie die unteren Naturschutzbehörden, da gemäß § 17 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) die für die Zulassung (einer Windenergieanlage ) zuständige Behörde u. a. über die Bemessung und Festsetzung der Ersatzzahlung im Benehmen mit der zuständigen unteren Naturschutzbehörde entscheidet. Die vorgenannten Behörden entscheiden im Einzelfall auf Grundlage des geltenden Rechts. 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um eine einheitliche Regelung mit den Kommunen und der Wirtschaft zu vereinbaren, und inwiefern wird sich diese an Regelungen anderer Länder orientieren? Auf die Vorbemerkung und die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 6. Welche Nutzung der Ersatzzahlungen wäre im Sinne der Landesregierung, und ist diese verbindlich festgesetzt? Es wird angenommen, dass mit „Nutzung“ der Verwendungszweck der Ersatzzahlungen gemeint ist. Der Verwendungszweck der Ersatzzahlung ist gesetzlich vorgeschrieben. Gemäß § 15 Abs. 6 Satz 7 BNatSchG ist die Ersatzzahlung zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht. Darüber hinaus kann nach § 6 Abs. 1 Satz 2 NAGBNatSchG i. V. m. § 15 Abs. 2 Satz 4 BNatSchG die Ersatzzahlung auch für – Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen in Naturschutzgebieten, Nationalparks oder Nationalen Naturmonumenten, Biosphärenreservaten oder Landschaftsschutzgebieten, – in Bewirtschaftungsplänen für Natura-2000-Gebiete nach § 32 Abs. 5 BNatSchG festgelegte Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen, – Kohärenzsicherungsmaßnahmen nach § 34 Abs. 5 BNatSchG, – vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen nach § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG und – Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen nach § 82 Wasserhaushaltsgesetz verwendet werden. 7. Verursacher eines Eingriffs sind gemäß § 15 Abs. 1 BNatSchG verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen, auch im Hinblick auf das Landschaftsbild, zu unterlassen. Was sind vermeidbare Beeinträchtigungen? Gemäß § 15 Abs.1 Satz 2 BNatSchG sind Beeinträchtigungen vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen , den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8602 3 8. Gab es seit 2012 Fälle, bei denen Windkraftanlagen aufgrund vermeidbarer Beeinträchtigungen für das Landschaftsbild nicht genehmigt wurden? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass eine Genehmigung von Windkraftanlagen aufgrund von Verstößen gegen das Vermeidungsgebot in Bezug auf das Landschaftsbild auf Grundlage des § 15 BNatSchG versagt wurde. Da § 15 BNatSchG den Betreiber nicht zu einer anderen Standortwahl verpflichtet, sondern dazu, die Ausführungsvariante, z. B. Farbe, so zu wählen, dass die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft minimiert wird, besteht für die Genehmigungsbehörde die Möglichkeit, den Betreiber durch Nebenbestimmung im Rahmen der Genehmigung zur Umsetzung dieser Variante zu verpflichten. Da nach hiesigem Rechtsverständnis die Frage somit theoretischer Natur ist, wurde von einer Befragung der unteren Immissionsschutzbehörden und der unteren Bauaufsichtsbehörden abgesehen. 9. Welches konkrete Konzept hat die Landesregierung, um Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch Windkraftanlagen möglichst zu vermeiden, und mit welchem Erfolg wird dieses in der Praxis umgesetzt? Windenergieanlagen beeinträchtigen aufgrund ihrer Dimensionen regelmäßig das Landschaftsbild. Die Beeinträchtigung ist umso schwerer, je schutzwürdiger und hochwertiger das jeweilige Landschaftsbild ist. Bereiche mit einem besonders schutzwürdigen Landschaftsbild sind z. B. Naturschutzgebiete , Nationalparke, Biosphärenreservate oder Landschaftsschutzgebiete, also unter besonderem Schutz stehende Landschaftsteile. Innerhalb dieser Gebiete ist der Bau von Windenergieanlagen überwiegend ausgeschlossen. Darüber hinaus empfiehlt der Niedersächsische Windenergieerlass den Planungsträgern, u. a. auch solche FFH- und Vogelschutzgebiete planerisch von Windenergieanlagen freizuhalten, deren Schutzziel/-zweck einer Windenergienutzung nicht entgegensteht . Insofern erfährt das Landschaftsbild im Hinblick auf besonders wertvolle Bereiche auf diese Weise noch einen besonderen Schutz. Soweit der Bau von Windenergieanlagen dennoch Bereiche mit einem nach den Kriterien des Naturschutzes und der Landschaftspflege schutzwürdigen Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt (weil solche Bereiche nicht vollständig als Schutzgebiete ausgewiesen sind oder die Anlagen von außen beeinträchtigend in Schutzgebiete hineinwirken), ist dies bei der planerischen Ausweisung von Flächen zur Windenergienutzung zu berücksichtigen. Es ist Aufgabe der regional- und bauleitplanerischen Verfahren, konfligierende Interessen und Belange, darunter auch den Schutz des Landschaftsbildes, aufzugreifen und in Abwägung zu bringen. Dies bedeutet nicht, dass sich der Belang Landschaftsbild in jedem Einzelfall umfänglich durchsetzen kann. Gerade Beeinträchtigungen besonders wertvoller Landschaftsteile können jedoch im Rahmen von Planungsverfahren häufig reduziert oder sogar vermieden werden. (Ausgegeben am 21.08.2017) Drucksache 17/8602 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8478 Ersatzgeldzahlungen für Eingriffe ins Landschaftsbild durch Windkraftanlagen Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner und Dr. Gero Hocker (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz