Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8790 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8721 - Ein teures Gutachten für den damaligen Kultusminister Althusmann ohne jeden Nutzen? Anfrage des Abgeordneten Grant Hendrik Tonne (SPD) an die Landesregierung, eingegangen am 13.09.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 18.09.2017 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung vom 28.09.2017, gezeichnet In Vertretung Erika Huxhold Vorbemerkung des Abgeordneten In einem Artikel des Gandersheimer Kreisblatts vom 16.03.2012 findet sich folgender Artikel: „Scharfe Kritik an teurem Gutachten des Niedersächsischen Kultusministeriums“ Das niedersächsische Kultusministerium gerät wegen eines teuren Gutachtens in die Kritik. Nach Recherchen von NDR 1 Niedersachsen zahlte das Ministerium für die Expertise einer renommierten Berliner Kanzlei 175 100 Euro zuzüglich Umsatzsteuer, also rund 210 000 Euro. Das Gutachten war im Dezember 2011 in Auftrag gegeben worden; es geht darin um steuer- und sozialversicherungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Honorarverträgen an Ganztagsschulen. Für den Bund der Steuerzahler Niedersachsen/Bremen ist das teure Gutachten nicht nur Geldverschwendung . Vorstandsmitglied Bernhard Zentgraf sagte NDR 1 Niedersachsen: „Das ist auch ein Armutszeugnis für das Kultusministerium. Wir haben genug Spezialisten unter den Juristen auch in diesen Fragen, wenn ich an das Finanzministerium und die Oberfinanzdirektion oder die Kultusbehörde denke. Eine solche Frage muss aus dem Landesdienst heraus geklärt werden können. Ein Sprecher des Ministeriums sagte NDR 1 Niedersachsen, dass im Ressort natürlich hervorragende Juristen tätig seien, die ein Rechtsgutachten vergleichbarer Güte hätten fertigen können. Der Sprecher begründete das Gutachten aber mit der hohen Relevanz der rechtlichen Frage: In einem solchen Fall von Bedeutung für den gesamten Ganztagsbetrieb in Niedersachsen an rund 1 300 Schulen geht es jedoch um eine externe, neutrale Instanz. Auch dieses Argument hält der Bund der Steuerzahler für nicht stichhaltig. Das Gutachten sei keinesfalls neutral, sondern das einer Partei, in diesem Fall des Landes. In privaten Unternehmen passieren solche Rechtsstreitigkeiten auch täglich. Wer Klarheit haben will, strengt ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren bei der Rentenversicherung an. (…)“ Vorbemerkung der Landesregierung Seit August 2010 wurde das Thema der rechtlichen Zulässigkeit von Freien Dienstleistungsverträgen (auch Honorarverträge genannt) im Ganztagsschulbereich breit in der Öffentlichkeit diskutiert. Es war Gegenstand umfangreicher kritischer Berichterstattung und zahlreicher Landtagsdebatten. Zudem wurde seit Anfang 2011 ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266 a des Strafgesetzbuchs) gegen unbekannte Verantwortliche im Kultusministerium geführt. Am 18.11.2011 gipfelte eine Erörterung der Problemlage im Kultusausschuss des Landtags mit Vertretern der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) in der Aussage, Honorarverträge seien Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8790 2 im Ganztagsbereich von Schulen generell unzulässig. Diese Lage veranlasste den seinerzeitigen Kultusminister, Herrn Dr. Bernd Althusmann, ein Moratorium für das Abschließen von Honorarverträgen zu verfügen. Mit einer Presseerklärung vom 28.11.2011 teilte er mit, dass nun im Arbeitsund Sozialversicherungsrecht versierte Experten von außerhalb Niedersachsens mit der Begutachtung der Frage der Zulässigkeit von Honorarverträgen im Ganztagsbereich von Schulen beauftragt werden sollen. Der seinerzeitige Staatssekretär im Kultusministerium, Herr Dr. Stefan Porwol, erteilte in einer Besprechung am 01.12.2011 den Auftrag, den Entwurf einer Beauftragung für eine Anwaltskanzlei zu erstellen. Die zu begutachtenden Fragen sollten sich auf die Zulässigkeit von Honorarverträgen, deren Sozialversicherungspflichtigkeit und die vom Landesrechnungshof befürchtete Durchgriffshaftung bei Kooperationsverträgen beziehen. Unter dem 06.12.2011 wurde Herrn Dr. Porwol der Entwurf eines Auftragsschreibens an die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz, Standort Berlin, vorgelegt. In einem Begleitvermerk wurde dargelegt, der dort tätige Rechtsanwalt Dr. Lingemann sei die erste Empfehlung, welche die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) auf Befragen genannt habe. Der beigefügte Auftragsentwurf könne als Grundlage für ein erstes Anbahnungsgespräch dienen. Am 08.12.2011 telefonierte Herr Dr. Porwol mit Herrn Dr. Lingemann. In einem hierzu von ihm gefertigten Vermerk vom 09.12.2011 hielt Herr Dr. Porwol fest, Herr Dr. Lingemann habe bereits einige Mandate zur Abgrenzung von Dienstleistungs- und Arbeitsverträgen übernommen, allerdings noch nicht für die besondere Situation im Schulbereich. Der Rechtsanwalt werde sich einen ersten Überblick verschaffen und danach mitteilen, ob er die Rechtsauffassung des Kultusministeriums über die Zulässigkeit von freien Dienstleistungsverträgen teile. Wörtlich heißt es in dem Vermerk weiter: „Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein (Herr Dr. Lingemann geht selbst auch nicht davon aus), wird er das gewünschte Gutachten erstellen. Erst dann wird er von uns auch das offizielle Auftragsschreiben erhalten.“ Im Übrigen wünsche der Rechtsanwalt für die weitere Bearbeitung ein Stundenhonorar von 475 Euro sowie für seine Mitarbeiter 375 Euro. Er werde in der nächsten Woche auch den voraussichtlichen Stundenumfang mitteilen können. Unter dem 18.12.2011 wurde ein Vermerk gefertigt und von Herrn Dr. Porwol unterzeichnet, mit dem eine Auftragsvergabe an Gleiss Lutz begründet wurde. Dort wurde u. a. ausgeführt: – „Das Moratorium ist inzwischen verfügt worden. Von erheblicher Bedeutung ist insoweit, dass zum 01.02.2012 vielfach die Verlängerung laufender oder der Abschluss neuer Honorarverträge erforderlich wird. Der Zeitfaktor spielt eine erhebliche Rolle, da die Gefahr besteht, dass ohne eine zeitgerechte Aufhebung des Moratoriums noch im Januar die bisherige Ganztagsversorgung an allen Ganztagsschulen gefährdet ist.“ – „Die vorgenommene Prüfung für die Entscheidung, ob ein externes Gutachten eingeholt werden soll, ergibt: Der Informationsbedarf/Gutachtenbedarf durch eine unabhängige externe Stelle außerhalb der Landesverwaltung ist zur Beruhigung der Lage, als Argumentationshilfe gegenüber der StA und den Rentenkassen sowie in Erfüllung der Zusagen gegenüber dem LT zwingend. Vergleichbare Studien über Zulässigkeit bzw. Gestaltung der Honorarverträge an nds. GT- Schulen liegen nicht vor. Es soll daher extern vergeben werden.“ – „Eine gutachterliche Stellungnahme, die alle rechtlichen Aspekte abdeckt und bewertet, ist regelmäßig nur im Rahmen einer Honorarvereinbarung auf Stundenbasis zu erreichen. Es können daher nicht unbeträchtliche Kosten entstehen. Trotzdem ist aus derzeitiger Sicht nicht zu erwarten, dass der Schwellenwert erreicht wird. Eine Ausschreibung auf Grundlage der VOF ist nicht erforderlich.“ Hieraus wird des Weiteren die Zulässigkeit einer freihändigen Vergabe abgeleitet und ausgeführt: – „Nach den Vergabegrundsätzen muss sich der Auftraggeber eine Marktübersicht verschaffen. Im vorliegenden Fall kommt nur eine bundesweit tätige, renommierte Anwaltskanzlei mit Schwerpunkten im Arbeitsrecht in Betracht, die kurzfristig ein Gutachten unter Berücksichtigung der komplexen Sachlage erstellen kann.“ Sodann wurden drei vom BDA empfohlene Rechtsanwälte aufgeführt, zu denen neben zwei weiteren an erster Stelle Herr Dr. Lingemann gehörte. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8790 3 Weiter heißt es in dem Vermerk: – „Vorverhandlungen haben ergeben, dass nur die Kanzlei Gleiss Lutz in der Lage ist, sich zeitnah in die niedersächsische Rechtslage einzuarbeiten …“ „Der geforderte Honorarsatz von 475,-€/Stunde für Partner und 375,-€/Stunde für Mitarbeiter liegt im Rahmen der üblichen Sätze für Großkanzleien. Es soll der Auftrag an die Kanzlei Gleiss Lutz vergeben werden.“ Eine Gesamtkostenschätzung unter Annahme eines in Stunden umgerechneten Arbeitsaufwandes erfolgte nicht. Mit Schreiben vom 19.12.2011 beauftragte Herr Dr. Porwol die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz „mit der Erstellung eines Rechtsgutachtens für das Kultusministerium zu der Frage, ob es rechtlich ausgeschlossen sein kann, dass an niedersächsischen Schulen im Rahmen des Ganztagsbetriebs außerschulische Fachkräfte für außerunterrichtliche Angebote, einmalige Veranstaltungen und zeitlich begrenzte Projekte durch die Vergabe von freien Dienstleistungsverträgen (Honorarverträgen) beschäftigt werden können. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage einer eventuellen Sozialversicherungspflicht für die Vertragspartner der Schulen zu beantworten (…) Des Weiteren bitte ich um Prüfung, ob die sogenannten Kooperationsverträge, die die Schulen mit außerschulischen Partnern abschließen können, rechtlich bedenklich sind. Insbesondere wäre zu betrachten, ob bei zivilrechtlich oder sozialversicherungsrechtlich zu beanstandenden Verträgen der Kooperationspartner der Schulen eine Durchgriffshaftung gegen das Land zu befürchten wäre. Gleichermaßen wäre ich für eine Aussage dankbar, ob aus der aktuellen Änderung des § 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes eine Erlaubnispflicht für Kooperationspartner folgt; als Konsequenz des Nichtvorliegens einer Erlaubnis stünde ein Durchgriff auf das Land zu befürchten… Für die Erstellung des Gutachtens werden Arbeitsstunden eines Anwalts in Ansatz zu bringen sein, bei einem Stundensatz von 475,- € für Sie persönlich bzw. von 375,- € für von Ihnen herangezogene Mitarbeiter. Bitte teilen Sie mir vorab den voraussichtlichen Umfang Ihrer Tätigkeit mit.“ Mit Schreiben vom 02.01.2012 bestätigte Gleiss Lutz den Auftrag und nannte gleichzeitig zusätzliche Auftragsbedingungen, die mit der Formulierung „Die wesentlichen Eckpunkte der Mandatierung möchten wir kurz zusammenfassen“ eingeleitet wurden. Dazu zählte u. a. die Erstattung von Auslagen neben der eigentlichen Honorarvereinbarung. Unter dem 03.01.2012 fertigte Gleiss Lutz eine zehnseitige „Stellungnahme zum Status der Honorarkräfte in Ganztagsschulen“. Das Fazit lautete: „Wir halten es in der Gesamtabwägung der genannten Umstände nicht für rechtlich ausgeschlossen , dass für außerunterrichtliche Veranstaltungen Honorarkräfte bei entsprechender vertraglicher Gestaltung und tatsächlicher Handhabung als freie Mitarbeiter tätig werden können. Da zur statusrechtlichen Abgrenzung von Honorarkräften bisher allerdings keine Rechtsprechung vorliegt, besteht das Risiko, dass ein Gericht die Kriterien anders bewertet oder die Regelungen anders auslegt. Zur sozialversicherungsrechtlichen Absicherung besteht die Möglichkeit, im Wege des Anfrageverfahrens nach § 7 a SGB IV Einzelfallentscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund einzuholen.“ Unter dem 25.01.2012 erteilte Gleiss Lutz dann ein 110-seitiges „Gutachten zu arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen zum Status von Honorarkräften“. Das Ergebnis lautete: „Wir halten es nicht für rechtlich ausgeschlossen, dass an niedersächsischen Schulen im Rahmen des Ganztagsbetriebs außerschulische Fachkräfte für außerunterrichtliche Angebote, einmalige Veranstaltungen und zeitlich begrenzte Projekte durch die Vergabe von freien Dienstleistungsverträgen (Honorarverträgen) beschäftigt werden können… Da zur statusrechtlichen Abgrenzung von Honorarkräften bisher allerdings keine Rechtsprechung vorliegt, besteht das Risiko, dass ein Gericht die Kriterien anders bewertet oder die Regelungen anders auslegt. Zur sozialversicherungsrechtlichen Absicherung besteht die Möglichkeit, im Wege des Anfrageverfahrens nach § 7 a SGB IV Einzelfallentscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund einzuholen.“ Mit Schreiben vom 30.01.2012 machten Gleiss Lutz schließlich Vorschläge zur Gestaltung eines Musterhonorarvertrags. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8790 4 Für das Gutachten wurden 175 100 Euro ohne Umsatzsteuer, bzw. 208 369 Euro einschließlich Umsatzsteuer seitens des Kultusministeriums an die Anwaltskanzlei gezahlt. 1. Trifft es zu, dass in Verantwortung des damaligen Kultusministers Althusmann ein entsprechendes Gutachten in Auftrag gegeben worden ist? Ja. 2. Wie lautete der konkrete Gutachtenauftrag an die Kanzlei? Es wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. 3. Sind bei der Beauftragung des Gutachtens die seinerzeit geltenden Gesetze und Regelungen für die Vergabe eines entsprechenden Gutachtenauftrages eingehalten worden, und, wenn nicht, welche Vergabefehler durch welche Person hat es gegeben? Die Vergabe des in Rede stehenden Gutachtens weist deutliche Mängel auf. Es gab zunächst keine fachliche Notwendigkeit, überhaupt ein externes Gutachten einzuholen, da bereits eigene juristische Einschätzungen vorlagen. Als Gründe für eine externe Begutachtung wurden ausschließlich politische Motive wie „Beruhigung der Lage“ u. Ä. genannt. Hierauf deutet auch der in der Vorbemerkung dargestellte Telefonvermerk Herrn Dr. Porwols vom 09.12.2011 hin, wonach ein Gutachten seitens der Anwälte überhaupt nur für den Fall erstellt werden sollte, dass die bereits vorhandenen Erkenntnisse des Kultusministeriums bestätigt würden. Es wurde keine fundierte Gesamtkostenschätzung vorgenommen, aufgrund derer überhaupt erst hätte beurteilt werden können, welche Art des Vergabeverfahrens hätte gewählt werden müssen. Ein Erreichen des einschlägigen Schwellenwerts wurde „als nicht zu erwarten“ angenommen. Erst mit der Auftragserteilung wurde um Angabe des zu erwartenden Stundenumfangs gebeten, der allerdings vor Rechnungstellung nie mitgeteilt wurde. Die daraufhin für zulässig gehaltene freihändige Vergabe wurde nicht unter Einholung dreier vergleichbarer Angebote durchgeführt, obwohl das auf der Grundlage des Auftragsentwurfs vom 06.12.2011 zeitlich ohne weiteres möglich gewesen wäre. Schon dieser erste Entwurf war ausschließlich als Grundlage für ein erstes „Anbahnungsgespräch“ mit Gleiss Lutz konzipiert. Eine Kontaktaufnahme mit den anderen beiden vom BDA genannten Kanzleien ist nicht dokumentiert. Tatsächlich ist also eine Direktvergabe durchgeführt worden, deren Zulässigkeitsvoraussetzungen im Vermerk vom 18.12.2011 nicht geprüft wurden und tatsächlich auch nicht vorlagen. 4. Welche Personen waren in die Beauftragung des Gutachtens seitens des Kultusministeriums auf welche Art und Weise eingebunden oder in Kenntnis gesetzt? Die Entscheidung, ein Gutachten in Auftrag zu geben, ging - wie im Rahmen der Vorbemerkung bereits dargestellt - vom seinerzeitigen Kultusminister, Herrn Dr. Bernd Althusmann, aus. Innerhalb des Kultusministeriums hat der seinerzeitige Staatssekretär, Herr Dr. Stefan Porwol, den seinerzeitigen Leiter des Dienstrechtsreferats gebeten, ein Beauftragungsschreiben für eine Anwaltskanzlei vorzubereiten; beteiligt an der Erarbeitung des Beauftragungsschreibens war auch der seinerzeitige Leiter des für Ganztagsschulen zuständigen Referats. Die zur Vergabe führenden Handlungen lagen in der Verantwortung des seinerzeitigen Leiters des Haushaltsreferats. Die Vergabeentscheidung und die Beauftragung sowie die gesamte Steuerung des Verfahrens erfolgte - wie oben bereits dargestellt - durch den seinerzeitigen Staatssekretär. 5. Aus welchen Gründen erfolgte die Beauftragung der betreffenden Kanzlei aus Berlin? Es wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8790 5 6. War dem damaligen Kultusminister Althusmann oder dem Kultusministerium die betreffende Kanzlei vor der Beauftragung bereits bekannt, und gab es bereits zuvor oder danach weitere Aufträge an dieselbe? Wenn ja, in welcher Höhe jeweils und insgesamt? Nach den hier vorliegenden Erkenntnissen war die beauftragte Kanzlei weder Herrn Dr. Althusmann noch dem Kultusministerium zuvor bekannt. Auch gab es nach diesem Auftrag keine weitere Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium. 7. Welche in Niedersachsen ansässigen Kanzleien hätten die betreffende Dienstleistung ebenfalls erbringen können, bzw. ist erkennbar, dass sachlich eine Beauftragung der Berliner Kanzlei zwingend geboten war? Es wird zunächst auf die Vorbemerkung und die Beantwortung der Frage 3 verwiesen. Aufgrund der politischen Motivation wurde im Übrigen von vornherein nur eine Kanzlei außerhalb Niedersachsens gesucht. Im Zuge der Erarbeitung dieser Antwort wurde keine nachträgliche Erkundung des niedersächsischen Anwaltsmarkts vorgenommen. 8. Entsprach das Honorar für das Gutachten der marktüblichen Höhe für vergleichbare Aufträge und, wenn nein, welches Honorar wäre angemessen gewesen? Die Frage ist nicht exakt zu beantworten, da frei vereinbarte anwaltliche Honorare stark differieren und ein direkter Vergleich für die damalige Beauftragung schon deshalb unmöglich ist, weil keine weiteren Vergleichsangebote eingeholt worden sind und Herr Dr. Porwol erkennbar die Honorarforderungen von Gleiss Lutz von vornherein als „angemessen“ akzeptiert hat. Anwaltliche Stundensätze von Großkanzleien sind bekanntermaßen hoch, wenngleich die hier vereinbarten Stundensätze erkennbar am oberen Rand des Möglichen lagen. 9. War von der Anwaltskanzlei im Sinne einer „neutralen Instanz“ eine einem Gericht vergleichbare ausgewogene Bewertung zu erwarten, oder entsprach das Ergebnis des Gutachtens der seitens des Kultusministeriums ohnehin bereits geübten oder geplanten Praxis? Es wird zunächst auf die Vorbemerkung und die Beantwortung der Frage 3 verwiesen. Im Übrigen wurde seitens der Anwälte selbst auf das Risiko fehlender Rechtsprechung hingewiesen und eine direkte Abfrage bei der DRV empfohlen, obwohl das Gutachten als Argumentationspapier u. a. gegenüber dieser Stelle dienen sollte. 10. Wie lauteten zusammengefasst die wesentlichen Ergebnisse des Gutachtens, und wichen diese von den des Kultusministeriums bereits bekannten Einschätzungen ab? Es wird auf die Darstellung in der Vorbemerkung verwiesen. Dass „für außerunterrichtliche Veranstaltungen Honorarkräfte bei entsprechender vertraglicher Gestaltung und tatsächlicher Handhabung als freie Mitarbeiter tätig werden können“ entsprach der zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Rechtsauffassung im Kultusministerium. Das Risiko bei einer nicht der vertraglichen Gestaltung entsprechenden Handhabung in der einzelnen Schule war allerdings auch bekannt. 11. Welcher Mehrwert des Gutachtens im Vergleich zu einer hausinternen rechtlichen Bewertung ist für das Kultusministerium eingetreten? Es ist kein Mehrwert erkennbar. Im Ergebnis ist dem Kultusministerium empfohlen worden, zur Bekräftigung seiner eigenen Rechtsauffassung zur Sicherheit eine verbindliche Auskunft der DRV einzuholen . Die DRV hat seinerzeit auf Nachfrage klargestellt, dass es jeweils auf die „konkrete Betrachtung und Würdigung des Einzelfalls“ ankomme. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8790 6 12. Welche Auswirkungen auf das weitere ministerielle und Verwaltungshandeln hatte das betreffende Gutachten? Unter dem 04.01.2012 hat der seinerzeitige Kultusminister, Herr Dr. Bernd Althusmann, in einem Schreiben an die Schulleiterinnen und Schulleiter an allen öffentlichen Schulen Niedersachsens das oben erwähnte Moratorium auf Grundlage der Auskunft der DRV und der zehnseitigen „Stellungnahme zum Status der Honorarkräfte in Ganztagsschulen“ von Gleiss Lutz vom 03.01.2012 wieder aufgehoben; das später vorgelegte Gutachten wurde für diese Entscheidung nicht benötigt. In diesem Schreiben wurde deutlich daran erinnert, dass die „außerschulischen Fachkräfte nicht in die schulischen Abläufe integriert werden dürfen“. Darüber hinaus wurde an die strikte Einhaltung der „Hinweise zur Vertragsgestaltung bei ganztagsspezifischen Angeboten“ der Niedersächsischen Landesschulbehörde erinnert. 13. Ist rückblickend festzustellen, dass die Beauftragung des Gutachtens einen der Höhe des Honorars entsprechenden erheblichen Nutzen für das Kultusministerium erbracht hat? In der Rückschau hat die Einholung eines Rechtsgutachtens für die Rechtsposition des Landes keinen Vorteil gebracht. In der Folge kam es erst 2013 unter der derzeitigen Landesregierung zu einer Verständigung mit der DRV hinsichtlich der zurückliegenden Prüfungszeiträume und in der Folge zu Zahlungen des Landes in Höhe von rund 13,4 Millionen Euro, die den jeweiligen Beitragskonten der „Honorarkräfte “ zugeführt wurden. Schließlich wurde im Ganztag der Abschluss von Arbeitsverträgen vorgeschrieben , um eine vergleichbare Situation für die Zukunft zu vermeiden. (Ausgegeben am 29.09.2017) Drucksache 17/8790 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8721 Ein teures Gutachten für den damaligen Kultusminister Althusmann ohne jeden Nutzen? Anfrage des Abgeordneten Grant Hendrik Tonne (SPD) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums