Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8805 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8676 - Wann haben Tiere private Bauten gestoppt? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Björn Försterling (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 05.09.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 07.09.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 06.10.2017, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung der Abgeordneten Immer wieder ist in den Zeitungen zu lesen, dass große öffentliche Bauprojekte gestoppt oder verzögert werden, weil Tiere, beispielsweise Hamster, auf bzw. in der Nähe des jeweiligen Baugrundstücks gesichtet wurden. Regelmäßig ist in diesem Zusammenhang auch von den Millionenkosten die Rede, die dieser Baustopp verursacht. Nicht ganz so öffentlichkeitswirksam sind diese Vorgänge, wenn sie private Haushalte betreffen. Auch die Summen sind dann niedriger, können aber, im Gegensatz zu den Millionen bei öffentlichen Projekten, sogar existenzbedrohend sein. Vorbemerkung der Landesregierung Mit der Anfrage werden verschiedene Rechtsbereiche angesprochen. Hervorzuheben ist das Naturschutzrecht , das Einfluss auf die konkrete Genehmigung von Vorhaben hat bzw. haben kann. Das Bauplanungsrecht lässt die naturschutzrechtlichen Vorschriften unberührt (§ 29 Abs. 2 BauGB). Zudem kommt es darauf an, ob die baulichen Vorhaben genehmigungspflichtig (§ 59 NBauO), verfahrensfrei (§ 60 NBauO) oder genehmigungsfrei (§ 62 NBauO) sind. Die Einbeziehung naturschutzrechtlicher Fragestellungen geschieht somit in ganz unterschiedlichen Konstellationen . Daher können die Fragen nur abstrakt beantwortet werden. 1. Wie viele Fälle sind der Landesregierung aus den Jahren 2013 bis 2017 (aktueller Stand) bekannt, in denen private Bauten verzögert oder sogar unmöglich wurden (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Baumaßnahmen müssen dem öffentlichen Baurecht entsprechen. Öffentliches Baurecht sind die Vorschriften der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO), die Vorschriften aufgrund der NBauO, das städtebauliche Planungsrecht und die sonstigen Vorschriften des öffentlichen Rechts, die Anforderungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte oder Baumaßnahmen stellen oder die Bebaubarkeit von Grundstücken regeln (§ 2 Abs. 16 NBauO). Zu diesen sonstigen Vorschriften des öffentlichen Rechts mit Grundstücksbezug zählt auch das Naturschutzrecht. Genehmigungsfreie und verfahrensfreie Baumaßnahmen müssen die Anforderungen des öffentlichen Baurechts ebenso wie genehmigungsbedürftige Baumaßnahmen erfüllen (§ 59 Abs. 3 NBauO). Allerdings findet nur bei genehmigungspflichtigen Vorhaben das Naturschutzrecht formal Eingang in das Verwaltungsverfahren. Im Rahmen von Genehmigungsverfahren prüft die Baugenehmigungsbehörde z. B. anhand der eingereichten Bauvorlagen, ob eine Baugenehmigung im Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8805 2 Hinblick auf die naturschutzrechtlichen Regelungen erteilt werden kann. Hierfür ist die untere Naturschutzbehörde zuständig. In diesen Fällen könnte zwar ermittelt werden, in wieviel Fällen private Bauten verzögert oder sogar unmöglich wurden, weil die Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes Anwendung fanden. Diese Ergebnisse würden aber keine belastbare Erkenntnis über die Konsequenzen des Naturschutzrechts bei der Realisierung privater Bauvorhaben geben. Viele private Bauvorhaben sind entweder genehmigungsfrei (§ 62 NBauO) oder verfahrensfrei (§ 60 NBauO). So ist z. B. die Errichtung eines Einfamilienhauses unter den Voraussetzungen des § 62 NBauO genehmigungsfrei. In diesem Fall obliegt der Bauaufsichtsbehörde nur eine eingeschränkte Prüfung im Verwaltungsverfahren. Das Naturschutzrecht findet formal keinen Eingang. Einflüsse des Naturschutzrechts werden in diesen Fällen im Regelfall den Bauaufsichtsbehörden nicht bekannt . Im Falle von verfahrensfreien Baumaßnahmen gibt es gar keine präventive Kontrolle der Bauaufsichtsbehörden, sodass die Verantwortung und die Kenntnisse über die Realisierung des Vorhabens allein bei den am Bau Beteiligten liegen. Darüber hinaus ist festzustellen, dass das öffentliche Baurecht eine Vielzahl von Vorschriften und Normen enthält, die einzuhalten sind. Die Kausalität einzelner Regelungsbereiche für den zeitlichen Ablauf bei der Realisierung baulicher Anlagen lässt sich nicht festlegen. Daher lässt sich nicht belastbar ermitteln, in welchen Fällen die Anwendung des Naturschutzrechts einen privaten Bau verzögert oder unmöglich gemacht hat. 2. Bei wie vielen dieser Projekte wurde, nachdem alle Untersuchungen vorgenommen wurden, festgestellt, dass keine Tiere vorhanden waren? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wie groß waren die zusätzlichen Kosten für die Bauherren in den einzelnen Jahren im Schnitt und im Minimal- bzw. Maximalfall? Hierzu liegen der Landesregierung keine Zahlen vor. Siehe Antwort zu Frage 1. 4. Wie gewichtet die Landesregierung in solchen Fällen im Rahmen einer Güterabwägung die Interessen des Naturschutzes gegenüber denen der privaten Bauherren, beispielsweise einer jungen Familie, für die ein Baustopp existenzbedrohend sein kann? Kollidieren Interessen des Naturschutzes mit denen privater Bauherren, kann eine Bewertung der einzelnen Belange und deren Abwägung zueinander nur im konkreten Einzelfall sachgerecht erfolgen . Ebenfalls nur im konkreten Einzelfall ist zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine artenschutzrechtliche Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) oder möglicherweise für eine Befreiung (§ 67 BNatSchG) vorliegen. 5. Ändert sich diese Bewertung, wenn lediglich der Verdacht besteht, dass ein geschütztes Tier im jeweils fraglichen Bereich vorkommt, und welche Maßnahmen sind zu ergreifen , um in solchen Fällen möglichst schnell zu einer definitiven Feststellung zu kommen? Die Behörde ist auf die vollständige und umfängliche Einreichung der Antragsunterlagen angewiesen , um im baurechtlichen Genehmigungsverfahren auf der Grundlage einer Abwägung der betroffenen Belange eine sachgerechte Entscheidung zu treffen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. (Ausgegeben am 09.10.2017) Drucksache 17/8805 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8676 Wann haben Tiere private Bauten gestoppt? Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung