Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8831 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8791 - Dürfen Landtagsabgeordnete bei Ministerbesuchen nun nicht mehr anwesend sein? Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 27.09.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 29.09.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 27.10.2017, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung des Abgeordneten Wie die NWZ in ihrer Ausgabe vom 27.09.2017 unter der Überschrift „Polizei setzt Bley vor die Tür“ berichtet, besichtigte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius am 26.09.2017 das Polizeikommissariat Wildeshausen. Zu Beginn wurde der ebenfalls anwesende CDU-Landtagsabgeordnete Karl-Heinz Bley aus Garrel gebeten, die Veranstaltung zu verlassen. Als Grund wurde angeführt , sechs Wochen vor der Wahl seien keine Wahlkampfauftritte in Liegenschaften des Landes, wie z. B. Polizeidienstgebäuden, mehr zulässig. Der Termin von Minister Pistorius in Wildeshausen war im Presseterminplan der niedersächsischen Landesregierung veröffentlicht worden. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weise ich darauf hin, dass ich hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung meiner Fragen habe, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Am 26.09.2017 nahm Herr Pistorius in seiner Eigenschaft als niedersächsischer Innenminister und damit als oberster Dienstherr der Polizei Niedersachen einen Termin beim Polizeikommissariat Wildeshausen wahr. Anlass hierfür war der bevorstehende Beginn der Umbauarbeiten an einem eigens für die Neuunterbringung des Polizeikommissariats angekauften Gebäudes, welches im Herbst 2018 bezogen werden soll. Der Innenminister informierte sich bei dieser Gelegenheit vor Ort über den Ankauf des Gebäudes sowie die geplanten Umbaumaßnahmen für polizeispezifische Einbauten sowie Sicherheitsmaßnahmen mit einem Gesamtvolumen von rund 1,8 Millionen Euro. Weiterhin nahm er bei dieser Gelegenheit einen Pressetermin in Form eines Pressegesprächs wahr. Hieran nahmen neben dem Polizeipräsidenten der Polizeidirektion Oldenburg, Herrn Johann Kühme, und weiteren Vertretern der Polizei auch der Bürgermeister der Stadt Wildeshausen sowie die Verantwortlichen des Staatlichen Baumanagements und des Architekturbüros teil. Bereits weit im Vorfeld des 29.09.2017 gab es ab Ende Mai 2017 erste Überlegungen zur Durchführung dieses „Ministertermins“ unter Beteiligung des Ministerbüros und der Fachabteilung im Innenministerium sowie der für Wildeshausen örtlich zuständigen Polizeidirektion Oldenburg. Die Teilnahme des Innenministers wurde durch sein Büro bereits am 03.07.2017 bestätigt. In der Folge konkretisierten sich die Planungen bzw. wurden die erforderlichen Vorbereitungen für diesen Termin getroffen. In diesem Zusammenhang übersandte das Ministerbüro am 22.09.2017, wie bei offi- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8831 2 ziellen Ministerterminen üblich, eine Information per E-Mail an die wahlkreiszuständigen Abgeordneten des Landtags. Diese beinhaltete, dass Innenminister Pistorius den in Rede stehenden Termin zwecks Besichtigung des zukünftigen Dienstgebäudes des Polizeikommissariats Wildeshausen wahrnehmen werde. Es entspricht einer üblichen Praxis, dass das Ministerbüro den zuständigen Wahlkreisabgeordneten Termine des Ministers möglichst eine Woche vor dem Besuch zur Kenntnis gibt. Diese Information ging den Abgeordneten der (Betreuungs-)Wahlkreise Karl-Heinz Bley, Christian Dürr, Renate Geuter, Clemens Große Macke und Hans-Joachim Janßen zu. Hierauf erfolgte durch MdL Renate Geuter am 25.09.2017 eine Anfrage bei der Pressestelle der Polizeidirektion Oldenburg, ob ein Besuch des Pressetermins in Wildeshausen möglich sei. Diese wurde seitens der Polizeidirektion Oldenburg unter Hinweis auf die aktuelle Erlasslage, wonach Besuche von Politikern in Dienststellen und anderen Einrichtungen des Landes in den letzten sechs Wochen vor Wahlen nicht stattfinden sollen, beantwortet. Am 26.09.2017 erschien MdL Karl-Heinz Bley ca. 15 Minuten vor Beginn des Besichtigungstermins. Er wurde daraufhin durch Polizeipräsident Johann Kühme begrüßt und in einem persönlichen Gespräch auf die bestehende Verwaltungsvorschrift und die darin enthaltene Sechs-Wochen-Frist hingewiesen. Ferner wurde ihm mitgeteilt, dass auch MdL Renate Geuter auf ihre Anfrage am Vortag einen inhaltsgleichen Hinweis erhalten habe und daher an dem Termin nicht teilnehme. Herr Bley erläuterte, dass ihm die Regelung bekannt sei, diese nach seiner Auffassung aber an diesem Tag und in diesem Zusammenhang nicht gelten würde. Er habe die E-Mail als Einladung verstanden . Seitens Herrn Kühmes wurde nochmals hervorgehoben, dass eine andere Verfahrensweise als bei Frau Geuter die Nichtbeachtung der aktuellen Regelung sowie eine Ungleichbehandlung der beiden Abgeordneten zur Folge hätten. Nach einem kurzen Gespräch mit einer anderen Person verließ Herr Bley das Gebäude. Seitens der Landesregierung ist Folgendes festzustellen: – Der Abgeordnete Karl-Heinz Bley wurde von dem Termin nicht „ausgeschlossen“. – Eine Ungleichbehandlung der Landtagsabgeordneten ist nicht erkennbar. – Die Wahrnehmung des Termins durch Herrn Pistorius erfolgte ausschließlich und nachvollziehbar in seiner Eigenschaft als Minister. – Die vorhandene Regelung für Besuche von Abgeordneten in Dienststellen und Einrichtungen des Landes im sechswöchigen Zeitraum vor Wahlen fand im Zusammenhang mit diesem Sachverhalt zwar rechtlich korrekt Anwendung. Allerdings hätte der eröffnete Spielraum („sollen“) vor dem Hintergrund der erfolgten Informationen ausgeschöpft werden können, sodass eine Teilnahme hätte möglich gemacht werden können. Die Polizeibehörden werden für zukünftige Fälle entsprechend sensibilisiert. In der Drucksache 17/7430 (Nr. 14) des Landtags vom 22.02.2017 richteten die Abgeordneten Björn Thümler, Jens Nacke, Reinhold Hilbers, Jörg Hillmer, Editha Lorberg, Frank Oesterhelweg und Dirk Toepfer (CDU) die Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung „Besuch von Abgeordneten in Landeseinrichtungen“ an die Landesregierung. Die Antwort namens der Landesregierung erfolgte durch die Staatskanzlei in der Drucksache 17/7520 (Nr. 14). Auf die dortigen Ausführungen zu Besuchen von Abgeordneten in Dienststellen und Einrichtungen des Landes sowohl im Allgemeinen als auch speziell im zeitlichen Zusammenhang mit Wahlen wird ergänzend hingewiesen. 1. Entspricht es nach Auffassung der Landesregierung der geltenden Rechtslage, einen Abgeordneten des Landtages von einer öffentlichen Veranstaltung auszuschließen, auch wenn ein niedersächsischer Minister teilnimmt? Siehe Vorbemerkung. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8831 3 2. Was qualifiziert nach Einschätzung der Landesregierung die Teilnahme an einer Veranstaltung , an der auch ein niedersächsischer Minister teilnimmt, als Wahlkampfveranstaltung ? Siehe Vorbemerkung. 3. Wie denkt die Landesregierung die „Chancengleichheit“ zwischen einem gewählten Abgeordneten und einem Bewerber um ein Landtagsmandat mit Ministerrang herzustellen , wenn dieser - völlig unstreitig - im Rahmen seiner Dienstausübung öffentliche Veranstaltungen in Liegenschaften des Landes besuchen darf, ein Abgeordneter aber nicht dabei sein darf, obgleich die Veranstaltung ansonsten öffentlich ist? Siehe Vorbemerkung. 4. Falls die Landesregierung die Aufforderung der Polizei an den Landtagsabgeordneten, die Veranstaltung zu verlassen, für nicht zulässig hält, welche Konsequenzen zieht sie daraus a) in Bezug auf den konkreten Vorfall, b) in Bezug auf zukünftige gleichgelagerte Veranstaltungen? Siehe Vorbemerkung. (Ausgegeben am 01.11.2017) Dürfen Landtagsabgeordnete bei Ministerbesuchen nun nicht mehr anwesend sein? Drucksache 17/8831 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortungmit Antwort der Landesregierung- Drucksache 17/8791 Dürfen Landtagsabgeordnete bei Ministerbesuchen nun nicht mehr anwesend sein? Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport