Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8833 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8642 - Was hat die „sanfte Agrarwende“ für Erzeuger und Verbraucher gebracht? (Teil 15) Anfrage der Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke, Christian Calderone, Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens, Otto Deppmeyer, Hans-Heinrich Ehlen und Frank Oesterhelweg (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 22.08.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 25.08.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 30.10.2017, gezeichnet Christian Meyer Vorbemerkung der Abgeordneten Im Koalitionsvertrag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) Landesverband Niedersachsen und Bündnis 90/Die Grünen Landesverband Niedersachsen für die 17. Wahlperiode des Niedersächsischen Landtags 2013 bis 2018 steht: „Die rot-grüne Koalition will Niedersachsens Spitzenplatz als Agrarland Nr. 1 im Bund sichern, die niedersächsische Ernährungs- und Agrarwirtschaft verbraucher- und umweltgerecht dafür neu aufstellen und damit wettbewerbsfähig und zukunftsfähig gestalten“ (Seite 72). Später folgt der Satz: „Statt einer Politik des Wachsens oder Weichens wird die rot-grüne Koalition gezielt die rund 40 000 bäuerlichen Familienbetriebe in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen“ (Seite 73). Im NDR-Interview vom 26.03.2013 (19:30 Uhr, „Hallo Niedersachsen“) teilt Landwirtschaftsminister Meyer mit, dass künftige Auflagen für landwirtschaftliche Unternehmen nach der Regel „große Betriebe - große Auflagen, kleine Betriebe - kleine Auflagen“ aufgestellt werden sollen. Die betroffenen Landwirte fordern eine Abschlussbilanz der rot-grünen Koalition hinsichtlich ihrer Politik für den ländlichen Raum und die Ernährungswirtschaft. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Niedersachsen ist weiterhin das Agrarland Nummer 1 in Deutschland. Die meisten Kartoffeln, zwei Drittel der Masthähnchen und ein Drittel aller Eier und Schweine stammen aktuell aus niedersächsischer Produktion. Beim landwirtschaftlichen Produktionswert und den Verkaufserlösen überflügelt Niedersachsen nach wie vor alle anderen Bundesländer. Land- und Ernährungswirtschaft in Niedersachsen , das sind nach über vier Jahren erfolgreicher Agrarpolitik: – mehr Vielfalt auf den Höfen und in der Agrarlandschaft, – ein besserer Schutz von Umwelt, Tieren und Verbrauchern, – rund 130 000 Arbeitskräfte, knapp 12 Milliarden Euro Produktionswert in der Landwirtschaft und Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8833 2 – rund 70 000 Beschäftigte und rund 33 Milliarden Euro Umsatz in der Ernährungswirtschaft. In dem gesamten Bereich Agribusiness - also mit den Beschäftigten bei Saatgutherstellern, bei Landtechnikunternehmen, in der Futtermittelwirtschaft und im Agrarhandel - sind aktuell 390 000 Menschen im sogenannten Cluster Agribusiness beschäftigt. Das sind 10 % aller Erwerbstätigen in unserem Bundesland. Dies bedeutet Arbeit, Einkommen und Lebensinhalt für viele Menschen, die in Niedersachsen leben. Betrachten wir die wirtschaftlichen Ergebnisse, so hat sich die Agrarwirtschaft in den vergangenen Jahren durch besondere Stabilität ausgezeichnet. Das Preistal im Milchsektor hätte jedoch besser überwunden werden können, wenn frühzeitig, wie von Niedersachsen gewollt, effektive Milchmengenbegrenzungen umgesetzt worden wären. Die Gewinnprognose bei den Milchviehbetrieben für das Wirtschafsjahr (2016/2017) ist mit unter 60 000 Euro zwar besser als im Vorjahr, aber keinesfalls ausreichend. Ziel dieser Landesregierung ist es, die nachhaltige Leistungsfähigkeit des niedersächsischen Standorts zu erhalten und weiterzuentwickeln - zum Wohle des Landes und seiner Menschen. Dabei setzt die Landesregierung nicht einseitig auf Produktionswachstum und Kostenführerschaft - viel wichtiger sind Wertschöpfung, Qualität und gute Arbeit, so wie es im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist. Diese Landesregierung hat eine Reihe von Herausforderungen gelöst und Ziele erfolgreich umgesetzt: – Defizite im Tierschutz wurden beseitigt und Fördermaßnahmen für mehr Tierwohl erstmals etabliert, – ein Erfassungs- und Meldesystem für Nährstoffströme in der Landwirtschaft wurde umgesetzt, – inakzeptable Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen wurden bekämpft, – Abluftreinigungen für große Tierhaltungsanlagen wurden zur Pflicht gemacht, – der Verbraucherschutz wurde verbessert und – zahlreiche Fördermaßnahmen zum Schutz der Umwelt, der Bienen und für mehr Artenvielfalt in der Kulturlandschaft wurden umgesetzt. – Die Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe ist von 1 392 im Jahr 2013 auf 1 650 in 2016 angestiegen. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger entwickeln ein Bewusstsein für den Wert unserer natürlichen Umwelt und für gute Ernährung. Essen ist für die Menschen mehr als „Sattwerden“ - sie wollen mit gutem Gewissen genießen. Mit der Neuausrichtung der niedersächsischen Agrarpolitik hat diese Landesregierung vielen Menschen mehr Freude und Sicherheit bei der Ernährung gegeben. Vor diesem Hintergrund werden die Fragen wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Gartenbaubetriebe gibt es in Niedersachsen, wie hat sich deren Anzahl in den letzten fünf Jahren verändert (bitte Angaben pro Jahr tätigen)? Betriebe mit Anbau von Gartenbauerzeugnissen (Produktionsgartenbau): 2010: 3 619 Betriebe (Quelle LSN: Landwirtschaftszählung 2010, Sonderauswertung), 2016: 2 730 Betriebe (Quelle LSN: Sonderauswertung Gartenbau 2017). Daten zur jährlichen Änderung liegen der Landesregierung nicht vor. 2. Wie viele Beschäftigte gibt es in den Gartenbaubetrieben in Niedersachsen, und wie hat sich diese Zahl in den letzten fünf Jahren verändert (bitte Angaben pro Jahr tätigen)? Arbeitskrafteinheiten (AK-E) in Betrieben mit Anbau von Gartenbauerzeugnissen: 2010: 20 760 AK-E (Quelle LSN: Landwirtschaftszählung 2010, Sonderauswertung), 2016: 16 600 AK-E (Quelle LSN: Sonderauswertung Gartenbau 2017). Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8833 3 Daten zur jährlichen Änderung liegen der Landesregierung nicht vor. Anmerkung: Ein direkter Vergleich der Daten aus der Landwirtschaftszählung (LZ) 2010 und der Sonderauswertung für 2016 ist nur eingeschränkt möglich, weil die LZ 2010 eine totale Erhebung war, während die Gartenbauerhebung 2016 in Bezug auf Arbeitskräfte nur repräsentativ war. Für 2016 sind also nur hochgerechnete Ergebnisse zu Arbeitskräften verfügbar. Definition AK-E: Maßeinheit der Arbeitsleistung einer im Berichtszeitraum mit Arbeiten für den (landwirtschaftlichen) Betrieb vollbeschäftigten und nach ihrem Alter voll leistungsfähigen Person. 3. Wie hoch ist das mit dem Gartenbau erzielte Einkommen eines durchschnittlichen Gartenbauers , und wie hat sich dieses Einkommen in den letzten fünf Jahren verändert (bitte Angaben pro Jahr tätigen)? Zum Einkommen der Gartenbauunternehmen in Deutschland sind Informationen aus zwei regelmäßigen Erhebungen verfügbar. Dies ist einerseits das Testbetriebsnetz der Agrarberichterstattung , das darauf abzielt, durch Hochrechnung einer Stichprobe von Buchführungsdaten eine repräsentative Aussage für die jeweilige Betriebsgruppe zu treffen (BMEL 2017). Andererseits wird für den Gartenbau eine separate Statistik durch den Betriebsvergleich Gartenbau (Zentrum für Betriebswirtschaft im Gartenbau e. V. - ZBG-Hannover) erstellt, die stärker auf den Bedarf der Gartenbaubetriebe eingeht und dadurch eine größere Stichprobe von Betrieben enthält. Durch die freiwillige Teilnahme am Betriebsvergleich Gartenbau ist diese Statistik allerdings nicht repräsentativ (ZBG 2016). Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Daten des ZBG aus dem Betriebsvergleich Gartenbau , da hier zumindest für Teilgruppen auch länderspezifische Aussagen getroffen werden können . Dadurch, dass die Daten von vollständigen Buchabschlüssen verarbeitet werden, liegen die aktuellsten Daten aus dem Kalenderjahr 2014 bzw. dem Wirtschaftsjahr 2014/2015 vor. Als Einkommen des Unternehmerhaushaltes aus dem Gartenbauunternehmen wird der betriebswirtschaftliche Gewinn aus dem Betriebsvergleich Gartenbau dargestellt (ZBG 2016). Dieser stellt die aus dem Unternehmen erwirtschaftete Summe für die Entlohnung der Familienarbeitskräfte und Verzinsung des Eigenkapitals dar, soweit es sich um Einzelunternehmen und Personengesellschaften handelt. Für Niedersachsen reicht die Datenbasis lediglich für die ausgewiesenen Gruppen der indirekt absetzenden Obstbaubetriebe und der indirekt absetzenden Zierpflanzenbetriebe aus (s. Tabelle, Sonderauswertung ZBG September 2017), daher werden zur Beantwortung der Frage zusätzlich auch durchschnittliche Einkommenswerte der Gartenbauunternehmen auf Bundesebene dargestellt : Betriebswirtschaftliche Gewinne in Gartenbaubetrieben (Sonderauswertung ZBG, September 2017) Gewinn + Geschäftsführergehalt (in Euro) Gewinn + Geschäftsführergehalt pro Familien-AK (in Euro) Deutschland 2014/2015 Trend 2010 bis 2014 2014/2015 Trend 2010 bis 2014 Gemüsebau im Freiland 91 002 0,2 % 55 628 3,2 % Obstbaubetriebe (indir. Absatz) 34 742 -9,4 % 23 068 -9,3 % Zierpflanzenbau (indir. Absatz) 149 877 2,6 % 93 883 1,8 % Zierpflanzenbau (direkter Absatz) 57 817 -0 66 % 35 331 -1,8 % Baumschulen 142 645 5,7 % 102 862 5,7 % Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8833 4 Gewinn + Geschäftsführergehalt (in Euro) Gewinn + Geschäftsführergehalt pro Familien-AK (in Euro) Niedersachsen Obstbaubetriebe (indir. Absatz) 50 492 -14,7 % 33 282 -15,3 % Zierpflanzenbau (indir. Absatz) 164 981 7,8 % 117 843 3,6 % Hinweise zur Bewertung: Die Betrachtung über fünf Jahre ist ein vergleichsweise kurzer Zeitraum. So führen das „mittlere“ Jahr 2013/2014 und das hinsichtlich der Preise sehr schlechte Apfeljahr 2014/2015 am Ende der betrachteten Periode zu einem deutlichen negativen Trend für die Obstbaubetriebe, weil sich die Teilnehmer des Betriebsvergleichs überwiegend aus Kernobstbetrieben des Alten Landes rekrutieren . (Ausgegeben am 02.11.2017) Drucksache 17/8833 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8642 Was hat die „sanfte Agrarwende“ für Erzeuger und Verbraucher gebracht? (Teil 15) Anfrage der Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke, Christian Calderone, Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens, Otto Deppmeyer, Hans-Heinrich Ehlen und Frank Oesterhelweg (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz