Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8767 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8615 - Borkenkäferplage im Nationalpark Harz Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 22.08.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 24.08.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 20.09.2017, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Presseberichten zufolge mussten Ende Juli Fichten, die vom Borkenkäfer befallen waren, im Nationalpark Harz aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Diese toten Bäume liegen nun vielfach entlang der Straßen im Harz. Vorbemerkung der Landesregierung Die Nationalparkverwaltung Harz arbeitet seit 2006 als gemeinsame Verwaltung der Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Die folgenden Antworten beziehen sich daher auf die Gesamtfläche des Nationalparks. Aus der Vorbemerkung der Abgeordneten könnte man schließen, dass lediglich der Zeitraum Ende Juli 2017 beleuchtet werden soll. Da jedoch kontinuierlich seit 2006 Fichten entlang von öffentlichen Straßen und Wege aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht gefällt werden, beziehen sich auch die Antworten auf diesen Zeitraum. Auch die in Frage 1 genannten „Millionen Festmeter“ legen die Vermutung nahe, dass dieser Zeitraum gemeint ist. 1. Wie viele Millionen Festmeter Holz sind im Nationalpark Harz dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen? Die Holzmasse von Fichten, die durch die natürliche Einwirkung von Borkenkäfern abgestorben sind, kann nicht genau angegeben werden. Die Nationalparkgesetze der Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt definieren als Schutzzweck in erster Linie die Gewährleistung des Ablaufs von ungestörten Naturvorgängen in ihrer natürlichen Dynamik (Prozessschutz). Da Borkenkäfer natürliche Elemente von Fichtenwäldern sind, wird ihre Auswirkung auf die Wälder auf dem Großteil der Nationalparkfläche schutzzweckkonform toleriert. Das Holz wird daher auch nicht aufgearbeitet und vermessen. 2. Wie viele Bäume wurden konkret gefällt? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wie hoch ist der dadurch zu beziffernde volkswirtschaftliche Schaden? Durch die Einwirkung von Borkenkäfern entsteht gar kein volkswirtschaftlicher Schaden, da der gesetzlich vorgegebene Schutzzweck im Nationalpark Harz hauptsächlich der Prozessschutz ist (sie- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8767 2 he Antwort zu Frage 1). Die Wälder im Nationalpark dienen Naturschutzzwecken und ausdrücklich nicht dem Ziel der Forstwirtschaft. 4. Werden die toten Bäume entfernt? Die Mehrzahl der Bäume wird schutzzielkonform dem Kreislauf von Werden und Vergehen überlassen (Natur Natur sein lassen). Das Holz verbleibt als für die biologischen Kreisläufe und auch die Biodiversität wertvolles Totholz direkt auf der Fläche. In Ausnahmefällen wird es aufgearbeitet und entfernt, wenn es (z. B. bei zukünftigen Verkehrssicherungsmaßnahmen entlang von Straßen) die Arbeitssicherheit beeinträchtigen kann. 5. Was wird gegen den Borkenkäferbefall unternommen? In der Naturdynamikzone (= Kernzone) des Nationalparks gibt es keine Maßnahmen gegen Borkenkäfer . Entlang der Außengrenzen des Nationalparks wird auf einer Breite von ca. 500 m (innerhalb des Nationalparks) eine konsequente Bekämpfung von Borkenkäfern durchgeführt, um benachbarte Wirtschaftswälder vor Borkenkäfern aus dem Nationalpark zu schützen. In den Wirtschaftswäldern würde im Gegensatz zum Schutzgebiet ein Borkenkäferbefall tatsächlich wirtschaftliche Schäden hervorrufen. Die Bekämpfung erfolgt durch sofortigen Einschlag (= Absägen) befallener Fichten, die anschließend vermarktet und aus dem Wald entfernt werden, bevor die Käferentwicklung unter der Borke abgeschlossen ist und die nächste Käfergeneration ausfliegen kann, um weitere Bäume zu befallen. 6. Welche Folgen haben die Borkenkäferplage und die Baumfällungen für die Biodiversität und speziell das Wild im Nationalpark Harz? Die Einwirkung von Borkenkäfern führt zu einer Beschleunigung natürlicher Verjüngungsvorgänge im Wald. Von dem so entstehenden Lichtangebot auf großen Flächen profitieren lichtbedürftige Pflanzen- und Tierarten. Die Waldverjüngung führt zu ungleichaltrigen, strukturreichen Wäldern, die eine höhere Biodiversität aufweisen als die Vorbestände, die häufig monostrukturiert waren. Speziell Schalenwild (v. a. Rot- und Rehwild) profitiert stark vom reichen Nahrungsangebot auf den belichteten Flächen. 7. Welche Folgen haben die Borkenkäferplage und die Baumfällungen für den Tourismus in der Region? Nach Angaben des Harzer Tourismusverbands weisen die touristischen Kennzahlen für den Harz seit Jahren einen positiven Trend auf. Als Beispiel seien die Übernachtungszahlen für den Harz insgesamt und für den niedersächsischen Teil in Klammern für die letzten vier Jahre genannt (Quelle: Statistisches Bundesamt): 2013: 6 933 595 (3 964 574), 2014: 7 036 784 (4 032 657), 2015: 7 184 592 (4 168 627), 2016: 7 188 832 (4 256 554). Die im Nationalpark entstehenden Waldbilder nach Einwirkung von Borkenkäfern sprechen eine zunehmende Zahl von Touristen an, die in einem solchen Schutzgebiet entsprechende Wildnisbilder erwarten und begrüßen. Welchen Anteil dieser Effekt an den Steigerungen der Kennzahlen hat, ist bisher nicht untersucht. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8767 3 8. Wird in bewirtschafteten Wäldern die Borkenkäferplage anders bekämpft als in nicht bewirtschafteten Wäldern, und, wenn ja, weshalb? In Wirtschaftswäldern ist die Zielsetzung eine komplett andere als im Nationalpark. Hier ist die Holzproduktion ein ganz wesentlicher Faktor. Borkenkäfer werden daher (ähnlich wie entlang der Außengrenze des Nationalparks) in der Regel bekämpft. 9. Werden in bewirtschafteten Wäldern die von Borkenkäfern befallenen Bäume anders entsorgt als in nicht bewirtschafteten Wäldern? Im Wirtschaftswald werden die Bäume, auch die durch Borkenkäferbefall abgestorbenen, überwiegend einer stofflichen Nutzung zugeführt, während sie in ungenutzten Wäldern in der Regel im Naturkreislauf verbleiben. Eine „Entsorgung“ stellt weder das eine noch das andere dar, sondern eine Nutzung zur Erfüllung der unterschiedlichen Zielsetzungen. (Ausgegeben am 26.09.2017) Drucksache 17/8767 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8615 Borkenkäferplage im Nationalpark Harz Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz