Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8798 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8677 - Stehen Mühlen der Wasserrahmenrichtlinie entgegen? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Hermann Grupe, Almuth von Below-Neufeldt und Dr. Stefan Birkner (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 05.09.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 07.09.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 02.10.2017, gezeichnet Stefan Wenzel Vorbemerkung der Abgeordneten Mühlen waren viele Jahrhunderte lang ein wichtiges Instrument zur Energiegewinnung, aber vor allem auch für die Versorgung der Bevölkerung. Dampfmaschinen, Diesel- oder Elektromotoren machten viele Wassermühlen überflüssig. Dennoch überlebten einige Mühlen oder wurden restauriert . Viele Mühlenbetreiber sorgen sich um den Bestand ihrer Mühle im Zusammenhang mit der Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie. Vorbemerkung der Landesregierung Die Ausführungen zu den Fragen 1 bis 8 beziehen sich explizit auf historische Wassermühlen im engeren Sinne des Wortes. Auf die umfassendere Thematik der Wasserkraftnutzung wird an dieser Stelle nicht eingegangen. In der Regel fand die historische Form der Energiegewinnung mittels Mühlradtechnologie statt. Im vergangenen Jahrhundert wurden zahlreiche Mühlen modernisiert, d. h. das Mühlrad wurde durch Turbine und Generator ersetzt. Die dabei erzeugte Energie wurde zum Betrieb elektrischer Mahlgänge genutzt. Im Zuge des Strukturwandels der Mühlenbetriebe, d. h. der Konzentration auf weniger und größere Einheiten, wurde die weiterhin erzeugte elektrische Energie zunehmend für andere Zwecke eingesetzt. Neben der Eigenversorgung für den privaten und gewerblichen Bereich wird der erzeugte elektrische Strom heute vor dem Hintergrund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist. 1. Wie viele Wassermühlen gibt es in Niedersachsen? In Niedersachsen sind in den vergangenen Jahrhunderten im Zuge der Nutzung als Kulturlandschaft zahlreiche solcher Mühlen entstanden. Es wird davon ausgegangen, dass eine Vielzahl solcher Mühlen starke Veränderungen erfahren hat. Die diesbezügliche Spannbreite reicht von Erhaltung in historischem Zustand (Museumsnutzung) über kontinuierliche Modernisierung bis hin zu vollständigem Verfall. Eine systematische Erfassung aller dieser Mühlen liegt nicht vor, eine Aussage zur Gesamtzahl der Wassermühlen kann daher nicht getroffen werden. 2. Wie viele Wassermühlen sind in Niedersachsen denkmalgeschützt? In Niedersachsen sind 278 Wassermühlen denkmalgeschützt. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8798 2 3. Wie viele Wassermühlen werden für die Energieerzeugung genutzt, und welchen Beitrag zur Energieerzeugung leisten sie? Eine genaue Anzahl der für die Energieerzeugung genutzten Wassermühlen kann nicht angegeben werden, da diese nicht systematisch erfasst wird. Es ist bekannt, dass ein Teil der Mühlen elektrischen Strom lediglich für die Eigenversorgung erzeugt und somit in keinen Erhebungen erfasst wird. Generell kann festgestellt werden, dass die Erzeugung von Energie in Wasserkraftanlagen in Niedersachsen einen Anteil von ca. 0,5 % an der Gesamterzeugung aufweist. Abzüglich der großen Anlagen, z. B. an der Weser, weist die Energieerzeugung der sogenannten kleinen Wasserkraft einschließlich der nicht denkmalrelevanten Standorte mit ca. 0,2 % nur einen sehr geringen Anteil an der Gesamterzeugung auf. 4. Wie viele dieser Wassermühlen erfüllen die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie ? Die in § 35 Abs. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) normierte Nachrüstung von Altanlagen zum Schutz der Fischpopulation wird bisher bundesweit nur mit deutlicher zeitlicher Verzögerung realisiert. Dies gilt auch für Niedersachsen. Eine landesweite detaillierte Angabe zur Erfüllung der Inhalte der EG-Wasserrahmenrichtlinie an diesen Standorten liegt infolge bewertungsmethodischer Fragen nicht vor. Die vorliegenden Informationen zeigen hier auf, dass bei der überwiegenden Anzahl der Wassermühlen die Anforderungen derzeit nicht erfüllt werden. 5. Welche technischen Möglichkeiten sieht die Landesregierung, diese Wassermühlen insoweit zu vertretbaren Investitionskosten umzurüsten, dass sie die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie erfüllen? Die für eine funktionale Fischwanderung notwendigen Umgestaltungsmaßnahmen der historischen Anlagen stellen sich in der Regel sehr umfangreich dar. Der damit einhergehende Investitionsaufwand solcher Fischwanderhilfen kollidiert dabei sehr häufig mit den ökonomischen Rahmenbedingungen des Anlagenbetriebs. Lösungsansätze bzw. Maßnahmen, die die notwendigen fachlichen Anforderungen erfüllen, sind zumeist nur unter vergleichsweise hohem Kostenaufwand realisierbar. 6. Gibt es Nutzungskonflikte zwischen Wassermühlen und anderen Gewässernutzern wie z. B. Anglern, und wie können diese minimiert werden? Der Betrieb von Wasserkraftanlagen kann deutliche oder sogar letale Verletzungen an Fischen verursachen. Neben den Zielen der europäischen Umweltpolitik (EG-Wasserrahmenrichtlinie, Fauna -Flora-Habitat-Richtlinie, EG-Aalverordnung u. a.) können dabei auch die Interessen der gewerblichen und nichtgewerblichen Fischerei berührt werden. Schädigungen an der Fischfauna können durch die vorgenannten Fischwanderhilfen reduziert oder sogar minimiert werden. Derzeit werden alternative bzw. unterstützende Methoden insbesondere bei der Aal-Wanderung erprobt. Durch ein gezieltes Abstellen der Anlagen in Zeiten starker Aalwanderung (Turbinenmanagement) kann die Anzahl verletzter Tiere gegebenenfalls deutlich reduziert werden. Eine weitere Option ist die des Fangs und Transports der Tiere (Trap and truck) in den Unterlauf der Flüsse bzw. ins Meer. Hierzu befindet sich derzeit ein Pilotvorhaben zu Aufwand und Erfolg derartiger Maßnahmen in Vorbereitung . 7. Inwieweit sind diese Umrüstungen mit Denkmalschutzvorgaben vereinbar? In Abhängigkeit von den lokalen Gegebenheiten sind unterschiedliche Maßnahmen für die ökologische Durchgängigkeit der Gewässer denkbar. Ebenso ist für die Kulturdenkmale im Einzelfall zu klären, worin der jeweilige Denkmalwert besteht. In der Regel ist es machbar, aufeinander abgestimmte Lösungen für den spezifischen Einzelfall zu entwickeln. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8798 3 8. Welche Förderprogramme gibt es für die Umrüstung von Wassermühlen? Es gibt keine gezielten Förderprogramme in diesem Kontext. Je nach den spezifischen Fallkonstellationen können gegebenenfalls Fördermittel aus Denkmalpflege, Wasserwirtschaft, Naturschutz, Förderung des ländlichen Raums u. ä. in Anspruch genommen werden. In der Regel bedingt dies jedoch infolge der rechtlich verbindlichen Vorgaben aus dem WHG (vgl. Antwort zu Frage 4), dass keine kommerzielle Wasserkraftnutzung erfolgt. (Ausgegeben am 05.10.2017) Drucksache 17/8798 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8677 - Stehen Mühlen der Wasserrahmenrichtlinie entgegen? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Hermann Grupe, Almuth von Below-Neufeldt und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz