Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8803 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8667 - Innovation und Forschung für neue Präventionsansätze in der Arbeitswelt Anfrage der Abgeordneten Almuth von Below-Neufeldt (FDP) an die Landesregierung, eingegangen am 01.09.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 05.09.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung vom 28.09.2017, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung der Abgeordneten Burnout und Fehltage sowie Ausfälle in Produktion und Geschäften verursachen jährlich bundesweit ca. 100 Milliarden Euro Kosten. Die Tendenz ist steigend. Für die Betroffenen und ihre Familien ist Burnout ein schwerer Verlust in Lebensqualität und Gesundheit - oft mit sehr weitreichenden Folgen. Work-Life-Balance, Anerkennung im Beruf, Wertschätzung und Berufsperspektiven sind Studien zufolge Mechanismen, die einem Burnout entgegenwirken können. Die psychische und psychosoziale Gesundheit auch in stressigen Berufs- und Lebenssituationen zu erhalten, ist inzwischen längst Anliegen auch staatlicher Stellen (z. B. der Gewerbeaufsicht). Auch nicht staatliche Einrichtungen begleiten Institutionen und helfen, neue Herausforderungen der Zukunft der Arbeit (z. B. Industrie 4.0) zu meistern. Gleichwohl bleibt Burnout ein Problem. Vorbemerkung der Landesregierung „Burnout“ ist nach der Internationalen Klassifikation der Erkrankungen, der „International classification of Diseases“ (ICD 10), keine Erkrankung im eigentlichen Sinn. Es kann somit auch nicht von einer „Burnout“-Diagnose im medizinischen Sinn gesprochen werden. „Burnout“-Beschwerden sind vielfältig, aber es gibt keine eindeutigen, eine solche Krankheit beweisenden Krankheitszeichen. Eine Reihe von Beschwerden im Rahmen eines „Burnouts“ überschneidet sich mit den Symptomen einer Depression, wie etwa Antriebslosigkeit, Mutlosigkeit, Müdigkeit, das Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit. Die bevölkerungsrepräsentative „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS)“1 fand eine selbstberichtete Häufigkeit der Personen, die innerhalb von zwöölf Monaten an „Burnout“ leiden, von lediglich 1,5 % heraus. Dies war geringer als erwartet. Jedoch litten mehr als 70 % der Betroffenen an einer massiven psychischen Störung, wie somatoformen Angst- oder affektiven Störungen . Demgemäß ist weniger das Phänomen „Burnout“ ein Problem als psychische Erkrankungen allgemein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt psychische Gesundheit als Zustand des Wohlbefindens , in dem jede und jeder die eigenen Fähigkeiten ausschöpft, die normalen Lebensbelastungen bewältigt, produktiv arbeiten und etwas zur Gemeinschaft beitragen kann. Die psychische Gesundheit wird durch biologische, psychologische und soziale Faktoren beeinflusst. 1 Maske, U. E., et al. (2016). „Häufigkeit und psychiatrische Komorbiditäten von selbstberichtetem diagnostiziertem Burnout-Syndrom Ergebnisse der bevölkerungsrepräsentativen ‚Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS)‘." Psychiatr Prax 43(1): 18-24. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8803 2 Einige Gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) veröffentlichen jährlich Angaben über Fehlzeiten aufgrund spezifischer Diagnosen. Die Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen werden durch die Diagnosen Depression, Anpassungsstörungen, Angst- und somatoforme Störungen sowie andere neurotische Störungen bestimmt. Hinter diesen Diagnosen können sich auch einige sogenannte Burnout-Fälle verbergen (siehe DEGS). Die DAK verzeichnet für Niedersachsen im Jahr 2017 einen leichten Rückgang der Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen sowie einen Rückgang der betroffenen Fälle.2 1. Welche Forschungsprogramme in den Themenbereichen wie Prävention zur Gesunderhaltung und Prävention zu Erhalt der psychischen Belastbarkeit gibt es in Niedersachsen ? Zur Vorbereitung des Antwortbeitrages wurde eine Abfrage bei den niedersächsischen Hochschulen in staatlicher Verantwortung durchgeführt. Die Ergebnisse der Abfrage sind den nachstehenden Ausführungen zu entnehmen. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Technische Universität Braunschweig: a) Am Institut für Psychologie, Abt. Klinische Psychologie, Psychotherapie und Diagnostik ist das folgende Projekt zur Prävention psychischer Störungen angesiedelt: „Zukunft Familie III“ (Längsschnittstudie zur Vorhersage von Verhaltensauffälligkeiten im Jugendalter unter Berücksichtigung von Risiko- und Schutzfaktoren). In diesem DFG-geförderten Projekt werden langfristige Effekte eines vor zehn Jahren durchgeführten verhaltenstherapeutischen Elterntrainings (Triple P) untersucht. Die Förderung ist abgeschlossen. Die Daten werden aktuell weiter ausgewertet und publiziert. b) In der Psychotherapieambulanz ist folgendes Projekt im Bereich der Sekundärprävention derzeit angesiedelt: „Versorgung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen mit psychischen Störungen und Belastungen (‚Salzgitter-Modell‘), durch Abschluss von Selektivverträgen zur integrierten Versorgung mit drei verschiedenen Betriebskrankenkassen“. Das Ziel dieses Projektes ist es, psychische Störungen bei Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen durch eine diagnostische Beratung frühzeitig zu erkennen und bei Bedarf eine zeitnahe Behandlung zu ermöglichen . In Abhängigkeit von einer spezifischen Indikation kann das z. B. eine ambulante oder stationäre Psychotherapie sein oder die Einleitung eines Rehabilitationsverfahrens. Um eine optimale Versorgung gewährleisten zu können, kooperieren Kostenträger, Arbeitsmediziner der Betriebe und Leistungserbringer engmaschig. Erste Evaluationen ergeben, dass dieses Modell über die Regelversorgung hinaus zu einer Verbesserung der Versorgungssituation von Betroffenen beitragen kann. Leibniz Universität Hannover: Das Themenspektrum wird an der Leibniz Universität hauptsächlich am Institut für interdisziplinäre Arbeitswissenschaft bearbeitet. Dort werden regelmäßig Projekte zur Einführung, Evaluation und Neuausrichtung von betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) in Unternehmen wissenschaftlich begleitet. Aktuell wird ein Projekt zur Einführung eines BGM an einer niedersächsischen Berufsfeuerwehr begleitet sowie eines zur Neuausrichtung eines BGM bei einem großen niedersächsischen Dienstleistungsunternehmen mit über 2 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das Institut bietet außerdem ein „Weiterbildungsstudium Arbeitswissenschaft“ (Zertifikat) sowie ab dem Wintersemester 2017/2018 einen berufsbegleitenden Masterstudiengang „Arbeitswissenschaft “ an; beide Studiengänge bieten eine Spezialisierungsmöglichkeit „Betriebliches Gesundheitsmanagement und Arbeitsgestaltung“. Die Zielgruppe und Ausrichtung der Studiengänge stellen sicher, dass das gewonnene Wissen in die Betriebe hineingetragen wird. 2 DAK-Gesundheitsreport 2017 für Niedersachsen und Gesundheitsreport 2017, Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten , DAK 2017; https://www.dak.de/dak/landesthemen/gesundheitsreport-niedersachsen-2017-1885356.html sowie Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung (Band 16) Gesundheitsreport 2017, Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten. DAK 2017 https://www.sak.de/dak/bundesthemen/muedes-deutschlandschlafstoerungen -steigen-deutlich-a-1885310.html. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8803 3 Am Institut für Soziologie läuft ein BMBF-Projekt „Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Bildung, Stress und Gesundheit im Sinne von Arbeitsfähigkeit“. Es untersucht soziale Mechanismen aus einer gesundheitssoziologischen Perspektive heraus. Universität Vechta: An der Universität Vechta laufen aktuell folgende Forschungsprojekte im Bereich der Gesundheitsprävention (im Allgemeinen): – Entwicklung gesundheitsorientierter Sport-, Bewegungs- und Fitnessprogramme für spezifische Zielgruppen und spezifische Probleme. Input-Evidenz. Evaluation und Effizienzprüfung dieser spezifischen Programme. Output-Evidenz, Sportwissenschaft, – Evaluation der schriftlichen Befragungen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Präventionskursen der AOK Westfalen-Lippe, Sportwissenschaft. Im Jahr 2016 wurden folgende Forschungsprojekte abgeschlossen: – Sportorientierte und bewegungsfreudige Schule, Sportwissenschaft (2014 bis 2016), – Ganzheitliches Konzept zur Unterstützung und Entlastung von ambulanten Pflegekräften und Angehörigen bei der Betreuung von kognitiv beeinträchtigten Senioren, Gerontologie (2013 bis 2016). Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen: An der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen läuft im Förderzeitraum vom 01.11.2016 bis zum 31.10.2019 ein Forschungsprojekt zum Thema: „Arbeits- und Gesundheitsschutz für pädagogische Fachkräfte in den niedersächsischen KiTas“, gefördert durch die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Innovation durch Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth: An der Hochschule sind folgende Forschungsprojekte angesiedelt: 1. Forschungsprofessur „Psychische Gesundheit in der Arbeitsgesellschaft (PsychGeA)“ Bislang wurde u. a. mit Versichertendaten der AOK Niedersachsen die administrative Prävalenz und Inzidenz von dokumentierten psychischen Störungen (sogenannte F-Diagnosen) untersucht. Dazu wurde geprüft, wie oft und bei welchen Versicherten psychische Störungen in Niedersachsen diagnostiziert wurden. Außerdem wurde untersucht, ob das Risiko, eine solche Diagnose zu erhalten , unter atypisch Beschäftigten, womit Personen mit einer Teilzeitbeschäftigung, einer geringfügigen oder befristeten Beschäftigung oder einer Beschäftigung in der Leiharbeit gemeint sind, erhöht ist. Besonderes Augenmerk galt in diesen Analysen dem Einfluss des Geschlechts. In diesem Rahmen wurde u. a. zusammen mit der Kooperationsstelle Hochschule-Gewerkschaften eine sehr gut nachgefragte Tagung „Psychische Belastungen in der Arbeitswelt - Ansätze zur Primärprävention “ organisiert sowie Vorträge zu diesem Thema gehalten und Literaturbeiträge verfasst . Das PsychGeA-Team hat beim BMBF im Rahmen der „Förderinitiative Gesund - ein Leben lang“ im Themengebiet: „Präventionsforschung zur Vermeidung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz“ zusammen mit der Universität Bremen, der Gesundheitswirtschaft Nordwest e. V. und regionalen Unternehmen einen Verbundantrag eingereicht. Das Thema des geplanten Projekts lautet „Flexible Dienstleistungsarbeit gesundheitsförderlich gestalten (FlexiGesA)“. Bei einer positiven Begutachtung wäre damit eine Verstetigung des Themas psychische Gesundheit in der Arbeitswelt an der Hochschule gewährleistet. 2. Promotion zum „Nutzen präventiver Gesundheitsprogramme für psychisch kranke Langzeitarbeitslose ; Ein Vergleich gegenwärtig existierender Maßnahmen.“ Gefördert im Rahmen des Programm Jade2Pro der Jade Hochschule 3. GESA, Gesundheitsbezogene Versorgung für ein selbstbestimmtes Leben im Alter, Jade2 Pro, MWK/Promotionsprogramm; konkret geht es um „Die Bereitschaft zur Inanspruchnahme Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8803 4 ambulanter Pflegedienste alleinlebender demenziell veränderter Personen vor ihrem biografischen Hintergrund“ 4. Promotionsprojekt, in dem ein Kommunikationstraining für Erwachsene mit gering- bis mittelgradiger Hörbeeinträchtigung entwickelt wird. Zudem wird dieses Thema auch in den Lehrveranstaltungen im Masterstudiengang Public Health aufgegriffen, beispielsweise in folgenden Lehrveranstaltungen: – „Ansätze und Methoden der zielgruppenspezifischen Prävention und Gesundheitsförderung“, – „Gesundheitsförderung und Prävention in betrieblichen Settings“, – „Gesundheitspsychologie“. Georg-August-Universität Göttingen: Die Georg-August-Universität Göttingen bietet im Bereich Forschung und Studium sowie Lehre Folgendes an: – Masterstudiengang Sportwissenschaft mit den Schwerpunkten Prävention, Rehabilitation und psychosoziale Gesundheit, – Studiengänge „Gesundheitsökonom/in (VWA)“ sowie „Gesundheitsbetriebswirt/in (VWA)“ für Verwaltungs- und Pflegepersonal, med.-pharmaz.-techn. Assistenz, Ärztinnen/Ärzte, Apothekerinnen /Apotheker, etc., – im Bereich Makroökonomik und Entwicklungsökonomik der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät wird im Bereich Forschung u. a. die Thematik „Gesundheitsökonomik“ behandelt, – im Bereich Sportpädagogik/-didaktik der Sozialwissenschaftlichen Fakultät wird im Bereich Forschung u. a. die Thematik „Rolle von Bewegung in der Bildungs- und Entwicklungsförderung“ (allerdings bei Kindern, nicht im Arbeitsalltag) behandelt. Universitätsmedizin Göttingen: Durch das Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Göttingen erfolgt die Konzeptionierung des Studiendesigns für die Pilotstudie zur Belastungs- und Beanspruchungssituation bei Beschäftigten im Polizeidienst unter besonderer Berücksichtigung der Zugehörigkeit zum Wechsel- bzw. Tagesdienst (2008 bis 2010). Initiiert wurde die Durchführung der Untersuchung durch die Deutsche Polizeigewerkschaft. Stiftung Universität Hildesheim: An der Stiftung Universität Hildesheim gibt/gab es folgende Forschungsprogramme zu den unter Frage 1 genannten Themenbereichen. Forschungsthemen: – Forschung zu Gesundheitskompetenz (health literacy), die als Ressource im Zusammenhang mit der Entwicklung von negativen Gesundheitsoutcomes wie fehlendem körperlichen und psychischen Wohlbefinden sowie körperlicher Symptomatik dient, – Forschung zum Job Demand Control Model - einem der prominentesten theoretischen Modelle zur Vorhersage von Stress und Burnout am Arbeitsplatz, – Forschung zur Frage, welchen Einfluss Gruppen auf Stress und Burnout haben, – Forschung zum kausalen Zusammenhang zwischen Arbeitsplatzmerkmalen, körperlicher Aktivität in der Freizeit, Stress und Burnout, – Forschung zu psychischer Belastung bei Studierenden. Drittmittelgeförderte Forschungsprojekte: – DFG-Projekt „Warum Arbeit krank macht: Fehlende körperliche Aktivität in der Freizeit als Erklärung für negative Effekte von Arbeit auf Gesundheit“, Laufzeit: 2016 bis 2019, Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8803 5 – Prävention von riskantem Substanzkonsum unter Studierenden (Bundesministerium für Gesundheit , 2013 bis 2015), – MWK-Projekt: „Uns macht Stress nichts aus: Eine geteilte soziale Identität als Stresspuffer im Studium“, Laufzeit: 2012 bis 2016, – Gesundheitskompetenz im Kontext der modernen Informationsgesellschaft (Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Schwerpunkt Kompetenzdiagnostik, 2009 bis 2013), – Gesundheitskompetenz: Modellentwicklung und Validierung (DFG, Schwerpunktprogramm „Kompetenzmodelle zur Erfassung individueller Lernergebnisse und zur Bilanzierung von Bildungsprozessen “, 2007 bis 2009). Leuphana Universität Lüneburg: Das Thema „Prävention in der Arbeitswelt“ ist zentraler Arbeitsschwerpunkt der Professur „Gesundheitspsychologie und angewandte biologische Psychologie“, die in der Nachfolge von Projekten des von EU und Land geförderten Innovations-Inkubators Lüneburg eingerichtet worden ist. Die Arbeitsgruppe der Professur ist an verschiedenen Forschungsprojekten und -programmen zum Thema zentral beteiligt: Im BMBF-Projekt „Digi-Exist“ (Digitale Gesundheitsprävention für Existenzgründungen - Teilvorhaben : Entwicklung und Evaluation verhaltenspräventiver Bausteine zum Online-Gesundheits-Check und Online-Gesundheitstrainings für Gründer und Beschäftigte, www.digi-exist.de) entwickelt eine Arbeitsgruppe web-basierte Angebote zur Prävention für Gründerinnen und Gründer und Beschäftigte in jungen Unternehmen. Dabei steht die Prävention von berufsbedingtem Stress, Schlafstörungen , Depressionen und Suchterkrankungen im Mittelpunkt. Im BMBF-Projekt „Dynamik 4.0“ (Ein dynamisches System zur Erfassung und Prävention psychischer Arbeitsbelastungen in kleinen und mittleren Unternehmen der Industrie 4.0; Teilvorhaben Usability engineering und technische Implementierung des Web-Tools zur Erfassung psychischer Arbeitsbelastungen, www.dynamik40.de) entwickelt eine Arbeitsgruppe ein web-basiertes Tool zur Durchführung der psychosozialen Gefährdungsbeurteilung in der Industrie 4.0. Die Architektur des Tools stellt eine generische Lösung für die psychosoziale Gefährdungsbeurteilung dar, die auf andere Branchen, z. B. öffentlicher Dienst, Schulen, übertragen werden kann. Im Projekt „Holidaily“ (Smartphone-App für nachhaltige Erholung von starker beruflicher Anspannung , gefördert durch die Barmer Ersatzkasse, www.holidaily.de) geht es darum, eine App zu untersuchen , die Beschäftige dabei unterstützen soll, sich von beruflichem Stress zu erholen. Im Rahmen des NCare-Programms der Landesregierung wird im Bereich der Lehrergesundheit das AGIL-Training eingesetzt, das zusammen mit bayerischen Kollegen entwickelt wurde (www.agillehrergesundheit .de). Die Projektleitung ist in die Aus- und Fortbildung des NCare Netzwerkens intensiv eingebunden. Die Projektleitung ist darüber hinaus federführend beteiligt am Projekt „Get.On“ (www.getontraining .de, gefördert durch die Barmer Ersatzkasse), in dem internet- und mobil-basierte Gesundheitsprogramme zur Förderung der psychischen Gesundheit und zum Umgang mit chronischen Erkrankungen entwickelt werden. Ziel ist es, Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre psychische Gesundheit wirksam zu fördern und ihre Lebensqualität selbstbestimmt zu steigern. In einem Referendars-Projekt der Professur, finanziert aus eigenen Mitteln der Leuphana Universität Lüneburg, entwickelt die Arbeitsgruppe web-basierte, präventive Maßnahmen für Lehramts- Referendarinnen und Referendare. Die entwickelten web-basierten Gesundheitstrainings sollen landesweit zur Verfügung gestellt werden, sofern eine Forschungsförderung eingeworben werden kann. Das Thema „Innovation für neue Präventionsansätze in der Arbeitswelt“ bearbeitet die Arbeitsgruppe - weil diese Angebote digital sind - meist web-basiert, aber auch via Smartphone Apps. Die Arbeit der gesamten Arbeitsgruppe kann mit dem Schlagwort „Occupational e-Mental Health“ beschrieben werden. Konzeptionell innovativ ist vor diesem Hintergrund v. a. das o. g. BMBF-Projekt Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8803 6 „Digi-Exist“, mit dem die Universität Lüneburg erstmalig Verhaltens- und Verhältnisprävention in einem System zusammenbringt. Am Zentrum für angewandte Gesundheitswissenschaften der Leuphana Universität Lüneburg werden darüber hinaus derzeit folgende Forschungsprojekte durchgeführt: – Das Projekt „MindMatters 4“ (gefördert durch Krankenversicherungen) untersucht die Förderung der psychischen Gesundheit in Sekundarschulen. – Das Projekt „Wellbeing Games“ (gefördert durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ) untersucht die Förderung des subjektiven Wohlbefindens durch digitale Medien. – An der Leuphana Universität Lüneburg findet weiterhin vom 09. bis 11.11.2017 die Konferenz „Age in the Workplace“ statt. Hochschule Osnabrück: An der Hochschule Osnabrück wird das EFRE-geförderte Projekt „DokuStress“ durchgeführt. Die Inhalte des Projektes sind einsehbar unter https://www.hs-osnabrueck.de/de/forschung-/recherche- /forschungsprojekte/ (Laufzeit 01.04.2017 bis 31.03.2020). Zum einen beinhaltet es die Entwicklung eines Software-Systems zur sprachgesteuerten elektronischen Befunderhebung und Dokumentation im physiotherapeutischen Setting. Zum anderen erfolgt die Entwicklung und Validierung eines nutzerspezifischen nicht-invasiven Systems zur Messung von Stress für den physiotherapeutischen Einsatz (Prävention, Diagnostik, Therapie). Weiterhin ist die NAKO Gesundheitsstudie (kurz: NAKO)3 zu erwähnen. Dabei handelt es sich um eine Langzeit-Bevölkerungsstudie (Dauer 20 bis 30 Jahre). Sie wird von einem Netzwerk deutscher Forschungseinrichtungen, bestehend aus der Helmholtz-Gemeinschaft, den Universitäten und der Leibniz-Gemeinschaft, organisiert und durchgeführt. Ziel ist es, den Ursachen für die Entstehung von Volkskrankheiten wie beispielsweise Krebs, Demenz, Diabetes, Infektionskrankheiten und Herzinfarkt auf den Grund zu gehen. Dabei ist eine der zentralen Fragen der NAKO, ob das soziale Umfeld oder die Situation am Arbeitsplatz krank macht. Gesetzliche Krankenkassen: Die gesetzlichen Krankenkassen haben durch die Vorschriften des Sozialgesetzbuches (SGB) Fünftes Buch (V) Gesetzliche Krankenversicherung die Verpflichtung, Leistungen zur Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) zu erbringen. Diese Leistungen werden als individuelle Leistungen (Präventionskurse) und als Leistungen in den jeweiligen Lebenswelten (Settingmaßnahmen gemäß § 20 a Abs. 1 Sat7 1 SGB V) erbracht. Einheitliche Handlungsfelder und Kriterien für diese Leistungen werden vom GKV-Spitzenverband festgelegt (Leitfaden Prävention, GKV Spitzenverband, 2014), der dabei die Gesundheitsziele nach § 20 Abs. 3 SGB V berücksichtigt, zu denen auch die Verhinderung von depressiven Erkrankungen gehört. Dabei ist gesetzlich geregelt, dass alle Projekte, die im Rahmen des § 20 b SGB V umgesetzt werden , wissenschaftlich begleitet werden müssen (vgl. Leitfaden Prävention, GKV-Spitzenverband, 2014). Die Ersatzkassen arbeiten dazu mit ausgewählten Universitäten und Forschungsinstituten zusammen. Beispiele dafür sind u. a. Projekte des Betrieblichen Gesundheitsmanagements an der HS Emden, an der Jade HS und der HS Hannover zu den Themen Organisationsentwicklung, Führungskräfte und Strukturaufbau. Die AOK Niedersachsen führt aktuell das Forschungsprojekt „Gesundheit in der Arbeitswelt 4.0“ durch. Dieses untersucht, welche Chancen und Herausforderungen die veränderte digitalisierte Arbeitswelt für die Beschäftigten mit sich bringt, wie sich Digitalisierung tatsächlich auf die physische und psychische Gesundheit auswirkt und wie sich das Betriebliche Gesundheitsmanagement weiterentwickeln muss. Es ist in Partnerschaft mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung sowie mit Unterstützung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ins Leben gerufen worden. Das Projekt wird sozialpartnerschaftlich begleitet und von den Unternehmerverbänden Niedersachsen sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund Niedersachsen - Bremen - Sachsen-Anhalt unterstützt. An dem Projekt neh- 3 https://www.nako.de Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8803 7 men 22 niedersächsische Unternehmen teil. Das Vorhaben wird vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) an der Georg-August-Universität wissenschaftlich begleitet. Die Evaluationsergebnisse werden vom SOFI unabhängig publiziert und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt (http://www.sofi-goettingen.de/publikationen). 2. Kennt die Landesregierung Programme, die nicht staatliche Institutionen mit Präventionsmitteln ausstatten, und, wenn ja, welche? Grundlage für diese Programme ist das in seinen wesentlichen Teilen am 25.07.2015 in Kraft getretene Präventionsgesetz (PrävG). Dieses liefert die rechtlichen Grundlagen für eine stärkere Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger, Unternehmen der privaten Krankenversicherungen, Länder und Kommunen in den Bereichen Prävention und Gesundheitsförderung. Mit diesem Gesetz sollen vor allem das Engagement in den Lebenswelten (§ 20 a SGB V) sowie die Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt (vgl. § 20 b SGB V) verbessert werden. Die Krankenkassen sind gemäß § 20 Abs. 6 SGB V verpflichtet, für die Leistungen der Primärprävention und der betrieblichen Gesundheitsförderung seit 2016 7,00 Euro je Versicherten zu verausgaben . Mindestens 2,00 Euro hiervon müssen jeweils für Leistungen der Gesundheitsförderung und der Prävention in Lebenswelten sowie der betrieblichen Gesundheitsförderung je Versicherten aufgewendet werden. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung als zuständige Stelle für das Land Niedersachsen hat mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen, auch für die Pflegekassen und die gesetzliche Renten- und Unfallversicherung, eine Landesrahmenvereinbarung Prävention Niedersachsen (LRV) verhandelt, die in 2016 in Kraft getreten ist. Die Bundesagentur für Arbeit, die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde und die kommunalen Spitzenverbände sind dieser beigetreten. Die Ziele der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie sind Bestandteil dieser LRV. Die Umsetzung der LRV erfolgt durch das „Dialogforum Prävention“. Dafür führen die Beteiligten der LRV unter Federführung der GKV einen Informations- und Erfahrungsaustausch durch, da nach § 3 Abs. 2 der LRV die Abstimmung von gesundheitsbezogenen Zielen zwischen den Beteiligten gemeinsam zu erfolgen hat. In diesem Rahmen werden Programme und Modelle vorgestellt und diskutiert, die z. B. aus dem Kreis der Teilnehmenden eingebracht werden. Alle Programme, die z. B. die Krankenkassen, Unfall- und Rentenversicherung im Rahmen des § 20 b SGB V anbieten, können gleichermaßen von Unternehmen und Organisationen genutzt werden. Als Beispiel ist das Modellprojekt zur Verknüpfung von Arbeits- und Gesundheitsförderung in der kommunalen Lebenswelt zu nennen. In diesem Modellprojekt geht es um die Zusammenarbeit zwischen GKV und Bundesagentur für Arbeit bei der Prävention in Lebenswelten. Der GKV-Spitzenverband hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit der Unterstützung der Krankenkassen in der Kooperation mit Jobcentern auf Grundlage eines evaluierten Modellprojekts für Langzeitarbeitslose beauftragt. In Niedersachsen gibt es sieben Standorte; eine Ausweitung ist möglich. Einen thematischen Schwerpunkt der Kooperationen bildet das Thema psychische Erkrankungen. Vor dem Hintergrund der gesetzten Beantwortungsfrist und der Fülle an von der gesetzlichen Kranken -, Unfall- und Rentenversicherung initiierten Maßnahmen können hier nicht alle genannt werden . Auch vor Inkrafttreten des PrävG haben sich sämtliche Sozialversicherungsträger im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung engagiert. 3. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Kosten durch Burnout in Niedersachsen (mit allen Folgeerscheinungen) abzusenken? Die Landesregierung fördert institutionell die „Landesvereinigung für Gesundheit Niedersachsen und Akademie für Sozialmedizin Hannover e. V. (LVG & AfS)“, um programmatisch präventiv und damit zukunftsorientiert gestalten zu können. Die LVG & AfS hat zwei Tätigkeitsschwerpunkte, die für dieses Themenfeld von Bedeutung sind: Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8803 8 – Bereich „Arbeit und Gesundheit“ Die Gesundheit von Beschäftigten zu erhalten und zu fördern ist ein wichtiger Bestandteil in einer zunehmend leistungsorientierten und sich stetig verändernden Arbeitswelt. Arbeit als zentraler und sinnstiftender Teil des Lebens hat einen entscheidenden Einfluss auf das subjektive Wohlbefinden jedes/r Einzelnen. Untersuchungen zeigen, dass Arbeitsbedingungen wie soziale Beziehungen, Arbeitsumgebung , Arbeitstätigkeit sowie Arbeitsorganisation die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beeinflussen. Betriebliches Gesundheitsmanagements zielt darauf ab, diese Arbeitsbedingungen sowie die Einstellungen und Werte der Beschäftigten für eine gesunde Arbeitswelt zu fördern. – Bereich „Psychische Gesundheit“ Epidemiologische Studien über die Prävalenz und Inzidenz psychischer Störungen zeigen, dass diese insgesamt auf dem Vormarsch sind. Eine unzureichende Versorgungslandschaft für psychisch Erkrankte, hohe Komorbiditätsraten der Betroffenen und die Tatsache, dass psychische Erkrankungen hinter Muskel- und Skeletterkrankungen die häufigsten Krankheitsarten an Arbeitsunfähigkeits -Tagen in Deutschland sind, zeigen deutliche Handlungsbedarfe. Die Förderung der psychischen Gesundheit und Prävention von psychischen Erkrankungen sind somit Auftrag der Prävention und Gesundheitsförderung. In der LVG & AFS stellt die psychische Gesundheit ein Querschnittsthema dar, welchem sich verschiedene Arbeitsbereiche widmen. Darüber hinaus verfügt Niedersachsen über eine hohe Kompetenz im Bereich der Versorgung von Menschen mit psychischen Störungen. Die Ressourcen für diese Versorgung sind allerdings unterschiedlich ausgeprägt und verteilt. Insbesondere vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung einen Landespsychiatrieplan im April 2016 verabschiedet, der die einzelnen bereits bestehenden Angebote erfasst und mögliche Entwicklungspotenziale benennt. Er hat eine Laufzeit von zehn Jahren . Der Landespsychiatrieplan erwähnt Burnout nicht. Im Rahmen der Früherkennung- und Frühintervention psychischer Erkrankungen empfiehlt der Landespsychiatrieplan jedoch Maßnahmen zur Qualifizierung von Hausärztinnen und Hausärzten im Erkennen und Behandeln psychischer Erkrankungen sowie Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements am Arbeitsplatz . Solche Maßnahmen befinden sich bereits im Fokus des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. Viele kleinere und mittelständische Betriebe sind auf die Unterstützung durch Sozialversicherungsträger , den überbetrieblichen Arbeitsschutz oder Unternehmensberatungen angewiesen. In § 5 Abs. 3 der LRV hat das Land die Krankenkassen in Niedersachsen verpflichtet, auf der Grundlage des § 20 b Abs. 3 SGB V eine gemeinsame BGF-Koordinierungsstelle einzurichten, um Betrieben in Niedersachsen, im Besonderen klein- und mittelständischen Unternehmen, den Zugang zu Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung zu erleichtern. Dazu werden landesspezifische Anlauf- und Vermittlungsstellen über das Internet geschaffen, um den nächsten Berater bzw. die nächste Beraterin vor Ort zu finden. Das Beratungs- und Informationsportal www.bgf-koordi nierungsstelle.de bündelt die dazugehörigen Beratungsangebote und unterstützt auch bei der anschließenden Umsetzung. Kern des Angebots ist eine individuelle Beratung durch die Expertinnen und Experten der gesetzlichen Krankenkassen. Zur Beratung gehören: – eine individuelle Bestandsaufnahme in Sachen Beschäftigtengesundheit, – Informationen zur Umsetzung einer nachhaltigen betrieblichen Gesundheitsförderung, – Handlungsempfehlungen zum weiteren Vorgehen sowie zu – möglichen Maßnahmen im Sinne der betrieblichen Gesundheitsförderung. Für die niedersächsischen Unternehmen steht auch die von Arbeitgebern und Gewerkschaften gegründete Demografieagentur als Ansprechpartner zur Verfügung. In deren Beratungs- und Informationsangebot stellt das Betriebliche Gesundheitsmanagement zur Gesunderhaltung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein wesentliches Kernhandlungsfeld dar. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8803 9 Dazu zählen das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr geförderte Zertifikat „Demografiefest “, die Beratung im Gesundheitsmanagement (z. B. im Rahmen des ESF-Programms „unternehmens Wert: Mensch“) sowie das Audit „Zukunftsfähige Unternehmenskultur“ der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA). Die Entwicklung von Präventionsangeboten in den Unternehmen ist jeweils ein wesentlicher Bestandteil dieser Dienstleistungen. Bei der Etablierung neuer Präventionsansätze in der Arbeitswelt hat die Landesregierung als Arbeitgeber eine Vorbildfunktion. Gesunde und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Voraussetzung für eine leistungsfähige und demografiesichere Verwaltung. Die Landesregierung legt daher großen Wert auf ein modernes Personalmanagement. Im Rahmenkonzept zum Personalmanagement in der niedersächsischen Landesverwaltung werden die vielfältigen Handlungsfelder benannt, systematisch weiterentwickelt und in den Dienststellen der Landesverwaltung umgesetzt . Mit der Vereinbarung „Arbeit und Gesundheit in der niedersächsischen Landesverwaltung“ wurde im Jahr 2015 eine Vereinbarung nach § 81 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes (NPersVG) zwischen der Landesregierung und den Spitzenverbänden der Gewerkschaften geschlossen . Darin werden das Gesundheitsmanagement und der Arbeitsschutz, die betriebliche Gesundheitsförderung , das betriebliche Eingliederungsmanagement, die psychosoziale Beratung CARE und schließlich die betriebliche Suchtprävention und -beratung zusammengefasst. Die bisherige Vereinbarung vom 19.11.2002 zum Gesundheitsmanagement wurde damit abgelöst. Damit sind für die Landesverwaltung in Niedersachsen erstmalig die für die Förderung der Gesundheit und den Schutz der Beschäftigten vor arbeitsbedingten gesundheitlichen Belastungen wichtigen Instrumente und Handlungsanweisungen in einer Vereinbarung zusammengefasst. Die Landesregierung bekräftigt damit auch ihre Absicht, die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Arbeit in der Landesverwaltung auf allen Ebenen zu berücksichtigen sowie der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten die notwendige Unterstützung und Priorität einzuräumen . Gesundheitsmanagement ist ein systematisches Vorgehen, um in der Organisation gesundheitsschädigende und -förderliche Strukturen aus Sicht der Beschäftigten zu identifizieren und bearbeitbar zu machen. Dabei setzt es präventiv an, um Erkrankungen zu vermeiden und langfristig die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten. Darunter ist weniger die klassische Gesundheitsförderung in Form von verhaltensbezogenen Maßnahmen (z. B. Rückenschule, Stressseminare etc.) zu verstehen. Vielmehr setzt Gesundheitsmanagement an den Verhältnissen, also den Arbeitsbedingungen (Arbeitsumgebung, soziale Beziehungen, Arbeitsorganisation und Arbeitsinhalte ) an. Mit CARE (Chancen auf Rückkehr ermöglichen) bietet der Arbeitgeber Land Niedersachsen seinen Beschäftigten ein vertrauliches psychosoziales Beratungs- und Serviceangebot bei persönlichen und beruflichen Belastungen, die sich auf ihre Gesundheit oder Arbeitsfähigkeit auswirken. Das Angebot kann freiwillig in Anspruch genommen werden. Die Beschäftigten werden von landeseigenen Psychologinnen und Psychologen fachkundig zu psychischen Belastungs- und Erkrankungsbildern beraten. Bei Bedarf werden passende Behandlungs- und Unterstützungsangebote vermittelt . Insbesondere bei Depressionserkrankungen, die oft mit dem Begriff Burnout zusammengefasst werden, wirken längere Wartezeiten auf Heilbehandlung und Unterstützung krankheitsverstärkend. Dies wurde in den letzten Jahren in wissenschaftlichen Studien hinlänglich erforscht. Hier unterstützt CARE durch die zeitnahe Hilfeleistung die Genesungsprozesse der betroffenen Landesbeschäftigten wirksam. 4. Was hat sich aus Sicht der Landesregierung als erfolgreiche Strategie für die Gesunderhaltung im Arbeitsleben erwiesen? Die Landesregierung betont die Bedeutung des Arbeitsschutzrechts für die Gesunderhaltung im Arbeitsleben und hebt entsprechend die damit verbundenen Notwendigkeiten hervor. So ist aus Sicht der Arbeitsschutzbehörden die angemessene Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8803 10 eine Grundvoraussetzung für eine sichere und gesunde Arbeit. Darauf aufbauend ist die Gefährdungsbeurteilung einschließlich der Beurteilung psychischer Gefährdungen wichtig. Deshalb wurden diese Themen auch in den vergangenen Jahren in die Aktionen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie aufgenommen. Dies soll nach derzeitigem Planungsstand auch in den folgenden Jahren so bleiben. Bezüglich der Arbeitsschutzstandards gilt es zu berücksichtigen, dass der bisherige Grundsatz „Verhältnisprävention erfolgt vor der Verhaltensprävention“ weiterhin erhalten bleiben muss. Das bedeutet konkret, die nach dem Arbeitsschutzgesetz bestehende Maßnahmenhierarchie zu erhalten : – zuerst die Vermeidung der Gefahr, – dann die technischen Schutzmaßnahmen, – danach die organisatorischen Schutzmaßnahmen – und zuletzt die persönlichen Schutzmaßnahmen. Ziel muss sein, dass die Verantwortung der Arbeitnehmerin und des Arbeitnehmers nicht die Verantwortung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ablöst. Die Arbeitszeiten müssen so gestaltet werden, dass die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten nicht gefährdet werden. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales entsprechende Forschungen in Auftrag gegeben hat. In der Rentenversicherung hat sich der seit dem Jahr 2015 - in etwa zeitgleich mit dem Präventionsgesetz - geschaffene Firmenservice etabliert. Dieser informiert die Arbeitgeber bei Bedarf auch umfassend zu diversen Leistungsangeboten, darunter auch Präventionsleistungen. Die Verpflichtung , Präventionsleistungen regelhaft zu erbringen, hat die Deutsche Rentenversicherung erst durch das „Flexirentengesetz“ vor neun Monaten erhalten. Es wurden dazu bereits erste Informationsoffensiven , z. B. im Internet unter http://praevention.drv.info/, gestartet. Erkenntnisse in dieser kurzen Zeitspanne konnten noch nicht gewonnen werden. Nach Aussagen der GKV würden verschieden gestaltete Arbeitsplätze jeweils individuelle Maßnahmen erfordern. Man könne daher nicht von einer einzigen erfolgreichen Strategie sprechen. Allerdings habe sich gezeigt, dass insbesondere das Thema „Gesunde Führung“ in vielen Fällen ein entscheidender Faktor für die Gesunderhaltung im Arbeitsleben sei. Dies ist ebenfalls aus Sicht der Landesregierung ein wichtiges Element, auch und gerade im Zuge der Digitalisierung in flexiblen Teams und bei ortsungebundener Kommunikation. Erfolgreiche Projekte in der Betrieblichen Gesundheitsförderung würden den Gesamtprozess der Prävention, aufbauend auf einer hohen Struktur -, Prozess- und Ergebnisqualität (vgl. Leitfaden Prävention, GKV-Spitzenverband, 2014), berücksichtigen . Vor allem die Berücksichtigung der Verhaltens- und Verhältnisprävention und die Partizipation aller Beteiligten seien dabei von entscheidender Bedeutung. Der größte Nutzen sei dann zu erzielen, wenn die Unternehmenskulturentwicklung als Betriebliches Gesundheitsmanagement verstanden werde. Ein Teil davon sei die Führungskultur, die wiederum einen großen Einfluss auf die Bindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe. Strategisch sollte man auf intrinsische Motivation, salutogenetische Herangehensweise sowie die Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Geschäftsführung/Führungskräfte achten, um erfolgreich sein zu können . (Ausgegeben am 10.10.2017) Drucksache 17/8803 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8667 Innovation und Forschung für neue Präventionsansätze in der Arbeitswelt Anfrage der Abgeordneten Almuth von Below-Neufeldt (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr